Hintergrund und Fragestellung

In Österreich wurden Gesetze auf Landesebene (Stmk KALG Novelle 2002 Verpflichtung zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems) sowie auf Bundesebene (Bundes KAG Gesetzesnovelle 1993 Verpflichtung zu organisatorischen Maßnahmen) erlassen, die ein Krankenhaus bzw. eine Abteilung zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems verpflichten.

Die Dienstgeber der Universitätsaugenklinik, die KAGES (Krankenanstaltengesellschaft) bzw. die Medizinische Universität, haben daraufhin ein strategisches Unternehmenskonzept zur Einführung von Qualitätsmanagementsystemen am LKH Universitätsklinikum Graz entwickelt.

Neben den bereits lange etablierten ISO-Kliniken nach dem Modell 9001:2008 gewinnt das EFQM (European Foundation for Quality Management)-Modell zunehmend im Gesundheitswesen an Bedeutung [3, 5, 7, 10, 12], die Erfahrungen im Gesundheitswesen sind jedoch limitiert und beschränkten sich bisher auf die Bereiche Rehabilitation und Psychiatrie in Spanien, Holland, Deutschland und Skandinavien [6, 11, 14, 15].

Im LKH Universitätsklinikum Graz wurde die Universitätsaugenklinik von der Anstaltsleitung als eine von 4 EFQM-Modellkliniken ausgewählt. Die Herausforderung bestand darin, ein in der Wirtschaft etabliertes und erfolgreiches Managementbewertungstool auf eine Universitätsklinik mit den Kernbereichen PatientInnenversorgung, Lehre und Forschung anzuwenden. Die Terminologie der Begriffe aus der Wirtschaft war für alle Beteiligten anfangs ungewohnt, ein Grundwissen auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements fehlte vielfach. Die Kommunikation zwischen erfahrenen Qualitätsmanagern und Mitgliedern der Klinik ohne Vorkenntnisse auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements gestaltete sich schwierig.

Kurze geschichtliche Entwicklung des Qualitätsmanagements

Aristoteles hat bereits 384 v. Ch. zwischen einer objektiven und subjektiven Qualität unterschieden.

Florence Nightingale hat 1860 standardisierte Formulare für Spitalsdaten eingeführt.

Ignaz Semmelweis (1845) praktizierte erstmals Qualitätssicherung durch Händedesinfektion, um die Müttersterblichkeit zu senken.

Nach 1945 sind zu den Vätern des modernen QMs zu zählen: Eduard W. Deming, Joseph Juran, Philip Gosby.

Im Spitalswesen kann Donabedian als Vorreiter für QM angesehen werden.

Im Jahr 1954 wurde QM in Japan eingeführt und als nationales Thema priorisiert

Begriffsdefinitionen

Qualität: Maßstab der Übereinstimmung zwischen geforderter und geleisteter Arbeit (Erfüllung von Erwartungen). Man unterscheidet eine Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität.

Unter Qualitätsmanagement (QM) verstehen wir alle Arbeiten, die erbracht werden, um die Qualität sicherzustellen, zu fördern und kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Unter Qualitätsmanagementsystem (QMS) versteht man ein Managementsystem zum Lenken und Leiten einer Organisation bezüglich der Qualität.

Ein Prozess ist ein durch ein Ereignis ausgelöster Ablauf von Aktivitäten, der Ergebnisse liefert und in einen Endzustand mündet.

Eine Kennzahl ist eine Vorschrift zur quantitativen, reproduzierbaren und objektiven Messung einer Größe, die Auskunft über die Leistung eines Systems gibt. Systeme können Organisationseinheiten, Projekte, Produkte, Prozesse oder Personen sein.

Qualitätsmanagementsysteme

ISO

Steht für „International Organization for Standardization“ und wurde 1946 gegründet mit Sitz in Genf.

Der Zweck der ISO ist die Förderung der Normung (Standards) in der Welt, um den Austausch von Gütern und Dienstleistungen zu unterstützen und die gegenseitige Zusammenarbeit in verschiedenen technischen Bereichen zu entwickeln. Die ISO erarbeitet ISO-Normen (ISO-Standards), die von den Mitgliedsländern unverändert übernommen werden sollen, z. B. in der Bundesrepublik Deutschland als DIN ISO-Normen. Der Nachweis wird durch einen Zertifizierungsprozess mit anschließender Ausstellung eines zeitlich befristeten Zertifikats erbracht.

Obwohl am LKH Universitätsklinikum bereits jahrelange Erfahrungen mit erfolgreichen ISO-Zertifizierungen und Rezertifizierungen bestanden, entschloss sich die Anstaltsleitung 2006, das EFQM-Modell in 4 Modellkliniken zu implementieren.

Die Arbeit beschreibt die 6-monatige Projektarbeit der Universitätsaugenklinik bis zum erfolgreichen Assessment und beurteilt die Anwendbarkeit auf eine Universitätsklinik. Nach einer Einführung in das EFQM-Modell wird die eigentliche Projektarbeit beschrieben.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

EFQM

Die EFQM wurde 1988 von 18 Großunternehmen (u. a. Renault, VW und Nestle) gegründet, um im internationalen Wettbewerb v. a. mit asiatischen Ländern bzw. den USA in der Autoindustrie konkurrenzfähig zu bleiben. Vergleiche mit erfolgreichen Industrieländern (wie Japan oder die Vereinigte Staaten von Amerika) haben gezeigt, dass diese v. a. im Bereich des Qualitätsmanagements (QM) europäischen Ländern weit überlegen sind. Als Anreiz für Organisationen, sich zu außergewöhnlichen Leistungen zu verpflichten, wurden folgende Preise eingerichtet:

  • in Japan 1951 der Deming Application Prize,

  • in den Vereinigten Staaten von Amerika das Malcom Baldrige Framework (1987),

  • in Europa 1991 der European Quality Award (EQA) und

  • in Österreich der Austrian Quality Award (AQA)

Das EFQM-Modell für Business Excellence ist ein Unternehmensmodell, das eine ganzheitliche Sicht auf Organisationen ermöglicht. Es bietet Organisationen Hilfestellung für den Aufbau und die kontinuierliche Weiterentwicklung von umfassenden Managementsystemen. Die Unternehmen nutzen es als Werkzeug, um auf Grundlage von Selbstbewertungen Stärken und Verbesserungspotenziale zu ermitteln, anzuregen und ihren Geschäftserfolg zu verbessern.

EFQM-Business-Modell

Das Grundprinzip geht auf den italienischen Wirtschaftökonom P. Conti [2] zurück, in dessen Arbeiten folgende grundlegende Erkenntnisse zusammengefasst sind: Mitarbeiter liefern über Prozesse Ergebnisse.

Das EFQM-Modell baut auf diesem Grundprinzip auf und erweitert es um 9 Kriterien (Abb. 1), die in einem professionellen Managementsystem berücksichtigt werden müssen, um im nationalen und internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein.

Abb. 1
figure 1

EFQM-Modell (Version 2010) mit seinen 9 Hauptkriterien

Die linke Hälfte des Modells, in Abb. 1 dargestellt, wird von den sog. Befähigern repräsentiert, wie z. B. der Führung eines Unternehmens oder den MitarbeiterInnen. Im Sinn eines Brückenschlags zwischen Befähigern (linker Teil) und Ergebnissen (rechter Teil des EFQM-Modells) sind die Prozesse platziert, den Abschluss des Modells bilden die Schlüsselergebnisse, gleichbedeutend mit dem Output eines Unternehmens. Schlüsselergebnisse sind in einem profitorientierten Unternehmen der Gewinn, in einem Non-profit-Unternehmen wie einer Universitätsaugenklinik z. B. die Summe an Operationen/Jahr, Anzahl an Publikationen oder die Gesamtsumme an eingeworbenen Drittmitteln.

