Zusammenfassung
TNF-Inhibitoren und andere Biologika haben die Therapieoptionen bei der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) erheblich erweitert. Die Wirksamkeit von Etanercept und Adalimumab wurde in randomisierten, kontrollierten, klinischen Studien nachgewiesen und führte zur Zulassung. Die Langzeitsicherheit bleibt Gegenstand von laufenden Untersuchungen. Berichte über Leukämien und Tumoren bei mit Etanercept, Infliximab und Adalimumab behandelten Kindern und Jugendlichen lassen Fragen über ein erhöhtes Malignomrisiko aufkommen, wobei Lymphome mit 50% den größten Anteil der 48 von der FDA berichteten Fälle ausmachten.
In Konsequenz ist die Indikation für die Anwendung von TNF-Inhibitoren unter Berücksichtigung von Risikofaktoren, z. B. erhöhter familiärer Malignomhäufigkeit oder Vorbehandlung mit karzinogenen Substanzen wie Cyclophosphamid, sorgfältig zu prüfen. Dies gilt insbesondere für nicht zugelassene Substanzen, nicht zugelassene Indikationen und für Kombinationstherapien von TNF-Inhibitoren mit Immunsuppressiva. Andererseits soll aufgrund der aktuellen Datenlage aber bei keinem Patienten eine notwendige Therapie beendet oder nicht begonnen werden. Eine adäquate Aufklärung, Überwachung und Dokumentation der Behandlung im Register der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) wird dringend empfohlen.
Abstract
TNF inhibitors and other biologicals have greatly expanded the therapeutic options for juvenile idiopathic arthritis (JIA). While the efficacy of etanercept and adalimumab has been proven in randomized controlled clinical trials, their long-term safety remains the subject of ongoing investigations. Reports of leukaemia and tumours in children and adolescents treated with etanercept, infliximab and adalimumab have raised questions about an increased risk for malignancies, with lymphoma accounting for the largest group at 50% of all 48 malignancies reported by the FDA.
Consequently, TNF inhibitors should be indicated under careful consideration of individual risk factors, such as increased family occurrence of malignancies, or pre-treatment with carcinogenic substances such as cyclophosphamide. This is particularly true for non-approved substances, and non-approved indications, and for combination therapy of TNF inhibitors with immunosuppressive drugs. On the other hand, however, treatment should not be stopped or started in any patient in whom treatment is necessary due to the current knowledge. Adequate patient information, surveillance and documentation of treatment in the registry of the GKJR is strongly recommended.
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Seit nunmehr 10 Jahren werden Tumor-Nekrose-Faktor- (TNF-) Inhibitoren und seit kürzerer Zeit auch andere Biologika bei der Therapie der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) eingesetzt. Als mögliche Risiken der Therapie werden neben Unverträglichkeitsreaktionen eine erhöhte Infektionsrate, die Induktion von Autoimmunopathien und eine möglicherweise erhöhte Rate von Malignomen gesehen.
Letztere Risiken wurden durch die Meldung der FDA („Food and Drug Administration“) über insgesamt 48 betroffene Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt.
Die Fachgesellschaft nimmt mit dem vorliegenden Beitrag hierzu Stellung und gibt Empfehlungen für die Aufklärung, Überwachung und Dokumentation.
Mitteilungen der U.S. Food and Drug Administration (FDA)
Im Juni 2008 veröffentlichte die FDA eine Meldung, wonach 30 mit Etanercept, Infliximab oder Adalimumab behandelte Kinder und Jugendliche mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA), M. Crohn und anderen Grunderkrankungen über einen Zeitraum von 10 Jahren an einem Malignom erkrankt sind [24]. Dieser Mitteilung folgte eine erste Stellungnahme der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR; [14]). Am 04.08.2009 wurde über 18 weitere Fälle berichtet [25].
