„Die Ätiologie aller neurotischen Störungen ist ja eine gemischte; es handelt sich entweder um überstarke, also gegen die Bändigung durch das Ich widerspenstige Triebe, oder um die Wirkung von frühzeitigen, d. h. vorzeitigen Traumen, deren ein unreifes Ich nicht Herr werden konnte. In der Regel um ein Zusammenwirken beider Momente, des konstitutionellen und des akzidentellen“ (Freud 1937, S. 64).

Die deutschsprachige Psychologie beschäftigt sich — sowohl im wissenschaftlichen als auch im öffentlichen Bereich — seit geraumer Zeit mit einem wissenschaftlichen Ansatz, der durch das Bemühen gekennzeichnet ist, einen annähernd direkten und ausreichend kausalen Zusammenhang zwischen phänomenologisch recht vielgestaltigen psychischen Störungsbildern und so genannten traumatischen Ereignissen nachzuweisen. Ob diese Kausalität auf differenziertem psychoanalytischen Niveau oder auf der Ebene populärpsychologischer Illustriertenartikel unterstellt wird, gemeinsam ist ihrem Denken immer die Grundannahme eines monokausalen Verhältnisses zwischen einem auslösenden und bedingendem Ereignis und einer sich relativ zwangsläufig daraus ergebenden Wirkung beim betroffenen Subjekt. Auch wenn je nach Abstraktionsniveau der jeweiligen Argumentation eine gewisse Mitbeteiligung des betroffenen Subjekts mehr oder weniger zugestanden wird, bleibt doch immer die eindeutig führende Bedeutung des traumatischen Ereignisses als psychologische Denkstruktur bestehen.

Der psychoanalytische Traumabegriff

Gerade aus psychoanalytischer Sicht ist dieser Befund erstaunlich: Otto Fenichel (1945) schrieb in seiner psychoanalytischen Neurosenlehre zum Begriff des Traumas:

„Die wesentlichste Funktion des psychischen Apparats besteht darin, das seelische Gleichgewicht wieder herzustellen, nachdem es durch äußere Reize verloren gegangen ist. Das wird zunächst durch eine Abfuhr der entstandenen Erregungen, später durch ihre Bindung oder durch Abfuhr und Bindung zugleich erreicht. Gelingt es nicht, ein Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, tritt ein psychischer Notstand ein. Die einfachste Bedingung eines solchen Notstandes ist ein zu großer Zustrom an Erregung in einer gegebenen Zeiteinheit. Aber die Bezeichnung zu groß ist nur relativ; denn sie meint die Fähigkeit, mit einer Erregung fertig zu werden. Diese Fähigkeit hängt von konstitutionellen Faktoren ebenso ab wie von allen früheren Erfahrungen eines Individuums. Es gibt Reize von so überwältigender Intensität, dass sie auf jeden eine dramatische Wirkung haben; andere Reize wiederum sind für die meisten Personen harmlos aber traumatische für gewisse Charaktere, die eine Bereitschaft zeigen, von Traumen überwältigt zu werden... Den wichtigsten Faktor für die Genese des Traumas indes stellen frühere Verdrängungen dar. Schwach sind also solche Personen, deren Fähigkeit Erregungsquanten psychisch zu binden, ganz durch die Aufrechterhaltung früherer Verdrängung ausgelastet ist. Der Begriff des Traumas ist also relativ“ (S. 169f).

Zwei Kennzeichen fallen auf: Fenichel postuliert eine Genese des Traumas, d. h. ein Trauma geschieht nicht, sondern ein Trauma wird produziert. Dies verweist auf den zweiten Aspekt des Traumabegriffes, der von einer Interdependenz zwischen konkretem Ereignis und der aktuellen Verfasstheit des Individuums im Moment der traumatischen Situation ausgeht. Im Weiteren nennt Fenichel Bedingungen, die die relative Bedeutung der beiden Faktoren — äußeres Ereignis und erlebendes Subjekt — nach Art einer Ergänzungsreihe bestimmen und beeinflussen. An anderer Stelle führt Fenichel aus:

„Die sog. echten traumatischen Neurosen,... sind sicher niemals ganz unbeeinflusst von den Triebkonflikten des betreffenden Individuums. Die Diskussion über die Kriegsneurosen brachte genug Beispiele dafür, wie das Trauma alte infantile Sexualkonflikte wieder neu zum Aufflammen brachte, sei es, dass das Trauma unbewusst als Kastration aufgefasst wurde und so das Gleichgewicht zwischen verdrängten Trieben und Abwehrkräften störte, sei es, dass es als Versuchung für unbewusste sadistische Triebe wirkte. Umgekehrt können wir die Psychoneurose insofern ganz allgemein als eine Abart der traumatischen Neurosen aufassen, als das Motiv der zur Stauung führenden Triebabwehr letzten Endes allemal Angst ist, diese aber, nämlich das Urteil, es bestehe eine Gefahr, eine Art von Erinnerung an einmal durchlebte traumatische Zustände ist“ (1937, S. 75 f.).

Keiner der psychoanalytischen Kolleginnen und Kollegen, die sich mit der Ausarbeitung des neuen Fachs „Psychotraumatologie“ beschäftigen, würde der oben zitierten Definition des psychoanalytischen Traumabegriffs widersprechen. Im Folgenden wird aber zu zeigen sein, dass die Autoren sich vom inhaltlichen Kern einer beziehungszentrierten psychoanalytischen Sicht auf das traumatische Geschehen entfernt haben, indem sie auch in komplizierten Beziehungsverhältnissen kausale Eckpunkte festlegen, die späteres psychisches Leid als notwendige Folge dieser bedingenden Faktoren zu erklären versuchen. Damit leisten sie einer Inflationierung des Traumabegriffes Vorschub, die Becker folgendermaßen charakterisierte:

„Die psychoanalytischen Beiträge zum Thema ‚Trauma‘ reichen von sehr spezifischen Konzepten bis hin zu einer derartigen Ausweitung des Traumabegriffs... dass er gar nichts mehr bedeutet. Der Begriff ‚Trauma‘ meint dann alles oder nichts, wird beliebig, auch in der Alltagssprache“ (Becker 1997, S. 13).

„Ist jeder pathogene, krank machende Einfluss von außen, z. B. eine depressive Mutter, traumatisch...? Würde man diese Frage mit ja beantworten, würde der Trauma-Begriff obsolet. Die ‚Ergänzungsreihe‘ als rein quantitatives Trauma-Modell wird an ihren Endpunkten (der Säugling ohne entwickelte Struktur — das Extrem-Trauma) absurd. Meine skeptischen Fragen richten sich gegen eine beliebige Ausweitung des Begriffs ‚frühes Trauma‘ bis hin zu einem Punkt, wo wir dann letztlich alle traumatisiert wären — denn wer hat ausschließlich ein ‚wahres‘ Selbst?... Nur ist die ‚nicht hinreichend gute Mutter‘ nicht immer traumatisch — und sie ist nicht nur die ‚äußere Realität‘ für den Säugling, sondern sie ist selbst wiederum Teil einer sozialen Realität, die mehr beinhaltet als den Vater“ (Becker 1997, S. 20 f.).