Zusammenfassend lässt sich das Modell am Beispiel einer Klinik wie folgt formulieren: Die Führung einer Klinik (der Leiter der Augenklinik) mit seinen MitarbeiterInnen (Ärztinnen, Pflege u. a.) bringt nach Vorgaben der Politik unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden (personellen und finanziellen) Ressourcen über definierte Prozesse Ergebnisse. Die Ergebnisse werden mittels Kennzahlen objektiviert. Die Ergebnisse betreffen wieder die MitarbeiterInnen, die Kunden (z. B. die PatientInnen) sowie die Gesellschaft. Gradmesser des Gesamterfolgs eines Unternehmens sind die Schlüsselergebnisse, die z. B. in Form von Gewinn oder Verlust oder Prozenten eines vereinbarten Zielvolumens dokumentiert werden können.

Ein Hauptmerkmal des EFQM-Modells ist die starke Ergebnisorientierung mittels Fakten und Zahlen. So ist im rechten Teil des Modells (Abb. 1) der Ergebnisteil angesiedelt, der mittels sog. Kennzahlen objektiviert werden muss. Diese Zahlen dienen u. a. dazu, Vergleiche zu anderen Unternehmen herzustellen (Benchmarking) oder Trends über Jahre zu rechnen. Eine derartige Kennzahl im Kriterium MitarbeiterInnen sind z. B. die Anzahl von Lob und Tadel in einem Jahr. Wenn die Anzahl von Lob über die Jahre zunimmt, ergibt das z. B. einen positiven Trend. Neben Lob kann auch die Anzahl an Beschwerden dokumentiert und mit anderen Abteilungen (Kliniken) verglichen werden (Benchmarking).

„Committed to Excellence“

„Committed to Excellence“ heißt „Verpflichtung zur Excellence“ und ist die erste von 3 Stufen des europaweiten Anerkennungsprogramms „Levels of Excellence“ für Organisationen. „Levels of Excellence“ heißt Stufen der Excellence und wurde von der EFQM, der von Unternehmen gegründeten Stiftung „European Foundation for Quality Management“, ins Leben gerufen.

RADAR-Logik

Die RADAR-Logik ist die Arbeitsphilosophie, mit der im EFQM-Modell gearbeitet wird. Die Selbstbewertung, die Projektarbeit wie auch das abschließende Assessment folgen dieser Logik.

Detailliert wird später in der Arbeit noch auf die RADAR-Logik eingegangen.

EFQM-Kriterien

Das erweiterte System unterscheidet 9 Kriterien, die aus 5 Voraussetzungen („enablers“) und 4 Ergebniskriterien („results“) bestehen.

Teilkriterien gliedern wiederum das Kriterium und geben nun detailliert an, was konkret beim jeweiligen Kriterium zu verstehen ist.

Um Unternehmen ohne Erfahrung im QM den Einstieg in die Bewertungslogik des EFQM-Modells zu ermöglichen, wurde die Committed 2 Excellence (C2E)-Auszeichnung als erste Stufe im EFQM-Modell eingeführt. Die Universitätsaugenklinik Graz bewarb sich im Dezember 2007 um diesen Qualitätspreis, nach erfolgreichem Abschluss einer 6-monatigen intensiven Projektarbeit (mit insgesamt 6 Teilprojekten) wurde der Klinik im Juni 2008 die C2E-Auszeichnung zuerkannt.

Im Folgenden wird nun die Projektarbeit für den C2E-Level mit den Stufen PatientInnenbefragung, Selbstbewertung, Arbeiten nach der RADAR-Logik, Bestimmung von Kennzahlen und abschließendes Assessment beschrieben.

Patientenbefragung

Noch vor unserem Start zu C2E hat die KAGES (Krankenanstaltengesellschaft) 2006 eine PatientInnenbefragung (nach deren Entlassung aus stationärer Pflege; Abb. 4) durchgeführt. Die Fragen betrafen folgende Bereiche: Aufnahme, Information, Kommunikation, Kompetenz, Hotelkomponente, Entlassung, Belastungsfaktoren.

Abb. 2
figure 2

Gesamt(ist)prozess (Aufnahme): Die roten Felder markieren Problemfelder, die mittels konkreter Maßnahmen in den Sollprozess übergeführt werden müssen

Es wurden 542 Fragebögen ausgewertet. Bester Wert war 3,00 (das entspricht einer Zufriedenheit/einem Erfüllungsgrad von 100%, ein Wert unter 2,4 (entspricht 80%) ist rot hervorgehoben und stellt einen Kritikpunkt (Verbesserungspotenzial dar).

Die Universitätsaugenklinik war bei dieser Befragung an 1. Stelle gereiht (in 3 Bereichen über 2,7). Allerdings zeigte die Aufnahme eines Patienten ein Verbesserungspotenzial mit dem geringsten Zufriedenheitswert von 2,35. Somit sollte der Vorgang der Aufnahme laut PatientInnenbefragung verbessert werden.

Die PatientInnenbefragung wird in einem 3-Jahres-Rhythmus über die Stabsstelle QM-RM wiederholt.

Selbstbewertung

Der erste Schritt auf dem Weg zu „Committed to Excellence“ ist eine Selbstbewertung von Mitgliedern der Universitätsaugenklinik mittels standardisierter EFQM-Fragen aus allen 9 Kriterien und 32 Subkriterien.

Ein für alle Mitglieder der Universitätsklinik repräsentatives Kernteam, bestehend aus Mitgliedern der Führungsebene, ÄrztInnen, Mitgliedern der Verwaltung und Pflege, hat nach einem einführenden Workshop den Fragebogen individuell beantwortet. Der EFQM-Assessor hat den Fragebogen statistisch ausgewertet, und gemeinsam wurden Stärken bzw. Verbesserungspotenziale identifiziert.

Ergebnisse der Selbstbewertung

Die Auswertung beruhte auf 18 Fragebögen. Der Wertungskatalog richtete sich an die Grundstruktur des EFQM-Modells mit den 9 Kriterien.

Beispielhaft sind angeführt:

Kriterium 1 Führung

Von den Befragten gaben 60% an, dass Führungskräfte bei der Entwicklung von Zielen Grundkonzepte der Exzellenz berücksichtigen. Allerdings fanden 25% keine Nachweise, dass Informationen zu mittel- und langfristigen Zielen weitergegeben werden; 20% hatten keine Nachweise, wie Führungskräfte mit Mitarbeitern Ziele vereinbaren.

Über 60% sagten, dass sie zu den Vorgehensweisen zu den mittel- und langfristigen Zielen über keine Nachweise verfügen.

Kriterium 4 Partnerschaft und Ressourcen

Informations- und Wissensmanagement: 30% hatten keine Nachweise über die Verteilung von Wissen und Informationen (40% sagten, das Maßnahmen umgesetzt waren, aber nicht überprüft wurden), 50% sagten, dass es keine Nachweise gab, wie Partner auf Informations- und Wissensquellen zugreifen können.

Kriterium 5 Prozesse

Von den Befragten hatten 70% keine Nachweise über Prozessmanagement bzw. Kennzahlen.

Bis zu 80% hatten keine Nachweise über die Überprüfung bzw. Verbesserung von Prozessen.

Zusammen mit der Universitätsaugenklinik haben sich 3 weitere Universitätskliniken des LKH Universitätsklinikums (Universitätsklinik für Neurologie, Orthopädie bzw. Gynäkologie und Geburtshilfe) für das C2E beworben. In allen Kliniken wurde das Prozessmanagement als großes Verbesserungspotenzial identifiziert, sodass die Formulierung eines Schlüsselprozesses als erste Initiative klinikübergreifend bearbeitet wurde. Die Auswertung des Selbstassessments in unserer Klinik ergab ein gutes Informationsmanagement innerhalb der Berufsgruppen, professionsübergreifend jedoch ein großes Verbesserungspotenzial, sodass sich das Teilprojekt 2 mit dem Informationsmanagement der Klinik beschäftigte.

Eine mangelnde Zieldefinition von Unternehmen sowie schwache strategische Ausrichtung ist laut Literatur in über 90% der untersuchten Unternehmen identifiziert worden. Auch innerhalb unserer Klinik bestand die Notwendigkeit einer klaren transparenten Definition von Strategien bzw. kurz-, mittel- und langfristigen Zielen, ausgerichtet an der Vision und Mission der verschiedenen Führungsebenen des LKH Universitätsklinikums. Der Zielvereinbarungsprozess wurde deshalb als Teilprojekt 3 für den C2E-Level formuliert.

Antrag bei AFQM (Austrian Foundation for Quality Management)

Nach Identifikation der 3 Verbesserungsinitiativen (= Teilprojekte) wurde im Dezember 2007 der Antrag auf Erreichung des 1. Qualitätslevels (C2E) bei der Austrian Foundation for Quality Management (AFQM) in Form eines sog. „Action Plans“ eingebracht. Mit dem Datum des Antrags läuft die Zeit, es stehen 6 Monate zur Erledigung der Projektarbeit im Sinn der RADAR-Logik zur Verfügung. Bei Nichterreichen einer minimalen Punkteanzahl von 32 (bei maximal möglichen 65 Punkten) beim Assessment nach 6 Monaten werden längstens 3 Monate Nachfrist gewährt.

In dem 12-seitigen „Action Plan“ werden die Teilprojekte in der RADAR-Logik mit einem Zeitplan beschrieben und die Projektleiter und das Projektteam definiert. Vorgesehen sind monatliche Zwischenberichte, damit vom Assessor (bzw. AFQM) der Fortschritt der Projektarbeit verfolgt werden kann. Im Gegensatz zu anderen Managementmodellen wird auf den Projektfortschritt (v. a. Lerneffekte) und die Einhaltung von Zeitplänen exakt geachtet, Lernen und Innovation als existente Rahmenbedingungen werden im EFQM-Modell gesondert hoch bewertet.

Projektantrag (bei der Anstaltsleitung des LKH Universitätsklinikums)

Mit der Anstaltsleitung sowie erstmalig in der Geschichte des Universitätsklinikum Graz mit der MUG [Auftraggeber ist die KAGes/Krankenanstaltengesellschaft zusammen mit der Medizinischen Universität Graz (MUG)] wurde ein 8-seitiger Projektantrag von allen Verantwortlichen der verschiedenen Management- und Führungsebenen unterzeichnet.

In diesem Vertrag wurden die Verantwortlichen für das Gesamtprojekt C2E [der Qualitätsbeauftragte (QB), Projektauftraggeber, Steuerungsteam u. a.] definiert. Als Ziel im vorgegebenen Zeitrahmen waren der C2E-Level vorgegeben sowie die personellen und finanziellen Ressourcen per Vertrag verbindlich festgehalten.

Projektarbeit am Beispiel der ersten Verbesserungsinitiative „Prozess Aufnahme eines(r) stationären Kataraktpatienten(in)“

(Projektleiter war der Autor)

Ausgangsituation: Der Prozess der Aufnahme eines(r) stationären Kataraktpatienten(in) wurde gewählt, da das Schnittstellenmanagement zwischen den Berufsgruppen Sekretariat, Anästhesie, Pflege, AssistentInnen und ChirurgInnen große Verbesserungspotenziale aufwies, was zu einer hohen Unzufriedenheit von PatientInnen und MitarbeiterInnen führte. Eine am Klinikum Graz durchgeführte PatientInnenbefragung mit über 12.000 befragten PatientInnen und einer Rücklaufquote von über 50% konnte diese PatientInnenunzufriedenheit im Aufnahmeprozess mit einem Wert von 2,35 (bei einem Maximalwert von 3,0) objektivieren (Abb. 4). In der initialen EFQM-Selbstbewertung wurde die mangelnde Prozessdefinition nicht nur an unserer Klinik, sondern an den übrigen Modellkliniken als Verbesserungspotenzial mit höchster Priorität identifiziert (s. auch Kriterium 4 Partnerschaft und Ressourcen in der Selbstbewertung).

Der Projektleiter formierte ein Team, bestehend aus Vertretern aller betroffenen Berufsgruppen (Verwaltung, Pflege und ÄrztInnen), und hielt über einen Zeitraum von 6 Monaten insgesamt 16 Qualitätszirkelsitzungen ab. Jedes Treffen wurde protokollarisch festgehalten, die Moderation wurde entweder von der externen Projektbegleitung (der Stabsstelle QM-RM) oder dem(r) Projektleiter(in) durchgeführt. Auch hier war ein großer Lerneffekt sowohl bei der Abfassung von guten Protokollen als auch Moderationen, Fehler konnten sofort beim abschließenden Bearbeiten der Protokolle identifiziert werden. Ohne externe Projektbegleitung wäre diese Projektarbeit jedoch nicht möglich gewesen.

RADAR

RADAR steht für Results, Approach, Deployment, Assessment and Review.

Results (= R/Ergebnisse definieren)

Im Fall des Prozessmanagements bedeutete R = „Results“ das in der Projektbeschreibung vorgegebene Ziel, nämlich ein verbessertes Schnittstellenmanagement, resultierend in einer verbesserten PatientInnen- und MitarbeiterInnenzufriedenheit und einer Verkürzung des Aufnahmeprozesses. Sowohl in der externen PatientInnenbefragung als auch in der objektiven Evaluierung mittels Zeitkennzahlen wurde eine maximale Aufnahmedauer der PatientInnen von bis zu 5 h dokumentiert. Das mangelnde professionsübergreifende Prozessmanagement wurde somit durch die (externe) PatientInnenbefragung als auch betroffenen MitarbeiterInnen (EFQM-Selbstbewertung) identifiziert und mittels der Kennzahl Zeit objektiviert, wobei die Kennzahlen (z. B. maximale Wartezeiten) den von den PatientInnen angegebenen Wartezeiten entsprachen.

Approach (= A/Vorgehen planen)

Der Weg zur Zielerreichung wurde in der Teilprojektbeschreibung mit konkreten Maßnahmen formuliert. Nach Erhebung aller Problemfelder im Aufnahmeprozess, der mittels Adonis® gezeichnet wurde (Abb. 2), konnten erste konkrete Maßnahmen formuliert werden.

Abb. 3
figure 3

Gesamt(soll)prozess: Ein Maßnahmenpaket führte zur Beseitigung der roten Problemfelder

Deployment (= D/Umsetzung des Vorgehens)

Der konkrete Maßnahmenplan, mit dem der Istprozess in den Sollprozess übergeführt werden sollte, wurde von der Klinikleitung an alle MitarbeiterInnen per Unterschrift verbindlich und verpflichtend mitgeteilt – dies war entscheidend für die Verbesserung des Aufnahmeprozesses (Abb. 3). In den wöchentlichen Sitzungen des Teilprojektes Aufnahme wurden die umgesetzten Maßnahmen kontrolliert (A des Radarzyklus = Assessment) und notfalls angepasst (R = Review). Neben dieser subjektiven Bewertung, Kontrolle und Anpassung durch die betroffenen Berufsgruppen wird im EFQM-Modell auch eine Objektivierung mittels Kennzahlen gefordert.

Abb. 4
figure 4

Ergebnisse der externen PatientInnen-Befragung

Kennzahlen

Idealerweise sollte in unserem konkreten Fall betreffend der Verbesserung des Prozesses der PatientInnenaufnahme die PatientInnenbefragung wiederholt werden. Wegen des großen personellen Ressourcenaufwandes wurde die Befragung zum Zeitpunkt des Assessments nicht wiederholt, sodass wir mit der Aufnahmezeit eine weitere, allerdings für diese Objektivierung weniger geeignete Kennzahl zur Verfügung hatten. Die Wartezeiten wurden mittels Erhebungsbogen für verschiedene Bereiche bestimmt und statisch ausgewertet (Tab. 1, Tab. 2). Die bereits von den PatientInnen subjektiv bewerteten langen Wartezeiten konnten mittels Kennzahlen objektiviert werden und zeigten ein erstaunlich hohes Maß an Übereinstimmung.

Tab. 1 Kennzahlen (Zeiten) der Subprozesse im Aufnahme-Istprozess
Tab. 2 Kennzahlen (Zeiten) der Subprozesse im Aufnahme-Sollprozess

Nach Implementierung der Maßnahmen (D = Deployment im RADAR) und neuerlicher Anpassung (R) wurden nach 3 Monaten die Sollkennzahlen bestimmt, nachdem ein Soll-Aufnahmeprozess formuliert wurde (Abb. 4, Tab. 2). Subjektive Verbesserungen, die in den Zirkelsitzungen zu Protokoll gegeben wurden, konnten mittels Kennzahlen objektiviert werden. Neben Verbesserungen gab es auch Bereiche mit Verlängerung der Zeiten, wenn z. B. eine Sekretärin eine(n) neue(n) Mitarbeiter(in) einschulen musste oder die Stationsarbeit von einer statt von 2 AssistentInnen erledigt werden musste. Erstmals konnten mit Kennzahlen diese subjektiven Wahrnehmungen objektiviert werden, was die Grundvoraussetzung für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) darstellt.

Kennzahlen des Aufnahmeprozesses (Tab. 1, Tab. 2)

Administrative Aufnahme in der Kanzlei

Bei der Ist-Aufnahme wurde eine durchschnittliche Zeit von 6 min 17 erhoben, bei der Evaluierung des Sollprozesses nach 6 Monaten war eine deutliche Verlängerung auf 25 min 10 (Maximum 1 h 30 min auffallend). Der Grund lag darin, dass bei der Ersterhebung die administrative Aufnahme von einer sehr erfahrenen Sekretärin durchgeführt wurde, bei der Sollerhebung eine neue Arbeitskraft eingeschult werden musste, was die Verlängerung erklärt.

PDU (präoperative Durchuntersuchung durch den Narkosearzt)

Auffallend in jenem Arbeitsbereich war eine allgemeine Unzufriedenheit der MitarbeiterInnen, die sich in langen maximalen Zeiten von 1 h 27 min (Ist) bzw. 1 h 13 min (Soll) auswirkte. Der Grund lag in einer ständigen Rotation der in der PDU tätigen KollegInnen, in fehlenden Befunden der PatientInnen und auch mangelnden Abgrenzung zur Tätigkeit im Operationssaal. Die Probleme konnten mittlerweile nur zum Teil gelöst werden, zum Zeitpunkt der wiederholten Messung war eine leichte Verbesserung zu dokumentieren

Pflegeanamnese bis ärztliche Aufnahme (Aufnahmestatus)

Isterhebung: Auf allen Stationen war eine maximale Wartezeit von 4 h bis über 5 h auffallend, die in 2 Stationen auf 2 bzw. 3 h reduziert werden konnte. Die Station D wird immer zuletzt mit PatientInnen versorgt, wodurch sich die langen Wartezeiten erklärten.

OP-Vorstellung

Die leitende OP-Schwester wünscht alle Daten von zu operierenden PatientInnen bis 14.00 h, damit der Operationsplan zeitgerecht erstellt, kontrolliert und freigegeben werden kann.

Bei der Sollerhebung verschlechterte sich der Prozentsatz an PatientInnen, die bis 14 h vom Chirurgen visitiert wurden. Der späteste Zeitpunkt, an dem ein Patient gesehen wurde, konnte vorverlegt werden (auffallend war die Station A von 16.55 auf 14.50).

Der Grund für die späten Zeiten lag darin, dass die ChirurgInnen (selbst stationsführende OberärztInnen) nach Beendigung ihrer Operationen die neuen PatientInnen visitieren und in der Regel erst relativ spät den Operationssaal verlassen.

Validierung (durch einen AFQM-Validator)

Durch die externe Projektbegleitung erfolgte eine gute Vorbereitung auf die Validierung. Das Assessment dauerte einen ganzen Tag, wurde nach einer exakten Agenda abgehalten, wobei VertreterInnen der Projektteams, der Steuergruppe, aber auch projektferne MitarbeiterInnen der Klinik befragt wurden. Die RADAR-Logik mit einem standardisierten Bewertungsbogen erlaubt, dieses Interview in Form von Zahlen zu objektivieren. Als Mindestpunktestandard waren 32 von möglichen 65 Punkten gefordert. Die Vorvalidierung (= Vorprüfung) ergab einen Punktescore von 45 Punkten und somit einen positiven Abschluss der Vorprüfung. Zu diesem Zeitpunkt war in allen 3 Projekten die RADAR-Schleife noch nicht geschlossen. Die vom Assessor vorgegebenen Aufgaben für das definitive Assessment (To-do-Liste) wurden in den folgenden 3 Wochen konsequent umgesetzt, sodass in dem für den C2E-Level entscheidenden Assessment am Ende der 6-monatigen Projektarbeit alle 3 Projekte als vollständig abgeschlossen beurteilt wurden. Offiziell gibt es bei diesem ersten Qualitätslevel keine Punktescores, lediglich die Bewertung erfolgreich bestanden (im Fall des Nichtbestehens ist eine „Nachprüfung“ nach 3 Monaten vorgesehen).

Mit dem Assessment wurde die RADAR-Schleife einmalig geschlossen bzw. die Kennzahlen einmal evaluiert. Weitere Evaluierungen der PatientInnenbefragung bzw. der Aufnahmedaten sind in weiterer Folge geplant.

Diskussion

Nach 6-monatiger Projektarbeit mit dem EFQM-Modell konnte die Universitätsaugenklinik Graz im Juni 2008 den ersten Qualitätslevel des EFQM-Modells, Committed to Excellence (C2E), erreichen. Neben dieser für alle motivierenden Auszeichnung haben alle betroffenen Berufsgruppen darüber hinaus große Lerneffekte verzeichnen können.

Lerneffekte

Den Abschluss des Assessments bildete ein mündlicher Bericht mit der Betonung von Stärken und Verbesserungspotenzialen, ein schriftlicher Bericht und die offizielle Bestätigung des C2E folgten 1 Monat nach dem erfolgreichen Assessment.

Das Projektmanagement aller Projekte wurde sehr positiv bewertet, da wir mittels Teilprojektbeschreibung, Maßnahmenkatalog, Definition des Ist- und Sollprozesses bzw. Objektivierung mit Kennzahlen und permanente Rückkoppelung in den Teilprojektsitzungen die Arbeit mit der RADAR-Logik nachweisen konnten.

Verbesserungen/Verschlechterungen objektiviert durch Kennzahlen

Die im Aufnahmeprozess erhobenen Kennzahlen (Ist-/Sollkennzahlen) konnten nur in wenigen Bereichen Verbesserungen dokumentieren, in einigen mussten sogar Verschlechterungen verzeichnet werden.

Die Verbesserungen sind sicherlich erfreulich und können z. T. auf die Projektarbeit zurückgeführt werden, jedoch geben auch mittels Kennzahlen dokumentierte Verschlechterungen entscheidende Auskunft über die Qualität eines Prozesses. So konnte man bei der Einschulung einer neuen Sekretärin eine deutliche Verschlechterung der Aufnahmedauer für einen Patienten dokumentieren. Dieser Umstand, wonach ein(e) weniger geschulte(r) Mitarbeiter(in) deutlich länger für seine Arbeit benötigt, gilt sicher auch für alle anderen Berufsgruppen. Eine verringerte Arbeitsleitung eines(r) wenig geschulten Mitarbeiters(in) scheint logisch, konnte bei unserem Projekt erstmals mit Kennzahlen belegt werden.

Die verlängerte Arbeitszeit durch eine personelle ärztliche Verschlechterung auf einer Station (und gleichzeitige Verbesserung auf einer anderen Station) konnte erstmals mit Kennzahlen belegt werden. So sind die personellen Rückmeldungen von AssistenzärztInnen oder OberärztInnen über eine grenzwertige Arbeitsbelastung erstmals objektivierbar.

Einige Bereiche konnten nicht verbessert werden. Der Grund liegt in einem sehr hohen operativen Tätigkeitsprofil der Universitätsaugenklinik mit täglichen Operationszahlen zwischen 30 und 40 Operationen.

Der Prozess der Aufnahme des(r) stationären Kataraktpatienten(in) kollidiert mit dem Prozess des tageschirurgisch zu operierenden. Eine deutliche Beschleunigung des Aufnahmeprozesses scheint nicht mehr möglich, was mittels Zahlen dokumentiert wurde.

Eine Verbesserung der Aufnahme könnte entweder durch eine Reduktion an PatientInnen oder Vermehrung an ärztlichem Personal erreicht werden. Als Konsequenz wird mit der Anstaltsleitung an einer Auslagerung der tageschirurgisch zu operierenden PatientInnen gearbeitet, eine Erhöhung des Personalstandes scheint derzeit aufgrund der angespannten finanziellen Situation im österreichischen Gesundheitswesen unwahrscheinlich.

Welche Zahlen (Indikatoren) werden regelmäßig herangezogen!

Beide Projekte (Aufnahme, Informationsmanagement) werden in 6 Monaten ein weiteres Mal evaluiert.

Eine Reevaluierung ist in einem Jahr geplant. Ein erster Schluss der RADAR-Schleife eines Projekts führt in der Regel noch zu keiner Verbesserung der Qualität, erst eine stetige Kontrolle sowie Neuanpassung führen zu einer langsamen Qualitätsverbesserung, oft erst nach 2–3 Jahren. Prozesseigner werden bestimmt, die ihre Prozesse in ihren Bereichen stetig verbessern.

Die neuerliche Befragung eines Kernteams der Universitätsaugenklinik wurde im November 2009 mit einer Quick-Scan-Methode durchgeführt. Dabei erarbeiten Mitglieder der Klinik aus den verschiedenen Berufssparten mit einem Assessor mittels Flipchart die Stärken und Verbesserungspotenziale der Klinik. Im Gegensatz zur Fragenbogenmethode werden keine statistischen Zahlen erhoben. Der Zweck dieser Methode ist die Identifikation von weiteren 3 Projekten für einen neuerlichen C2E-Weg. Um die Auszeichnung C2E behalten zu dürfen, müssen neuerlich 3 Projekte bearbeitet werden.

Unserem Verständnis nach sollten sinnvollerweise die ersten 3 C2E-Projekte weiter bearbeitet, evaluiert bzw. regelmäßig mit Kennzahlen abgefragt werden, was von der EFQM jedoch nicht gefordert wird.

Größte Hürden

Ein großes Problem zu Beginn unserer Projektarbeit war der zusätzliche Zeitaufwand aller Projektmitglieder, der neben ihrer Routinezeit aufgebracht werden musste.

Ein Teil dieser Zeit wurde in der Freizeit abgeleistet. Erfreulicherweise wurde zumindest ein Teil dieser Überstunden vom Arbeitgeber als Überstunden abgegolten. Grundvoraussetzung dafür war eine sehr detaillierte Projektvereinbarung, die von allen Führungspersonen unterzeichnet wurde und in der alle Ressourcen bereits vor Projektbeginn detailliert aufgelistet waren. Dies war auch die Grundvoraussetzung für die Motivation aller Projektteilnehmer, sich mit Qualitätsmanagement zu befassen. Die gelegentliche Abwesenheit der Projektteilnehmer an ihrem Arbeitsplatz und die kompensatorische Übernahme der Arbeit durch die Kollegen führte im Laufe der Monate zu einer Ablehnung des Qualitätsmanagements durch die Mitglieder der Klinik, die nicht in der EFQM-Projektarbeit involviert waren. Sobald jedoch die Kritiker in ein EFQM-Projekt integriert wurden, stieg die Akzeptanz für QM deutlich an.

Eine positive Haltung zu QM trat auch ein, als erstmals kleine Verbesserungen im täglichen Leben der Mitglieder der Klinik bemerkt wurden (deutlichere Verbesserungen benötigen weitere 2–3 Jahre).

Integration der verschiedenen Berufsgruppen

In jeder Projektgruppe fanden sich Mitglieder aus den verschiedenen Berufsgruppen wie Ärzte, Pflege, Verwaltung oder Schwesternhilfsdienst. Da sich sowohl der Vorstand der Klinik, die Pflegedirektorin als auch die Pflegeleitung in der Klinik mit hoher Motivation an der QM-Arbeit beteiligten, konnten die Mitglieder der Projekte ohne große Widerstände rekrutiert werden. Nach Meinung unserer begleitenden Assessoren sei die anfängliche Ablehnung von QM durch einen Großteil der Mitglieder einer Klinik normal. Anfänglich sind lediglich 20% aller Beteiligten motiviert, am QM mitzuarbeiten, 60% befinden sich in einer Warteposition und müssen erst überzeugt werden, 20% lehnen QM ab und werden sich nie für QM begeistern lassen. Wir hatten den Eindruck, dass das bevorstehende Assessment mit Prüfungscharakter und der Option des Scheiterns für viele Beteiligte eine entscheidende Motivation war, sich intensiv mit QM auseinanderzusetzen, um einen entscheidenden Beitrag für die Klinik zu leisten.

Durch die Projektarbeit haben erstmalig regelmäßig die verschiedenen Berufsgruppen miteinander gearbeitet. Jeder hat am Projekt einen entscheidenden Beitrag geleistet, z. B. Ergebnisse der Sitzungen an die Kollegen kommuniziert oder Protokolle abgefasst.

Der erste Qualitätspreis wurde an eine Kerngruppe der Klinik anlässlich der Winners Conference im Wiener Rathaus überreicht, was die Mitglieder der Klinik mit Stolz erfüllte. Das EFQM-Logo darf für den Briefkopf, Visitenkarten oder Diavorlagen verwendet werden und führt zu einem neuen Gefühl der Zusammengehörigkeit. Die Mitglieder der Universitätsaugenklinik werden regelmäßig gebeten, über ihre Erfahrungen in persönlichen Gesprächen als auch schriftlichen Publikationen zu berichten. Als Mitglieder einer EFQM-Modellklinik fühlen sie sich nun verpflichtet, weiter vorbildhaft EFQM-Arbeit zu betreiben.

