Hintergrund und Fragestellung

Das Glaukom ist eine weitverbreitete Augenerkrankung, die unbehandelt zu Sehbeeinträchtigung führt. Sie ist eine der 3 häufigsten Gründe für Blindheit weltweit [36, 45] und nach wie vor der häufigste Grund für Blindheit in Industrieländern [33, 35, 44]. Das Glaukom ist eine chronisch progressive neurodegenerative Erkrankung, die zu einem Verlust von Ganglienzellen und Axonen führt [34]. Charakteristisch sind eine vergrößerte Exkavation der Papille und Gesichtsfeldausfälle. In den meisten Fällen ist der Intraokulardruck (IOD) über die Norm erhöht.

Der IOD ist der wichtigste Risikofaktor für ein Glaukom. Bei der Behandlung des Glaukoms ist die Senkung des IOD die einzige evidenzbasierte Therapie [8, 9, 13, 14, 30, 43]. In den meisten Fällen ist die medikamentöse Senkung des IOD zu Beginn Therapie der Wahl [11, 14, 53]. Wenn dies nicht mehr ausreichend ist, gibt es zahlreiche etablierte Operationsmethoden zur Senkung des IOD. Goldstandard ist immer noch die Trabekulektomie (TE).

Die TE, so wie sie heute durchgeführt wird, wurde erstmals 1968 von Cairns beschrieben [7]. Hierbei wird Kammerwasser durch einen präparierten Skleradeckel aus der Vorderkammer in den Subkonjunktivalraum geleitet [41]. Die TE ist eine sehr effektive Operationsmethode, um den IOD langfristig zu senken [20, 25]. Alle Operationsmethoden, TE ebenso wie z. B. Laseroperationen (Argon- oder selektive Laser-Trabekuloplastik, Zyklophotokoagulation), haben jedoch zum Teil erhebliche Nebenwirkungen.

Der Hauptgrund für einen erhöhten IOD ist ein verminderter Kammerwasserabfluss [4, 12, 18, 21, 31, 32, 37, 46, 47], während die Kammerwasserproduktion annähernd konstant bleibt [3, 5, 6]. Daher scheint es sinnvoll, operativ den Kammerwasserabfluss zu verbessern. Die Excimer-Laser-Trabekulotomie (ELT) ab interno ist eine minimal-invasive Operationsmethode, um den IOD bei Patienten mit Glaukom oder okulärer Hypertension zu senken. Hierbei werden Poren von der Vorderkammer in den Schlemm-Kanal angelegt [1, 2, 15, 19, 22, 27, 29, 42, 48, 49, 50, 51, 52, 54]. Eine ELT kann ohne größeren Aufwand am Ende einer Clear-cornea-Phakoemulsifikation erfolgen. Die ELT kann den IOD für eine lange Zeit mit einer geringen Komplikationsrate senken [2, 15, 29, 48, 54]. Die Nebenwirkungen sind weitaus geringer, und die Rekonvaleszenzzeit ist deutlich kürzer als bei einer TE.

Das Ziel dieser Studie war es, den Erfolg der IOD-Senkung durch eine kombinierte Katarakt- und Glaukomoperation (Phakoemulsifikation mit Hinterkammerlinsenimplantation und Excimer-Laser-Trabekulotomie, Phako-ELT) nach 12 Monaten an Patienten mit einem präoperativen IOD von >21 mmHg mit Glaukom oder okulärer Hypertension zu untersuchen.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Es wurden 24 Augen von 24 konsekutiven Patienten 12 Monate ± 2 Wochen nach Phako-ELT nachuntersucht. Alle Patienten wurden in unserer Poliklinik nachkontrolliert. Der IOD wurde mittels Goldmann-Applanationstonometrie gemessen, der bestkorrigierte Visus wurde bestimmt (BCVA, „snellen charts“), eine Spaltlampenuntersuchung von Vorder- und Hinterabschnitt erfolgte, und die Glaukommedikation wurde erhoben. Alle Untersuchungen erfolgten durch einen Untersucher (M.T.-H.). Indikationen für die Phako-ELT waren eine Katarakt und ein moderat erhöhter IOD über 21 mmHg ohne medikamentöse Therapie oder eine moderate Katarakt (BCVA ≤0,8 Snellen) und ein IOD größer als 21 mmHg unter medikamentöser Therapie.

