Zusammenfassung
Mit diesem Beitrag soll ein Algorithmus für die standardisierte histopathologische Diagnostik von Synovialisbiopsaten und Synovialektomiepräparaten dargelegt werden. Prinzipiell lassen sich Veränderungen der Synovialmembran in entzündliche und nichtentzündliche einteilen. Zu den häufigeren nichtentzündlichen Läsionen gehören einige gutartige Tumoren, insbesondere die diffuse Variante des tenosynovialen Riesenzelltumors sowie Hämangiome und Lipome. Seltene nichtentzündliche Befunde sind die Gruppe der Speichererkrankungen (z. B. M. Fabry). Die entzündlichen Synovialiserkrankungen lassen sich in kristallinduzierte (Gicht und Kalziumpyrophosphatarthropathie), granulomatöse (Tuberkulose, Sarkoidose, Fremdkörperreaktion) und nichtgranulomatöse unterscheiden. Die letzte Gruppe ist histopathologisch am häufigsten anzutreffen und bereitet gleichzeitig die größten Schwierigkeiten, das histologische Bild einer konkreten Diagnose zuzuordnen. Als diagnostisches Hilfsmittel für chronische Synovialitiden sollte der Synovialitis-Score angewendet werden, der zu einer Einteilung in „Low-grade-“ (assoziiert mit degenerativen Arthropathien) und „High-grade-Synovialitiden“ führt (assoziiert mit entzündlichen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises).
Abstract
This review presents an algorithm for the standardised histopathological diagnostics of synovial biopsies and synovectomy specimens. In general, changes of the synovium can be inflammatory or non-inflammatory. To the latter group belong certain benign tumors such as the diffuse variant of the tenosynovial giant cell tumor, lipoma or synovial chondromatosis, additionally the rare group of storage diseases should be kept in mind. Inflammatory diseases can be discriminated into crystal-induced arthropathies such as gout and pseudogout, into granulomatous diseases such as tuberculosis, sarcoidosis and foreign-body inoculation, and into the large group of non-granulomatous synovitis. This group is by far the most common, and it often causes difficulties in assigning the histopathological findings to a concrete diagnosis. Therefore, the synovitis-score should be applied as a diagnostic device in these cases, leading to the diagnosis of a low-grade synovitis (which is associated with degenerative arthropathies) or of a high-grade synovitis (associated with rheumatic diseases), the sensitivity and specificity being 60.5% and 95.5%, respectively.
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Ein Großteil der Bevölkerung ist von unterschiedlichen Gelenkerkrankungen betroffen, sodass sich in Deutschland 15% der Einwohner mindestens einmal im Jahr damit in ärztliche Behandlung begeben. An den Gelenken manifestiert sich eine Vielzahl von Erkrankungen, die degenerativer, primär entzündlicher, metabolischer oder neoplastischer Natur sind. Die meisten dieser Krankheiten eint, dass sie chronisch verlaufen und mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen einhergehen. Während ein kleinerer Teil dieser Erkrankungen spezifische histopathologische Veränderungen zeigt (z. B. Tuberkulose, Gicht, Riesenzelltumor), lässt sich die Mehrzahl der Fälle mittels eines Synovialitis-Scores mit relativ hoher Sensitivität und Spezifität dem degenerativen bzw. dem primär entzündlichen Formenkreis zuordnen, sodass das Konzept der so genannten chronischen unspezifischen Synovialitis weitgehend vermeidbar geworden ist.
In der Regel wird die Diagnose sowohl degenerativer als auch entzündlicher Gelenkerkrankungen anhand klinischer Kriterien gestellt. Bei ihren Kriterien zur Diagnose der RA hatte die American Rheumatism Association (ARA) in ihrer ursprünglichen Version von 1958 auch histologische Aspekte einbezogen; diese wurden in die modifizierten Kriterien von 1987 jedoch nicht mehr aufgenommen. Grund dafür war weniger die Aussagekraft der Biopsate – die Spezifität wurde mit 95,0% und die Exaktheit mit 68,7% angegeben – als vielmehr die Tatsache, dass eine Biopsie von niedergelassenen Rheumatologen nur selten durchgeführt wurde [2].