Die überwiegende Tumorentität waren Lymphome (n=24, 50%). Auffällig waren dabei 10 Fälle mit einem hepatosplenalen T-Zell-Lymphom (HSTCL; Tab. 1). Sieben Patienten erkrankten an anderen Non-Hodgkin-Lymphomen, 6 an Hodgkin-Lymphomen, einer an einer akuten myeloischen Leukämie mit einem Lymphom. Bei 6 Patienten trat eine Leukämie auf, bei 3 ein malignes Melanom, bei 3 ein Schilddrüsenkarzinom, jeweils einmal wurden ein Nierenzellkarzinom, ein Lebertumor, ein metastasierendes Leberzellkarzinom, eine maligne Mastozytose, ein Neuroblastom, ein kolorektales Karzinom, ein Basalzellkarzinom, ein Dottersacktumor, eine Myelodysplasie, ein Leiomyosarkom, ein Blasenkarzinom und ein Nephroblastom beobachtet (Tab. 1). Insgesamt 12 Patienten verstarben, 10 an einem HSTCL, einer an einem anderen T-Zell-Lymphom. Ein Patient starb an einer Sepsis, nachdem eine Remission des Lymphoms erreicht worden war.
Als Indikation für die Anwendung von TNF-Inhibitoren bestand bei 25 Patienten eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (M. Crohn, Colitis ulcerosa), bei 16 eine JIA (inklusive Psoriasisarthritis), bei 3 eine ankylosierende Spondylitis und bei einem Patienten eine Sarkoidose. Bei zwei Fällen erfolgte die Exposition in utero, bei einem Patienten war die Indikation für eine Therapie mit TNF-Inhibitoren unbekannt.
Von den 48 betroffenen Patienten wurden 31 mit Infliximab behandelt, 15 erhielten Etanercept und zwei Adalimumab. Eingeschlossen wurden Fälle, die bis zu einem Alter von 22 Jahren auftraten, wobei als Einschlusskriterium für die Zusammenstellung die erste Exposition mit einem TNF-Inhibitor im Alter von unter 18 Jahren gewählt wurde. Die mediane Dauer der Therapie mit TNF-Inhibitoren bis zum Auftreten des Malignoms war 2,5 Jahre mit einer Spannweite von einem Monat bis 7 Jahre. Das mediane Alter der Patienten bei Auftreten des Malignoms betrug 17 Jahre (2 Monate bis 22 Jahre).
Neun der 10 HSTCL-Fälle traten nach Exposition mit Infliximab, ein Fall nach Adalimumab auf. Bislang wurden diese sehr seltenen und mit hoher Letalität assoziierten T-Zell-Lymphome nur bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa) und nur bei Behandlung mit TNF-Antikörpern (Infliximab, Adalimumab) in Kombination mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin, nicht aber bei Etanercept-Therapie beobachtet. Allerdings traten HSTCL auch ohne Biologika-Therapie auf [20]. Andere Lymphome traten bei 8 mit Infliximab, 5 mit Etanercept und bei einem mit Adalimumab behandelten Patienten auf.
Bei insgesamt 20 betroffenen Kindern und Jugendlichen mit einer rheumatischen Erkrankung im engeren Sinne (16-mal JIA, 3-mal Spondylarthritis, einmal Sarkoidose) wurden in 14 Fällen Etanercept, in 5 Fällen Infliximab und in einem Fall Adalimumab eingesetzt. Nach Mitteilung des Herstellers von Etanercept (Enbrel®) wurden bislang 13.847 JIA-Patienten über insgesamt 44.600 Patientenjahre mit Etanercept behandelt [1], woraus sich eine Malignomrate von 31/100.000 Kindern und Jugendlichen pro Jahr berechnen lässt. Infliximab (Remicade®) ist zur Behandlung der JIA nicht zugelassen. Für Adalimumab (Humira®), seit 2008 zur Behandlung der JIA zugelassen, liegen zur Durchführung einer analogen Berechnung noch zu geringe Patientenzahlen vor.
Zu den in den USA beobachteten Malignomen werden von der FDA die Anzahl der exponierten Patienten und die Expositionszeiten genannt [27]. Bei Behandlung mit Infliximab traten 15 Malignome in einer Expositionszeit von 22.645 Patientenjahren auf (66 Fälle/100.000 Patientenjahre), unter Etanercept 6 in einer Expositionszeit von 26.800 Patientenjahren (22 Fälle/100.000 Patientenjahre). Die FDA schloss aus diesen Beobachtungen, dass bei den in den USA behandelten Patienten die Rate für Malignome unter Infliximab höher ist als die für die Normalbevölkerung anzunehmende Rate für Lymphome und andere Malignome. Im Zusammenhang mit Etanercept wurden dagegen zwar vermehrt Lymphome beobachtet, dies gilt aber nicht für das Auftreten anderer Malignome.