Einschlusskriterien waren eine okuläre Hypertension oder ein manifestes Glaukom mit einem IOD über 21 mmHg und typisch glaukomatös vergrößerter Exkavation der Papille oder typischen Gesichtsfeldausfällen oder beidem. Zusätzlich musste der Kammerwinkel offen sein (Grad III oder IV nach Shaffer). Patienten mit weit fortgeschrittenem Glaukom (d. h. fixationsbedrohende Gesichtsfelddefekte) oder mit einem IOD ≥35 mmHg wurden ausgeschlossen. Ebenso wurden Patienten mit anderen Neuropathien des Sehnerven außer Glaukom ausgeschlossen. Primäre Studienendpunkte waren IOD und Anzahl an antiglaukomatösen Substanzen. Sekundäre Studienendpunkte waren BCVA, intra- und postoperative Komplikationen sowie nötige Glaukomfolgeoperationen.

Operationstechnik

Alle Operationen wurden durch einen Operateur (J.F.) durchgeführt. Eine Standard-clear-cornea-Phakoemulsifikation und intrakapsuläre Linsenimplantation (Alcon MA 50 BM, Alcon Inc., Hünenberg, Schweiz) erfolgten zuerst, anschließend eine medikamentöse Miose mit Acetylcholinchlorid (Miochol®, Novartis Pharma Schweiz AG, Bern, Schweiz). Die Vorderkammer wurde mit Viskoelastikum (Natriumhyaluronat, Healon) vertieft. Ein endoskopisch kontrollierter photoablativer Laser (Excimer laser, AIDA, TUI-Laser, München, Deutschland, Pulsenergie 1,2 mJ, Pulsdauer 60 ns), der bei einer Wellenlänge von 308 nm arbeitet, wurde benutzt, um 10 Mikroperforationen im Trabekelwerk über einen Winkel von 90° zu erzeugen. Jede Perforation hat einen ungefähren Durchmesser von 0,5 mm. Um die Energie verlustfrei zu übertragen, muss die Laserfaser in Kontakt zum Trabekelwerk sein. Nach der Applikation der Laserenergie kann eine Luftblasenbildung zusammen mit einer kleinen retrograden Blutung aus dem Schlemm-Kanal beobachtet werden. Dies zeigt an, dass eine erfolgreiche Perforation von Trabekelmaschenwerk und der inneren Wand des Schlemm-Kanals entstanden ist. Die Blutung sistiert spontan, wenn am Ende der Operation das Viskoelastikum aus der Vorderkammer gespült, der Bulbus auf ungefähr 15 mmHg tonisiert und Tunnel und Parazenthesen verquollen sind.

Statistik

Deskriptive Statistik für quantitative Variablen wie Mittelwert, Standardabweichung, 95%-Konfidenzintervall und relative Häufigkeit von qualitativen Variablen wurde für alle Studienaugen (ohne „dropouts“) berechnet. Ergebnisse sind als arithmetisches Mittel ± Standardabweichung angegeben. Der „students t test“ wurde benutzt, um signifikante Änderungen bei IOD und Anzahl der antiglaukomatösen Medikamente (AGD) zu bestimmen. Als Signifikanzniveau ist p<0,05 definiert. Weiterhin wurden die Anzahl der Patienten, die die Kriterien von Erfolg erfüllen, und deren relative Häufigkeit gezählt. Eine Behandlung wurde als erfolgreich definiert, wenn der postoperative IOD kleiner als 21 mmHg lag und die IOD-Reduktion mindestens 20% betrug ohne medikamentöse Therapie bzw. mit medikamentöser Therapie („qualified success“). Eine Folgeoperation aufgrund ungenügender Drucksenkung wurde als Misserfolg gewertet. Statistische Analysen erfolgten mit Microsoft Excel Version 2008 und SPSS/PASW Statistics Version 18.

Alle Studienteilnehmer gaben ihr schriftliches Einverständnis. Die Studie ist geprüft und bewilligt von der zuständigen kantonalen Ethikkommission (KEK-ZH-Nr. 881, 06/07/2009) und in Übereinstimmung mit der Deklaration von Helsinki und den gültigen kantonalen und nationalen Gesetzen.

Die Ergebnisse der Studie wurden vorab als Vortrag am World Ophthalmology Congress 2010 im Rahmen des 108. Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in Berlin, Deutschland, präsentiert.

Ergebnisse

In die Studie wurden 28 Augen von 28 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 74,33±11,81 Jahren eingeschlossen. Die demografischen Daten sind in Tab. 1 wiedergegeben. Vier Patienten benötigten im Nachbeobachtungszeitraum von 12 Monaten Folgeoperationen, um den IOD zu kontrollieren (2 erhielten eine TE, 2 eine Zyklophotokoagulation). Diese wurden als „dropouts“ klassifiziert und gingen als Behandlungsfehler in die Kalkulation der Erfolgsrate ein. Sie wurden nicht in die Berechung des durchschnittlichen IOD und der IOD-Änderung mit einbezogen, um die IOD-Senkung durch Phako-ELT nicht durch die Folgeoperation (insbesondere durch die TE) in Richtung zu positiveren Ergebnissen zu verfälschen. In die Statistik gingen – mit Ausnahme der Erfolgsraten – daher nur 24 Augen von 24 Patienten ein. Nur wenige Patienten zeigten einen leichten Vorderkammerreiz nach der Operation, so wie er gewöhnlich nach Kataraktoperation gesehen wird. Es gab keine schwerwiegenden Operationskomplikationen, insbesondere keine Endophthalmitis oder ausgeprägte Fibrinreaktion.

Tab. 1 Demografische Daten

Präoperativ betrug der BCVA 0,45±0,25 [95%-Konfidenzintervall (KI) 0,34–0,55], der IOD war 25,33±2,85 mmHg (95%-KI 24,13–26,54), und es wurden im Mittel 2,25±1,26 AGD (95%-KI 1,72–2,78) appliziert. Am Ende des Nachbeobachtungszeitraums nach Phako-ELT lag der BCVA bei 0,78±0,30 (95%-KI 0,65–0,91), der IOD lag bei 16,54±4,95 mmHg (95%-KI 14,45–18,63), und im Mittel wurden noch 1,46±1,38 AGD (95%-KI 0,87–2,04) appliziert. Vergleicht man IOD und AGD vor und nach Phako-ELT, so findet sich eine mittlere IOD-Senkung von 8,79±5,28 mmHg (−34,70%, 95%-KI 6,56–11,02, p<0,001) und eine Reduktion der AGD von 0,79±1,50 (−62,70%, 95%-KI 0,16–1,43, p=0,017). Alle Ergebnisse sind in Tab. 2 und in den Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5, die Änderungen von IOD und AGD von vor zu nach Phako-ELT in Tab. 3 wiedergegeben.

Tab. 2 Statistische Daten von BCVA, IOD und AGD vor und nach Phako-ELT
Tab. 3 Reduktion von IOD und AGD vor und nach Phako-ELT
Abb. 1
figure 1

Visus (BCVA) vor Phako-ELT und am Ende des Nachbeobachtungszeitraums von 12 Monaten (angegeben sind der Mittelwert und die Standardabweichung als Fehlerbalken)

Abb. 2
figure 2

IOD vor Phako-ELT und am Ende des Nachbeobachtungszeitraums von 12 Monaten (angegeben sind der Mittelwert und die Standardabweichung als Fehlerbalken)

Abb. 3
figure 3

Anzahl antiglaukomatöser Medikamente vor Phako-ELT und am Ende des Nachbeobachtungszeitraums von 12 Monaten (angegeben sind der Mittelwert und die Standardabweichung als Fehlerbalken)

Abb. 4
figure 4

Häufigkeit der applizierten drucksenkenden Medikamente präoperativ: Anzahl Patienten über Anzahl Substanzklassen drucksenkende Medikamente (0=keine, 1=1 Substanzklasse, … 5=4 lokale plus eine systemische Substanzklasse)

Abb. 5
figure 5

Häufigkeit der applizierten drucksenkenden Medikamente postoperativ

Am Ende des Nachbeobachtungszeitraumes von 12 Monaten erfüllten 6 von 28 Augen alle Erfolgskriterien (IOD <22 mmHg plus IOD-Reduktion von mindestens 20% und keine AGD) und 18 von 28 Augen (64,3%) einen „qualified success“.

Diskussion

Die Excimer-Laser-Trabekulotomie ist ein einfacher komplikationsarmer Eingriff, der problemlos am Ende einer Clear-cornea-Kataraktoperation durchgeführt werden kann. Die Operationszeit verlängert sich lediglich um ca. 2–3 min. Es kann der bereits präparierte korneale Tunnel der Kataraktoperation als Zugang benutzt werden.