Die tatsächliche Komplexität des psychoanalytischen Verständnisses vom Trauma wird in einer Vielzahl von Arbeiten verschiedener psychoanalytischer Autoren beschrieben. Lorenzer (1966, S. 481 ff.) beschäftigte sich mit einer sorgfältigen Analyse konstituierender Momente, die angenommen und im konkreten Einzelfall nachgewiesen werden müssen, um von einer „traumatischen Neurose“ im engeren, d. h. psychoanalytischen und nosologischen Sinne sprechen zu können und damit einer Tendenz vorzubeugen, die „das Trauma... zur bloßen Gelegenheitsursache herabgemindert“ hätte (Lorenzer 1966, S. 481).

„Selbstverständlich wurden diese Akzentverschiebungen vom ‚Einzelreiz‘ zur ‚traumatisierenden Gesamtsituation‘ auch durch die Erfahrungen der feldanthropologischen Forschungen in den letzten Jahrzehnten grundlegend beeinflusst, weil wir aus ihren Forschungsresultaten lernen konnten, dass Eingriffe aus der Umwelt, z. B. im Verlauf der Erziehung niemals isoliert bewertet werden können, sondern immer im Gesamt der kulturellen Prozesse gesehen werden müssen“ (Lorenzer 1966, S. 484).

Diese notwendigen Bedingungen bezeichnen Faktoren des situativen Kontextes, der „Soziogenese“, der prämorbiden Persönlichkeitskonstitution und verweisen auf die Relevanz der Prozesse, die Khan (1963) unter dem Begriff des „kumulativen Traumas“ beschrieben hat. Khan führt aus, wie spezifische Beziehungskonstellationen zwischen Säugling bzw. Kleinkind und Mutter diskrete Entwicklungsstörungen auslösen, beeinflussen oder begründen können. Die Methode der psychoanalytischen Dialektik, mit deren Hilfe sich Khan dem Problem und der Bedeutung des Traumabegriffes für die psychoanalytische Theorie nähert, lässt sich an zwei Zitaten aus der genannten Arbeit verdeutlichen:

„Ein kumulatives Trauma liegt dann vor, wenn die Mutter ihre Rolle als Reizschutz im Laufe der Entwicklung des Kindes vom Säuglings- bis zum Jugendalter nur mangelhaft erfüllt. Das heißt, die Mutter muss in all den Bereichen versagt haben, in denen das Kind für die Verarbeitung von Erlebnissen immer noch der Mutter als Hilfs-Ich zur Unterstützung seiner unreifen und instabilen Ichfunktion bedurfte“ (Khan 1963, S. 55).

„Man hätte jedoch die gesamte Komplexität des Wechselspiels von Mutter und Kind missverstanden, wenn man nicht auch feststellen würde, dass der Säugling von sich aus über sehr viel Elastizität und über ein großes Maß an latenten Kräften verfügt. Er hat diese Potenzen, obwohl sein Ich noch schwach ausgebildet, daher verletzbar und als solches noch sehr abhängig ist von der Rolle der Mutter als Reizschutz. Der Säugling kann sich trotz der Durchbrechungen des Reizschutzes nicht nur erholen, was er in den meisten Fällen auch tut, sondern er kann die Umwelteinflüsse und Spannungen sogar als ‚Nährstoff‘ (Rapaport 1958) verwenden, um sein eigenes Wachstum und die Strukturierung seiner Energien zu beschleunigen“ (Khan 1963, S. 67).

Keilson spricht in seiner Arbeit über sequenzielle Traumatisierung „von der konstitutionell bedingten Basistoleranz, der sog. psychischen Plastizität des Kindes, dem unbekannten Faktor X“ (1979, S. 53) und stellt so die multifaktoriell bedingte unterschiedliche Wirkung äußerlich ähnlicher Belastungssituationen bei verschiedenen Kindern heraus.

Psychotraumatologie

Dieser mehrdimensionale, Einseitigkeiten vermeidende und die situativen Bedingungen der Traumagenese sorgfältig differenzierende Blick geht in der neueren Traumadiskussion verloren. Zwar betonen Fischer und Riedesser (2003) im Einführungsteil ihres programmatischen „Lehrbuch der Psychotraumatologie“ die Frage: „Wie weit wird in der Psychoanalyse... ein Gleichgewicht zwischen intrapsychischen Faktoren und externen Umweltfaktoren in seiner Bedeutung für die psychische Entwicklung anerkannt und angemessen berücksichtigt?“ (S. 38). Damit konzedieren die Autoren vordergründig die Bedeutung des innerseelischen Konflikts, vernachlässigen ihn aber faktisch in ihrer konkreten wissenschaftlichen Arbeit durch die Konzentration auf das Trauma und seine posttraumatischen Weiterungen so sehr, dass der Konfliktbegriff seine Bedeutung verliert. So vertreten sie, dabei ihren Anspruch auf Berücksichtigung des Zusammenwirkens endogener und exogener Faktoren aufgebend, folgenden Standpunkt:

„Wir wissen heute, dass psychotraumatische Erfahrungen zu seelischen Folgeschäden führen können, ohne dass zusätzliche Bedingungsfaktoren erforderlich sind. Psychische Traumatisierung ist demnach als eine eigenständige ätiologische... Kategorie der psychologischen Medizin zu betrachten“ (Fischer u. Riedesser 2003, S. 19). Daraus folgt: „Die kritische Frage an den psychoanalytischen Umgang mit Traumata lässt sich folgendermaßen konkretisieren: Werden im Einzelfall beide Traumakonzepte — unerträgliche Situation versus unakzeptabler Impuls —... gleichermaßen in Erwägung gezogen? Welchem Konzept wird der Vorzug gegeben? Bei nur oberflächlicher Kenntnis kann die Situation allzu leicht als normal, unauffällig oder durchschnittlich betrachtet werden, wodurch evtl. Traumafolgen automatisch dem Trieb- oder Phantasieleben der Persönlichkeit zugeschrieben werden. Solch eine Vorentscheidung kann weitreichende Konsequenzen haben. Wird z. B. die psychoanalytische Langzeitbehandlung traumatisierter Patienten nicht explizit auch als Traumatherapie geführt, so wird die Verleugnungstendenz des Opfers unterstützt, damit auch die gefährlichen Tendenzen zur Selbstbeschuldigung. Hier ist schon vom Therapiekonzept her eine Retraumatisierung des Patienten zu erwarten“ (Fischer u. Riedesser 2003, S. 39). Umgekehrt stellt sich derselbe Sachverhalt dar: „Betrachtet man Lehrbücher der Psychopathologie, zum Teil auch der Psychoanalyse, so wird das Symptombild überwiegend, wenn nicht gar ausschließlich personbezogen dargestellt, entweder als ein System innerpsychischer Mechanismen oder als erbgenetisch bedingte Dysregulation des psychischen Geschehens“ (Fischer u. Riedesser 2003, S. 65).