Die FDA sah sich nicht in der Lage, das Ausmaß des Risikos durch die Anwendung von TNF-Inhibitoren zu benennen, zumal bei 88% der Patienten neben dem TNF-Inhibitor Immunsuppressiva wie Azathioprin und Methotrexat eingesetzt wurden, bei denen bereits ein Warnhinweis für Lymphome in der US-amerikanischen Fachinformation vorliegt [26]. Hierzu ist anzumerken, dass Methotrexat nicht mit dem Auftreten von Malignomen assoziiert ist, sondern mit einer bei Beendigung der Methotrexat-Therapie meist reversiblen Lymphoproliferation, insbesondere bei Epstein-Barr-Virus- (EBV-) Assoziation [22]. Auch wenn andere Faktoren das Auftreten von Malignomen unter Therapie mit TNF-Inhibitoren zumindest teilweise erklären, konnte die FDA einen Einfluss von TNF-Inhibitoren nicht ausschließen und hat die Hersteller von TNF-Inhibitoren zu einem Warnhinweis („boxed warning“) in den Fachinformationen und Beipackzetteln vor einem möglicherweise erhöhten Risiko für Malignome verpflichtet.
Analysen der Pharmakotherapiekommission der GKJR
Alle zur Verfügung stehenden Daten wurden von der Pharmakotherapiekommission der GKJR sorgfältig analysiert. Die Malignomrate in Deutschland für Kinder unter 16 Jahren ist mit 15/100.000 Kinder pro Jahr nur etwa halb so hoch wie die aus den US-Populationsdaten berechnete Malignomrate nach Exposition mit Etanercept von 31/100.000/Jahr (s. oben; [15]).
Die wenigen vorliegenden Daten ergeben keinen Hinweis auf eine erhöhte Malignomrate der Grunderkrankung JIA [6, 23]. Die Validität dieser Untersuchungen ist aus zwei Gründen eingeschränkt:
-
1.
Die Anzahl der untersuchten Patienten ist gering.
-
2.
Die Vergleichbarkeit mit den TNF-Inhibitor-exponierten Patienten ist mutmaßlich nicht gegeben, da diese aufgrund der besonderen Schwere der Erkrankung mit TNF-Inhibitoren behandelt wurden.
In einer nordamerikanischen Analyse, die wenige JIA-Patienten mit Biologika-Therapie einschloss, wurden 1168 Patienten über insgesamt 16.396 Patientenjahre beobachtet. Es trat bei keinem Patienten ein Malignom auf [6].
Allerdings stehen aufgrund der geringen Häufigkeit der JIA und der noch seltener zu beobachtenden Malignome bei JIA keine Analysen zur Verfügung, die die Schwere der Erkrankung und die entzündliche Aktivität als möglicherweise malignombegünstigende Faktoren berücksichtigen. Immunsuppressive Medikamente und TNF-Inhibitoren werden dagegen insbesondere bei schweren und aktiven Erkrankungsfällen eingesetzt [11].
Bei einigen immunologisch vermittelten Erkrankungen wie M. Crohn oder Colitis ulcerosa ist ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von bösartigen Erkrankungen in Abhängigkeit von der Entzündungsaktivität auch unabhängig von der Therapie mit TNF-Inhibitoren bekannt [16]. Eine erhöhte Vorsicht ist demnach prinzipiell bei Vorliegen von zu Malignomen prädisponierenden Erkrankungen (wie myelodysplastisches Syndrom, M. Down, M. Crohn, Colitis ulcerosa) und bei Malignomen in der Familienanamnese geboten.
Vor Einführung der TNF-Inhibitoren in die Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) und der JIA wurde aus theoretischen Gründen ein möglicherweise erhöhtes Risiko für das Auftreten von Infektionen und Malignomen erwartet. Bei den Infektionserkrankungen ist dieses Risiko inzwischen klar definiert. Dies ist bei Malignomen bisher nicht der Fall.