Zur Befundsicherung oder zur Klärung uncharakteristischer Krankheitsbilder wird heute die histopathologische Untersuchung von Synovialisbiopsaten wieder zunehmend herangezogen. Außerdem ist die pathologische Untersuchung bei der Einsendung von therapeutischen Synovialektomiepräparaten gefragt. Allerdings ist die Wertigkeit der histopathologischen Diagnostik je nach Erkrankung sehr variabel [4]. Ein kleinerer Teil der sich im Gelenk manifestierenden Krankheiten zeichnet sich durch spezifische Veränderungen aus und ermöglicht eine definitive Diagnose durch den Pathologen. Bei einem größeren Teil der Gelenkerkrankungen ist die histopathologische Diagnostik dadurch eingeschränkt, dass nur uncharakteristische Befunde zu erheben sind. Für diese Fälle wurde ein Gradierungssystem, der so genannte Synovialitis-Score erstellt, der die immunologischen Vorgänge in der Synovialmembran berücksichtigt [5, 6, 7], um die Synovialitisdiagnostik zu standardisieren und die Wertigkeit der histopathologischen Diagnostik zu erhöhen.
Diagnostischer Algorithmus
Die Verwendung dieses Synovialitis-Scores als diagnostisches Hilfsmittel lässt sich in einen allgemeinen Algorithmus zur Beurteilung von Synovialisproben integrieren, welchen wir in Form des in Abb. 1 dargestellten Flussdiagramms wiedergeben.
Gutartige Tumoren
Prinzipiell können in Synovialispräparaten neben entzündlichen Veränderungen auch Tumoren vorkommen. Am häufigsten ist dabei mit der diffusen Variante des tenosynovialen Riesenzelltumors (frühere Bezeichnung pigmentierte villonoduläre Synovialitis/PVNS) zu rechnen [16]. Arthroskopisch zeigt sich eine villös oder nodulär umgebaute, sandfarbene bis bräunliche Synovialmembran, welche aus Sicht des Klinikers Ähnlichkeit mit einer rheumatoiden Synovialitis zeigt.
Das histologische Bild der PVNS ist in den meisten Fällen unverwechselbar. Das synoviale Stroma ist dicht angefüllt von Makrophagen und multinukleären Riesenzellen, die mit Hämosiderin beladen sind (Abb. 2 a). Die Diagnostik wird durch eine Berliner-Blau-Färbung komplettiert, um die ausgeprägten Hämosiderindepositionen darzustellen, welche nicht nur oberflächennah sondern auch in der Tiefe des Präparates zu finden sein sollten.
Andere gutartige Tumoren, die gelegentlich in der Synovialmembran vorkommen, sind die synoviale Chondromatose, das Lipoma arborescens sowie Hämangiome (Abb. 2 b; [11]). Letztlich manifestiert sich auch die heterogene Gruppe der so genannten Speichererkrankungen, insbesondere der M. Fabry, M. Farber, M. Gaucher, die Mukopolysaccharidosen, die Mukolipoidosen und die Mannosidose, in der Synovialmembran. Diese zeichnen sich durch eine Vermehrung von Makrophagen, Schaumzellen oder Fibroblasten aus (Abb. 2 c; [9]). Die primäre Diagnostik dieser seltenen Krankheitsbilder ist in den meisten Fällen bereits klinisch und humangenetisch erfolgt, und die Synovialisbiopsie dient der Sicherung der Organmanifestation im Gelenk.
Kristallarthropathien
Der große Bereich der Entzündungen der Synovialmembran lässt sich ebenfalls weiter unterteilen. Zunächst sind die kristallinduzierten Erkrankungen zu nennen, welche klinisch sowohl unter einem akut-entzündlichen als auch unter einem chronischen Bild auftreten können. Histologisch zeichnen sie sich durch Kristalldepositionen und einen unterschiedlich stark ausgeprägten Entzündungsbefund aus.
