Nach einer jahrzehntelangen langsamen, aber stetigen Verbesserung des Versorgungsangebots für Schmerzpatienten wurde in den letzten Jahren immer häufiger über Schließungen von Schmerzambulanzen in österreichischen Krankenhäusern berichtet. Die zugrunde liegenden Probleme sowie die genaue Anzahl dieser Schließungen im gesamten österreichischen Versorgungsgebiet wurden bis dato nicht erhoben.

Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität der Menschen und haben enorme psychosoziale, aber auch volkswirtschaftliche Folgen. Schmerzen schränken die körperliche Leistungsfähigkeit ein, verstärken subjektiv erlebtes Leiden und erhöhen weitere unspezifische Beschwerden sowie Ängste und Depressionen. Sie fördern soziale Isolation, erhöhen die Beanspruchung des Gesundheitssystems sowie die Anzahl an Krankenstandstagen [1, 19].

Eine zeitgemäße Schmerztherapie verfolgt drei Ziele. Erstens eine schnelle und effiziente Linderung von akuten Schmerzen. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass eine suboptimale Behandlung akuter, insbesondere auch postoperativer Schmerzen zu einem ungünstigen Schmerzverlauf mit einem erhöhten Risiko der Schmerzchronifizierung führt und die Lebensqualität der Patienten beeinträchtigt [3].

Das zweite Ziel ist die Behandlung von chronischen Schmerzen. Hier besteht breiter Konsens, dass unter Berücksichtigung der biopsychosozialen Komposition die Therapie hierfür mittels eines multimodalen, interdisziplinären Behandlungskonzepts erfolgen soll. Die Relevanz der multimodalen Therapien wurde in den USA bereits in den 1960er-Jahren erkannt. In Europa erlangte die interdisziplinäre Behandlung chronifizierter Schmerzen erst seit den 1990er-Jahren eine größere Bedeutung [7]. Die höhere Erfolgsrate dieses Behandlungskonzepts wurde in diversen Studien bestätigt [9, 13, 14, 16, 27].

Es zeigte sich, dass sich bei einem höheren Chronifizierungsgrad multimodale Behandlungsschemata günstiger auf die Erfolgsrate einer Genesung auswirken als rein monomodale Behandlungen [24]. Allein an direkten Kosten besteht hier ein Einsparungspotenzial von mindestens 15 Mrd. € in Österreich [25].

Ein drittes Ziel ist die Rückführung in den Arbeitsprozess und eine Reduktion der Krankenstände bzw. der Berentungen. Das deutsche Projekt zur integrativen Versorgung Rückenschmerz (IVR), das u. a. die Rückkehr von Rückenschmerzpatienten an den Arbeitsplatz als Ziel verfolgt, bestätigt dieses erfolgreiche Outcome durch den Einsatz eines multimodalen Behandlungskonzepts. Von 1741 Patienten, die an diesem Projekt teilgenommen haben, konnten mehr als 80 % nach 6 Monaten nachhaltig in den Arbeitsprozess zurückkehren [16].

Unzureichend behandelte chronische Schmerzen führen zu irreparablen volkswirtschaftlichen Schäden durch steigende direkte klinisch-medizinische Behandlungskosten sowie hohe indirekte Kosten, die durch den Ausfall von Arbeitstagen und Produktionsverluste verursacht werden [19, 25]. Gerade im Bereich der indirekten Kosten kann viel Geld durch den Einsatz der multimodalen Behandlung eingespart werden [16].

Eine Implementierung von multimodalen Behandlungskonzepten stellt allerdings eine organisatorische, strukturelle und letztlich auch finanzielle Herausforderung dar. So müssen die interdisziplinären Teams eine engmaschige Kommunikationsstruktur aufweisen, Fallkonferenzen durchführen, fachspezifische Weiterbildungen [12] absolvieren und unterschiedliche Therapieschemata, die auf individuelle Bedürfnisse der Patienten angepasst werden, anwenden können.