Erhebt man aber das Realereignis zur ausschließlich erklärenden Entität, müssen nolens volens überindividuell gültige Maßeinheiten für die Stärke eines belastenden Ereignisses angenommen werden. Fenichel schien dies in seiner Traumadefinition in einem schmalen Bereich, dem der schwersten von außen auf das Subjekt eindringenden Erschütterungen, möglich. In einer jüngst erschienen Arbeit beschäftigt sich Fink (2003) mit diesen Zusammenhängen und beschreibt relativ stereotype Persönlichkeitsveränderungen, die er bei Opfern des Nazi-Regimes gefunden hatte, die schwersten überwältigenden und über längere Zeit andauernden Torturen unterschiedlicher Art ausgesetzt waren und unabhängig von ihrer prätraumatischen Persönlichkeitsstruktur ähnliche bis gleichartige psychopathologische Persönlichkeitsveränderungen, vor allem depressiver Art, erlitten. Fink beschreibt anhand einer Fülle von menschlichen Schicksalen die fast zwangsläufig sich ergebenden psychischen Folgen, die eintreten, wenn der Pol der von außen einwirkenden Realereignisse die Ergänzungsreihe so sehr dominiert, dass der Pol des individuellen Entgegenkommens bedeutungslos wird. Fink illustriert seine Untersuchungsergebnisse, indem er einen analytischen Kollegen zitiert: „Wie mein analytischer Freund, der Vietnamveteran, sagte: ‚Es gibt einige traumatische Erfahrungen, die das Ich zerstören: Es bleibt kein Ich zurück, nur ein basales Selbst“ (2003, S. 993, eigene Übersetzung).

Ähnliches berichtet Lorenzer in der bereits zitierten Arbeit:

„Von den verschiedenen spezifischen Reaktionsweisen, in denen auf das KZ reagiert wurde, möchte ich eine pathologische Reaktion herausgreifen,... die sich schon durch ihre Uniformität wie auch durch ihre epidemische Verbreitung als eine typische traumatische Reaktion ausweist: das Muselmännersyndrom. Dieses Syndrom zeigt... folgende übereinstimmenden Grundlinien: vollkommener Fatalismus..., absolut realitätsunangemessene, süchtige Züge, Reaktionslosigkeit, Interesselosigkeit, Zerfall der Körperkräfte... Alle Erscheinungsbilder sind... als depressive Syndrome erkennbar“ (1966, S. 487 f.).

In der von mir kritisierten Verwendung des Traumabegriffes geht diese Beschränkung verloren. Bisweilen entsteht der Eindruck bei der Lektüre der einschlägigen Arbeiten, jede Autorin und jeder Autor habe für sich ein persönlich validiertes Maßsystem entwickelt, nach dem er oder sie die objektive Wirkung von Traumen aller Art auf die betroffenen Menschen festlegt. So postuliert Rohde-Dachser: „Frauen, die in der Kindheit sexuell missbraucht wurden, reagieren später mit Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen, sexuellen Funktionsstörungen, Promiskuität, Delinquenz, Depression, Suizidversuchen, einer allgemeinen Identitätsstörung, unangemessenen Wutreaktionen und einer selbstzerstörerischen Impulsivität“ (2000, S. 143 f.). Eine Aussage dieser Art absolut zu treffen, ohne Relativierung und ohne Verweis auf die große Anzahl von anders verlaufenen Entwicklungsgeschichten nach sexuellen Übergriffen in der Kindheit grenzt an Diskriminierung der betroffenen Frauen.

Es scheint notwendig zu fragen, warum ausgewiesene psychoanalytische Fachkolleginnen und -kollegen mit hohem intellektuellen Aufwand dieser wissenschaftlichen Tendenz folgen und stillschweigend die von der Psychoanalyse elaborierte Untersuchung des reichen Potenzials innerseelischer Phantasieproduktion und individueller, durchaus von eigener Motivation mitbeeinflusster Ver- und Bearbeitung von Erfahrung aufgeben. Es scheint, als bestünde ein Bedürfnis, sich mit einer — zugegebenermaßen sorgfältigen — Untersuchung der Oberfläche zufrieden zu geben. Wir finden in Freuds „Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung“ (1914, S. 96 f.) in seiner Darstellung des Bruchs mit Adler und Jung Bemerkungen, die auf das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Anerkennung, der Übereinstimmung mit einem wie auch immer wahrgenommenen „common sense“ anspielen. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Entwicklung und Etablierung des akademischen Fachs „Psychotraumatologie“ um etwas Ähnliches.

Verarbeitung von Belastungen

Das Bemühen um Anpassung an den Zeitgeist hat etwas Atemloses: Der gesellschaftliche Blick auf die richtige Erziehung der Kinder z. B. ist wechselhaft und unstet. Freud (z. B. 1938, S. 119) hat bei der Rechtfertigung seiner Ödipus-Hypothese Diderot zitiert, der den kleinen Jungen als Barbaren charakterisierte, der, wenn er nur über die notwendigen Kräfte verfügen könnte, die Mutter besitzen und dem Vater den Hals umdrehen würde (1761, S. 83 f.). Noch bis in die 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde dem Kind in unserem Kulturkreis nicht nur selbstverständlich ein eigener Wille zugeschrieben, sondern dieser auch vor allem als ein zu brechender oder zumindest zu zivilisierender angesehen (s. z. B. Postman 1982). Zwischendurch, so auch jetzt, wird das Kind als unschuldiges Objekt äußerer Einflüsse, als ein vor allem zu beschützendes, im Grunde gutes, d. h. nichtsexuelles und nichtdestruktives, tendenziell zum eigenen Willen noch nicht fähiges Wesen betrachtet. So stellt sich für Fischer und Riedesser die kindliche Trieb- und insbesondere Sexualentwicklung als etwas „heiter-spontanes“, von harmlos-kindlichem Charakter geprägtes Geschehen dar: „Wir verdanken Freud die Einsicht in die kindliche Erlebniswelt, ein Bild vom Kind als unverzagtem kleinen ‚Sexualforscher’, das mit seiner Intelligenz und Neugierde den Desorientierungsversuchen der Erwachsenen, den Geschichten vom Klapperstorch usf. hartnäckig widersteht. Kinder haben eigene sexuelle Wünsche, Bedürfnisse und Phantasien“ (2003, S. 37 ff.).

Sicherlich hat Freud diese Aspekte beschrieben. Aber im großen Komplex des Triebgeschehens stellten sie für ihn lediglich Randphänomene dar. Entscheidend war der Blick auf die Wucht und rücksichtslose Dynamik dieser inneren und beziehungsrelevanten Vorgänge, die er u. a. in den Begriffen des Lustprinzips, des Primärprozesses und der Triebschicksale zu beschreiben versuchte. „Die kindliche Liebe ist maßlos, verlangt Ausschließlichtkeit, gibt sich nicht mit Anteilen zufrieden“ (Freud 1931, S. 524). In der hier zu führenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung geht es um die Frage, ob man Menschen auch als fordernde, drängende Triebsubjekte oder nur als scheue, ängstliche, pflegebedürftige Objekte und in letzter Konsequenz als Opfer sehen will.

Entsprechend wird heute vieles, das vor nicht allzu langer Zeit als notwendige Erziehungsmaßnahme erschien, als traumatisierender Übergriff bewertet. Nedelmann nannte dies in anderem Zusammenhang „die Pathologisierung der Umwelt“ (persönliche Mitteilung). Es geht nicht darum, beide Sichtweisen gegeneinander auszuspielen; es ist gerade das Verdienst der Psychoanalyse, beide Determinanten als untrennbar miteinander verbundene Faktoren eines Bedingungsgefüges zu beschreiben, das mit sich und in sich in einem je nach Fall höchst spezifischen Wirkzusammenhang steht und seelische Produktionen entstehen lässt. Diese interdependente, beziehungszentrierte Betrachtungsweise scheint auch in der Psychoanalyse immer wieder neu verteidigt werden zu müssen. In einer Arbeit zu „Freuds Theoriewende der 20er Jahre“ geht Green auf den beginnenden Konflikt zwischen Ferenczi und Freud ein und benennt eine der theoretischen Grundlagen des Freudschen psychologischen Denkens:

„Ferenczi kämpfte weniger mit Gedanken als mit Analysanden, die in ihrem Leiden erstarrt waren. Seine Art, den Wiederholungszwang aufzufassen, führte ihn dahin, die Übertragung als „reine“ Wiederholung zu interpretieren, d. h. als Wiederholung der Kindheitstraumata; hierbei unterschieden sich seine Traumata sehr von denen, die Freud entdeckt hatte, denn Ferenczi sah nicht mehr Verführung, sondern (psychische) Vergewaltigung, sah Verführung durch übertriebene elterliche Erwartungen in der Folge der Sprachverwirrung, Vorenthaltung von Liebe aus Unkenntnis der Bedürfnisse des Kindes und schließlich psychische Lähmung aufgrund von Versteinerung aus Hoffnungslosigkeit. Kurz, hier geht es nicht mehr um das Schicksal der Libido, sondern ganz einfach um das Ersticken des Seelenlebens. Der Konflikt mit Freud wurde unumgänglich. Wenn dieser mit der Beschreibung des Wiederholungszwangs dem Seelenleben das unauslöschliche Siegel des gegen jede Vernunft aufbegehrenden Triebes aufdrücken wollte, dann sicher nicht deshalb, um bei dieser Feststellung stehen zu bleiben. Er wollte vielmehr zeigen, wie der unablässige Druck des Dämonischen die gesamte seelische Aktivität dazu zwingt, sich mit allen möglichen rationalisierenden Vorgehensweisen gegen diese Tyrannei zu strukturieren (daher auch der unbewusste Charakter der Ich-Abwehr)“ (Green 1990, S. 38 ff.).

Eine ähnliche, sprachlich aktualisierte und theoretisch verkürzte Position, wie Ferenczi damals, bezieht heute Rohde-Dachser: „Die im proceduralen Gedächtnis gespeicherten (missbräuchlichen) Beziehungsmuster können nicht erinnert werden. Ihre Veränderung muss deshalb über die Analyse der Übertragung erfolgen, in der sich diese frühen Beziehungsmuster niederschlagen. Die Hauptaufmerksamkeit in der psychoanalytischen Behandlung liegt deshalb heute in der Bearbeitung der Übertragungs-Gegenübertragungs-Konstellation“ (2003, S. 416).

Kernberg stellt dazu fest: „Das heißt, dass in der Übertragung nicht einzelne Episoden oder traumatische Erfahrungen aktiviert werden, sondern eine Verdichtung zusammenhängender Konflikte und Abwehrkonstellationen aus einer Vielzahl unterschiedlicher, zeitlich auseinander liegender und kognitiv gleichwohl zusammenhängender unbewusster Erfahrungen, die nur nach und nach in die aus verschiedenen Phasen des früheren Erlebens stammenden einzelnen Komponenten zerlegt werden können... Selten jedoch münden solche Erinnerungen in eine integrierte, nahtlose Geschichte ein: Die Tatsache, dass sich Regression und Progression gleichzeitig vollziehen, dass traumatische Erfahrungen als solche retrospektiv bearbeitet und nicht unmittelbar als Trauma erlebt werden, erklärt die Diskontinuität zwischen der Aufdeckung der unbewussten Vergangenheit und ihrer Beziehung zur Gegenwart“ (2001, S. 219).

Green ergänzt: „Für Freud stand nämlich außer Zweifel, dass der psychische Apparat selbst dem schlimmsten Unglück, dem er ausgesetzt wäre, nicht ohne Ressourcen gegenüber stünde. Die Psyche würde auch dann noch Mittel und Wege finden, das Trauma — gleich welcher Art — umzuformen und zu integrieren, indem selbst schmerzhafteste Ereignisse erotisiert würden. Gegen Ende seines Lebens kam er darüber hinaus zu der Gewissheit, es sei unmöglich, unter den frühesten Ereignissen des Seelenlebens, die die gesamte weitere Entwicklung prägten, Trauma und Abwehrreaktionen gegen das Trauma voneinander zu unterscheiden, da sich letztere zum größten Teil mit kindlichen Omnipotenzvorstellungen verbänden. Den Wiederholungszwang nun als Wiederholung der traumatischen Situation zu betrachten und das Objekt hierfür verantwortlich zu machen, bedeutete demnach ein weiteres Mal eine Unterschätzung des Umformungs- (oder ‚Übertragungs-‘)vermögens der Psyche, durch das das Unbewusste ja erst entsteht. Man war also in die Falle der vermeindlichen Prädominanz des Erlebten gegangen und in Gefahr, die Psychoanalyse in ein Mittel für Handlungsreisende zu verwandeln“ (1990, S. 39 ff.).

„Erotisiert“ heißt in diesem Zusammenhang, dass der psychische Apparat aufgrund der Vorherrschaft des Lustprinzips in der Lage ist, unter dem Primat der Lustgewinnung selbst schwerste Erschütterungen — bis zu einer individuell verschiedenen Grenze — so weit zu verarbeiten, dass sie eine gewisse Form der Befriedigung, z. B. in perverser, insbesondere sadomasochistischer Weise ermöglichen. Dies sind pathologische Formen der Verarbeitung von unerträglichen Belastungen, die sich aber nicht aus einer einzigen Ursache, sondern nur mit Blick auf das gesamte Bedingungsgefüge verstehen lassen.

„Sexueller Missbrauch“

In den letzten Jahren setzte sich ein Begriff durch, der in der psychologischen Diskussion eine normative Kraft des Faktischen geschaffen hat. Der Begriff des sexuellen Missbrauchs ist in die Welt gekommen und scheint eine Selbstverständlichkeit gewonnen zu haben, die ihn aus sich selbst heraus erklärt und rechtfertigt. Die hier als Protagonisten einer verbreiteten Haltung angeführten Autoren blenden die Vielfalt der Möglichkeiten aus, mit denen ein Kind auf dem Hintergrund seiner Phantasieentwicklung, Konstitution, Triebstruktur und der von Fenichel betonten früheren Verdrängungen auf die erfahrenen Ereignisse reagiert, die heute so kurzschlussartig als traumatische eingeordnet werden. Man verzichtet darauf, die „Genese des Traumas“ nachzuvollziehen, die Wirkungen des äußeren Ereignisses auf das Kind, seine Reaktion, seine Weise der Verarbeitung und Integrationsanstrengung werden nur in einem engen vorgegebenen Rahmen beachtet. Traumatisierung lässt sich aber nicht allgemein operationalisieren, sondern immer nur im individuellen Fall nachvollziehen, im individuellen Zusammenwirken einer gewordenen Persönlichkeit mit einer äußeren Situation in einem sozialen Feld. Richter-Appelt kommt zu dem Ergebnis: „Das Traumatisierende einer Handlung ist nicht die Handlung selbst, sondern das Erleben derselben. Ein und dieselbe Handlung wird von unterschiedlichen Personen sehr unterschiedlich erlebt und bewertet. So wird im einen Fall ein Kuss auf den Mund unter Familienangehörigen zum Begrüßungsritual gehören, in anderen Fällen genau diese Handlung als eine Grenzüberschreitung angesehen werden. Ganz entscheidend ist dabei, welche Phantasien die Handlungen bei den Beteiligten auslösen“ (1997, S. 96).

Es bleibt die Tatsache bestehen, dass realer Inzest in der Familie — zusammen mit der Erfahrung schwerer und wiederholter körperlicher Misshandlung der wohl gefährlichste Angriff auf die kindliche Autonomieentwicklung und die noch wenig belastbaren Integrationsfähigkeiten des reifenden Ich — bei jedem einzelnen betroffenen Kind zu höchst unterschiedlichen Folgewirkungen führt. Die Überbetonung der Schädlichkeit sexueller Übergriffe an Kindern korrespondiert mit der ebenfalls zunehmenden theoretischen Vernachlässigung sowohl anderer schwerer körperlicher Übergriffe als auch der Würdigung komplizierter, nicht offen gewalttätiger Familienverhältnisse, die man mit dem Begriff der strukturellen Gewalt kennzeichnen könnte. Bei gründlicher Analyse so manchen Falles von schwerem sexuellen Übergriff gegen ein Kind erweist sich die sexuelle Misshandlung als Symptom katastrophaler familiärer Verhältnisse. Den Übergriff zur Ursache der seelischen Störung des Kindes zu erklären, bedeutet dann, das ephemere Symptom über- und die pathogenen destruktiven Familienstrukturen unterzubewerten: Das Kind wäre in dieser Familie auch ohne sexuellen Übergriff in seiner Persönlichkeitsentwicklung erheblich behindert oder beschädigt worden. Es ist gerade Anliegen der Psychoanalyse, den Zusammenhang zwischen der Ohnmacht des Kindes gegenüber der übermächtig erlebten Präsenz der Eltern und dem triebhaft begründeten machtvoll-forderndem Drängen nach Wunscherfüllung im Blick zu behalten.

Dies alles ist wohlbekannt und Bestandteil des Schatzes jahrzehntelanger psychoanalytischer Erfahrung. Umso mehr drängt sich die Frage auf, warum man in weiten Kreisen dieses Wissen zum großen Teil aufgibt und neue Wahrheiten kreiert, wie z. B. die Behauptung des Zusammenhangs von Borderlineentwicklung und sexuellem Missbrauch in der Kindheit: „Stone (1981) fand bei 9 (d. h. 75%) von insgesamt 12 hospitalisierten Borderline-Patienten eine Anamnese von Inzest. Bryer et al. (1987) fanden in einer Interview-Studie bei 12 von 14 hospitalisierten Borderline-Patienten eine Anamnese von sexuellem Missbrauch vor der Adoleszenz (d. h. vor dem Alter von 16 Jahren). Dies entsprach 86% der Borderline-Patienten im Vergleich zu 21% im gesamten Patientengut der Klinik. Eine von Zanarini, Gunderson et al. (1989) durchgeführte Studie mit unter besonders strengen Kriterien diagnostizierten Borderline-Patienten ergab eine signifikant höhere Rate von Missbrauchserfahrungen für Borderline-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe: 26% der Borderline-Patienten berichteten über sexuellen Missbrauch in Kindheit und Adoleszenz, im Vergleich zu 7% bei einer Gruppe mit antisozialen Persönlichkeitsstörungen und 4% bei einer Gruppe mit neurotisch-depressiven Störungen“ (Rohde-Dachser 2000, S. 141 ff.).

Wir stoßen dabei auf das Problem der unterschiedlichen Akzentsetzung in der Definition des Borderlinebegriffes bei verschiedenen Autoren. Wir sehen das Problem, dass innerhalb der aufgezählten Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit und Entwicklung einer Borderlinepersönlichkeit höchst unterschiedliche Prozentzahlen — zwischen 26 und 86% — genannt werden; insbesondere fällt das Problem der extremen Unschärfe des Missbrauchsbegriffes auf: Es entsteht der fatale Eindruck, dass jeder, der nach Missbrauch sucht, ihn wegen der Ungenauigkeit des Begriffes auch finden wird. Dies kann soweit gehen, dass Sexualität allgemein mit Missbrauch assoziiert oder gleichgesetzt wird. Bei diesen Untersuchungen, die den Missbrauch ganz selbstverständlich als entscheidenden ätiologischen Faktor voraussetzen und nachweisen, bleibt die Frage nach den Patienten, die zwar eine Borderlinepersönlichkeit entwickelt hatten, aber keinen sexuellen Übergriff in der Anamnese zeigten, unbeantwortet. Erneut zeigt sich, wie groß die Gefahr der Etablierung einer künstlichen Dichotomie ist, wenn verschiedene Forschungsansätze — z. B. nach dem Schlagwort innen oder außen geordnet — ausschließlich vertreten werden und die Perspektive eines interdependenten Zusammenwirkens höchst unterschiedlicher und schwer auf einer gemeinsamen quantifizierbaren Ebene zu erfassender Faktoren aufgegeben wird.

Zudem wird das Problem der strukturellen Unschärfe des Borderlinebegriffes deutlich. Noch mehr als bei anderen in der Psychotherapie gebräuchlichen Diagnosen gehen Meinungen und Einschätzungen über dieses Syndrom unter den Fachleuten auseinander. Der Begriff wird zwar weit gehend als Redensart benutzt, oft aber so unterschiedlich, dass in der konkreten Falldiskussion erst eine gründliche Begriffsklärung herbeigeführt werden muss, um festzustellen, ob man von dem Gleichen redet. Die Unklarheit geht so weit, dass der Begriff von psychoanalytischen Theoretikern, wie Wurmser, in Gänze in Frage gestellt und unter Verweis auf das Konzept der schweren neurotischen Störung abgelehnt wird: „Daher stammt denn auch mein tiefes Missbehagen gegenüber der Sammeltopfdiagnose „Borderline“. Was sich bei den schweren Neurosen abspielt... ist nicht grundsätzlich verschieden von dem, was sich bei den milderen Formen beobachten lässt. Es ist mein großes Anliegen, dieses Kontinuum zu betonen und nicht eine scharfe und prinzipielle Differenz zwischen den leichteren und den schwereren Formen herauszuarbeiten“ (Wurmser 1987, S. 290).

Die Kombination eines unscharfen diagnostischen Begriffes, wie Borderline, mit einer unscharfen ätiologischen Bestimmung, wie sexueller Missbrauch, ergibt eine wissenschaftliche Beliebigkeit, mit deren Hilfe sich — wenn dies denn gewollt wird — unter fast allen Umständen eine wechselseitige Affirmation der beiden Begriffsgebilde leisten lässt.

Natürlich finden wir bei schweren Charakterstörungen häufiger als bei anderen psychischen Störungen sexuelle und andere körperliche Gewalt in der Anamnese — aber nicht in einem Ausmaß, das berechtigen würde, beim Vorliegen einer entsprechenden Persönlichkeitspathologie reflexhaft von Gewalterfahrung in der Kindheit auszugehen und evtl. sogar den Patienten danach direkt zu befragen und ihm so ein Angebot für die Gestaltung entlastender Phantasieproduktionen zu machen. Nicht selten sehen wir Patienten mit schwerer Pathologie, deren Erinnerungen durchschnittliche Kindheitserfahrungen zu monströsen Schreckensgebilden umgewandelt haben. Diese Feststellungen relativieren nicht das Leid der betroffenen Personen; sie relativieren aber die Bedeutung der äußeren Einflüsse für die Entstehung und Aufrechterhaltung des Leides. Bei den Fällen, in denen schwere Misshandlung in der Vorgeschichte außer Frage steht, bildet die erfahrene reale Gewalt eher die Spitze des Eisbergs als ihr Fundament. In der Kumulation von strukturellen und konkreten Gewalterfahrungen wird der spektakulärste Teil, der sexuelle Übergriff, herausgegriffen und die Analyse der komplexen familiären Binnenverhältnisse erspart. Die exklusive Betonung des Ereignisses erfolgt willkürlich, das Leiden und die Persönlichkeit des Patienten werden unzulässig reduziert und die Gesamtschau auf die pathogenen Hintergründe der neurotischen Entwicklung verhindert.

Das inzestuöse Kind, das in der Folge der Verführung und des sexuellen Übergriffs eine Neurose entwickelt, wird nicht krank, weil es verführt wurde: Es kann unter dem Einfluss verschiedener Bedingungszusammenhänge erkranken, z. B. weil in der Verführung ein bis dahin phantasierter Wunsch in Kontakt mit der Realität gerät, einer Realität, die nach Erwachsenenmaßstäben gestaltet wurde, die Wünsche der infantilen Phantasie missachtet und das Kind mit der nachfolgenden „Verwirrung“ allein lässt (Ferenczi 1932, S. 511 ff.).

Auch heute, 100 Jahre nach Erscheinen der „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ fällt es uns, auch uns Psychoanalytikern, noch schwer, die Wucht, das Drängen und die naive Rücksichtslosigkeit des kindlichen Trieblebens, seine polymorphe Perversität, als gegeben zu akzeptieren. Nach wie vor fällt es uns leichter, uns das Kind als Opfer erwachsener Schwäche und Brutalität vorzustellen, als uns mit den brisanten und letztlich traumatische Intensität entfaltenden Konflikten auseinander zu setzen, die für das Kind entstehen, wenn infantile ödipale Wünsche mit genital-erwachsenen, die Abhängigkeit des Kindes ausnutzenden Übergriffen und einem in Entwicklung befindlichen Über-Ich zusammentreffen, das den erwachsenen Übergriff und die mit ihm verbundene Gewalterfahrung als Folge eigenen schuldhaften Verhaltens missversteht. Wir berühren die anthropologische Frage, welche Bedeutung es für das junge Ich haben kann, wenn der ödipale Wunsch — missverstanden wörtlich genommen — erfüllt wird und das Kind vordergründig im ödipalen Konflikt triumphiert — und so den Pyrrhussieg der infantilen Sexualität erlebt. Es geht also nicht darum, die Bedeutung des sexuellen Übergriffs des Erwachsenen, das extreme Umweltversagen im Sinne Winnicotts (1971, S. 118) zu relativieren, sondern die Vielfalt der sich daraus ergebenden Entwicklungsmöglichkeiten für das Schicksal des heranreifenden Individuums zu betonen und das Gewicht des individuell höchst unterschiedlichen Entgegenkommens in der jeweiligen Beziehungskonstellation zu unterstreichen.

Der Ansatz von Hillel Klein

Hillel Klein hat in einer posthum veröffentlichten großen Arbeit (Klein 2003) die Verarbeitungs- und Bewältigungsstrategien von Überlebenden der Shoah nachgezeichnet und das Verhältnis zwischen Individuum und Extrembelastung untersucht. Der moderne psychotraumatologische Ansatz beraubt das Individuum — vordergründig wohlmeinend — seiner Mitautorenschaft und stellt es in erster Linie als Objekt äußerer Umstände dar. Klein zeigt nun mithilfe verschiedener Untersuchungen über Formen des Umgangs mit dem äußersten, nicht mehr verbalisierbaren Schrecken, dass der Mensch auch unter den Bedingungen der Extrembelastung über vitale Potenzen und produktive Möglichkeiten verfügt, die ihn über den Status eines hilflosen Opfers erheben und zeigen, dass in der Interdependenz zwischen Individuum und äußerer Wirklichkeit etwas Drittes entstehen kann, das mehr ist als Bewältigung des im Eigentlichen Unbewältigbaren. Klein entfaltet ein Spektrum unterschiedlicher Formen der Verarbeitung und hält den Schrecken dessen, was zu verarbeiten war, in einer bisher in einer wissenschaftlichen Arbeit ungewöhnlichen Intensität für den Leser präsent und lässt ihn auf eine beklemmende Weise am Terror der damaligen Lebenswirklichkeit teilnehmen. Er vertritt und entwickelt in der Behandlung von Traumatisierungsopfern einen therapeutischen Umgang mit Menschen, der einem gänzlich anderen Menschenbild und therapeutischen Verständnis verpflichtet ist.

Klein stellte seinen Untersuchungen folgende Feststellungen voraus: „Einem Außenstehenden, der nur die zerlumpten, ausgemergelten Gestalten im Ghetto sieht oder die Masse der Opfer grau in grau auf dem Apellplatz im Konzentrationslager mustert, wäre es in der wahnhaften Welt des Lagers nicht möglich gewesen, einen intellektuellen, politisch aktiven, urbanen Jugendlichen von einem ungebildeten, beschränkten Dorfjungen zu unterscheiden. Bereichert durch unsere klinische Erfahrung und das Zeugnis der Überlebenden ist uns jedoch zunehmend bewusst geworden, dass das soziale und intrapsychische Leben eines jeden Überlebenden während der Shoah ebenso unterschiedlich war wie davor oder danach. Manche Überlebenden waren imstande, vor, nach und während des Krieges ein stringentes Gefühl der Kontinuität und der Identität zu bewahren. Andere hingegen blieben mit einem Gefühl persönlicher Desorientierung sich selbst und anderen gegenüber zurück, mit einem Gefühl der Diskontinuität des Selbst in Form einer Derealisation, die etwa in der wiederholten Feststellung ‚Wir sind nicht die selben‘ zum Ausdruck kam. Ebenso vielfältig waren die Fähigkeiten der Überlebenden, diese Erfahrungen durchzuarbeiten und zu integrieren. Wir sind uns darüber klar, dass die Anpassungs- und Bewältigungsmechanismen der Überlebenden auf spezifische Weise durch die frühen Lebenserfahrungen, ihrer Entwicklungsgeschichte, durch Familienkonstellationen und emotionale Bindungen innerhalb der Familie geprägt waren“ (Klein 2003, S. 25).

„In meiner Arbeit habe ich Trauer und Überlebensschuld als positive Kräfte einer Re-individuierung und Wiederherstellung untersucht und verstehe sie anders, weniger entfremdend als meine Kollegen, die sie als pathologisches Gegenstück zum KZ-Syndrom sehen. Bei der Untersuchung, wie unterschiedlich Überlebende die Katastrophe, das normale Leben und die Wiederherstellung von Familienbindungen bewältigten, war ich immer wieder beeindruckt von der Verschiedenheit, nicht der Gleichförmigkeit dieser Anpassungs- und Bewältigungsmechanismen in den Lebensgeschichten von Überlebenden“ (Klein 2003, S. 26).

Klein zeigt, dass der Mensch kein Reiz-Reaktions-Apparat ist, der auf gegebene Situationen auf gegebene Weise antwortet, sondern sich in einem komplexen Feld von inneren und äußeren Einflüssen und Faktoren bewegt und individuell mit den an ihn herangetragenen Aufgaben, seien sie leichter, seien sie existenzieller Natur, umgeht: Der Mensch kann auf die Bedrohung seines Lebens mit Anpassung, Unterwerfung, Widerstand, Kollaboration, Rebellion und Resignation antworten. Menschen sind gezwungen, mit Situationen umzugehen, sich einzurichten; sie wehren sich, sie gestalten die Umstände mit — erst an letzter Stelle, und bei weitem nicht immer, ergeben sie sich in sie. Die Unterschiedlichkeit der Bewältigungsversuche korrespondiert mit unterschiedlichen situativen Gegebenheiten, aber auch mit den unterschiedlichen Prädispositionen der betroffenen Subjekte.

Therapien, die sich an standardisierten Anordnungen orientieren, entwerfen einen pseudoobjektivierenden, vom Einzelfall abstrahierenden Behandlungsrahmen, der die individuelle Bedeutung vernachlässigt, die das Erlebte für den Betroffenen bekommen hat. Weiter stellt Klein fest:

„Ganz eingenommen von unserer professionellen Identität als Therapeuten und in Übereinstimmung mit uns selbst als menschliche Wesen, haben wir uns auf missverständliche Art bedeutender therapeutischer Konzepte über das Trauma bedient, ohne uns die Frage zu gestatten, ob sie relevant sind, den Überlebenden zu verstehen und seine Wunden zu heilen. Auf diese Weise haben wir nur uns selbst in Sicherheit gebracht — Ausdruck des Narzißmus unserer Generation“ (2003, S. 236). „In manchen Fällen reagierten Therapeuten in... unangemessener Weise... Sie gerieten in eine Faszination über Details aus der Verfolgung während der Shoah, während das übrige Material — die frühere Persönlichkeit, aktuelle Lebensprobleme, die Übertragungssituation (die ein Licht auf Probleme vor der Shoah werfen) und Probleme mit Schuld und ungelöster Trauer über die ermordeten Familien — nicht zur Sprache kam“ (Klein 2003, S. 241).

Klein plädiert auf dem Hintergrund eines, von eigenem Erleben getragenen Verständnisses für das Leid der Opfer, dass die Behandlung von Störungen, die im Zusammenhang mit extremen Belastungen entstanden sind, sich auf die spezifischen Bedingungen des Individuums konzentrieren muss und nicht von ihnen abstrahieren kann.

Was für die extremsten Formen der Umweltbelastung gilt, gilt in umso deutlicherem Maße für leichtere Formen erfahrenen Unglücks: Ob sexuelle, seelische oder körperliche Misshandlung, ob Verlust einer wichtigen Objektbeziehung, ob schwerer Unfall oder familiäres Unglück — nie sind die Ereignisse, die uns beeinflussen, isolierte Fremdkörper, die wie ein Bazillus in den Körper eindringen und dort Schaden verursachen, sondern Teil einer zusammenhängenden Lebensgeschichte, deren innere Logik von verschiedenen Faktoren bestimmt wird. Die Therapie sollte versuchen, dieser Tendenz zur Isolierung und Entfremdung der Erfahrung entgegenzutreten und dazu beitragen, den Patienten die Verwicklung spürbar werden zu lassen, in die er notwendig durch seine Erlebnisse geraten musste.

Klein verwendet den Traumabegriff zwanglos und transzendiert ihn zugleich, indem er den Blick auf eine Conditio humana öffnet, die Belastung und Not nicht als isoliertes Unglück, sondern als Teil der menschlichen Existenz versteht, mit dem gerechnet und umgegangen werden muss. Klein nimmt die lapidare Feststellung Fenichels — „Das Ich, so kann man sagen, ist entwickelt worden, um traumatische Zustände zu vermeiden“ (1945, S. 170) — ernst, dass also Belastung das Normale sei und ein traumafreies oder von den Folgen der Traumata gereinigtes Leben eine Fiktion. Klein macht beiläufig klar, dass jede Art von Erfahrung die persönliche Entwicklung des Individuums beeinflusst und zum Bestand seines Lebens wird: nicht als in ihrer Wirkung ungeschehen zu machende Störungen eines potentiell störungsfreien Lebens, sondern als Verwerfungen, die die Struktur der Persönlichkeit prägen und in qualitativ unterschiedlicher Weise beeinflussen.

Dieser Blick lässt sich erweitern und vertiefen, wenn man sich mit dem Werk von Jean Améry konfrontiert und seinen Gedanken folgt, die auf die Spur eines Verständnisses von Qual und Verletzung führen, das sich ausdrücklich einer Medizinalisierung und Symptomatologisierung des Erlittenen widersetzt und an die Stelle des Traumabegriffes den Begriff der „Erfahrung“ setzt. Hier geht es nicht mehr um etwas zu Therapierendes im Sinne einer Beseitigung von Schädigung, sondern um eine Auseinandersetzung mit dem „Verlust des Weltvertrauens“ (Améry 1966, S. 65):

„Es ist nur wenig ausgesagt, wenn irgend ein Ungeprügelter die ethisch-pathetische Feststellung trifft, dass mit dem ersten Schlag der Inhaftierte seine Menschenwürde verliere. Ich muss gestehen, dass ich nicht genau weiß, was das ist: die Menschenwürde. Der eine glaubt, sie zu verlieren, wenn er in Verhältnisse gerät, unter denen es ihm unmöglich wird, täglich ein Bad zu nehmen. Ein anderer meint, er gehe ihrer verlustig, wenn er vor einer Behörde eine andere als seine Muttersprache sprechen muss. Hier ist die Menschenwürde an einen bestimmten physischen Komfort gebunden, dort an freie Meinungsäußerung, in einem noch weiteren Fall vielleicht an die Zugänglichkeit gleichgeschlechtlicher erotischer Partner. Ich weiß also nicht, ob die Menschenwürde verliert, wer von Polizeileuten geprügelt wird. Doch bin ich sicher, dass er schon mit dem ersten Schlag, der auf ihn niedergeht, etwas einbüßt, was wir vielleicht vorläufig das Weltvertrauen nennen wollen. Weltvertrauen. Dazu gehört vielerlei: Der irrationale und logisch nicht zu rechtfertigende Glaube an unverbrüchliche Kausalität etwa oder die gleichfalls blinde Überzeugung von der Gültigkeit des Induktionsschlusses. Wichtiger aber — und in unserem Zusammenhang allein relevant — ist als Element des Weltvertrauens die Gewissheit, dass der andere aufgrund von geschriebenen oder ungeschriebenen Sozialkontrakten mich schont, genauer gesagt, dass er meinen physischen und damit auch metaphysischen Bestand respektiert. Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Die Hautoberfläche schließt mich ab gegen die fremde Welt: Auf ihr darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will“ (Améry 1966, S. 65 f.).