Bei der Arthritis urica wird die Läsion durch Präzipitate von Natriumurat ausgelöst. Diese sind histologisch nur dann erkennbar, wenn die Probe in Alkohol fixiert wurde, da wässrige Medien die Uratkristalle herauslösen. Es handelt sich um nadelförmige Kristalle, die charakteristischerweise zu Büscheln, aber auch zu dichten rundlichen Aggregaten gelagert sind und eine starke polarisationsoptische Doppelbrechung aufweisen [14]. Sollten aufgrund der Gewebeprozessierung sämtliche Kristalle herausgelöst worden sein, so lassen sich histologisch die Lücken noch als Negativbilder identifizieren. Die Kristalle sind stets umgeben von Fremdkörperriesenzellen, Makrophagen und Fibroblasten. Je nach Schweregrad der Entzündung kommen Lymphozyten und neutrophile Granulozyten dazu, und die synoviale Deckzellschicht ist hyperplastisch und fibrinbelegt (Abb. 3 a).
Die so genannte Pseudogicht oder Chondrokalzinose wird durch Depositionen von Kalziumpyrophosphatdihydrat (KPPD) hervorgerufen und lässt sich von der Arthritis urica unterscheiden. Die Kristalle sind nicht nadelförmig, sondern feingranulär und zu rundlichen Aggregaten gelagert, welche in der HE-Färbung eine leichte Basophilie zeigen und polarisationsoptisch eine geringere Doppelbrechung aufweisen als die Uratkristalle – sofern sie nicht durch Entkalkung oder zu lange Fixierung aus dem Gewebe herausgelöst wurden [3]. KPPD-Depositionen sind ebenfalls in Fremdkörpergranulome eingebettet, entzündliche Infiltrate durch Lymphozyten oder Granulozyten sind jedoch schwächer ausgeprägt (Abb. 3 b).
Granulomatöse Synovialitiden
Die nichtkristallinduzierten Entzündungen können granulomatös oder unspezifisch sein. Sollten histomorphologisch Granulome nachweisbar sein, so kommen Sarkoidose, Tuberkulose, RA und Fremdkörperreaktionen in Betracht. Ein Problem in der Diagnostik der RA ist allerdings, dass in Synovialisbioptaten häufig keine Granulome anzutreffen sind und das Bild uncharakteristisch ist. Aus diesem Grund wird auf die RA unter den nichtgranulomatösen Synovialitiden eingegangen.
Eine Tuberkulose kann sich auf hämatogenem Wege in der Synovialmembran manifestieren, was bei etwa 2% der Tuberkulosepatienten vorkommt [18]. Auch nach Tierbissen sowie dem Baden in Flüssen und Seen kommt es zu synovialen Manifestationen einer Mykobakteriose, die in solchen Fällen allerdings weniger die Gelenke, sondern vielmehr die Sehnenscheiden befällt. Histomorphologisch können typische epitheloidzellige Granulome mit zentraler Nekrose und Langhans-Riesenzellen vorkommen, jedoch sind die Befunde häufig auch weniger deutlich ausgeprägt, und die zentralen Nekrosen können fehlen (Abb. 4; [10]). Gelegentlich sind mittels Ziehl-Neelsen-Färbung säurefeste Stäbchen nachweisbar. Eine PCR-Untersuchung des Paraffinmaterials auf mykobakterielles Genomäquivalent verfügt über eine wesentlich höhere Sensitivität als die Färbung und erlaubt außerdem eine Subspezifikation der Mykobakterienstämme, beispielsweise M. tuberculosis, M. bovis oder M. marinum.
Kleine oder abortive Granulome können auch bei der Brucellose auftreten, die durch intrazytoplasmatische gramnegative Stäbchen hervorgerufen wird und klinisch einen akuteren Verlauf als die Tuberkulose zeigt, histologisch aber nicht sicher von dieser zu unterscheiden ist. Insbesondere in Europa ist die Brucellose sehr selten, aber aufgrund des weltweiten Tourismus und bei Einwanderern sollte sie in die Differenzialdiagnose mit einbezogen werden [1].