Bei Erwachsenen mit einer RA ist das Malignomrisiko, insbesondere für Lymphome, unabhängig von einer Therapie, aber in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität, vom Geschlecht, vom Alter und vom Zigarettenrauchkonsum erhöht [4, 8, 28]. Nach derzeitigem Stand des Wissens geht bei erwachsenen Patienten mit einer RA eine Therapie mit TNF-Inhibitoren nicht mit einem allgemein erhöhten Malignomrisiko einher, wobei sich für Nicht-Melanom-Hautkarzinome und Melanome ein statistisch erhöhtes Risiko zeigte, sich aber für M. Hodgkin („standardized incidence ratio“/SIR=1,0), für Non-Hodkin-Lymphome (SIR=0,7) und Leukämien (SIR=1,2) kein statistisch erfassbarer Einfluss durch eine Biologika-Therapie ergab [2, 3, 29]. Aufgrund der andersartigen Genetik und Immunologie sind Daten für die RA des Erwachsenen aber nicht unmittelbar auf die kindliche Erkrankung der JIA übertragbar.
Hervorzuheben sind bislang 10 Patienten mit einem HSTCL. Diese Patienten hatten alle eine chronische entzündliche Darmerkrankung. Bereits 2007 beschrieben Mackey et al. [18] bei 8 Patienten, dass ein Zusammenhang zwischen der chronischen inflammatorischen Darmerkrankung, dem männlichen Geschlecht, der Therapie mit Infliximab und dem Auftreten eines HSTCL besteht. Seit dem wurden weitere 9 Patienten beschrieben [7, 17]. Anzumerken ist dabei, dass alle Patienten mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin vorbehandelt waren – Medikamente die möglicherweise mitentscheidend für das erhöhte Lymphomrisiko sind.
Insgesamt wurden bislang etwa 200 erwachsene und pädiatrische Fälle mit einem HSTCL beschrieben. Aufgrund des gehäuften Auftreten bei jüngeren Patienten mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung und bei Behandlung mit TNF-Antikörpern ist eine Risikoerhöhung nicht auszuschließen, wobei andererseits eine exklusive Bedeutung von Infliximab oder Adalimumab für die Pathogenese der HSTCL nicht nachgewiesen wurde und zahlreiche andere Faktoren beitragen [17, 21].
In Deutschland beträgt die jährliche Inzidenz über alle Malignomarten für Kinder von 0 bis 15 Jahren 15/100.000, für männliche Jugendliche von 16 bis 25 Jahren 47/100.000 und für weibliche Jugendliche 49/100.000 [5, 15]. Die FDA hat für die ihr zur Verfügung stehenden Spontanmeldungen eine Hintergrundrate von 16,8 pro 100.000 Kinder und Jugendliche zugrunde gelegt. Es lässt sich vermuten, dass die FDA die Altersabhängigkeit des Malignomrisikos nicht hinreichend berücksichtigt hat, wodurch die Interpretation erschwert wird. Die betroffenen Patienten hatten ein medianes Alter von 17 Jahren, demnach waren mehr als die Hälfte der Patienten auch älter als 15 Jahre. Das genaue Alter und insbesondere auch die Anzahl der exponierten Patienten sind darüber hinaus nicht bekannt.
Patienten aus dem Kinderregister für mit Etanercept behandelte Patienten der GKJR sind bei Therapiebeginn im Durchschnitt 12 Jahre alt [13]. Zum aktuellen Zeitpunkt sind z. B. 746 (70%) im Register der GKJR gemeldete JIA-Patienten vor dem 01.10.1994 geboren, also älter als 15 Jahre, und 522 von 1071 Patienten sind vor dem 01.10.1991 geboren und somit älter als 18 Jahre. Dies beschreibt die Behandlungssituation, die sich mutmaßlich auch in den USA und in anderen Ländern nicht unterscheidet, da Etanercept in den USA von der FDA 1999 und von der „European Medicines Agency“ (EMEA) 2000 nahezu zeitgleich zur Behandlung zugelassen wurde.