Etwas ähnliches meint Klein, wenn er schreibt: „Phänomenologisch haben wir es hier nicht mit einem Schuldgefühl per se zu tun — kein Überlebender fühlt sich schuldig, nur weil er am Leben ist, mag er sich auch in dieser stereotypen Weise ausdrücken. Was er indessen tatsächlich empfindet, ist ein Gefühl der Kontaminierung, ein Gefühl, zu einem Teil der erlebten Bestialität geworden zu sein, durch die er gezwungen war zu leben und die er nicht umhin kann zu bezeugen. Er befindet sich in einem desolaten Niemandsland, zwischen der Welt, die er verloren hat und der, der er sich nicht voll anschließen kann, übermannt von einem Gefühl, er sei für das Leben in der Gegenwart zu sehr gezeichnet, habe aber den Schatz seiner Vergangenheit unwiederbringlich verloren“ (2003, S. 254).

Jeder definiert seine Erfahrungen nach individuellen Maßstäben selbst, bis eine Schwelle überschritten ist, das Weltvertrauen verloren geht und die Traumatisierung einsetzt. Auch hier folgt eine jeweils unterschiedliche Form der weiteren Bearbeitung. Améry schildert seine Misshandlungen als Erfahrung, aus der er Schlüsse gezogen hat: Er hat seine Sicht auf die Welt und die Menschen geändert. In anderen Fällen von Gewalterfahrung, wie von Klein beschrieben, entstehen andere Konsequenzen für das jeweilige Individuum. Der Traumabegriff allein erklärt wenig, sondern muss in jedem Einzelfall individuell begründet werden.

Schlussfolgerungen

Äußere Belastungen sind in der Regel nicht Ursache, sondern Auslöser von Störungen. Für fast jedes Beispiel einer durch ein belastendes Ereignis ausgelösten Störung findet sich ein Gegenbeispiel, in dem belegt wird, dass ein vergleichbares Ereignis ohne neurotische Bearbeitung bewältigt werden konnte. Ausnahmen bilden definierte Fälle von Extrembelastungen, wie sie Fink (2003) beschrieben hat. Ausgelöst wird eine spezifische Bereitschaft zum psychischen Kurzschluss. Diese Bereitschaft ist sicher bei jedem gegeben, aber je nach Person in einem weiten Bereich unterschiedlich ausgeprägt. Ähnlich wie die Triebansprüche von innen sind die belastenden Ereignisse von außen Arbeitsanforderungen an das Ich.

Das Bedürfnis, für schwere psychische Pathologie einleuchtende offensichtliche Erklärungen zu finden — den „traumatisierenden“ Einfluss, der die Persönlichkeitsentwicklung dauerhaft aus der Bahn geworfen hat — ist verständlich, aber psychologisch nicht zu befriedigen. Freud sprach in anderem Zusammenhang vom „gewachsenen Fels“ (Freud 1937, S. 99), um Grenzen der Reichweite psychotherapeutischer Anstrengungen zu bezeichnen. Genauso müssen wir von einem kongenital gegebenen Fels ausgehen, der unserer Persönlichkeitsentwicklung eine Richtung gibt, die durch äußere Ereignisse beeinflusst, verstärkt, modifiziert oder umgesteuert, aber nicht aufgehoben werden kann. Die Gefahr, das periphere Ereignis zur Ursache zu erklären und das methodische Denken in Bedingungsgefügen zu vernachlässigen und aufzugeben, sollte uns bewusst bleiben. Überlegungen dieser Art sind kein Selbstzweck. Es macht einen Unterschied, ob der Patient als Opfer, als passives Objekt äußerer Einflüsse gesehen wird, dessen erlittene Beschädigungen zu reparieren sind, oder ob er als Subjekt in einem Feld von Beziehungen verstanden wird, von dem er beeinflusst wird und das er mit seiner Bedürftigkeit beeinflusst (vgl. Lewin 1951, S. 41 ff.).

Der Traumabegriff ist auch deswegen problematisch, weil er durch seine enge Assoziation zur körperlichen Verletzung und Wunde einen zu engen Bedeutungshorizont vorgibt, der der seelischen Wirklichkeit, die er bezeichnen soll, nicht ausreichend gerecht wird. Körperliche Verletzungen haben je nach Qualität der Behandlung einen überindividuell voraussagbaren Heilungs- oder Schädigungsverlauf. Folgeerscheinungen sind in ihrem Ausmaß und in ihrer Qualität berechenbar und überschaubar. Keines dieser Kennzeichen trifft für Phänomene zu, die sich unter den Begriff der psychischen Traumatisierung einordnen lassen: Die Wirkung belastender äußerer Ereignisse ist für jeden Menschen unterschiedlich, die Verlaufsform der Bewältigung sowie Intensität und Qualität der Spätfolgen lassen sich selbst in Fällen von Extremtraumatisierungen nur am Einzelfall nachvollziehen und verstehen. Schließlich werden unter dem Oberbegriff Trauma so disparate Erscheinungsformen wie der konkret-persönliche Übergriff, die Verwicklung in gesellschaftliche Katastrophen, aber auch komplizierte Phänomene transgenerationeller Weitergabe von Belastungen und Konfliktdispositionen subsumiert.

Wir haben gesehen, dass der Traumabegriff auf zwei verschiedene Weisen verwendet wird: zum einen, dem Denken Freuds folgend, als Bezeichnung des Produkts, das aus dem Zusammenwirken verschiedener innerer und äußerer Faktoren bei einem bestimmten Subjekt entsteht; zum anderen als Bezeichnung eines absolut gesetzten äußeren Faktors, der aus eigener Kraft fähig ist, bestimmte Wirkungen bei vielen, im Übrigen unterschiedlichen Subjekten zu setzen. Dieser unterschiedliche Gebrauch desselben Begriffes macht ihn in manchen Fällen für die fachliche Verständigung untauglich. Vielleicht sollten wir nach Begriffen suchen, die psychische Belastungen in ihren unterschiedlichen Phänomenologien differenzieren und benennen können, ohne den Gedanken an eine direkte Ursache-Wirkungs-Verbindung nahe zu legen. Es scheint heute notwendig, den Traumabegriff, wenn man ihn erhalten will, wieder neu auf seinen ursprünglichen Gehalt zu gründen.