Die operative Rekonstruktion mithilfe modularer Tumorendoprothesen ist heute weltweit etabliert. Zwar ist die Lokalrezidivrate bei extremitätenerhaltendem Vorgehen im Vergleich zu ablativen Verfahren leicht erhöht, das Gesamtüberleben wird hierdurch jedoch nicht beeinflusst. Das funktionelle und kosmetische Ergebnis nach extremitätenerhaltenden Verfahren gegenüber ablativen Verfahren ist allerdings beeindruckend.

1 Hintergrund

Bei der Mehrzahl der Patienten, die an einem Knochentumor erkranken, kann heute eine extremitätenerhaltende Operation durchgeführt werden [1]. Bei der operativen Behandlung ist die weite Resektion des Tumors nach Enneking [8] indiziert. Eine radikale, extrakompartimentelle Resektion ist heutzutage nicht mehr erforderlich. Indikationen zu einem ablativen Verfahren, wie Amputation oder Umdrehplastik, stellen die Infiltration der Gefäß-Nerven-Straße und eine ausgeprägte Weichteilkomponente, die eine sinnvolle muskuläre Deckung oder Funktion unmöglich macht, dar.

Funktionelles und kosmetisches Ergebnis extremitätenerhaltender Verfahren beeindrucken

Die operative Rekonstruktion mithilfe modularer Tumorendoprothesen ist heute weltweit etabliert. Neuere Studien hierzu zeigen, dass die Lokalrezidivrate bei extremitätenerhaltendem Vorgehen im Vergleich zu ablativen Verfahren zwar leicht erhöht ist, hierdurch das Gesamtüberleben jedoch nicht beeinflusst wird [1, 2, 15]. Das funktionelle und kosmetische Ergebnis nach extremitätenerhaltenden Verfahren ist gegenüber ablativen Verfahren beeindruckend [24]. Je nach Literatur beträgt die Lokalrezidivrate nach erfolgter weiter Resektion zwischen 1 und 9 % [15, 29]. Bei Auftreten eines Rezidivs, z. B. eines Osteosarkoms, sinkt die Fünfjahresüberlebensrate auf ca. 16 %. Bei einem erneuten Lokalrezidiv nimmt die Überlebensrate nicht wesentlich weiter ab [6].

2 Tumordiagnose und Biopsien

Meist wird der Patient zur Abklärung eines unklaren Knochenbefunds durch einen niedergelassenen Kollegen in der Klinik vorgestellt. Vor der Entscheidung, ob eine unklare knöcherne Läsion biopsiert werden soll, müssen verschiedenste Informationen zusammengetragen werden. Hierzu gehören die Anamnese und die klinischen Symptome, v. a. im Hinblick auf das Wachstumsverhalten der Läsion, sowie die vollständige Bildgebung. Bei Vorliegen einer unklaren Skelettläsion müssen neben einem Knochentumor auch primär andere Prozesse ausgeschlossen werden, sodass in manchen Fällen laborchemische Untersuchungen sinnvoll sind. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind infektiöse Erkrankungen, Knocheninfarkte, metabolische Erkrankungen (z. B. ein brauner Tumor bei Hyperparathyreoidismus) und die Myositis ossificans.

Kenntnisse über Lokalisation und Altersverteilung der einzelnen Knochentumoren sind Voraussetzung. Ein Röntgenbild in 2 Ebenen ist bei knöchernen Läsionen obligat und gibt Aufschluss über die Lage des Tumors im Knochen sowie eine etwaige extraossäre Komponente und kann zur Beurteilung der Tumormatrix herangezogen werden. Es dient der Differenzierung zwischen osteolytischen, osteoblastischen und gemischten Prozessen. Auch eine etwaige Reaktion der Knochenhaut mit Bildung von Spiculae, eines Codman-Dreiecks oder des Zwiebelschalenphänomens lässt sich hieran beurteilen. Diese Reaktion der Knochenhaut entsteht bei Wachstum des Tumors durch die Kortikalis hindurch und ist charakteristisch für einen bösartigen Tumor; sie findet sich allerdings auch bei gutartigen, lokal aggressiven Tumoren. Eine weitere sehr wichtige Information im Hinblick auf die Aggressivität des Tumors ist das Wachstumsmuster: So spricht ein Sklerosesaum für einen langsam wachsenden Prozess, ein Fehlen desselben sowie ein permeatives Wachstum und eine Zerstörung der Kortikalis für einen lokal aggressiven und schnell wachsenden Tumor. Anhand dieses Wachstumsmusters wurde von Lodwick et al. [21] die in Tab. 1 zusammengefasste Klassifikation entwickelt.

Tab. 1 Lodwick-Klassifikation [21]

Auch gutartige Tumoren können eine ausgeprägte lokale Aggressivität und Tendenz zur Zerstörung der Kortikalis zeigen. Hierzu zählen z. B. die aneurysmatische Knochenzyste und der Riesenzelltumor, der als intermediär eingestuft wird mit lokal aggressivem Verhalten, aber nur sehr selten metastasierend. Ebenso kommen bösartige Tumoren mit einem langsamen Wachstumsmuster, wie z. B. das Chondrosarkom Grad I, vor.