Bei einer Wellenlänge von 308 nm wird das Trabekelmaschenwerk schonend abladiert. Es entstehen Mikroperforationen zwischen Vorderkammer und Schlemm-Kanal [16, 28, 49]. Es gibt praktisch keine thermischen Nebeneffekte und keine Schäden an der Außenwand des Schlemm-Kanals.

Die punktuelle Ablation des Trabekelmaschenwerks durch einen Prototyp eines Excimer-Lasers mit Kontaktglas wurde erstmalig 1996 von Vogel et al. [49] beschrieben. Die ELT-Technik unterscheidet sich von anderen minimal-invasiven Lasertechniken in der Glaukomchirurgie wie ALT oder SLT. ALT erzeugt Gewebeveränderungen durch Hitze, und SLT erzeugt „Geweberemodeling“, weswegen der Effekt mit der Zeit nachlässt. Nach ELT zeigen sich in elektronenmikroskopischen Untersuchungen sehr glatte Kanten der Poren, was die Wundheilung und damit das Therapieversagen mit der Zeit minimieren sollte [49, 52].

Konnte der IOD nicht ausreichend gesenkt werden, so sollte eine spätere TE mit den gleichen Erfolgsaussichten möglich sein wie vor der Phako-ELT, da weder durch die Clear-cornea-Kataraktoperation noch durch die ELT die Konjunktiva verletzt und eine Vernarbung induziert wurde.

In unserer Untersuchung zeigte sich eine IOD-Reduktion um 8,79 mmHg (−37,70%, p<0,001) mit einer gleichzeitigen Reduktion der AGD um 0,79 Medikamente (p<0,017).

Es ist bekannt, dass die Kataraktoperation selbst den IOD senkt [10, 17, 24, 38, 39, 40]. Dooley et al. [10] sowie Kim et al. [24] fanden eine Reduktion des IOD um 3,2 mmHg bzw. 2,9 mmHg durch Kataraktoperation. Hudovernik und Pathor [17] konnten lediglich eine Drucksenkung von 1,4 mmHg 1 Jahr nach Kataraktoperation finden, ebenso Shingelton et al. [17], die ihre Patienten 1 Jahr nach Kataraktoperation zusätzlich in eine Glaukom- (1,11 mmHg) und eine gesunde Kontrollgruppe (2,05 mmHg) splitteten. Shingelton et al. [39] konnten in einer späteren Arbeit zeigen, dass auch noch nach 5 Jahren in den beiden Subgruppen eine Drucksenkung von 1,8 mmHg bzw. 1,5 mmHg gehalten werden konnte. Die Drucksenkung durch Phako-ELT (8,79 mmHg) übertrifft die Drucksenkung durch alleinige Kataraktoperation um ein Vielfaches [29, 54]. Die Drucksenkung durch Phako-ELT ist als kumulativer Effekt aus Kataraktoperation und ELT zu werten.

Wir fanden eine Erfolgsrate („qualified success“) von 64,3% nach 12 Monaten. Dies ist vergleichbar mit publizierten Erfolgsraten nach TE [23, 26]. Dies ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die Phako-ELT minimal-invasiv und nicht fistulierend ist, was einen der Hauptvorteile des Eingriffs darstellt.

Sollten nicht ausgeprägte, zirkuläre, vordere Synechien bestehen, so ist aus unseren eigenen Erfahrungen die Excimer-Laser-Trabekulotomie auch bei engeren Kammerwinkeln möglich, wenn die Vorderkammer mit ausreichend Viskoelastikum vertieft wird.

Zu bedenken ist jedoch, dass lediglich Patienten mit einem IOD von >21 mmHg und <35 mmHg eingeschlossen wurden. Wir denken, dass die Regulation höherer Ausgangs-IOD weiterhin der TE vorbehalten sein sollte.

Fazit für die Praxis

Die kombinierte Operation von Phakoemulsifikation und Excimer-Laser-Trabekulotomie (Phako-ELT) ist für ausgesuchte Glaukompatienten mit einer Katarakt und einem moderat erhöhten IOD ohne medikamentöse Therapie oder mit einer moderaten Katarakt und einem erhöhten IOD mit medikamentöser Therapie eine gute Option, den IOD suffizient und langfristig zu senken und die lokale drucksenkende Medikation zusätzlich zu reduzieren.