Schwieriges Modell (für die übrigen Berufsgruppen)

Das EFQM-Modell ist derzeit das am weitesten entwickelte Business-Excellence-Modell, es ist sehr komplex und verwendet ein neues Business-Vokabular.

Vor dem Start zu einem Qualitätslevel sollen Projektmitglieder Basiskenntnisse auf dem Gebiet des QM (EFQM) erwerben wie Prozessmanagement, Projektmanagement, Moderation oder Protokollführung. Diese Ausbildung hat bei den Modellkliniken nur punktuell und teilweise zu spät stattgefunden. Im Sinn eines Lerneffekts wird diese Ausbildung nun für zukünftige EFQM-Kliniken flächendeckend durchgeführt. Ebenso wichtig ist die Begleitung der Projektarbeit durch ausgebildete Qualitätsmanager. Im LKH Universitätsklinikum gab es nur ein beschränktes Wissen über das EFQM-Modell, weshalb die Begleitung durch einen EFQM-Coach & Assessor unumgänglich war. Aus Kostengründen hatten wir jedoch nur beschränkt Zugang zu dem EFQM-Assessor. Anfänglich hatten die Mitglieder der Projektteams große Mühe, die Ergebnisse der Projektarbeit an die restlichen Mitglieder der Klinik weiterzuvermitteln. Dies lag v. a. am Business-Vokabular und den schwierigen Zusammenhängen des Modells. Wir haben in weiterer Folge darauf geachtet, Spezialausdrücke zu vermeiden, und haben den Inhalt einfach erklärt. Dies gelang umso leichter, je größer unser eigenes Wissen war. Die Fortbildung wurde in kleineren Gruppen durchgeführt, die Zuhörer haben öfter gefragt, die Rückmeldung war eine deutlich bessere als in einem großen Forum.

Nach einer Beschäftigung von über 2 Jahren mit dem EFQM-Modell sehen Mitglieder aus verschiedenen Berufsgruppen folgende Vorteile mit diesem Modell:

  • bessere Kommunikation miteinander,

  • aktive Mitgestaltung ihres Arbeitsumfeldes,

  • Erleichterung des Arbeitsalltages durch Optimierung der Prozesse,

  • Vorschläge werden unabhängig von Titel und Funktion gleich bewertet und berücksichtigt,

  • unterschiedliche Berufsgruppen bringen ihre unterschiedlichen Sichtweisen ein.

Vor- und Nachteile des EFQM-Modells

Der Vorteil des EFQM-Modells liegt unserer Einschätzung nach darin, dass Verantwortung bereits zum Zeitpunkt der Selbstbewertung bei jedem Einzelnen liegt („empowerment“), das Assessment nur eine Objektivierung mittels Zahlen in einem etablierten Modell durchführt. Alle 9 Hauptkriterien des EFQM-Modells sind nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im klinischen und universitären Leben relevant.

Unsere Arbeit hat bewiesen, dass das EFQM-Modell auf das Tätigkeitsprofil einer Universitätsaugenklinik angewendet werden kann. Die starke Ergebnisorientierung zwingt zur Formulierung von Kennzahlen, die wiederum Voraussetzung für Trendrechnung, Benchmarking oder Definition eines Qualitätsstandards mittels Zahlen und Fakten erlaubt. Die mit maximal 1000 Punkten definierte Bewertungsskala in den verschiedenen Excellence-Levels erlaubt erstmals eine Objektivierung einer ständigen Verbesserung und den Vergleich von Public-Health-Unternehmen mit anderen Wirtschaftsbereichen. Da auch der Gesundheitsbereich zunehmend dem Wettbewerb ausgesetzt ist, scheint das EFQM-Business-Excellence-Modell ein geeignetes Instrument zur Professionalisierung von Gesundsheitsunternehmen wie auch Universitätskliniken zu sein.

Nachteile des EFQM

Die Projektarbeit erfordert einen hohen Personalaufwand in allen Berufssparten, die Arbeit muss neben der Routinearbeit geleistet werden und sollte idealerweise finanziell als Überstunden bezahlt werden. Dieser erhöhte Aufwand rechnet sich nach einigen Jahren, da Prozesse effizienter, effektiver und damit kostengünstiger ablaufen.

Es muss nach dem Start die Bereitschaft vorhanden sein, sich über viele Jahre mit dem EFQM zu beschäftigten. Der C2E-Qualitätspreis ist erst der Beginn, idealerweise sollte sich die Organisationseinheit in Richtung des nächsten Qualitätspreises, dem Recognised for Excellence (R4E), entwickeln

Wettbewerb um knappe Ressourcen – gesetzlicher Hintergrund

Gerade bei der Behandlung von seltenen Augenerkrankungen, wie z. B. Augentumoren, vor dem Hintergrund einer zunehmenden PatientInnenmobilität innerhalb der EU können die PatientInnen zwischen verschiedenen Zentren wählen.

Der Nachweis einer erfolgreichen Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems in derartigen Zentren wird in Zukunft zu fordern sein, um gesetzliche Vorgaben umzusetzen, Ressourcen optimal auszunutzen bzw. gleichbleibende Behandlungsstandards zu gewährleisten.

In Österreich werden heftige Diskussionen um die Schließung von wenig profitablen Krankenhäusern geführt. Ein peripheres Krankenhaus mit dem Schwerpunkt Orthopädie hat in unserem Bundesland das EFQM-Modell u. a. deshalb eingeführt, da die Schließung der Krankenabteilung drohte. Nach einer über 15-jährigen Beschäftigung mit dem EFQM-Modell und Erreichung des Recognised for Excellence Levels (= der nächste Level nach dem C2E) gehört das Krankenhaus heute zu den besten orthopädischen Zentren in Österreich mit internationalem Ansehen. Diskussionen um den Standorterhalt sind schon lange verstummt.

Hintergrund von gesetzlichen Anforderungen

In Österreich sowie im Bundesland Steiermark wurden bereits zahlreiche Gesetze zur verpflichtenden Einführung von Qualitätskontrollen bzw. Qualitätsmanagementsystemen erlassen (Landesgesetz aus dem Jahr 2002, Bundesgesetz aus dem Jahr 1995) Die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft hat bereits vor 15 Jahren mit der Implementierung von QM-Systemen begonnen. Am LKH Universitätsklinikum wurde 2007 an 4 Kliniken das EFQM-Modell umgesetzt, nachdem bereits in vielen Abteilungen ISO-Zertifizierungen durchgeführt wurden. Nach dem erfolgreichen Erreichen des 1. Levels im EFQM-Modell in allen 4 Modellkliniken besteht nun ein großes Interesse von anderen Kliniken an diesem Modell. Eine flächendeckende Implementierung ist u. a. deshalb noch nicht möglich, da die dafür notwendigen Ressourcen nicht ausreichend vorhanden sind.

Es erfolgt jedoch in allen Kliniken ein QM-Strukturaufbau mit Steuerungsgruppen, QM-Beauftragten und QM-Schulungen. Über schriftlich festgelegte Zielvereinbarungen zwischen Anstaltsleitung, Rektorat und den Klinikleitungen wird kontinuierliche Qualitätsverbesserung systematisch umgesetzt und weiterentwickelt.

Der Universitätsrat hat die Medizinische Universität Graz aufgefordert, bis 2012 ein QM-System zu implementieren.

EFQM – ISO – KTQ

EFQM

Das EFQM-Modell beurteilt den gesamten Entwicklungsschritt bis zum Erreichen eines Qualitätspreises. Die Schritte werden in sog. „Action Plans“ dokumentiert und an die Quality Austria übermittelt. Beim Assessment wird die gesamte Projektarbeit, in unserem Fall über 6 Monate, anhand der schriftlichen Dokumentation nachvollzogen und bewertet. Beim ersten Qualitätspreis, dem C2E, gibt es offiziell keine Punktebewertung (inoffiziell müssen 42 von 62 möglichen Punkten erreicht werden).

Die Philosophie des EFQM-Ansatzes ist, die Verantwortung jedem im Modell Tätigen selbst zu übergeben („self committment“). So kann man auch die erste Qualitätsstufe verstehen, bei der sich ein Unternehmen verpflichtet („committed“), die Philosophie der RADAR-Logik in seinen Arbeitsalltag zu übernehmen. Das EFQM-Assessment begleitet den Lernweg der Institution. Diese muss bei einer Validierung oder einem Assessment mittels dokumentierter Beweise (anhand von Protokollen oder Prozessen, Ergebnissen etc.) ihr Vorgehen schriftlich nachweisen oder mündlich schlüssig erklären. Monatliche Zwischenberichte dokumentieren den Lernweg des Unternehmens und fließen in die Beurteilung ein.

Besonderer Wert wird auf das selbstständige Lernen gelegt. In einem Projektteam finden sich die Mitglieder aus verschiedenen Berufsgruppen, begleitet durch ein Mitglied der Stabsstelle für QM. Diese wird wiederum durch einen externen Assessor unterstützt. Die Mitglieder eignen sich in Kursen das Rüstzeug an, das für eine eigenverantwortliche Tätigkeit notwendig ist. Gleichzeitig ist jedoch auch ein permanentes Lernen („on the job“) notwendig. Diese eigenverantwortliche Tätigkeit zusammen mit einer Qualifizierung ist jedoch die Grundvoraussetzung dafür, dass die professionelle Arbeit auch nach Ende eines Assessments fortgeführt wird. Das EFQM-Modell hat eine nach oben hin offene Punkteskala (mit theoretischen 1000 Punkten). Preisträger des europäischen Preises erreichen über 700 Punkte, des österreichischen Staatspreises zwischen 500 und 600 Punkten. Diese Punktewertung gibt es weder im ISO- noch im KTQ-Modell.

ISO 9000

Mit der Normenreihe ISO 9000 sind Normen geschaffen worden, die die Grundsätze für Maßnahmen zum Qualitätsmanagement dokumentieren. Der prozessorientierte Ansatz basiert auf den 4 Hauptprozessen einer Organisation, die den Input in einen Output umwandelt.

Eine Qualitätsmanagementnorm beschreibt, welchen Anforderungen das Management eines Unternehmens genügen muss, um einem bestimmten Standard bei der Umsetzung des QM zu entsprechen. Jedes Produkt kann nur unter individuellen Qualitätssicherungsmaßnahmen erzeugt werden.

Im Gegensatz zum EFQM werden bei der ISO-Zertifizierung am Tag der Zertifizierung Checklisten (erfüllt bzw. nicht erfüllt) überprüft, es werden keine Punkte vergeben. Für Labors wird eine ISO-Zertifizierung gefordert. Das ISO-System ist heute das weltweit anerkannte Zertifizierungssystem, während das EFQM überwiegend in der EU verbreitet ist. Die Quality Austria hat allerdings heute bereits Partner in China oder Südafrika.

Eine ISO-Zertifizierung wird im EFQM-Modell mit ca. 250 Punkten bewertet, der C2E liegt deutlich darunter. Erst nach Erreichen des R4E-Preises mit über 300 Punkten wird die 250-Punkte-Hürde des ISO überschritten. Viele Unternehmen starten mit der ISO-Zertifizierung und setzen mit dem EFQM-Modell fort.

In der ISO-9004-Norm gibt es die Empfehlung, das EFQM-Modell zu implementieren.

KTQ

KTQ steht für Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen. KTQ ist ein Zertifizierungsverfahren, das auf die Anforderungen von Krankenhäusern zugeschnitten ist. Im Gegensatz zur DIN-ISO-9000-Familie und dem EFQM handelt es sich beim KTQ um kein Qualitätsmanagementsystem. Ziel der Zertifizierung ist die Verbesserung von Prozessen und Ergebnissen.

Zur Bewertung entwickelte die KTQ einen Fragenkatalog mit 6 Kategorien. Als Beispiel sei die MitarbeiterInnenorientierung erwähnt mit den Punkten „ Personalbedarfsplanung“ und Umgang mit Mitarbeiterwünschen.

Das KTQ-Bewertungsverfahren gliedert sich in mehrere Schritte. Zuerst erfolgt eine Selbstbewertung. Ziel ist, Stärken und Schwächen zu ermitteln. In einem weiteren Schritt erfolgt die Fremdbewertung durch Experten, den KTQ-Visitatoren. Diese führen die Bewertung auch anhand eines Fragenkataloges durch. Pro Kriterium werden Punkte in den einzelnen Phasen des PDCA („plan do check act“)-Zyklus vergeben. Für den Erhalt des Zertifikats ist ein Erreichen von 55% der Gesamtpunktezahl notwendig. Weiterhin muss der Qualitätsbericht über 3 Jahre im Internet abrufbar sein.

Der Qualitätsbericht erhält im Wesentlichen eine Darstellung der Leistung und des internen Qualitätsmanagements der jeweiligen Einrichtung.

Benchmarking in Zukunft

Das EFQM-Modell mit seinen Kennzahlen eignet sich, Vergleiche mit anderen, ähnlich strukturierten Kliniken anzuwenden.

Bereits beim Assessment zum C2E standen die 4 Pilotkliniken des LKH Universitätsklinikums Graz in Konkurrenz zueinander. Wenn es auch offiziell keine Punkte gab, wurden von einem Teil der Assessoren inoffiziell Punkte vergeben. Ein Vergleich war sinnvoll, da in allen 4 Kliniken ähnliche Projekte bearbeitet wurden. Im Rahmen der Projektarbeit war einmal die eine, dann wieder die andere Klinik voran. Zuletzt haben alle 4 Kliniken die Ziellinie, das C2E-Assessment, innerhalb einer Woche überschritten.

Beim nächsten Preis, dem Recognised for Excellence, werden offiziell Punkte vergeben, ein Minimum von 300 Punkten ist für die Erreichung erforderlich. Der R4E-Preis beurteilt den Istzustand einer Klinik (die Performance), sodass Vergleiche auf diesem Niveau sinnvoller sind.

Die LKH Universitätsklinik Graz beginnt derzeit mit dem Vergleich mit anderen Universitätskliniken in Österreich. So wurden die Anzahl der Kataraktoperationen mit einer peripheren Abteilung verglichen, die Anzahl an Publikationen mit einer auswärtigen Universitätsklinik.

Kennzahlen, die entweder im Rahmen des EFQM, aber auch ohne QM im Rahmen von Zielvereinbarungen erhoben wurden, können miteinander verglichen werden. In der Augenklinik könnten die Tumorkontrollraten, die Rate an Kapselrupturen oder die primäre Wiederanlegungsrate nach Netzhautoperationen verglichen werden. Diese Vergleichszahlen werden eher auf der Ebene einer Qualitätssicherung erhoben, dieses Benchmarking hat jedoch nichts mit dem Vergleich von Reifegraden einer Organisation zu tun. Vergleiche im Rahmen von EFQM machen jedoch erst Sinn, wenn die Klinik den Recognised-Level anstrebt oder erreicht hat. Auch auf dem Niveau des C2E-Levels, bei dem 3 individuelle Projekte bearbeitet werden, scheint ein Vergleich schwierig, es sei denn, es werden dieselben Projekte bearbeitet.

