Der gegenwärtige Leistungssport ist von einer immer größer werdenden Leistungsdichte gekennzeichnet. Kleinste Leistungsunterschiede bedeuten in der Weltspitze den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage. Die Leistung eines Athleten beruht nicht nur auf einem standardisierten Training, Fleiß und Talent, sondern auch externe und interne Einflüsse können auf den Sportler einwirken und seine Leistungsfähigkeit optimieren. Diese Einflüsse zu quantifizieren und sich am Ende zunutze zu machen, ist in den letzten Jahren stark in den Vordergrund gerückt. Neben Athleten und Trainern suchen auch Sportartikelhersteller immer neue Strategien, die einen Vorteil im engen Wettbewerb erbringen, wie z. B. den individuell optimalen Schuh oder die Bekleidung. Ferner tragen viele Sportler individuell angepasste Einlegesohlen in ihren Sportschuhen, um mögliche Störungen im Bewegungssystem zu kompensieren, was zu einer Ökonomisierung der Bewegungsabläufe des Sportlers führen soll. Ziel ist eine Steigerung der Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Linderung von Überlastungsschäden am Bewegungsapparat [2]. Auch ein Höhentraining bzw. „high intensity training“ ist eine häufig eingesetzte Trainingsmethode, die besondere Trainingsreize sowohl im Kraft- als auch im Ausdauersport setzt, um einen verbesserten Sauerstofftransport zu erzielen sowie dessen Verwertung zu optimieren [8, 9]. Dies sind jedoch Fortschritte, die nicht mehr zum Erreichen des beabsichtigten Ziels führen, sich von der breiten Masse abzuheben, da sie für nahezu jeden zugänglich sind.

Darüber hinaus ist in den letzten 2 Jahren erneut ein anderer Ansatz in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, der das kraniomandibuläre System in den Mittelpunkt stellt. Dabei handelt es sich um ein Hilfsmittel aus dem zahnmedizinischen Bereich in Form eines Aufbissbehelfs. Ohlendorf et al. [16] belegten 2012, dass eine speziell angefertigte weiche Schiene in myozentrischer Kieferposition in der Lage ist, die Qualität und Quantität sportmotorischer Tests positiv zu beeinflussen. Andere Studien konnten bereits den Einfluss einer Schiene auf die Wirbelsäule [10, 14, 24], die allgemeine Körperhaltung [3, 4, 13, 20, 21], die posturale Kontrolle [1, 5, 8, 17, 19, 25] oder das Gehverhalten [7, 22] nachweisen.

Aufbauend auf den Resultaten bisheriger Studien stellt sich die Frage, inwiefern ein Aufbissbehelf bereits jugendliche Sportler in ihrer Körperstatik beeinflussen kann. In der vorliegenden Studie wurden Fußballathleten untersucht, da diese Sportart unter männlichen Jugendlichen sehr populär ist. Um zudem nicht nur eine Aussage über Ad-hoc-Effekte treffen zu können, umfasste der Untersuchungszeitraum 3 Wochen. Ferner wird der Einfluss eines individuell angepassten Aufbissbehelfs mit dem eines konfektionierten, im Handel käuflich zu erwerbenden Aufbissbehelfs verglichen. Eine dritte Untersuchungsgruppe fungierte als Kontrollgruppe.

Dieser Studie liegen folgende Forschungsfragen zugrunde:

  1. 1.

    In welchen Bereichen der Oberkörperstatik sind die meisten Effekte zu erkennen?

  2. 2.

    Verursacht das Tragen des individuell hergestellten Aufbissbehelfs andere Effekte hinsichtlich der Oberkörperstatik als das Tragen des konfektionierten Aufbissbehelfs?

Probanden und Methode

Probanden

An der Studie nahmen nach Fallzahlberechnung 31 männliche Probanden im Alter zwischen 15 und 17 Jahren teil. Alle Probanden waren aktive Fußballspieler in den Altersklassen U16 bzw. U17 der Hessenliga mit einem Trainingsumfang von 3 Einheiten pro Woche à 90 min. Da die Messungen während der laufenden Liga durchgeführt wurden, fanden außerdem Punktspiele am Wochenende statt.