Schon anhand der konventionellen Bildgebung kann eine Vielzahl benigner Knochentumoren oder „tumor-like lesions“ diagnostiziert werden. Diese bedürfen bei einem Zufallsbefund keiner weiteren Diagnostik oder gar Therapie [z. B. nichtossifizierendes Knochenfibrom (NOF) oder asymptomatisches Enchondrom]. Hingegen muss bei Verdacht auf einen lokal aggressiven benignen oder malignen Tumor vor Durchführung einer Biopsie eine weiterführende Schnittbildgebung erfolgen. Meistens ist eine Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittel erforderlich, die weitere Hinweise bezüglich Größe und Lokalisation des Tumors liefert. So kann eine etwaige extraossäre Weichteilkomponente im Hinblick auf ihre Lagebeziehung zu Gefäßen und Nerven besser beurteilt oder ein Gelenkerguss bei gelenknaher Lage der Läsion im Knochen ausgeschlossen werden. Ebenso gibt das Anreicherungsverhalten Aufschluss über Durchblutung und Aktivität der Läsion, und es lassen sich verschiedene Tumorareale abgrenzen. Diese Informationen sind Voraussetzung für eine erfolgreiche, repräsentative Biopsie.

Bei Verdacht auf einen Knochentumor muss immer ein Kompartment-MRT mit Abbildung der angrenzenden Gelenke zum Ausschluss von evtl. „Skip“-Metastasen angefertigt werden. Ein Computertomogramm (CT) kann Informationen im Hinblick auf eine Kortikalisausdünnung und eine Matrixverkalkung insbesondere bei chondrogenen Tumoren liefern. Eine Skelettszintigraphie sollte bei Verdacht auf einen aggressiven Tumor angefertigt werden. So können weitere Herde im Skelettsystem ausgeschlossen und die Stoffwechselaktivität des Tumors beurteilt werden. Allerdings können auch gutartige Läsionen, wie z. B. das Enchondrom, eine erhöhte Stoffwechselaktivität aufweisen.

Generell stehen 2  Biopsiemethoden zur Verfügung:

  • Stanzbiopsie und

  • offene Biopsie.

Stanzbiopsie

Vorteile sind die geringe Invasivität und das geringe Trauma. Der Eingriff kann zumeist ambulant erfolgen. Die Punktionsstelle muss markiert, dokumentiert und bei einer evtl. Resektion mitentfernt werden. Aufgrund geringer Probenmenge kann die Repräsentativität des gewonnenen Materials eingeschränkt sein.

Offene Biopsie

Der Vorteil liegt ganz klar in der Menge der Probengewinnung. Hierdurch ist die Wahrscheinlichkeit einer repräsentativen Probe deutlich erhöht. Auch hier muss der Zugangsweg dokumentiert und bei einer evtl. Resektion mitentfernt werden. Nachteile sind die Kontamination und die Gefahr der Wahl des falschen Zugangs.

Unabhängig von der Art der Biopsie ist es wichtig, dass der Zugangsweg beachtet, dokumentiert und bei einer evtl. Resektion mitentfernt wird. Der operative Zugangsweg kann nämlich durch Tumorzellen kontaminiert sein. Bereits bei der Planung einer Biopsie muss der Operateur daher die definitive Resektion in die Planung einbeziehen. Durch vorschnelles Handeln kann eine spätere Resektion erschwert, im schlimmsten Fall eine extremitätenerhaltende Operation unmöglich gemacht werden.

Die Biopsie sollte in einer auf die Behandlung von Knochentumoren spezialisierten Klinik erfolgen.

Bei einer offenen Biopsie ist, wenn möglich, eine Blutsperre zu empfehlen. Neben der besseren Übersicht werden stärkere Blutungen und damit eine mögliche Kontamination des umgebenden Gewebes verhindert. Auf die sorgfältige Blutstillung ist zu achten, und auf die Verwendung von scharfen Instrumenten sollte verzichtet werden. Gefäß-Nerven-Straßen dürfen nicht dargestellt werden. Der Hautschnitt wird so klein wie möglich gehalten. Zur Eröffnung des Knochens kann ein Pfriem oder eine kleine Fräse zum Einsatz kommen. Das entnommene Material darf nicht gequetscht werden, da sonst die histopathologische Begutachtung und Diagnostik erschwert oder unmöglich werden. Bei intra- und extraossärer Komponente sollten entsprechende Proben entnommen und getrennt eingesendet werden. Der eröffnete Knochen wird mit einer Zementplombe verschlossen, um eine Blutung aus dem Markraum zu vermeiden und eine bessere Stabilität des Knochens zu gewährleisten. Die Wunddrainage sollte in die Tiefe gelegt und am distalen Wundpol ausgeleitet werden. Die Ausleitungsstelle muss bei einer evtl. Resektion mit dem Zugangsweg in toto entfernt werden. Der Hautverschluss erfolgt durch eine intrakutan fortlaufende Naht. Im Anschluss sollte zunächst eine elastokompressive Wickelung angelegt und dann die Drainage auf Sog gesetzt werden. Bei knöchern instabiler Situation ist die Extremität zu entlasten, ggf. müssen ein Gips angelegt und Bettruhe eingehalten werden.

3 Resektionsplanung

Bei der Planung der Resektion von Tumoren des Bewegungsapparats ist die Beurteilung der Resektionsgrenzen von äußerster Wichtigkeit. In diesem Zusammenhang hat sich die Einteilung nach Enneking bewährt, die sich am Kompartimentmodell orientiert [8]. Das Kompartiment stellt hier den gesamten Knochen und die komplette von Faszien umhüllte Muskelgruppe dar (Tab. 2). Ein adäquater Resektionsrand konnte bisher wissenschaftlich nicht eindeutig festgelegt werden [2], jedoch sollte der knöcherne Absetzungsrand einige Zentimeter betragen [23]. In den Weichteilen sollte der Abstand innerhalb eines Kompartiments ebenfalls einige Zentimeter betragen. An Grenzschichten wie Faszien, Perineurium oder Adventitia reichen Millimeter, da hier per definitionem eine extrakompartimentelle Resektion vorliegt.

Tab. 2 Enneking-Klassifikation [8]

Zur Planung der Resektion muss die vollständige Bildgebung herangezogen werden. Hierzu gehören:

  • projektionsradiographische Untersuchung des betroffenen Knochens in 2 Ebenen,

  • 3-Phasen-Skelettszintigraphie und

  • Kompartment-MRT mit Kontrastmittel des gesamten Kompartiments vor Beginn und nach einer evtl. neoadjuvanten Therapie.

Bei Reduktion des Tumorvolumens unter neoadjuvanter Therapie muss die prätherapeutische MRT in die Planung einbezogen werden (Abb. 1 a,b). Ausgesprochen wichtig sind Kenntnisse über die zuvor durchgeführte Biopsie. Hier sollte nicht nur der Zugangsweg bekannt sein, sondern auch ein postoperatives Hämatom oder ein reaktiver Gelenkerguss ausgeschlossen werden können, da diese per Definition mit Tumorzellen kontaminiert sind. Eine gründliche Anamnese und klinische Untersuchung sind obligat. Der die Biopsie durchführende Operateur sollte im besten Fall auch in der Lage sein, eine eventuelle Resektion durchzuführen.

Abb. 1
figure 1

Axiale Schicht eines Magnetresonanztomogramms des rechten Unterschenkels einer 15-jährigen Patientin mit Osteosarkom ausgehend von der rechten proximalen Tibia vor Beginn (a) und nach Abschluss der neoadjuvanten Chemotherapie (b)

Des Weiteren müssen Länge und Umfang der Extremität in die Planung einbezogen werden, da bei den extremitätenerhaltenden Verfahren ausreichend Muskulatur zur Deckung der entsprechenden Rekonstruktion vorhanden sein muss.

„Life before limb“

Sollte bei gelenknaher Lokalisation eine intraartikuläre Beteiligung präoperativ nicht sicher ausgeschlossen werden können, muss diese Frage intraoperativ geklärt werden. Bei Tumoreinbruch in das Gelenk muss eine extraartikuläre Resektion mit kompletter Gelenkentfernung erfolgen. Die funktionellen Ergebnisse nach extraartikulärer Resektion sind schlechter und sollten bei der Planung bedacht werden. Grundsätzlich sollte das onkologische Ziel die weite Resektion des Tumors sein, deren Umsetzung aber auch durch das Alter, Begleiterkrankungen sowie Lebensqualität mitbestimmt wird. Daher ist eine Absprache mit dem Patienten vor dem operativen Eingriff wichtig. Funktionelles und kosmetisches Ergebnis spielen in der Tumororthopädie eine untergeordnete Rolle.

4 Rekonstruktionsverfahren

Nach weiter Resektion des Tumors erfolgt die Rekonstruktion des hierdurch entstandenen Knochendefekts. Die Wahl des geeigneten Rekonstruktionsverfahrens hängt sowohl von der Lokalisation und Ausdehnung des Defekts als auch von Alter und Konstitution des Patienten ab. Grundsätzlich stehen biologische und endoprothetische Rekonstruktionsverfahren zur Verfügung.

4.1 Biologische Rekonstruktionsverfahren

Bei jüngeren Patienten wird häufig eine autologe Fibula zur Rekonstruktion diaphysärer Defekte < 10 cm angewendet. Bei größeren diaphysären Defekten kann die Rekonstruktion mithilfe einer gefäßgestielten Fibula erfolgen. Hierzu wird die Fibula, einschließlich des versorgenden Gefäßes, entnommen, in den diaphysären Defekt eingebracht und das nutritive Gefäß mikrochirurgisch angeschlossen. Diese Art der Rekonstruktion eignet sich v. a. im Bereich der oberen Extremität, da hier geringere mechanische Kräfte herrschen [11]. Im Bereich der unteren Extremität muss die operierte Extremität längere Zeit entlastet werden. Das Einheilen kann gerade bei adjuanter Chemotherapie problematisch sein. Ein Versagen des Transplantats im Bereich der unteren Extremität ist nicht selten und mündet dann in einer Rekonstruktion mithilfe einer Tumorendoprothese [10]. Des Weiteren kommt es oft zu Problemen im Bereich der Entnahmestelle der Fibula mit z. B. einer Läsion des N. peronaeus und Schwäche bis Lähmung der entsprechenden Muskulatur sowie der Entwicklung von Krallenzehen.

Bei vorhandener, ausreichend großer Knochenbank stehen interkalare und osteoartikuläre Allografts zur biologischen Rekonstruktion zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um avitalen Knochen, der sich der neuen Umgebung und Belastungssituation nicht anpassen kann. Häufig beobachtete Komplikationen sind Pseudarthrosen, Frakturen und Infektionen [1]. Durch eine Kombination von Allo- und Autograft wird eine bessere Primärstabilität gewährleistet und ein „remodelling“ ermöglicht. Auch sind Kombinationen aus einer Allograftversorgung und einer Endoprothese möglich („allograft-prosthesis composite“). Insgesamt verlieren biologische Rekonstruktionen mit Allografts aber aufgrund der zuvor genannten Komplikationen an Bedeutung.

4.2 Tumorendoprothetik

Heutzutage kommen modulare Rekonstruktionssysteme zum Einsatz, die die zu Beginn der Ära der Tumorendoprothetik (Mitte bis Ende der 1970er Jahre) verwendeten, kundenspezifisch angefertigten Prothesen nahezu vollständig ersetzt haben [29]. Mit den modernen modularen Systemen können Defekte nahezu jeden Ausmaßes mit einem guten funktionellen Ergebnis unter Einsparung von Zeit und Ressourcen rekonstruiert werden [27].

Die Rekonstruktionslänge kann dem jeweiligen Defekt angepasst werden. Bei dem in der Klinik für Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie des Universitätsklinikums Münster verwendeten Prothesensystem kann der Aufbau in 1-cm-Schritten erfolgen, und eine Anpassung der Torsion ist in 5°-Schritten möglich.

Bei diaphysärem Defekt erfolgt die Rekonstruktion mithilfe eines Diaphysenimplantats; hierbei werden die Schäfte in der proximalen und distalen Diaphyse des Restknochens verankert.

Heutzutage werden z. B. hexagonale hydroxyapatitbeschichtete Schäfte eingesetzt, die in der Regel „pressfit“ im Knochen verankert werden. Die hexagonale Form gewährleistet eine hohe Rotationsstabilität. Eine zementierte Verankerung kommt v. a. bei älteren Patienten zur Vermeidung längerer Immobilisationsphasen und bei ausgeprägter Osteopenie, geplanter postoperativer Bestrahlung oder schwieriger metadiaphysärer Verankerung zur Anwendung. Die Schaftlänge beträgt in der Regel 12 cm, der Schaftdurchmesser wird anhand der aktuellen Bildgebung bzw. intraoperativ bestimmt. Nach Rekonstruktion der Gelenkkomponente kann die gewünschte Länge durch modulare Hülsen aufgebaut, mit dem Schaft verbunden und mit einer Schraube intern fixiert werden. So können Defekte im Bereich des proximalen oder distalen Femur, der proximalen Tibia sowie des proximalen und distalen Humerus rekonstruiert werden (Abb. 2 a,b). Aber auch der Ersatz eines ganzen Knochens ist bei Anwendung modularer Prothesensysteme ohne Sonderanfertigung möglich (Abb. 3 a,b).

Abb. 2
figure 2

a,b Röntgenbilder des linken Kniegelenks in 2 Ebenen. Nach Tumorresektion wurde eine modulare Tumorendoprothese implantiert

Abb. 3
figure 3

a,b Röntgenbilder des rechten Oberschenkels in 2 Ebenen. Nach Tumorresektion wurde eine modulare Endoprothese implantiert

Zur Refixation von Muskel- und Sehnenansätzen kann ein Anbindungsschlauch aus nichtresorbierbarem Kunstgewebe (Polyäthylenterephthalat, PET) angewandt werden. Zur Prävention einer Luxation nach endoprothetischem proximalem Femur- oder Humerusersatz wird der Anbindungsschlauch an der Gelenkpfanne fixiert und anschließend über die Prothese gezogen. Hierdurch wird die Ausbildung einer Neokapsel auf dem Boden des Kunstgewebes gefördert und die Primärstabilität erhöht [14].

Bei einem proximalen Tibiaersatz kann der Streckapparat am Anbindungsschlauch refixiert werden, und nach Vernarbung ist eine aktive Streckung im Kniegelenk möglich. Damit eine ausreichende muskuläre Deckung der Prothese nach proximalem Tibiaersatz gewährleistet ist, sollte regelhaft eine M.-gastrocnemius-Schwenklappen-Plastik durchgeführt werden, denn eine suffiziente muskuläre Deckung senkt das Risiko einer periprothetischen Infektion. Beispielhaft ist die in Abb. 4 a,b dargestellt. Abb. 4 a zeigt den Operationssitus nach Tumorresektion und Implantation eines proximalen Tibiaersatzes. Der proximale Tibiaersatz ist bereits mit den Schäften verbunden, der Anbindungsschlauch über den Prothesenkorpus gezogen. Der M.-gastrocnemius-Schwenklappen wurde gehoben und distal mobilisiert. In Abb. 4 b ist der M.-gastrocnemius-Schwenklappen bereist am Anbindungsschlauch fixiert. Somit wird eine gute muskuläre Prothesendeckung erreicht.

Abb. 4
figure 4

a Operationssitus nach Tumorresektion und Implantation eines proximalen Tibiaersatzes; b Fixation des M.-gastrocnemius-Schwenklappens am Anbindungsschlauch

Fünf- bis Zehnjahresstandzeit beträgt zwischen 69 und 90 %

Je nach Literatur beträgt die Fünf- bis Zehnjahresstandzeit der Tumorendoprothesen heute zwischen 69 und 90 % [4, 15, 29]. Bei Kindern und Jugendlichen ist mit mehreren potenziell komplikationsträchtigen Wechseloperationen zu rechnen. Dies bedeutet, dass die Tumorendoprothetik bis heute möglicherweise einen Extremitätenerhalt auf Zeit darstellt. Langfristige Ergebnisse über 40 Jahre stehen noch aus.

Beim Kind müssen physische Besonderheiten bedacht werden. Bei Tumoren im Bereich des Kniegelenks muss das Restwachstum in die Planung einbezogen werden, da eine Prothesenimplantation vor Beendigung des Längenwachstums durch Entfernung oder Zerstörung der Epiphysenfuge zu einer Beinlängendifferenz führt. Es sollte überlegt werden, ob die resultierende Beinlängendifferenz akzeptiert und durch Schuhsohlenerhöhung ausgeglichen werden kann. Je nach Alter des Patienten kann bei einer zu erwartenden Beinlängendifferenz bis zu etwa 4 cm die kontralaterale Extremität mithilfe einer Epiphyseodese angehalten werden.

4.3 Wachstumsprothesen

Während modulare Tumorendoprothesen beim Erwachsenen den Goldstandard darstellen, kann dies nicht auf Kinder übertragen werden. Aufgrund der Beinlängendifferenz und der häufig eingeschränkten Fähigkeit zur suffizienten Rehabilitation können schlechtere funktionelle Ergebnisse resultieren.

Bei einer zu erwartenden Beinlängendifferenz von > 5 cm kann die Implantation einer Wachstumsprothese erwogen werden. Diese Prothesen können mithilfe eines je nach Hersteller unterschiedlichen Mechanismus in sich verlängert werden. Bei den Wachstumsprothesen der ersten Generation musste zur Verlängerung ein operativer Eingriff durchgeführt werden, und es erfolgte eine Ad-hoc-Verlängerung mit einem Schraubschlüssel. Neben dem Risiko einer periprothetischen Infektion war aufgrund der periprothetischen Narbenbildung ein minimalinvasiver Eingriff kaum möglich. Besonders problematisch ist, dass insbesondere der N. ischiadicus nur eine Verlängerung von 1,5–2 cm erlaubt [3].

Die aktuell zur Verfügung stehenden Wachstumsprothesen verschiedener Hersteller können transkutan durch einen Federmechanismus oder über einen kleinen Elektromotor verlängert werden. Durch einen subkutan gelegenen Transmitter kann mithilfe von elektromagnetischen Wellen transkutan die Energie zum Ausfahren des Motors übertragen werden. So können eine kontinuierliche Verlängerung von 1 mm/Tag am Oberschenkel und 0,8 mm/Tag am Unterschenkel erreicht werden. Je nach Modell ist eine Gesamtverlängerung bis zu 10 cm möglich. In Abb. 5 ist beispielhaft das A.-p.-Röntgenbild des linken Oberschenkels eines Patienten nach Resektion des kompletten Femurs bei Ewing-Sarkom und Implantation einer Wachstumsprothese gezeigt. Das Wachstumsmodul befindet sich im distalen Anteil des Femurkorpus. Der Transmitter liegt subkutan unter der Haut und ist über ein Kabel mit dem Motor verbunden. Der Tibiaschaft ist poliert.

Abb. 5
figure 5

A.-p.-Röntgenbild des linken Oberschenkels eines Patienten nach Implantation einer Wachstumsprothese

Die beschriebene Prothese basiert auf dem Prinzip der Kallotasis. Bei ausreichender Beinlängendifferenz erfolgt die Verlängerung nach Osteotomie über einen motorisierten Marknagel; hierbei wird nicht die Prothese, sondern der Knochen selbst verlängert. Dies führt zu einem besseren Hebelverhältnis zwischen Prothese und Knochen sowie zu einer längeren Standzeit des betroffenen Knochens. Im Fall eines notwendigen Schaftwechsels steht dann ein größeres Knochenlager zur Verfügung. Beispielhaft illustriert dies Abb. 6 a,b. Nach Resektion eines Tumors im Bereich des distalen Femurs wurde eine Wachstumsprothese implantiert. Der Marknagel liegt bereits im proximalen Femur ein. Der Transmitter liegt subkutan unter der Haut und ist über ein Kabel mit dem Motor verbunden.

Abb. 6
figure 6

a,b Röntgenbilder in 2 Ebenen des rechten Oberschenkels eines Patienten nach Resektion eines Tumors im Bereich des distalen Femurs und Implantation einer Wachstumsprothese

Da beide Arten der Wachstumsprothese den mechanischen Ansprüchen eines Erwachsenen nicht genügen, muss nach Abschluss der Verlängerung auf eine konventionelle Tumorendoprothese gewechselt werden.

5 Ablative Verfahren

5.1 Umdrehplastik

Die Umdrehplastik wurde in den 1970er Jahren als Alternative zur Oberschenkelamputation von Salzer eingeführt. Dieses Verfahren kann bei Tumoren im Bereich des Oberschenkels eingesetzt werden. Der tumorbefallene Anteil des Oberschenkels wird unter Erhalt des N. ischiadicus entfernt, der Unterschenkel um 180° gedreht und mit dem Fuß nach hinten zeigend mit dem restlichen proximalen Femur osteosynthetisch verbunden. Durch den vollständigen Erhalt des N. ischiadicus werden Phantomschmerzen unterbunden. Das obere Sprunggelenk dient als „Neokniegelenk“; dies entspricht funktionell einer Unterschenkelamputation. Bei Notwendigkeit der Resektion des kompletten Femurs kann bei Kindern bis zum 10. Lebensjahr das Tibiaplateau in das Acetabulum eingestellt werden. Unter Belastung formt es sich aufgrund der Plastizität des kindlichen Knochens zu einem „Neohüftkopf“ um. Die Umdrehplastik wird v. a. bei kleinen Kindern angewendet, bei denen aufgrund der Größenverhältnisse und des zu erwartenden Restwachstums keine endoprothetische Versorgung möglich ist. Bei großer Tumorausdehnung mit Verlust der umgebenden Muskulatur ist die Umdrehplastik ein alternatives Verfahren. Des Weiteren kann sie nach gescheitertem Extremitätenerhalt eine Alternative zur Amputation darstellen. Die funktionellen Ergebnisse nach Umdrehplastik sind sehr gut, trotzdem kann die Umdrehplastik aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbilds problematisch sein und bei Patienten sowie Eltern auf Ablehnung stoßen.

5.2 Hemipelvektomie

Eine weite Tumorresektion ist auch bei einer Lokalisation im Becken grundsätzlich möglich. Abhängig von der genauen Lokalisation des Tumors stehen verschiedene Methoden der sogenannten Hemipelvektomie zur Verfügung. Bei Erhalt der unteren Extremität, spricht man von einer „internen Hemipelvektomie“, bei Verlust der Extremität von einer „externen Hemipelvektomie“. Diese Eingriffe gehen mit einer hohen Komorbidität und erheblicher Mutilation sowie Funktionseinschränkung einher. Bei interner Hemipelvektomie kann zum Extremitätenerhalt eine Hüftverschiebeplastik durchgeführt werden. Dabei wird das proximale Femur dem restlichen Os ilium oder Os sacrum unterstellt ([12, 13]; Abb. 7). Mithilfe eines Anbindungsschlauchs kann eine Neokapsel geformt und über einen Fadenanker am restlichen Beckenknochen fixiert werden [14]. Aufgrund eines oftmals resultierenden Trendelenburg-Hinkens benutzen viele Patienten einen Gehstock auf der gesunden Seite.

Abb. 7
figure 7

A.-p.-Röntgenbild des Beckens eines Patienten nach interner rechtsseitiger Hemipelvektomie und Hüftverschiebeplastik

Kann das Acetabulum erhalten bleiben, ist eine Rekonstruktion des knöchernen Defekts mit einem Schrauben-Stab-System oder einem Auto- oder Allograft möglich Abb. 8. Prothetische Rekonstruktionen im Bereich des Beckens zeigen allerdings eine hohe Komplikationsrate mit frühzeitiger Lockerung oder periprothetischer Infektion [28]. Nach einer „externen Hemipelvektomie“ erfolgt die exoprothetische Versorgung mithilfe einer Beckenkorbprothese. Es resultiert jedoch eine deutlich eingeschränkte Funktion, und die meisten Patienten sind bei längeren Strecken auf einen Rollstuhl angewiesen.

Abb. 8
figure 8

A.-p.-Röntgenbild des Beckens nach linksseitiger P1C-Hemipelvektomie und zementierter Rekonstruktion mit Expedium™-Polyaxialschrauben-/Stabsystem

Eine „externe“ bedeutet im Vergleich zur „internen Hemipelvektomie“ häufig keine Erweiterung des Resektionsrands, da die limitierende Tumorkomponente meist beckeninnenseitig sitzt.

Aufgrund der ausgeprägten Komorbiditäten und des stark mutilierenden Charakters sollte aus Sicht der Autoren die Indikation zur Hemipelvektomie immer durch ein Referenzzentrum gestellt werden.

5.3 Amputationen

Wenn durch einen extremitätenerhaltenden Eingriff kein ausreichender Sicherheitsabstand erreicht werden kann, besteht die Indikation zur primären Amputation. Eine sekundäre Amputation kann z. B. bei einer schwerwiegenden periprothetischen Infektion nach endoprothetischer Rekonstruktion notwendig sein. Durch die immer besseren exoprothetischen Versorgungsmöglichkeiten ist die Gewöhnung an die neue Situation für den Patienten leichter geworden. Nach guter exoprothetischer Versorgung und entsprechender Rehabilitation zeigen sich funktionell hervorragende Ergebnisse. Je weiter distal die Amputationshöhe ist, desto besser ist das funktionelle Ergebnis.