Zahlreiche Malignomentitäten traten bislang nur in Einzelfällen auf (Tab. 1). Bei einem Teil dieser Tumoren handelt es sich um Karzinome (11 von 48 bzw. 22,9%), eine Tumorart, die sonst in dieser Altersgruppe nur selten gesehen wird. Welche Bedeutung dieser Beobachtung zukommt, müssen die weitere Aufschlüsselung der FDA-Daten der 48 Patienten sowie eine konsequente, prospektive Langzeitbeobachtung aller mit TNF-Inhibitoren behandelten Kinder und Jugendlichen im Rahmen der nationalen und ggf. internationalen Register ergeben.
Eine kurze Expositionszeit mit TNF-Inhibitoren von minimal 3 Wochen macht eine pathogenetisch plausible Tumorgenese aufgrund der längeren präklinischen Entwicklungsphase von Malignomen zumindest in diesen Fällen unwahrscheinlich.
Trotz aller Unsicherheit angesichts der fehlenden Validität der übermittelten Daten ist aktuell ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Lymphoms bei Kindern und Jugendlichen mit JIA, die mit TNF-Antagonisten behandelt werden, nicht auszuschließen. Für Lymphome nennt das Robert-Koch-Institut eine Hintergrundrate für Jungen im Alter bis 15 Jahre von 1,5/100.000 pro Jahr für einen M. Hodgkin und 1,5/100.000 pro Jahr für ein Non-Hodgkin-Lymphom, für männliche Jugendliche im Alter von 15 bis 31 Jahren von 3,1/100.000 pro Jahr für einen M. Hodgkin und 3,2/100.000 pro Jahr für ein Non-Hodgkin-Lymphom.
Die Hintergrundrate für Mädchen im Alter bis 15 Jahre beträgt 1,3/100.000 pro Jahr für einen M. Hodgkin und 0,4/100.000 pro Jahr für ein Non-Hodgkin-Lymphom, für weibliche Jugendliche im Alter von 15 bis 31 Jahren 3,6/100.000 pro Jahr für einen M. Hodgkin und 1,6/100.000 pro Jahr für ein Non-Hodgkin-Lymphom [5].
Bei Therapie mit Etanercept sind bislang 5 Lymphome bekannt geworden. Wird die Anzahl von insgesamt 13.847 JIA-Patienten und 44.600 Patientenjahren zugrunde gelegt [1], so errechnet sich hieraus eine Lymphomrate von 11/100.000 Fällen pro Jahr. Diese Rate ist höher als erwartet – sowohl für Kinder bis 15 Jahre als auch für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 31 Jahren und sowohl für das männliche wie für das weibliche Geschlecht.
Empfehlungen der GKJR
Die Pharmakotherapie der JIA hat sich in den letzten 10 Jahren erheblich gewandelt, die Krankheitslast erheblich gemindert und die Prognose der JIA verbessert [19]. Neben nichtsteroidalen Antirheumatika und Glukokortikoiden werden eine Reihe von Substanzen zu einer so genannten Basistherapie eingesetzt, zu denen Azathioprin, Ciclosporin A, Methotrexat und Leflunomid zählen [10]. Von diesen ist lediglich Methotrexat geprüft wirksam und zur Behandlung der JIA zugelassen. Bei der Behandlung besonders schwerer Verläufe der JIA werden gelegentlich auch andere Immunsuppressiva/Zytostatika wie Cyclophosphamid eingesetzt. Die Indikation und Dosierung für die Anwendung von Immunsuppressiva ist streng zu überprüfen, insbesondere für solche, für die bereits Warnhinweise bezüglich eines möglicherweise erhöhten Malignomrisikos bestehen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Art und der Aktivität der Erkrankung und der Zulassungssituation dieser Medikamente.
Die Indikation für die Anwendung von Etanercept und Adalimumab bei der JIA muss sorgfältig gestellt werden. Vorbehandlung, Wirksamkeitsnachweis und Aktivität der Erkrankung sind zu beachten. Die Anwendung von TNF-Inhibitoren außerhalb der Zulassung im Rahmen so genannter „Off-label-Indikationen“ ist sehr streng zu indizieren (Tab. 2). Die Indikation und Dosierung für eine Kombinationstherapie aus TNF-Inhibitoren und Immunsuppressiva ist sorgfältig zu prüfen. Für die JIA ist eine Wirksamkeitssteigerung bei Kombination anzunehmen, bislang aber nicht endgültig nachgewiesen [9, 12].