Keiner der Spieler durfte an akuten Verletzungen des Stütz- und Bewegungssystems oder Kiefergelenksbeschwerden leiden, da diese als Ausschlusskriterium zählten. Vorverletzungen sollten mindestens 2 Jahre zurückliegen.

Die Einteilung der Probanden in die 3 Untersuchungsgruppen richtete sich vorwiegend danach, ob sich die Spieler in einer aktiven kieferorthopädischen Behandlung befanden, da dies den Ausschluss für den Einsatz eines Aufbissbehelfs bedeutete. Weiterhin konnte der konfektionierte Aufbissbehelf aufgrund eines zu großen oder zu kleinen Kiefers bzw. Abweichungen in der Zahnstellung nicht bei allen Probanden angepasst werden. Vor Studienbeginn unterzogen sich alle Probanden einer zahnärztlichen Untersuchung. Danach wurde die Gruppeneinteilung vorgenommen.

Für die Durchführung dieser Studie liegt ein genehmigter Ethikantrag vor (Ethikvotum Nr: 306/12).

Gruppe 1

Die 11 Teilnehmer dieser Gruppe trugen einen in der Poliklinik für Kieferorthopädie des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferchirurgie (Carolinum), Goethe-Universität Frankfurt am Main individuell hergestellten Aufbissbehelf. Zur dessen Produktion waren mehrere Schritte am Probanden und im Dentallabor notwendig, wobei die Bissposition in zentrischer Relation der Kiefergelenke eingestellt wurde (Zentrikregistrat). Darunter ist die optimale Kondylenposition aus der Sicht der funktionsorientierten Zahnheilkunde zu verstehen (Definitionen der Fachgesellschaft s. DGFDT).

Zur Herstellung des Aufbissbehelfs wurden zunächst Ober- und Unterkiefer abgeformt (2-zeitige Abformung mit Honigum mono und light fast, Fa. DMG, Hamburg, Deutschland) und Gipsmodelle angefertigt. Zudem wurde mithilfe einer Gesichtsbogenübertragung das schädelbezügliche Einartikulieren des jeweiligen Oberkiefermodells in den Artikulator (Reference SL, Fa. Gamma Dental, Klosterneuburg, Österreich) gewährleistet. Des Weiteren wurde im Labor eine sog. Registrierschablone aus lichthärtendem Kunststoff für das Zentrikregistrat angefertigt. Um die gewohnte Schlussbissstellung aufzulösen, wurde dafür zunächst ein frontaler Stop im Sinne eines Jigs (BiteCompound, Fa. GC Germany, Bad Homburg, Deutschland) auf die Registrierschablone aufgebracht, dann wurden Lockerungsübungen der Mandibula durchgeführt. Daran anschließend wurde der Biss auf dieser Schablone im Mund mit einem Bissregistriermittel (Luxabite, Fa. DMG, Hamburg, Deutschland) fixiert, sodass im Labor unter Zuhilfenahme der Schablone das Unterkiefergipsmodells in den Artikulator eingebaut werden konnte. Der Artikulator wurde entsprechend den Daten einer vorher durchgeführten Axiographie (Cadiax, Fa. Gamma Dental, Klosterneuburg, Österreich) programmiert. Danach erfolgte die Herstellung des Unterkiefergrundaufbissbehelfs im Tiefziehgerät aus einer harten Tiefziehfolie (Duran 1,0 × 125 mm, Fa. Scheu Dental, Iserlohn, Deutschland). Durch das anschließende Auftragen von Acrylat (Durasplint, Fa. Scheu Dental, Iserlohn, Deutschland) auf den tiefgezogenen Aufbissbehelf konnte die Oberfläche des Aufbissbehelfs im Artikulator genau an die Oberkieferzähne angepasst werden (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Individuell hergestellter Aufbissbehelf der Teilnehmergruppe 1

Gruppe 2

Dieser Gruppe mit konfektioniertem Aufbissbehelf waren 10 Probanden zugeteilt. Als Aufbissbehelf wurde in dieser Untersuchung die „ArmourBite“-Schiene des Sportartikelherstellers „Under Armour“ (Baltimore, Maryland/USA) gewählt. Diese besteht zum einen Teil aus festem Kunststoff, der das Grundgerüst bildet und nicht verformbar ist. Den anderen Teil bildet ein Material, das durch Eintauchen in heißes Wasser verformbar wird und sich damit den Zähnen anpassen lässt. Der Patient wird beim Anpassungsprozess aufgefordert, fest auf den Aufbissbehelf zu beißen. Nach dem Anpassen erfolgt eine Abkühlung in Eiswasser, um die angepasste Form zu fixieren (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Konfektionierter Aufbissbehelf der Teilnehmergruppe 2

Gruppe 3

Diese 10 Teilnehmer trugen keinen Aufbissbehelf. Sie wurden der Kotrollgruppe zugeordnet, da sie sich zu dieser Zeit in einer aktiven kieferorthopädischen Behandlung befanden.

Messsystem: dreidimensionaler Rückenscanner

Um Einflüsse der Oberkörperstatik beim Stehen durch das Tragen der Aufbissbehelfe dokumentieren zu können, wurde eine dreidimensionale Rückenvermessung mit dem Rückenscanner MiniRot Kombi (ABW GmbH, Frickenhausen, Deutschland und GeBioM, Münster, Deutschland) durchgeführt (Abb. 3). Über einen integrierten Projektor wird ein Streifenmuster auf den Rücken der Probanden projiziert und mit einer Videokamera aus einem definierten Winkel aufgenommen, der durch den festen Einbau der Kamera und des Projektors im Gerät bestimmt ist. Für eine 3-D-Aufnahme der Rückenoberfläche werden 30 Videobilder mit einer maximalen Bildfrequenz von 50 Frames /s aufgenommen. Anschließend erfolgt die Berechnung der vom Projektor ausgeleuchteten Bildpunkte mittels Triangulationstechnik. Das 3-D-Ergebnisbild wird in einer Tiefenauflösung von 1/100 mm dargestellt.

Abb. 3
figure 3

Streifenlichtprojektionen am unbekleideten Rücken eines Probanden. Anhand der erkennbaren 6 reflektierenden Marker erfolgten die mathematischen Berechnungen aller Wirbelsäulenparameter im dreidimensionalen Raum

Für eine optimale Datenauswertung müssen bei allen Testpersonen 6 zuvor festgelegte anatomische Fixpunkte mit aufzuklebenden, lichtreflektierenden Markern am unbekleideten Rücken gekennzeichnet werden (Abb. 3). Der Messfehler wird seitens des Herstellers mit kleiner als 1 mm angegeben. Bei Wiederholungsmessungen ergibt sich eine Reproduzierbarkeit von besser als 0,5 mm.

Die einzelnen Auswertungsparameter der Oberkörperstatik sind in 3 Bereiche aufgeteilt: Wirbelsäule, Schulter und Becken. Auf diesem Weg konnten Veränderungen der Körperhaltung zum einen beim Tragen der Aufbissbehelf und zum anderen in der sog. Ruhelage (Ruheposition des Unterkiefers, in der sich die Zähne nicht berühren; Definitionen der Fachgesellschaft s. DGFDT) sowie im Vergleich der verschiedenen Aufbissbehelfe untereinander dokumentiert und analysiert werden. Die Einstufungen einer verbesserten bzw. verschlechterten Körperstatik orientieren sich an den Grad- und Millimeterangaben, wobei die Zahl Null als Optimum angesehen wird, abgesehen vom Lordose- und Kyphosewinkel. Abweichungen von dieser werden als Verschlechterung gewertet.

Untersuchungsablauf

Beide Messungen fanden im Abstand von 3 Wochen statt, wobei die Teilnehmer der Gruppe 1 und 2 angewiesen wurden, zwischen den beiden Messzeitpunkten ihren Aufbissbehelf sowohl beim Training als auch in der Nacht zu tragen. Das nächtliche Tragen war von der Compliance des jeweiligen Probanden abhängig, wohingegen das Tragen beim Training auch von den Trainern überwacht wurde. Die Teilnehmer der Kontrollgruppe hatten keine speziellen Anweisungen zu befolgen.