Externe Hemipelvektomie, Hüftgelenkexartikulation und „forequarter amputation“ (die Amputation des Arms, des Schulterblatts sowie des Schlüsselbeins) sind Verfahren, bei denen die gesamte Extremität in toto entfernt wird. Eine funktionelle exoprothetische Versorgung ist in diesen Fällen sehr schwierig; hier stehen v. a. individuell angefertigte „Schmuckprothesen“ zur Verfügung. Diese werden von den Patienten aber aufgrund der fehlenden Funktion häufig als störend empfunden und selten getragen [1, 17]. In Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass die Lebenszufriedenheit der Patienten nach Amputation sich nicht wesentlich von der nach einem Extremitätenerhalt unterscheidet [22, 25].

6 Seltene Lokalisationen und Rekonstruktionsverfahren

Selten treten Tumoren im Bereich der Scapula auf. Bei der Scapulektomie wird das gesamte Schulterblatt samt Glenoid entfernt. Bei Befall des Schultergelenks und/oder des proximalen Humerus kann zusätzlich ein proximaler Humerusersatz durchgeführt werden. Der proximale Humerus bzw. die implantierte Tumorendoprothese kann an der Klavikula oder einer Rippe mithilfe des Anbindungsschlauchs fixiert werden.

Eine weitere seltene Lokalisation betrifft die Unterarmknochen. Diaphysäre Defekte sowie ein Defekt im Bereich des distalen Radius können mit autologer proximaler Fibula rekonstruiert werden. Bei Kindern kann die Wachstumsfuge der proximalen Fibula ein „Mitwachsen“ ermöglichen, sodass eine therapiepflichtige Handgelenkdeviation seltener zu beobachten ist.

Die extraläsionale Resektion im Bereich der Wirbelsäule wird En-bloc-Spondylektomie genannt. Zur Stabilisierung erfolgt eine dorsoventrale Rekonstruktion mithilfe eines von dorsal eingebrachten winkelstabilen Schrauben-Stab-Systems. Die Schrauben werden in den Pedikeln der angrenzenden gesunden Wirbelkörper verankert. Die Abstützung von ventral wird durch einen Wirbelkörperersatz mithilfe von Cage-System, autologer Fibula oder Beckenlammspan gewährleistet. Bei größerer Tumorausdehnung mit Befall mehrerer Wirbelkörper kann eine Mehretagenspondylektomie durchgeführt werden.

7 Komplikationen

Die schwerwiegendste Komplikation nach Extremitätenerhalt ist das Lokalrezidiv, das mit einer deutlich schlechteren Prognose vergesellschaftet ist [23]. In der Literatur ist eine Lokalrezidivrate zwischen 1 und 9 % beschrieben. Das Lokalrezidiv führt zumeist zu einer sekundären Amputation [15, 29]. Vorbeugend ist daher ein weiter Resektionsabstand nach Enneking unbedingt einzuhalten.

Schwerwiegendste Komplikation nach Extremitätenerhalt ist das Lokalrezidiv

Eine weitere schwere Komplikation ist die periprothetische Infektion. In der Literatur beträgt die Infektionsrate zwischen 5 und 36 %. Im Bereich der proximalen Tibia sind die höchsten Infektionsraten beschrieben [15, 29]. Zumeist ist ein 2-zeitiger Prothesenwechsel mit Explantation der Prothese und Implantation eines antibiotikumhaltigen Platzhalters. Erst nach vollständiger Ausheilung der Infektion ist eine Prothesenreplantation möglich. Im Fall einer Frühinfektion sind eine Revision mit Spülung und Débridement sowie Wechsel der Kunststoffteile möglich. In 19–46 % der Fälle führt ein periprothetischer Infekt zu einer sekundären Amputation [16]. Durch die Silberbeschichtung der Prothesen konnte die Infektionsrate beim proximalen Femur- und Tibiaersatz auf 5,9 % reduziert werden [19].

Im Bereich der unteren Extremität tritt eine aseptische Schaftlockerung mit einer Häufigkeit von 5–27 % auf. Hier sollte eine frühzeitige Revision durchgeführt werden [4, 15, 29]. Aufgrund der Biomechanik haben Endoprothesen im Bereich der oberen Extremität sowie des proximalen Femurs eine längere Standzeit. Insgesamt beträgt die Fünf- bis Zehnjahresstandzeit der modularen Endoprothesen heute zwischen 69 und 90 % [4, 15, 29].

Weitere häufige Komplikationen sind die Prothesenluxation, Schaftfrakturen und periprothetische Frakturen. Aufgrund verbesserter Materialien sind Schaftfrakturen selten geworden und werden in der Literatur mit 1–22 % angegeben [4, 15, 29]. Ab einer Schaftgröße von 12 mm haben die Autoren beim verwendeten Prothesensystem keine Schaftfrakturen beobachtet [15].

Bei sehr aktiven Patienten kann es zum Verschleiß des Polyäthylen-Inlays bei Versorgungen rund um das Kniegelenk kommen. Dies ist keine wirkliche Komplikation, sondern eine zu erwartende Abnutzung. Ein Polyäthylenabrieb kann eine aseptische Schaftlockerung provozieren und führt zur zunehmenden Instabilität. Ein Wechsel der Verschleißteile sollte daher frühzeitig erfolgen.

Die häufigste Komplikation beim proximalen Humerusersatz ist die (Sub-)Luxation, bedingt durch die Resektion der das Gelenk stabilisierenden Muskulatur. Durch Refixation der verbliebenen Muskulatur an einem Anbindungsschlauch kann die Stabilität verbessert werden [15].

Die Luxationsrate nach proximalem Femurersatz wird in der Literatur mit bis zu 20 % angegeben [5]. Durch die Implantation eines Duokopfes sowie Refixation der Kapsel und Muskelanteile an einem Anbindungsschlauch konnte die Luxationsrate im eigenen Patientengut auf 1,7 % reduziert werden [5, 15].

Jede weitere Revision bei Komplikation bedeutet ein erneutes Risiko einer periprothetischen Infektion und kann in einer sekundären Amputation enden.

8 Funktionelles Ergebnis

Mithilfe des Musculoskeletal Tumor Society Score (MSTS) können funktionelle Ergebnisse nach Rekonstruktion mit einer Tumorendoprothese beurteilt werden [9]. Es werden subjektive (Schmerzen, Zufriedenheit usw.) und funktionelle Parameter (Gehstrecke, Bewegungsumfang usw.) erfasst; hierbei bedeuten 100 %, dass der Patient unter keinerlei Einschränkungen leidet.

Die besten eigenen Resultate konnten im Bereich des proximalen Tibiaersatzes (83 %) und des distalen Femurersatzes (80 %) erreicht werden. In der Literatur betragen die Ergebnisse zwischen 60 und 90 % [4]. Beim proximalen Femurersatz verbleibt v. a. bei älteren Patienten häufig ein Trendelenburg-Hinken, und oftmals benötigen die Patienten eine Gehhilfe auf der gesunden Seite.

Aufgrund der schlechten aktiven Beweglichkeit des Schultergelenks nach Resektion der Rotatorenmanschette erreichten Patienten mit einem proximalen Humerusersatz ein Ergebnis von etwa 70 %. In der Regel waren eine Anteversion bis ca. 60° sowie eine Abduktion bis 30° möglich. Alle Patienten konnten die Hand zum Mund führen.

9 Nachsorge

Die Nachsorgeuntersuchungen sollten interdisziplinär erfolgen und für mindestens 10 Jahre nach Abschluss der Therapie regelhaft durchgeführt werden. Es sollten sowohl lokale Kontrollen des Primärtumors als auch Untersuchungen auf Metastasen erfolgen.

In den ersten 2 Jahren sollte alle 3 Monate eine klinische und projektionsradiographische Untersuchung des betroffenen Knochens sowie eine lokale MRT-Kontrolle durchgeführt werden. In den folgenden 3 Jahren sollten die Untersuchungen alle 6 Monate und in den darauf folgenden 5 Jahren einmal jährlich erfolgen.

Insbesondere bei Patienten mit einer Tumorendoprothese sollten auch nach Abschluss des 10. postoperativen Jahres klinische und projektionsradiographische Verlaufskontrollen einmal jährlich durchgeführt werden. So kann ein mögliches Prothesenversagen wie ein Verschleiß des Gelenkmechanismus oder eine Schaftlockerung frühzeitig erkannt werden.

10 Fazit für die Praxis

  • Nach weiter Resektion des Tumors erfolgt die Rekonstruktion des hierdurch entstandenen Knochendefekts.

  • Die Wahl des geeigneten Rekonstruktionsverfahrens hängt sowohl von der Lokalisation und Ausdehnung des Defekts als auch von Alter und Konstitution des Patienten ab.

  • Grundsätzlich stehen biologische und endoprothetische Rekonstruktionsverfahren zur Verfügung. Insgesamt verlieren biologische Rekonstruktionen mit Allografts aber aufgrund der mit ihnen einhergehenden Komplikationen an Bedeutung.

  • Modulare Rekonstruktionssysteme haben die zu Beginn der Ära der Tumorendoprothetik verwendeten, kundenspezifisch angefertigten Prothesen heute fast vollständig ersetzt. Mit diesen modernen modularen Systemen können Defekte nahezu jeden Ausmaßes mit gutem funktionellem Ergebnis unter Einsparung von Zeit und Ressourcen rekonstruiert werden.

  • Während modulare Tumorendoprothesen beim Erwachsenen den Goldstandard darstellen, können diese bei noch im Wachstum befindlichen Kindern aufgrund der resultierenden Beinlängendifferenz und der häufig eingeschränkten Fähigkeit zur suffizienten Rehabilitation in schlechteren Ergebnissen resultieren. Hier sind ggf. Wachstumsprothesen vorzuziehen.

  • Die schwerwiegendste Komplikation nach Extremitätenerhalt ist das Lokalrezidiv, das mit einer deutlich schlechteren Prognose vergesellschaftet ist. Nachsorgeuntersuchungen sollten daher für mindestens 10 Jahre nach Abschluss der Therapie regelhaft in gestaffelter Form durchgeführt werden.