Die Augenklinik Graz strebt jedoch in weiterer Folge zumindest in einigen Subspezialisierungen Vergleiche mit ausländischen Kliniken an. Diese Kliniken müssten dafür ein Qualitätsmanagement, idealerweise das EFQM-Modell, implementiert haben.

Bisherige Literatur

In der Literatursuche nach EFQM-Zitaten finden sich verschiedene Publikationen aus dem Gesundheitsbereich aus südlichen Ländern (Spanien, Italien), aber auch aus Holland, Dänemark und Deutschland v. a. in den Bereichen der Rehabilitation und Psychiatrie [3, 5, 6, 7, 10, 11, 12, 13, 14, 15]. Erfahrung einer Universitätsklinik mit dem C2E-Level mit dem komplexen Aufgabenbereich von PatientInnenversorgung, Lehre und Forschung sind bisher unseres Wissensstandes nach nicht publiziert worden, sodass unsere positiven Erfahrungen durchaus als EFQM-Pilotstudie einer Universitätsklinik angesehen werden können.

Zeitliche und personelle Ressourcen

Die dauerhafte Beschäftigung mit einem QM-Modell über die ersten positiven Ansätze hinweg einerseits, aber auch die ausreichende Bereitstellung von personellen und finanziellen Ressourcen andererseits können ein frühzeitiges Scheitern verhindern.

Projektarbeit erfordert regelmäßige Treffen von bis zu 10 Mitgliedern aus verschiedenen Professionen, Vor- und Nachbereitung dieser Treffen, aufwendige Einzelgespräche und umfangreiche schriftliche Dokumentationen, die zusätzlich zur Routinearbeit erledigt werden müssen. Die nicht unmittelbar mit der EFQM-Projektarbeit beschäftigten KollegInnen müssen teilweise die Arbeit der mit dem QM beschäftigten MitarbeiterInnen übernehmen, wodurch die Akzeptanz der QM-Arbeit erschwert ist. Erst wenn der Vorstand der Klinik den Qualitätsbeauftragten zeitliche und personelle Ressourcen wie in unserem Fall zu Verfügung stellt, kann ein derartiges Projekt erfolgreich sein. Erste spür- und messbare Verbesserungen jedoch kommen erst nach Monaten, sodass permanente Informationen und Motivationen der Mitglieder der gesamten Klinik notwendig sind, was in unserem Fall in Klinikinformationsveranstaltungen, Einzel- oder und zuletzt auch Gruppenarbeit erledigt wurde. Positive Effekte im Sinn von Ergonomie von Abläufen und Prozessen mit zeitlichen und personellen Einsparungen bei Erhöhung der MitarbeiterInnenzufriedenheit sind jedoch erst nach 2–3 Jahren zu erwarten, eine permanente Anpassung im Sinn der RADAR-Logik ist notwendig, um eine stetige Steigerung der Qualität (Excellence) des Unternehmens zu gewährleisten.

RADAR-PDCA

In einer Übersichtsarbeit des EFQM, der Universitätsaugenklinik bei der Bewerbung für den C2E übermittelt, werden unvollständig geschlossene RADAR-Kreise für Motivationsverlust, Verlust an personellen und finanziellen Ressourcen verantwortlich gemacht, weshalb im EFQM-Modell besonders Wert auf den vollständigen Schluss der RADAR-Schleife gelegt wird. Ein für alle im Unternehmen erkennbarer positiver Effekt unserer Bestrebungen wird wahrscheinlich allerdings erst in 2–3 Jahren augenscheinlich, denn die permanente Rückkoppelung führt erst zu einer langsamen Erhöhung der Qualität, weshalb dieser erste Schritt des C2E als Start eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) angesehen werden muss. Laut Literatur [8] scheitern bis zu 75% aller QM-Bestrebungen, weshalb die permanente, jahrelange Beschäftigung mit dieser Managementphilosophie die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Verbesserung darstellt. Eine Beendigung unserer QM-Arbeit in dieser Phase des ersten Qualitätspreises würde automatisch alle bisherigen Verbesserungen zunichte machen, wahrscheinlich wäre die Situation an der Klinik danach schlechter als vor Beginn unserer QM-Arbeit. Viele „Baustellen“ wären dann errichtet, die meisten noch nicht abgeschlossen.

Perspektive

Alle an den Projekten beteiligten MitarbeiterInnen waren unmittelbar nach Erreichen des C2E motiviert, an der EFQM-Arbeit weiterzumachen. Die im Projekt Ziel und Strategie formulierten Aktivitäten wurden bereits begonnen, eine Initiative, die systematische Einführung einer MitarbeiterInnenbefragung (über die Zeitspanne von jeweils Wochen), im ersten RADAR-Zyklus bereits beendet.

Der nächste Level, der Recognised 4 Excellence (R4E)-Level, bedeutet jedoch eine andere Dimension in der EFQM-Arbeit. Wurde im ersten Level noch die Arbeit von 3 Projektgruppen für die Beurteilung herangezogen, muss für den nächsten Level die gesamte Klinik einbezogen werden. Mit 300 Punkten Minimum (Drei Stern – ***) überschreitet dieser Level bereits deutlich den ISO-9001:2008-Level, der im EFQM-Modell mit ca. 250 Punkten angegeben wird. Man kann diesen R4E-Level durchaus als Isterhebung der Performance des gesamten Unternehmens verstehen. Diese Punkteanzahl wird von den meisten beurteilten Gesundheitsunternehmen maximal erreicht, lediglich wenige erreichen höhere Punktescores [10]. Die österreichischen Preisträger bzw. Preisträger für den europäischen Award werden aus der Wirtschaft rekrutiert und sind für Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich interessanterweise derzeit nicht erreichbar, sodass wir zwangsläufig gezwungen sind, bei unseren Bestrebungen nach Erhöhung der Qualität unserer Arbeit Anleihen aus der Wirtschaft zu nehmen.

Die internationale Studie: „The impact of the effective implementation of organisational excellence strategies on key performance results“ zeigt, dass eine effektive Umsetzung der Excellence-Prinzipien die Ergebnisse des Unternehmens signifikant positiv beeinflusst, wodurch unsere Motivation, unsere EFQM-Arbeit auch in den nächsten Jahren fortzusetzen, auch für unsere Auftraggeber interessant sein muss.

Fazit für die Praxis

Das in der Wirtschaft entwickelte und etablierte Managementmodell der European Foundation for Quality Management (EFQM) gewinnt zunehmend auch im Gesundheitswesen an Bedeutung. Anders als in der Philosophie des ISO (International Organisation for Standardization) werden im EFQM von Beginn an die Arbeitsprozesse in Form des sog. „Action Plans“ gegliedert und von AssesssorInnen(teams) bewertet und in das finale Assessment einbezogen.

Der Einstieg in das EFQM-Modell kann auf zweierlei Weise erfolgen.

  1. 1.

    Nach einer ISO-Zertifizierung wird der erste EFQM-Level, der C2E, angestrebt.

  2. 2.

    Der Einstieg erfolgt direkt mit dem EFQM-Modell.

Die Universitätsaugenklinik Graz hat mit der Erreichung der C2E-Stufe den Beweis angetreten, dass das EFQM-Modell auch an einer Universitätsklinik mit den Schwerpunkten PatientInnenversorgung, Lehre und Forschung erfolgreich angewandt werden kann.