Im Vergleich zu Deutschland fallen die strukturellen Mängel bei den multidisziplinären Behandlungsmöglichkeiten in Österreich besonders deutlich auf. Während in Deutschland das gesamte Spektrum schmerztherapeutischer Versorgungsmöglichkeiten (Schmerzambulanzen, Schmerzkrankenhäuser, Schmerzabteilungen und Schmerzpraxen) angeboten wird [7], existieren in Österreich nur Schmerzambulanzen und Schmerzpraxen. Besonders beachtlich ist der Unterschied bei den multimodalen Schmerztageskliniken: In Österreich besteht bisher nur eine einzige, und diese wird derzeit als Pilot im Rahmen eines Reformpoolprojekts nur zeitlich begrenzt finanziert, während in Deutschland mittlerweile 37 Standorte ein entsprechendes Angebot besitzen [17].

Für eine hohe schmerztherapeutische Versorgungsqualität ist es notwendig, dass genügend Behandlungszentren mit der notwenigen Ausstattung, personellen sowie zeitlichen Ressourcen zur Verfügung stehen [23, 24]. Sparmaßnahmen, die diese Ressourcen berühren, beeinträchtigen ein optimales Behandlungsangebot und damit die medizinische Versorgung von chronischen Schmerzpatienten. Schließungen von Schmerzambulanzen haben daher weitreichende Konsequenzen für die betroffenen Patienten und das gesamte Gesundheits- und Sozialsystem.

Die folgende Studie erhebt die derzeitige Versorgungssituation sowie die Häufigkeit und die Gründe der Schließungen von Schmerzambulanzen in österreichischen Gesundheitszentren, ferner die Gründe einer Nichtexistenz von Schmerzambulanzen. Zusätzlich werden der Ist- und Sollstand geschätzt.

Material und Methoden

In der ersten Befragung wurden Leiter anästhesiologischer Abteilungen über das Online-Fragebogensystem SurveyMonkey® zum Istzustand der Schmerzambulanzen in den jeweiligen Gesundheitszentren befragt (Anhang 1).

Eine zusätzliche telefonische und E-Mail-Befragung wurde zur Bestätigung der Erstbefragung sowie für ergänzende strukturelle Zusatzinformationen durchgeführt. Sie erfolgte durch je einen Anästhesisten pro Bundesland (n = 9; Anhang 2).

Unsere zwei Hauptfragestellungen fokussieren auf die Existenz einer Schmerzambulanz in österreichischen Gesundheitszentren sowie auf die Eruierung von Gründen einer eventuellen Schließung oder eines Nichtbestehens einer Schmerzambulanz. Eine Nebenfragestellung fokussiert auf das Bestehen eines Akutschmerzdiensts sowie auf strukturelle und ressourcenorientierte Gebiete der Schmerzbehandlung.

Da in der Fachliteratur keine Fragebogen zu unseren spezifischen Fragestellungen vorliegen, entwickelten wir im Team einen geeigneten Fragebogen.

Statistik

Für die statistischen Analysen wurden die Programme IBM-SPSS 22 und Microsoft Excel 2013 eingesetzt. Mit deskriptiven Datenanalysen wurden explorative Informationen der erhobenen Daten ausgewertet. Mittels χ2-Quadrat-Analysen wurden Zusammenhänge von Häufigkeitsverteilungen untersucht. Ein p-Wert < 0,05 wird als signifikant gewertet.

Die Daten für den Vergleich zwischen der Ist- und Sollschätzung österreichischer Schmerzambulanzen pro Bundesland wurden aus den folgenden Literaturquellen ermittelt:

Ergebnisse

Die Studie wurde im Zeitraum von Juni 2014 bis April 2015 durchgeführt. Im Rahmen unserer ersten Online-Befragung antworteten 84 von 133 Leitern anästhesiologischer Abteilungen (Rücklaufrate: 63 %). Die meisten Antworten kamen von Krankenhäusern der Basisversorgung (52 %), gefolgt von Schwerpunktkrankenhäusern (38 %). Am geringsten vertreten waren Universitätskliniken und Privatkliniken bzw. Sanatorien mit jeweils 5 %.

Die Rücklaufquote der zusätzlichen Befragung durch die neun Anästhesisten betrug 100 %.

Häufigkeit österreichischer Schmerzambulanzen

In Österreich bestehen derzeit 44 Schmerzambulanzen. Am häufigsten werden diese in den Bundesländern Steiermark (n = 10) und Wien (n = 9) betrieben. Am seltensten existieren aktive Schmerzambulanzen in Kärnten (n = 3), im Burgenland (n = 1) und in Vorarlberg (n = 0; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

a Schmerzambulanzen in Österreich; b Verteilung und Häufigkeit aktuell betriebener und geschlossener Schmerzambulanzen in den österreichischen Bundesländern als Ergebnis der telefonischen bzw. online durchgeführten Befragung aller anästhesiologischen Abteilungen

Der wöchentliche Betrieb der Schmerzambulanzen beläuft sich im Median auf 18 h mit einem 25. bzw. 75. Perzentil von 2,5 bzw. 40 h.

Betrachtet man die österreichischen Schmerzambulanzen in Bezug auf die Betriebszeit, so zeigt sich, dass die 44 derzeit betriebenen Schmerzambulanzen in Österreich summativ nur 17,5 in Vollzeit betriebenen Ambulanzen entsprechen (Tab. 1).

Tab. 1 Schätzung chronischer Schmerzpatienten pro Bundesland

Betriebsreduktion von Schmerzambulanzen

In den letzten 3 Jahren wurde in 13 Krankenhäusern der Betrieb der Schmerzambulanzen reduziert. Unsere Daten zeigen sogar eine Betriebsherabsetzung von > 50 % in 9 Krankenhäusern (Tab. 2). Zusätzliche Betriebsreduktionen im Ambulanzbetrieb infolge der Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes im ersten Quartal 2015 konnten in 6 Krankenhäusern eruiert werden (Tab. 3).

Tab. 2 Deskriptive Häufigkeit der prozentualen Betriebsreduktion der Schmerzambulanzen von Kliniken, die in den letzten 3 Jahren eingeleitet wurde. In 4 Kliniken erfolgte in den letzten 3 Jahren eine > 90%ige Betriebsreduktion
Tab. 3 Häufigkeit einer zu erwartenden Betriebsreduktion im kommenden Halbjahr aufgrund der Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes. In 4 der befragten Kliniken wird eine Betriebsreduktion der Schmerzambulanzen von 100 % geplant

Schließungen von Schmerzambulanzen

In den letzten 5 Jahren wurden in Österreich 9 Schmerzambulanzen geschlossen. Die Schließungen erfolgten im Median vor 2,5 Jahren (25. bzw. 75. Perzentil = 2 bzw. 4 Jahre). Am häufigsten wurde dies mit mangelnden Personalressourcen (47 % der Fälle) begründet, in 26 % mit mangelnden Zeitressourcen (mangelnde Zeitressourcen aufgrund eines zu hohen Patientenstroms; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Prozentuale Häufigkeit der Begründungen für eine Schließung von Schmerzambulanzen. Ergebnis der Online-Befragung (84 antwortende anästhesiologische Leiter, Rücklaufrate: 63 %)

Von den Befragten, die keine Schmerzambulanz betreiben, wurden dafür folgende Gründe angegeben: mangelnde Personalressourcen (42 %), mangelnde Zeitressourcen (29 %) und zu kleine Abteilungsgröße (19 %; Abb. 3, 4).

Abb. 3
figure 3

Prozentuale Häufigkeit angegebener Ursachen des Nichtbetreibens einer Schmerzambulanz. Ergebnis der Online-Befragung (84 antwortende anästhesiologische Leiter, Rücklaufrate: 63 %)

Abb. 4
figure 4

Gegenüberstellung der lst- und Sollbehandlungskapazität österreichischer Schmerzambulanzen pro Bundesland. Basierend auf Schätzungen der Häufigkeit chronischer Schmerzpatienten [2, 4] und der geschätzten Behandlungskapazität [10] bei Vollzeitbetrieb zeigt sich über alle Bundesländer, dass die derzeitige Behandlungskapazität nicht ausreichend ist. In Vorarlberg fehlen Schmerzambulanzen gänzlich

Bei bestehenden Schmerzambulanzen zeigt sich eine Zunahme der in den Schmerzambulanzen behandelten Patienten um fast 25 % (2011: Median = 500; 25. bzw. 75. Perzentil = 310 bzw. 1436; 2013: Median = 620; 25. bzw. 75. Perzentil = 274 bzw. 1569).

Schließung von Schmerzambulanzen in den einzelnen Bundesländern

Am häufigsten wurden Schmerzambulanzen in den Bundesländern Oberösterreich (n = 2) und Salzburg (n = 2) geschlossen. Weitere Schließungen erfolgten mit jeweils einer Meldung in Wien, Niederösterreich, Tirol, in der Steiermark und im Burgenland (Abb. 1).

Verfügbarkeit eines Akutschmerzdiensts in den befragten Kliniken als eigener Journaldienst

Die Frage, ob in den jeweiligen Kliniken ein Akutschmerzdienst betrieben wird, wurde von insgesamt 93 % der an der Befragung teilnehmenden Kliniken bestätigt. Zwei Leiter der Anästhesiologie bestätigten, dass der Akutschmerzdienst aufgrund mangelnder Personalressourcen und Nichtnachbesetzung eines ärztlichen Dienstpostens geschlossen werden musste.

Soll vs. Ist

Basierend auf den in der Methodik zitierten Quellen ermittelten wir Bedarfsschätzungen für einzelne österreichische Bundesländer. Im Idealfall sollte das Kernteam einer Schmerzambulanz aus 2 schmerztherapeutisch ausgebildeten Fachärzten bestehen. Betrachtet man diese Konstellation, so zeigt sich, dass in Österreich 49,5 in Vollzeit betriebene Schmerzambulanzen für die Behandlung von schätzungsweise 118.800 (74 %) chronischen Schmerzpatienten fehlen. Ein Bedarf an Schmerzambulanzen ist über alle Bundesländer gegeben (Tab. 1).

Diskussion

Dies ist die erste Studie, die Schließungen und Schließungsgründe österreichischer Schmerzambulanzen analysiert. In den letzten Jahren zeichnete sich aufgrund von Ressourceneinsparungen im Gesundheitswesen ein Wandel der schmerzambulanten Versorgung österreichischer Gesundheitszentren ab. Unsere Ergebnisse bestätigen Schließungen von insgesamt 9 Schmerzambulanzen, was einer Reduktion der Gesamtzahl um 17 % entspricht. Als Schließungsgründe wurden mangelnde personelle, zeitliche, räumliche und finanzielle Ressourcen angegeben.

Gesundheitszentren, die Akutschmerzdienste anbieten, können rascher einer Schmerzchronifizierung entgegenwirken [16]. Laut unseren Daten gaben immerhin 93 % der 84 antwortenden anästhesiologischen Leiter an, dass in ihren Kliniken ein Akutschmerzdienst betrieben wird. Dieser scheint daher in österreichischen Kliniken gut implementiert zu sein, wird jedoch zum Einsparen von personellen Ressourcen oft an Intensivdienste oder Notarzttätigkeiten gekoppelt.

Eine genauere Betrachtung der Schließungen von Schmerzambulanzen führt uns zu fünf Erklärungsmodellen: dem notwendigerweise aufwändigen strukturellen Aufbau der Schmerzambulanzen, den budgetären Zwängen in öffentlichen wie privaten Krankenanstalten, den demografischen Veränderungen, der Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes für Klinikärzte und der fehlenden Vergütung der in den Schmerzambulanzen erbrachten Leistungen.

Aufbau von Schmerzambulanzen

Schmerzambulanzen besitzen den Vorteil eines interdisziplinären Behandlungsangebots, aber zugleich den Nachteil diverser ressourcenbezogener Aufwände. Voraussetzungen wie geeignete Räumlichkeiten, ein komplexeres Schmerzmanagement [24] und ein interdisziplinäres Behandlungsteam, das aus mindestens 4 Berufsgruppen besteht (Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, Psychologen, Pflegekräfte und Physiotherapeuten; [9, 12, 24]), sind für viele Gesundheitszentren nicht leistbar. Eine weitere Hürde stellt der hohe Zeitaufwand pro Schmerzpatient für die biopsychosoziale Diagnostik und Therapie dar [6]. So zeigt sich in der Praxis, dass zwar im stationären Bereich multimodale Therapien angeboten, ambulante Patienten aber oft ausschließlich von niedergelassenen Ärzten behandelt werden, die mangels personeller und zeitlicher Ressourcen sowie wegen fehlender Verrechnungsmöglichkeiten keine multimodale Schmerzbehandlung anbieten können [5]. Folglich wurden chronische Schmerzpatienten häufiger suboptimal therapiert, mit allen negativen Folgeerscheinungen [13].

Budgetäre Zwänge in öffentlichen wie privaten Krankenanstalten

Unter Hinweis auf die derzeitige österreichische Wirtschaftslage wurden diverse Sparmaßnahmen eingeleitet, die auch das Gesundheitswesen betreffen. Im zuletzt beschlossenen Sparpaket sollen zwischen 2012 und 2016 insgesamt 26,5 Mrd. € eingespart werden; hiervon fallen 1,37 Mrd. € auf das Gesundheitswesen [26]. Andererseits wurde im Jahr 2014 eine Gesundheitsreform initiiert, deren Hauptziele die Prävention von Erkrankungen und bestmögliche Patientenbehandlung sind [8].

Durch das Sparpaket veranlasste Sparmaßnahmen steuern der Erreichung dieser Gesundheitsziele entgegen, speziell wenn durch personelle Einsparungen Versorgungsangebote nicht mehr aufrechterhalten werden können. In Landeszielsteuerungsverträgen einiger Bundesländer wurden viele Optimierungen im Gesundheitsbereich angekündigt, die jedoch noch nicht umgesetzt wurden.

Demografische Veränderungen

Dem demografischen Wandel entsprechend und durch unsere Daten bestätigt zeigt sich ein Anstieg an behandelten Schmerzpatienten in den Behandlungsjahren 2011–2013. Dieser Anstieg geht mit örtlichen Engpässen schmerzambulanter Behandlungsangebote einher, die teilweise durch Schließungen ausgelöst wurden. Diese Tendenz wird zu einer Kumulation behandlungsbedürftiger Schmerzpatienten in den verbliebenen Schmerzambulanzen führen.

Der Bedarf an multimodaler Schmerzbehandlung zeigt sich ebenso in der hochgerechneten Gesamthäufigkeit österreichischer chronischer Schmerzpatienten, die insgesamt mehr als 1,7 Mio. Betroffene ausmachen [4, 22]. Die tatsächliche Häufigkeit mag sogar höher liegen, da es noch keine konkrete Klassifikationserfassung für chronische Schmerzen gibt und diese häufig als summierte, nicht gesonderte Nebendiagnose in der Statistik aufscheinen [15].

Die österreichische Gesundheitsbefragung 2006/2007 bestätigt, dass beinahe jede dritte Person innerhalb der letzten 12 Monate an erheblichen Schmerzen gelitten hat. Mit zunehmendem Alter steigt die Schmerzprävalenz [11] und damit der Behandlungsbedarf. Prognosen zeigen bis zum Jahr 2030 einen um 20 % zunehmenden Bevölkerungsanteil der über 65-Jährigen [18]. Der Bedarf einer multimodalen Schmerzbehandlung wird demnach mit dem Bevölkerungs- und folglich mit dem Altersanstieg noch deutlich zunehmen.

Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Basierend auf einer EU-Verordnung aus dem Jahr 2003 müssen die Arbeitszeiten von Klinikärzten auf 48 Wochenstunden gesenkt werden. In Österreich betrugen die bisherigen Arbeitszeiten bis zu 72 Wochenstunden [20]. Nun werden diese seit Januar 2015 stufenweise zuerst auf 55 Wochenstunden und letztlich bis zum Jahr 2021 auf 48 Wochenstunden reduziert. Diese Anpassungen führen zu enormen arbeitsbezogenen Umstrukturierungen österreichischer Kliniken und zu einer Aus- bzw. Überlastung personeller Ressourcen [20, 21].

Vergütung der Leistungen von Schmerzambulanzen

Es besteht keine Vergütungsmöglichkeit der Leistungen für Tätigkeiten in einer Schmerzambulanz. Der finanzielle Anreiz der Schmerzambulanzen ist daher derzeit nicht gegeben.

Limitationen

Unsere Studie weist mehrere Limitationen auf. Die genaueren Gründe, warum 37 % der anästhesiologischen Leiter die Online-Befragung nicht beantwortet haben, sind nicht identifizierbar. Die fehlenden Antworten könnten zu einer weiteren Verzerrung unserer Ergebnisse führen. Dies wurde jedoch durch die zusätzliche Befragung in den wesentlichen Aussagen neutralisiert und klargestellt. Wir haben ermittelt, ob es Akutschmerzdienste in den einzelnen Krankenhäusern gibt. Welcher Zeitaufwand von den Akutschmerzdiensten erbracht wird, wurde jedoch nicht erfasst. Weitere schmerztherapeutische Informationen zum schmerzambulanten Setting wurden unsererseits nicht berücksichtigt, z. B. Indikationsstellungen, spezifische Leistungen und die Häufigkeit der Patientenkontakte.

Überblick

Eine multimodale Behandlung stellt aufgrund der hohen Therapieeffektivität die optimale Behandlung chronischer Schmerzpatienten dar. Durch unsere zwei Befragungen konnten wir den Istzustand österreichischer Schmerzambulanzen abbilden.

Unsere Analysen zeigen, dass beim optimalen Kernteam einer Schmerzambulanz in Österreich nur 25 % der chronischen Schmerzpatienten in den Schmerzambulanzen versorgt werden können. Etwa 120.000 chronischen Schmerzpatienten würde folglich keine ambulante Schmerzbehandlung angeboten werden können. Damit diese Betroffenen ebenso eine optimale Schmerzbehandlung bekommen, benötigt Österreich 49,5 weitere in Vollzeit betriebene Schmerzambulanzen.

Schließungen von Schmerzambulanzen oder zu Betriebsreduktionen führende Ressourceneinsparungen erhöhen enorm die Diskrepanz zwischen Soll- und Istbestand von Schmerzambulanzen (Tab. 1). Beide Umfragen bestätigten Schließungen von 9 Schmerzambulanzen sowie Pläne zu weiteren Betriebsreduktionen und bevorstehenden Schließungen von Schmerzambulanzen. In Summe stimmen unsere Ergebnisse sehr nachdenklich. Der Versorgungsauftrag des österreichischen Gesundheitswesens kann auf diese Weise nicht erfüllt werden. Ein Umdenken und gemeinsames Gegensteuern aller an diesem Prozess Beteiligten gegen diese Tendenzen ist dringend notwendig.

Fazit für die Praxis

Mit Blick auf die Aufrechterhaltung einer hohen schmerztherapeutischen Behandlungsqualität sind Schließungen von Schmerzambulanzen kontraindiziert und riskant. Wenn keine Änderung dieser Entwicklung erfolgt, ist zu befürchten, dass eine optimale Behandlung und ausreichende Abdeckung der schmerztherapeutischen Versorgung in Österreich nicht mehr gewährleistet ist. Eine Abkehr von diesen Schließungstendenzen ist daher dringend erforderlich.