Für die Vermessung der Oberkörperstatik wurden die Testpersonen an beiden Messzeitpunkten angewiesen, in allen Messpositionen ihre habituelle Körperhaltung einzunehmen (d. h. die Arme hängen locker neben dem Körper und der Blick ist geradeaus gerichtet). In jeder Messposition (Ruhelage und mit Aufbissbehelf) der Gruppe 1 und 2 wurden 3 Messwiederholungen aufgezeichnet, aus denen der Mittelwert für die statistischen Auswertungen berechnet wurde. Zwischen den einzelnen Messbedingungen erfolgte eine Pause von 1 min. In jeder neuen Messsituation verharrte der Proband vor der Aufzeichnung der Daten zunächst ca. 30 s, damit er sich an die temporäre Situation adaptieren konnte [26].

Statistische Auswertungsverfahren

Um die Güte der Veränderung zwischen den 3 Gruppen beurteilen zu können, wurde zunächst die Differenz der beiden Daten beider Messungen jeder Gruppe gebildet. Im Anschluss daran wurde der Kruskal-Wallis-Test eingesetzt, um die Gruppenunterschiede zu berechnen. Dieser Test wurde ausgewählt, da keine Normalverteilung der Daten vorlag. Bei dem multiplen Paarvergleich handelt es sich um den Conover-Inman-Test mit anschließender Bonferroni-Holm-Korrektur. Das Signifikanzniveau lag bei 5 %.

Ergebnisse

Für die statistische Auswertung wurden die Daten entsprechend den Auswertungsverfahren vorbereitet und miteinander verglichen. Der p-Wert jedes Parameters des Gruppenvergleichs ist in Tab. 1 aufgelistet. Zum einen sind die Daten des Kruskal-Wallis-Tests mit und ohne Aufbissbehelf ersichtlich. Ohne das Tragen eines Aufbissbehelfs sind in der Ruheschwebelage signifikante Gruppenunterschiede bei der Rumpflänge S (mm), der Achsabweichung und dem Beckenstand (°) mit p ≤ 0,05 zu verzeichnen. Der anschließende Conover-Inman-Test zeigt nach erfolgter Bonferroni-Holm-Korrektur, dass hinsichtlich der Rumpflänge S ein signifikanter Unterschied von p ≤ 0,04 zwischen der Gruppe 2 und 3 besteht. Der Beckenstand (°) ergibt mit p ≤ 0,04 eine Signifikanz zwischen der Gruppe 1 und 2.

Tab. 1 Parameter der dreidimensionalen Rückenvermessung. Aufgelistet sind die p-Werte des Kruskal-Wallis-Tests

Die Box-Plots in Abb. 4 illustrieren die angeführten Signifikanzen. Hierbei weisen die Mittelwerte oberhalb der roten Null-Grad-Linie eine Verschlechterung des Ausgangswerts gegenüber dem Eingangswert auf. Mittelwerte unterhalb dieser Linie sind als Verbesserungen beim 2. Messzeitpunkt einzustufen. Bezüglich der Rumpflänge bedeutet dies, dass diese in Gruppe 1 annähernd gleich groß geblieben sind, während sie sich in Gruppe 2 verkleinerten und in Gruppe 3 vergrößerten. Die Beckenmarker der rechten und linken Körperseite (Frontalansicht) näherten sich durch das Tragen des individuellen Aufbissbehelfs in Gruppe 1 an, während sie sich in der Gruppe 2 und 3 voneinander entfernten.

Abb. 4
figure 4

Mittelwerte und Standardabweichungen der Rumpflänge S (a) und des Beckenstands (b) bei neutraler Messbedingung (Ruhelage) aller 3 Gruppen. Die rote Linie markiert die 0°-Linie. Mittelwerte unterhalb der Nulllinie verdeutlichen einen gesunken Wert der Ausgangs- gegenüber der Eingangsmessung. Liegt der Mittelwert oberhalb der Nulllinie, deutet dies auf einen vergrößerten Ausgangswert hin

Im Hinblick auf den Gruppenvergleich liegen ähnliche, signifikante Unterschiede vor. Neben der Rumpflänge S mit p ≤ 0,05 und dem Beckenstand (°) mit p ≤ 0,01 sind ebenfalls Signifikanzen von p ≤ 0,04 bei der sagittalen Rumpfneigung bzw. von p ≤ 0,01 beim Beckenstand in Millimetern zu verzeichnen. Mithilfe des multiplen Paarvergleichs lassen sich die Differenzen der sagittalen Rumpfneigung (p ≤ 0,03) sowie des Beckenstands in Grad (p ≤ 0,001) und Millimeter (p ≤ 0,01) immer zwischen der Gruppe 1 und 2 beobachten. Diese Signifikanzen sind in Abb. 5 dargestellt. Wie bei der Darstellung der Oberkörperstatik ohne Tragen der Aufbissbehelfe ist auch beim Tragen der Aufbissbehelf bezüglich des Beckenstandes festzustellen: Während sich bei den Probanden der Gruppe 1 der Markerabstand im Beckenbereich in der Frontalebene angleicht, vergrößert er sich in den Gruppen 2 und 3.

Abb. 5
figure 5

Mittelwerte und Standardabweichungen aller 3 Gruppen hinsichtlich des Beckenstands (mm und °) beim Tragen der Aufbissbehelfe (Gruppe 1: individueller Aufbissbehelf, Gruppe 2: konfektionierter Aufbissbehelf, Gruppe 3: Kontrollgruppe). Die rote Linie markiert die 0°-Linie. Mittelwerte unterhalb der Nulllinie verdeutlichen einen gesunken Wert der Ausgangs- gegenüber der Eingangsmessung. Liegt der Mittelwert oberhalb der Nulllinie, deutet dies auf einen vergrößerten Ausgangswert hin

Bei der sagittalen Rumpfneigung weisen die Mittelwerte der 3 Gruppen darauf hin, dass alle Teilnehmer eine tendenziell nach anterior geneigte Oberkörperhaltung hatten. Diese verringerte sich durch das Tragen beider Aufbissbehelfe innerhalb der 3 Wochen Tragedauer. Allerdings ist auch eine tendenzielle (nichtsignifikante) Verbesserung der Oberkörperneigung bei der Kontrollgruppe zu verzeichnen.

Diskussion

Die Effekte zweier unterschiedlicher Aufbissbehelfe (individuell hergestellt und konfektioniert) zeigen bei jugendlichen Fußballspieler im Gruppenvergleich zu einer Kontrollgruppe kaum Veränderungen der Oberkörperstatik. Auch nach 3-wöchigem Tragen während der Nacht und des Trainings ist die Oberkörperstellung nahezu konstant. Die meisten Veränderungen, die diesbezüglich zu berechnen waren, beziehen sich auf den Beckenstand, also die Höhe der Beckenmarker beider Körperseiten in der Frontalansicht, beim Tragen der beiden Aufbissbehelfe. Hier ist sowohl in der Ruheschwebelage als auch beim Tragen des individuellen Aufbissbehelfs eine Angleichung der Marker in ihrer Höhe eingetreten, während sich der Markerabstand durch das Tragen des konfektionierten Aufbissbehelfs vergrößert hat und folglich eine asymmetrischere Beckenposition vorliegt.

Die meisten Veränderungen beziehen sich auf den Beckenstand

Diese Resultate verdeutlichen, dass die Stellung der Kiefergelenke bei jugendlichen Fußballspielern nur geringfügig in der Lage ist, die Oberkörperstellung zu beeinflussen. Die Positionierung des Kiefergelenks scheint in diesem Zusammenhang nur geringfügige Veränderungen hervorzurufen. Sowohl bei der Positionierung des Unterkiefers in zentrischer Relation mithilfe eines individuellen Aufbissbehelfs als auch bei der Sperrung der Okklusion durch einen konfektionierten Aufbissbehelf zeigen sich im Vergleich zur Kontrollgruppe kaum Unterschiede. Im Hinblick auf die Differenzen der Beckenposition zwischen den beiden Gruppen mit Aufbissbehelf fällt auf, dass sich die Stellung durch den individuellen Aufbissbehelf leicht verbessert und durch den konfektionierten Aufbissbehelf leicht verschlechtert. Neben den geringfügigen Auswirkungen auf die Rumpflänge in der Ruhelage und die sagittale Rumpfneigung beim Tragen des Aufbissbehelfs sind dies die Differenzen, die durch die beiden unterschiedlich hergestellten Aufbissbehelfe ausgelöst werden (Forschungsfrage 2).

Im Hinblick auf die Forschungsfrage 1 lässt sich sagen, dass durch das Tragen beider Aufbissbehelfe die meisten Effekte im Beckenbereich zu verzeichnen sind. Während der individuelle Aufbissbehelf ein Angleichen beider Beckenseiten hervorruft, entfernen sich diese durch den konfektionierten Aufbissbehelf. Im Gruppenvergleich waren in beiden Bedingungen (Ruhelage und Tragen des Aufbissbehelfs) keine signifikanten Unterschiede im Schulterbereich zu beobachten.

Ob sich diese geringen Signifikanzen auf die Leistungsfähigkeit der jugendlichen Fußballspieler aufgrund einer gering veränderten Körperstellung auswirken, bleibt zu bezweifeln, muss aber in weiteren Studien analysiert werden. Die Resultate sind vermutlich zu gering, als dass sich dies in dynamischen Bewegungen und somit auch in fußballspezifischen Bewegungsmustern niederschlägt. Demnach liegt die Vermutung nahe, dass der individuelle Trainingszustand die sensomotorische Kontrolle der Körperhaltung positiv beeinflusst und kranial absteigende Informationen derart ausbalanciert werden, dass dadurch die Oberkörperstatik nicht gravierend beeinträchtigt wird, auch bei einer 3-wöchigen Tragezeit. Athleten mit einem sehr hohen sportlichen Leistungszustand erbringen in der Regel durch tägliches Training permanent körperliche Anstrengung, sodass sie sich aufgrund der Intensität und der vermehrten motorischen Aktivität auf hohem Niveau bewegen und somit deutlich vom Breitensportler bzw. Nichtsportler unterscheiden.

Training beeinflusst die sensomotorische Kontrolle der Körperhaltung positiv

Zudem liegt der Unterschied zwischen einem Leistungssportler und einem eher am „Breitensport“ orientierten Menschen in den divergierenden, physiologischen Adaptationsprozessen des Organismus, die vor allem an der skeletalen und muskulären Ausprägung des aktiven Bewegungsapparats sichtbar werden. Dies kann ein Grund dafür sein, dass sich im Gegensatz zu Studien von Saito et al. [18], Cuccia [5] oder Obert et al. [15] in dieser Untersuchung keine Effekte einer veränderten Bissposition auf die Oberkörperstatik nachweisen lassen. In diesen Studien wurden keine Athleten untersucht. Bei dynamischen Messungen hingegen konnte Ebben et al. [6] den Einfluss der Okklusion auf die Muskelaktivität von Athleten belegen und schlussfolgern, dass es durch das Zusammenbeißen der Zähne während des „countermovement jump“ eher zu einer gleichzeitigen Aktivierung der beim Absprung beteiligten Muskeln kommt, sodass sich eine Potenzierung mit einem möglicherweise resultierenden leistungssteigernden Vorteil einstellt. Demzufolge kann im Studienvergleich geschlussfolgert werden, dass auch bei Athleten Unterschiede in statischen und dynamischen Messbedingungen auf bestimmte Interventionen vorliegen [23]. Eine Literaturübersicht von Michelotti et al. [12] besagt, dass der wissenschaftliche Beweis für einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen okklusalen Faktoren und posturalen Veränderungen zu gering ist.

Bei den Resultaten der vorliegenden Untersuchung ist zu berücksichtigen, dass die Aufbissbehelfe von den jugendlichen Athleten nur 3 Wochen getragen wurden. Innerhalb dieser Zeit scheinen sich keine Anpassungsmechanismen zu zeigen. Wie sich eine länger andauernde Tragedauer des Aufbissbehelfs auf die Körperhaltung der Jugendlichen auswirken würde, kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht geklärt werden.