Andererseits darf nach entsprechender Risikoabwägung und Aufklärung Patienten eine notwendige Therapie mit TNF-Inhibitoren nicht vorenthalten, eine solche Therapie ebensowenig vorzeitig beendet oder unterbrochen werden. Die Nutzen-Risiko-Relation hat sich auch in Kenntnis des seltenen Auftretens von Malignomen und insbesondere Lymphomen nach Einschätzung der GKJR im Grundsatz nicht verändert.
Selbstverständlich ist eine sorgfältige Aufklärung der Patienten und Eltern erforderlich (Tab. 3), doch sollte eine unnötige Verunsicherung vermieden werden. Es soll keine Therapie beendet oder verändert werden, ohne dies zuvor mit einem in der Therapie der JIA erfahrenen Arzt/Ärztin besprochen zu haben.
Die GKJR hat ihre Informationsformulare für die medikamentöse Therapie mit TNF-Inhibitoren angepasst und Hinweise auf ein erhöhtes Lymphomrisiko und ein nicht auszuschließendes erhöhtes allgemeines Malignomrisiko aufgenommen (http://www.gkjr.de).
Während und nach der Therapie mit TNF-Inhibitoren ist auf Hinweise für eine Leukämie (Blässe, Blutungsneigung, Nasenbluten, Petechien) oder einen soliden Tumor (unerwünschter Gewichtsverlust, Müdigkeit, Leistungsknick, Lymphknotenschwellung nuchal, axillär) zu achten. Patienten und Eltern sind zu einer umgehenden ärztlichen Vorstellung beim Auftreten von Symptomen aufzufordern. Ein standardisiertes Langzeitnachsorgeprogramm für alle mit TNF-Inhibitoren exponierten Patienten mit klinischen, labormedizinischen und apparativen Untersuchungen wird gefordert.
Alle Behandlungen sollen im Kinder-Register der Fachgesellschaft [13] bzw. in der laufenden Langzeitstudie JuMBO („Juvenile Arthritis – Methotrexate/Biologics long-term Observation“) dokumentiert werden, damit eine größere Datensicherheit erzielt werden kann. Das Auftreten von Malignomen und anderen bedeutsamen unerwünschten Ereignissen muss konsequent gemeldet werden (Register/Hersteller/Paul-Ehrlich-Institut/Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft). Die Nachbetreuung der Patienten auch im Erwachsenalter soll sichergestellt werden. Hierüber sollen die Patienten und ihre Eltern bei der Initiierung und bei Beendigung der Therapie sowie bei Transition zu einem internistischen Rheumatologen informiert werden.
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Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehungen hin: G.H. hat für Vorträge, Beratung im Rahmen von Advisory Boards und Forschungsprojekte Zuwendungen erhalten von Abbott Pharma, Chugai, Novartis Pharma, Roche Pharma, Wyeth Pharma.
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Zusätzlich beteiligte Mitglieder der Pharmakotherapiekommission:
Dr. Rainer Berendes (Landshut), Prof. Dr. Michael Borte (Leipzig), Dr. Jürgen Brunner (Innsbruck), Prof. Dr. Manfred Gahr, Dr. Gerd Ganser (Sendenhorst), Dr. Annette Jansson (München), Prof. Dr. Günter Klaus (Marburg), Prof. Dr. Tim Niehues (Krefeld), Dr. Gert Reuter (Nürnberg), Dr. Michaela Sailer-Höck (Innsbruck), Dr. Andreas Urban (Amberg), Prof. Dr. Norbert Wagner (Aachen), Dr. Elisabeth Weißbarth-Riedel (Hamburg).
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Horneff, G., Hospach, T., Dannecker, G. et al. Aktualisierte Stellungnahme der GKJR zur Meldung der FDA über Fälle von Malignomen bei Anti-TNF-behandelten Patienten vom 04.08.2009. Z. Rheumatol. 69, 561–567 (2010). https://doi.org/10.1007/s00393-009-0600-x
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00393-009-0600-x
Schlüsselwörter
- Tumor-Nekrose-Faktor- (TNF-) Inhibitoren
- Malignome
- Kinder
- Jugendliche
- Juvenile idiopathische Arthritis
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen