Die Diagnostik und Therapie primär maligner Tumoren sowie Metastasen der Wirbelsäule hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt [8]. Dieses hat zu einer Verbesserung der kurzfristigen und v. a. auch der Langzeitergebnisse geführt. Die bessere Prognose dieser Tumoren ist dabei jedoch nicht ausschließlich Folge neuer diagnostischer Verfahren und verbesserter Operationstechniken, sondern sicherlich in erster Linie mit Fortschritten auf dem Gebiet der neoadjuvanten und adjuvanten Therapie begründet. Insbesondere die enorme Entwicklung auf dem Gebiet der radiologischen, szintigraphischen und magnetresonanztomographischen Bildgebungstechniken haben eine frühere Diagnostik und eine bessere präoperative Evaluierung und Operationsplanung möglich gemacht.

Ziele der modernen Tumorbehandlung an der Wirbelsäule sind insbesondere bei der Indikationsstellung zur En-bloc-Resektion:

  • vollständiges Staging vor der geplanten Biopsie,

  • korrekte Biopsietechnik,

  • korrekte interdisziplinäre Therapieplanung,

  • Operationsplanung in Abhängigkeit von Tumorlokalisation und -ausdehnung,

  • bestmöglicher Erhalt neurologischer Funktionen unter der Operation,

  • Erhalt bzw. Wiederherstellung der Stabilität der Wirbelsäule nach Tumorentfernung.

Intraläsionale Exzision

Die intraläsionale Exzision von Tumormasse an der Wirbelsäule ist eine palliative Maßnahme, um bei drohenden oder bereits eingetretenen Lähmungserscheinungen durch Metastasen eine neurale Dekompression zu erzielen. Um die Stabilität wiederherzustellen, schließt sich in aller Regel eine Instrumentation der Wirbelsäule an. Gelegentlich ist auch die alleinige biomechanische Instabilität Indikation zur palliativen Operation. Gerade bei multiple in die Wirbelsäule metastasierenden Tumoren ist ein intraläsionales Vorgehen als kleinstmöglicher palliativer Eingriff gerechtfertigt. Chirurgisch ist in diesen Fällen ein kurativer Therapieansatz nicht möglich, zusätzlich weisen die meisten Patienten ohnehin schon einen schlechten Allgemeinzustand auf. Der Begriff Exzision impliziert dabei schon per definitionem ein stückweises und damit intraläsionales Entfernen des Tumors, wohingegen der Begriff Resektion definitionsgemäß eine extraläsionale En-bloc-Entfernung des Tumors beschreibt.

Extraläsionale Resektion

Grundsätzlich anders verhält es sich bei den extrem seltenen malignen Primärtumoren der Wirbelsäule. Hier ist, wie auch bei Primärtumoren im Bereich der Extremitäten, ein kurativer Therapieansatz anzustreben. Eine vergleichbare Denkweise setzt sich zunehmend auch bei der Behandlung von Solitärmetastasen an der Wirbelsäule durch, auch wenn hier ein kurativer Therapieansatz fragwürdiger erscheint und mehr der Begriff der langfristigen lokalen Tumorkontrolle bzw. Lokalrezidivprophylaxe im Vordergrund der Überlegungen steht [1, 2]. Hintergrund der propagierten extraläsionalen Tumorresektion bei malignen Primärtumoren an der Wirbelsäule ist die Tatsache, dass die Endresultate der traditionellen intraläsionalen Tumorentfernung extrem schlecht sind. So konnte u. a. mit den Daten des Tumorregisters des Rizzoli-Instituts in Bologna, Italien nachgewiesen werden, dass die 5-Jahres-Überlebensrate primärer Osteosarkome an der Wirbelsäule bei intraläsionaler Tumorexzision nur bei 17% lag. Diese steigt bei extraläsionaler Resektion drastisch an [9]. Ein chirurgisch kurativer Therapieansatz erfordert eine extraläsionale Resektion des Tumors, vergleichbar den Prinzipien Ennekings [13, 14] bei der Behandlung von Knochentumoren der Extremitäten.

Chirurgisches Stagingsystem für Wirbelsäulentumoren

Sinnvoll war es daher, ein Stagingsystem für Tumoren der Wirbelsäule zu entwickeln, welches die Prinzipien der Enneking-Klassifikation von Tumoren der Gliedmaßen auf die Wirbelsäule überträgt. Dieses ermöglicht neben einer besseren chirurgischen Therapieplanung insbesondere eine Analyse und Vergleichbarkeit der Ergebnisse in Abhängigkeit von Tumorgröße und Lokalisation. Ein solches chirurgisches System geht auf Arbeiten von Weinstein zurück [47]. Es wurde in der Folgezeit modifiziert, in seiner jetzigen Form 1997 vorgestellt und hat sich heute etabliert. Es trägt den Namen seiner Inauguratoren Weinstein, Boriani und Biagini (WBB-Stagingsystem [8, 9]).

Ein Wirbel wird in der transversalen Ebene in 12 Zonen, im Uhrzeigersinn bei der Aufsicht von dorsal an der linken Hälfte des Dornfortsatzes (Zone 1) beginnend, unterteilt. In der transversalen Ebene werden 5 Schichten unterschieden, die von extraossär-paravertebral (Schicht A) bis intradural (Schicht E) reichen (Abb. 1). Zusätzlich wird die longitudinale Ausdehnung des Tumors dokumentiert, da in Abhängigkeit von der Tumorgröße nicht nur ein sondern mehrere Wirbel betroffen sein können. Von der Tumorlokalisation, Tumorausdehnung und vom Tumortyp ist abhängig, ob eine extraläsionale Resektion als kurativer Therapieansatz möglich und insbesondere sinnvoll ist. Die Definitionen der Tumorentfernung sind in Tab. 1 dargestellt.

Eine radikale Resektion ist an der Wirbelsäule nicht möglich, da es sich hierbei per definitionem um eine vollständige Entfernung eines Kompartiments handeln würde. Dieses reicht aufgrund des Wirbelkanals vom Kopf bis zum Sakrum. Angestrebt werden sollte, wie bei primär malignen Extremitätentumoren, die weite Resektion. Nicht selten ist aber wegen der engen anatomischen Raumverhältnissen und der häufig schon fortgeschrittenen Tumorausdehnung nur eine marginale Resektion entlang der Pseudokapsel möglich.

Abb. 1
figure 1

Chirurgisches WBB-Stagingsystem, welches die Tumorausdehnung anatomisch nach Zonen und Schichten beschreibt [8]

Tab. 1 Begriffe und deren Definitionen einer möglichen Tumorentfernung

En-bloc-Resektion bzw. En-bloc-Spondylektomie

Der Begriff der national und international in aller Regel verwendeten En-bloc-Spondylektomie mit dem Ziel der extraläsionalen Tumorentfernung ist eigentlich irreführend, da er die Resektion eines vollständigen Wirbels in einem Stück impliziert. Dieses würde die Durchtrennung des intraspinalen Inhalts ober- und unterhalb des Wirbels erforderlich machen und dem medizinethisch anzustrebenden bestmöglichen Erhalt neurologischer Funktionen unter der Operation widersprechen. Diese „totale“ En-bloc-Spondylektomie ist somit eigentlich nur zur rechtfertigen, wenn durch das Tumorwachstum nach intraspinal bereits eine irreversible Querschnittslähmung eingetreten ist, wie das kürzlich von Murakami et al. [27] kasuistisch für 2 Fälle beschrieben wurde. Regelhaft ist daher unter der En-bloc-Spondylektomie eine extraläsionale En-bloc-Resektion der tumortragenden Wirbelanteile unter bestmöglichem Erhalt der neuralen Strukturen zu verstehen. Dieses macht eine Separierung dorsaler und ventraler Wirbelanteile an tumorfreien Stellen notwendig. Ob das möglich ist, hängt wiederum von der Tumorlokalisation und -ausdehnung sowohl transversal als auch longitudinal ab, was durch das chirurgische WBB-Stagingsystem analysiert werden kann.

Der unseres Wissens nach erste Fall einer En-bloc-Spondylektomie wurde von Bertil Stener 1971 publiziert [40]. Es handelte sich um ein thorakales Chondrosarkom in einer Ausdehnung von Th6–Th8 welches in einer kombinierten dorsoventralen Technik reseziert wurde. Roy-Camille standardisierte die Technik der En-bloc-Resektionen an der Wirbelsäule und war der erste, der die extraläsionalen Tumorentfernungen in rein dorsaler Technik durchführte und auch publizierte [32, 33, 34, 35]. Neuere Arbeiten von Tomita et al. [44, 45], Murakami et al. [26] und Kawahara et al. [20], die in aller Regel ebenfalls rein von dorsal resezierten bzw. von Fidler [15], der eine kombinierte dorsoventrale Technik verwendete, sind daher bei Kenntnis der Publikationen Steners und Roy-Camilles lediglich als Modifikationen zu werten. Tomita et al. [44, 45] durchtrennen nach dorsaler Präparation mit einer modifizierten Jiggly-Säge beide Pedikel und entfernen danach den dorsalen Wirbelanteil en bloc. Bei Befall eines Pedikels bzw. einer Lamina mit Querfortsatz (Zone 2 und 3 bzw. 10 und 11) bedeutet dies ein intraläsionales Vorgehen und sollte u. E. unbedingt vermieden werden [24].

Nach Entfernung der dorsalen Anteile wird dann von dorsal der Wirbelkörper lateral und lateroventral vom Weichteilgewebe und den prävertebralen Gefäßen sowie intraspinal vom Duralschlauch mobilisiert, ggf. unter Opferung einer oder mehrerer Nervenwurzeln sowie Koagulation bzw. Ligatur und Durchtrennung der Segmentgefäße. Nach vollständiger Mobilisierung kann dann dieser Wirbelkörper nach laterodorsal en bloc herausrotiert und entfernt werden (Abb. 2). Im Gegensatz zu Roy-Camille und Tomita kann dieser 2. Teil der Operation, also die Korporektomie, auch über einen zusätzlichen Zugangsweg von ventral durchgeführt werden, wie von Stener [40], Fidler [15] und anderen Autoren [6, 7, 10, 17, 22, 25] beschrieben. Modifikationen der Methode beinhalten auch die Möglichkeit des thorakoskopischen Vorgehens [11].

Abb. 2
figure 2

Schematische Darstellung der En-bloc-Resektion: a Dekompression im Gesunden, b Abtragung bis zur Pedikelbasis und komplette Diskektomie, c anschließend Spondylektomie von dorsal oder ventral

Nach durchgeführter En-bloc-Spondylektomie werden zur dorsalen Zuggurtung Pedikelschrauben unter fluoroskopischer Kontrolle platziert, um eine dorsale transpedikuläre Instrumentationsspondylodese mit winkelstabilem Titanfixateur (TiAl6V4) zu realisieren. In der Regel erfolgt dies 1 oder 2 Wirbel oberhalb und unterhalb des resezierten Wirbels, bei mehrsegmentalen Resektionen auch längerstreckig. Zur Rekonstruktion der vorderen Säule verwenden wir in aller Regel einen expandierbaren titanlegierten Wirbelkörperersatz (TiAl6V4), der mit Spongiosa gefüllt ist. Bei 3- oder 4-etagigen Spondylektomien wird ventral zusätzlich ein Einstabsystem zur Stabilisierung eingebracht. In 2 Fällen benutzten wir zur ventralen Lastabstützung in Folge der großen Distanz 1 bzw. 2 Fibulagrafts.

Ziel dieser Instrumentation mit dorsaler Zuggurtung und ventraler Lastabstützung ist die primärstabile Rekonstruktion der Wirbelsäule. (Abb. 3). Oda et al. [29] konnten in einem biomechanischen Modell zeigen, dass die Kombination aus ventraler und dorsaler Instrumentation unter Verwendung eines ventralen Cagesystems die beste Stabilität gewährleistet.

Abb. 3
figure 3

Primärstabile Versorgung mit dorsale Zuggurtung mit Pedikelschraubensystem und ventrale Lastabstützung mittels expandierbarem Cage (a) bzw. Fibulainterponat (b)

Bei einer mehrsegmentalen En-bloc-Spondylektomie ist es notwendig, in mehreren Etagen die Segmentgefäße zu unterbinden. Hier konnten Nambu et al. [28] in einer tierexperimentellen Studie zeigen, dass die bilaterale Unterbindung der Segmentgefäße von 3 Wirbelkörpern zu keiner Änderung der evozierten Potentiale des Rückenmarks führt. Dies deckt sich mit einer Fallbeschreibung Samartzis et al. [38]. Hieraus ist (natürlich mit gewissen Einschränkungen aufgrund des Tiermodells) zu folgern (und dies deckt sich mit unseren eigenen Erfahrungen), dass auch die mehrsegmentale bilaterale Ligatur von Segmentgefäßen zumindest in den meisten Fällen zu keiner hämodynamischen Unterversorgung der neuronalen Strukturen führt. Lediglich bei einer unserer Patientinnen mit En-bloc-Spondylektomie über 4 Wirbel inklusive Brustwandteilresektion kam es postoperativ zu einer kompletten motorischen Querschnittslähmung bei erhaltener Sensibilität (A.-spinalis-anterior-Syndrom), welches sich aber 1 Jahr postoperativ erfreulicherweise zu einem Frankel Grad 4 zurück entwickelt hatte (Tab. 2, Fall 6).

Tab. 2 2- bis 10-Jahres-Follow-up aller Patienten mit Primärtumor und Solitärmetastase der Wirbelsäule (n=18), die einer En-bloc-Resektion an der Wirbelsäule unterzogen wurden

Im Gegensatz zu Tomita et al. [44, 45, 46] versuchen wir grundsätzlich eine extraläsionale Tumorentfernung bei malignen Primärtumoren sowie in ausgewählten Fällen auch bei Solitärmetastasen durchzuführen. Die Mindestvoraussetzung zum bestmöglichen Erhalt neurologischer Funktionen ist dabei eine Tumorfreiheit der Zonen 2 und 3 bzw. 10 und 11, da es ansonsten unmöglich ist, den tumortragenden Wirbelanteil ohne Durchtrennung des Duralschlauchs oberhalb und unterhalb des Tumors zu entfernen. Darüber hinaus muss es chirurgisch möglich sein, den tumortragenden Wirbel sowohl paravertebral (Schicht A) als auch extradural (Schicht D) marginal resezieren zu können (Abb. 4, Abb. 5).

Abb. 4
figure 4

Fall 4. 24-jährige Patientin mit einem Ewing-Sarkom BWK 12 Zone 5–12, Schicht B, RG I, marginale Resektion: a Resektat in der Aufsicht von unten und b seitlich. c, d Instrumentation Th10–L1 mit winkelstabilem Fixateur und Wirbelkörperersatzimplantat und primärstabilen Verhältnissen. e Klinisches Bild 3 Monate postoperativ während der Chemotherapie. Patientin im Follow-up 96 Monate tumorfrei, zwischenzeitlich Mutter eines gesunden Kindes

Abb. 5
figure 5

Fall 9. 10-jährige Patientin, Ewing-Sarkom LWK 4, Zone 4–9, Schicht B, weite Resektion, RG II: a Resektat in der Aufsicht. b Horizontal aufgeschnittenes Resektat. c, d Prä- und postoperatives Röntgenbild mit instrumentierter Fusion L3–L5, Wirbelkörperersatz LWK 4. Die Patientin verstarb 5 Jahre postoperativ an einer chemotherapieinduzierten sekundären akuten myeloischen Leukämie

Kasuistisch sind auch En-bloc-Resektionen mit Duraanteilen bei einem Wachstum nach intradural beschrieben [23]. Es ist aber u. E. zweifelhaft, ob eine solche Resektion selbst bei tumorfreien duralen Resektionsrändern noch als marginal gewertet werden kann, oder aber per se schon als intraläsional zu definieren ist, da der Tumor in solchen Fällen bereits direkten Kontakt zum Liquor cerebrospinalis hat.

Aufgrund der Invasivität des operativen Eingriffs und des zu erwartenden Blutverlusts bestehen hohe Ansprüche an das anästhesiologische Management. In unserem Patientengut betrug die durchschnittliche Operationszeit 7,2 h mit einem intraoperativen Blutverlust von 3300 ml. Andere Autoren berichten von einer durchschnittlichen Operationszeit von 7–18 h und einem intraoperativen Blutverlust von 3900 ml [6, 16, 22, 24]. Zur Vermeidung eines hypovolämischen Schocks und weiterer intra-/postoperativer Komplikationen halten wir eine hypotensive Narkose sowie die zeitgerechte Volumensubstitution für essentiell. Diese Meinung wird unterstützt durch die Studien von Taniguchi et al. [42, 43] bezüglich des perioperativen Managements bei der totalen En-bloc-Spondylektomie.

Zur Reduktion einer möglichen ödematösen Schwellung der neuralen Strukturen nach operativer Manipulation geben wir intra- und postoperativ ein hoch dosiertes Methylprednisolon-Schema. Auch wenn in der Literatur der Effekt kontrovers diskutiert und die Komplikationsrate als erhöht beschrieben wird, haben wir positive Erfahrungen mit diesem Vorgehen gesammelt.

Eigene Ergebnisse und Komplikationen

Exemplarisch haben wir unsere Ergebnisse von 18 konsekutiven Patienten in der Tab. 2 abgebildet, bei denen aufgrund eines Primärtumors (P) oder einer Solitärmetastase (SM) eine En-bloc-Resektion durchgeführt wurde. Berücksichtigt wurden nur Patienten, bei denen ein Mindestnachbeobachtungszeitraum von 24 Monaten (2–10 Jahre) vorlag bzw. vorgelegen hätte, wenn sie diesen Zeitraum überlebt hätten. Alle Patienten mit einem primären Ewing-Sarkom erhielten prä- und postoperativ eine Chemotherapie nach dem Protokoll der Euro-Ewing [19]. Von diesen Patienten erhielten 3 Patienten zusätzlich eine lokale Strahlentherapie postoperativ [39]. Die Patienten mit einem primären Osteosarkom wurden prä- und postoperativ chemotherapeutisch nach dem Protokoll der „Cooperative Osteosarcoma Study Group“ behandelt [4]. Bei 12 Patienten konnte aufgrund der Tumorausdehnung eine weite oder zumindest marginale Resektion durchgeführt werden. In 6 Fällen war lediglich eine intraläsionale Resektion des Tumors möglich. In 4 Fällen musste mehrsegmental reseziert werden, davon in einem Fall 3 Wirbel und in einem Fall 4 Wirbel mit Teilen der Brustwand. Trotz der Invasivität des Eingriffs trat in nur einem Fall eine schwerwiegende neurologische Komplikation auf, mit der wir allerdings gerechnet hatten, da eine Ligatur und Durchtrennung von 8 Segmentgefäßen (Th9–12 beidseits) notwendig war (Nr. 6).

Der Regressionsgrad (RG) nach Salzer-Kuntschick et al. [37] beschreibt das Ansprechen des Tumors auf eine präoperative Chemotherapie, der ausgesprochen heterogen ausfiel. Insgesamt leben von 18 Patienten noch 13, davon sind 9 Patienten (50%) tumorfrei. 16 von 18 Patienten waren postoperativ neurologisch intakt, die genannte Patientin mit Spinalis-anterior-Syndrom sowie der Patient mit Kompartmentsyndrom sind wieder gehfähig geworden. Damit kann u. E. die Ergebnislage unter Berücksichtigung der schweren Grunderkrankungen sowie der notwendigen Invasivität der Eingriffe sowohl in Bezug auf die Komplikationsrate, auf die unten noch weiter eingegangen wird, als auch in Bezug auf die Überlebensrate als befriedigend erachtet werden und ist mit der aktuellen Literatur vergleichbar.

Bei Patient 2 handelte es sich um ein Chondrosarkom, welches sich auf die Wirbelbögen beschränkte. Hier erfolgt zunächst die alleinige dorsale En-bloc-Resektion. Im Verlauf des Wachstums entwickelte sich eine Postlaminektomiekyphose, weshalb in einem Zweiteingriff 3 Jahre später eine dorsal transpedikulär instrumentierte Kompressionsspondylodese notwendig wurde. Eine En-bloc-Resektion von 4 tumortragenden Wirbeln und der Brustwand erfolgte bei einer 31-jährigen Patientin mit einem Osteosarkom (Nr. 6). Die Patientin hat ein Follow-up von 8 Jahren und lebt mit Fernmetastasen (FM) (Abb. 6).

Bei einem jungen Mädchen (Nr. 8) bestand ein primäres Ewing-Sarkom des Os ilium mit einer Solitärmetastase im LWK 5. Innerhalb eines Eingriffs erfolgte die Iliumresektion und En-bloc-Hemikorporektomie des LWK 5 mit anschließender Hüftverschiebeplastik und Fibulaspanabstützung L4–S1. Der Frankel-Grad C bei einem mittlerweile verstorbenen Patienten (Nr. 15) ist auf eine strahleninduzierte Myelopathie zurückzuführen. Ein junger Mann mit parossalem Osteosarkom (Nr. 16) entwickelte postoperativ ein schweres Kompartmentsyndrom des linken Beins im Rahmen einer fehlgeschlagenen Gefäßrekonstruktion der V. iliaca communis. Operativ erfolgte die Kompartmentspaltung und spätere sekundäre plastische Deckung.

Abb. 6
figure 6

Fall 6. 31-jähriger Patient mit einem großen Osteosarkom von Th9–12 reichend. Marginale Resektion, RG IV: a Resektat nach En-bloc-Spondylektomie von 4 Wirbelkörpern und angrenzenden Rippen. b, c Prä- und postoperatives Röntgenbild a.-p.. Beachte die Größenausdehnung des Tumors im Bereich der linken Thoraxwand. Die ventrale Lastabstützung erfolgte mittels 2 Fibulaspänen

Anhand unserer Ergebnisse zeigt sich die gute Prognose bei Vorliegen eines Primärtumors, gutem Regressionsgrad sowie extraläsionaler Resektion. Andererseits zeigt sich aber auch die schlechte Prognose bei intraläsionalem Vorgehen sowie bei Vorliegen einer Solitärmetastase eines Knochensarkoms (Abb. 7). In unserem Patientengut sind zum Nachuntersuchungszeitpunkt alle 3 Patienten mit solitärer Wirbelspätmetastase eines Knochensarkoms verstorben Nr. 13, 16, 18)

Abb. 7
figure 7

Fall 13. 29-jähriger Patientin mit einer Osteosarkommetastase LWK 4 mit Infiltration der V. cava. Intraläsionale Resektion, RG V, verstorben nach 36 Monaten: a Situs intraoperativ mit ventraler Stabilisierung und Rekonstruktion der V. cava. b Postoperatives Röntgenbild mit instrumentierter Fusion L3–5, Wirbelkörperersatz L4 sowie Beckenteilersatzimplantat. c Klinisches Foto 1 Jahr postoperativ

Abschließende Anmerkungen

Indiziert sind En-bloc-Resektionen an der Wirbelsäule bei den klassischen malignen Primärtumoren unter der Voraussetzung, dass keine Metastasierung vorliegt und der Tumor chirurgisch extraläsional resektabel erscheint. Hierzu gehören das Osteosarkom, das Ewing-Sarkom, das Chondrosarkom und das Chordom, wobei letzteres sehr häufig primär das Sakrum betrifft [31]. Je nach Tumortyp ist ggf. eine vorherige neoadjuvante Therapie notwendig [4, 19, 39].

Es besteht zunehmend Übereinstimmung auch bei Riesenzelltumoren, die in ca. 10% der Fälle Wirbelsäule oder Sakrum befallen, extraläsionale Resektionen durchzuführen. Bei der klassischen intraläsionalen Kürretage dieser früher als semimaligne und jetzt als tumorähnliche Läsion beschriebenen Neubildungen werden in der Literatur hohe Rezidivraten mit bis zu 50% beschrieben [9]. Weitere seltene primäre Tumore, bei denen eine En-bloc-Resektion indiziert ist, sind das desmoblastische Fibrom (Abb. 8) sowie das maligne fibröse Histiozytom [18, 5]. In der Literatur wird auch von der erfolgreiche Therapie eines primären Angiosarkoms berichtet [21].

Abb. 8
figure 8

Fall 5. 14-jähriger Patient mit einem desmoblastischen Fibrom Th7/8, marginale Resektion, 7 Jahre postoperativ tumorfrei: a Präoperatives Röntgenbild mit Destruktion des Wirbelkörpers. b MRT präoperativ mit Darstellung der Tumorausdehnung. c Resektat und d intraoperativer Situs nach En-bloc-Spondylektomie, Instrumentation und Fibulagrafts dorsal und ventral. e Röntgenverlaufskontrolle postoperativ und zum Follow-up nach 7 Jahren (Beachte: Einwachsverhalten und Remodelling der Fibula ventral)

Wie bereits eingangs beschrieben, wird die Prognose hinsichtlich eines kurativen Therapieansatzes bei En-bloc-Resektionen von Solitärmetastasen wesentlich schlechter. So sind in unserem Krankengut alle 3 Patienten mit einem solitär in die Wirbelsäule metastasiertem Ewing- oder Osteosarkom in einem Zeitraum von 8–36 Monaten verstorben. Nur in einem Fall war dabei auch ein extraläsionales Vorgehen möglich. Ein weiterer Patient mit solitärer, marginal resezierter Chondrosarkommetastase an der Wirbelsäule hat im Nachbeobachtungszeitraum (36 Monate) weitere Metastasen entwickelt, lebt aber noch. Gleiches gilt für solitär in die Wirbelsäule metastasierende Karzinome. Aus diesen Gründen sehen wir die Hauptindikation zur En-bloc-Resektion bei Solitärmetastasen zweifelsfrei in der langfristigen lokalen Tumorkontrolle bzw. Lokalrezidivprophylaxe. Diese Einschätzung deckt sich mit der aktuellen Literatur [2, 3, 12, 30, 36, 41]. Ein kurativer Therapieansatz wäre zwar wünschenswert, ist aber meist nicht realisierbar. Prognostische Faktoren mit einem entsprechenden therapeutischen Algorhithmus bei Metastasierung an die Wirbelsäule sind den Arbeiten von Tomita zu entnehmen [46].

Fazit für die Praxis

Unter Würdigung der Literatur und unserer eigenen Ergebnisse halten wir folgende Faktoren in der operativen Behandlung von primär malignen Wirbelsäulentumoren und Metastasen für relevant:

  • gute Prognose bei Primärtumor, gutem Regressionsgrad bei neoadjuvanter Therapie, falls indiziert, und bei extraläsionaler Resektion,

  • gute Prognose bei lokal destruierend wachsenden „semimalignen“ Tumoren, wenn extraläsionale Resektion möglich ist,

  • deutlich schlechtere Prognose bei Solitärmetastasen eines primär malignen Knochensarkoms selbst bei extraläsionaler Resektion,

  • gute Lokalrezidivprophylaxe bei extraläsionalem Vorgehen.