Die Sarkoidose kann sich gelegentlich in der Synovialmembran manifestieren. Insbesondere im akuten Stadium können arthritische Beschwerden auftreten. Histologisch finden sich epitheloidzellige Granulome mit Riesenzellen ohne zentrale Nekrosen, es können aber auch uncharakteristische Aggregate von Lymphozyten vorliegen [12]. Zum Ausschluss einer Tuberkulose sollte eine PCR-Untersuchung erfolgen und der Befund im Kontext des klinischen Bildes gesehen werden.
Traumatisch oder iatrogen in die Gelenkregion eingebrachte Fremdkörper (z. B. Kakteen- oder Seeigelstachel, Nahtmaterial) führen zu Granulomen und lassen sich konventionell-histologisch oder polarisationsoptisch darstellen. Intra- und paraartikuläre Injektionen von Glukokortikoiden werden mit dem Ziel einer akuten Entzündungshemmung bei RA-Patienten gelegentlich durchgeführt und können zu Nekrosen führen, in denen sich Lücken herausgelöster Kortikoidkristalle finden. Weiterhin können Verkalkungen auftreten sowie Aggregate von Lymphozyten, Makrophagen und Touton-Riesenzellen, sodass ein granulomartiger Aspekt entsteht [8].
Floride, eitrige Synovialitis
Das klinische Bild einer floriden Synovialitis kann zu einer Synovialisbiopsie Anlass geben, da der Verdacht auf einen akuten Schub einer RA bestehen kann und eine bakterielle Arthritis ausgeschlossen bzw. belegt werden soll. Die floride, bakterielle Synovialitis zeichnet sich durch Ansammlung von neutrophilen Granulozyten und Fibrinpräzipitate auf einer teilweise ulzerierten synovialen Deckzellschicht aus. Darunter findet sich ein kapillarreiches Granulationsgewebe, welches ebenfalls von Granulozyten durchsetzt ist oder bei subakutem Verlauf hauptsächlich Lymphozyten und Plasmazellen enthält (Abb. 5; [10]).
Chronische Synovialitiden
Alle übrigen, chronischen Synovialitiden zeichnen sich unabhängig von der Ätiologie durch 3 wesentliche Kompartimente aus:
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1.
die Verbreiterung der synovialen Deckzellschicht, welche sich histomorphologisch gut vom synovialen Stroma abgrenzen lässt,
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2.
eine Aktivierung der residenten Zellen (synoviale Fibroblasten, Kapillaren), welche durch ein charakteristisches destruktives Potenzial gekennzeichnet sein kann [13],
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3.
das inflammatorische Infiltrat, welches unterschiedliche Aktivierungsmuster von B-Lymphozyten bei degenerativen und primär entzündlichen Gelenkerkrankungen erkennen lässt [5].
Die Anwendung des Synovialitis-Scores empfiehlt sich für uncharakteristische histologische Bilder und nicht für Fälle, in denen beispielsweise aufgrund von Kristalldepositionen oder rheumatoiden Granulomen bereits eine konkrete Diagnose gestellt werden kann.
Befunderhebung anhand des Synovialitis-Scores
Zur Erhebung des Synovialitis-Scores werden die 3 oben genannten Kompartimente herangezogen. Jedes Element wird separat semiquantitativ von 0 (entspricht Normalbefund) bis 3 (entspricht maximaler pathologischer Veränderung) gradiert, anschließend werden die 3 Punktwerte addiert, wobei 0 und 1 Punkt einem Normalbefund entsprechen, 2–4 Punkte einer Low-grade-Synovialitis und 5–9 Punkte einer High-grade-Synovialitis (Tab.1).
Zur Testung dieses Scores wurde eine Untersuchung an 559 Synovialektomiepräparaten und 59 Biopsaten von insgesamt 618 Patienten durchgeführt, deren klinische Diagnose bekannt war. Hierbei ergaben sich für die einzelnen klinischen Diagnosen folgende Medianwerte (arithmetisches Mittel) der Synovialitis-Scores:
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Kontrollproben: 1 (0,72),
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Arthrose: 2 (2,33),
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posttraumatische Arthritis: 2 (2,06),
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Psoriasisarthritis: 3 (3,58),
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reaktive Arthritis: 5 (5,22),
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rheumatoide Arthritis: 5 (4,85).
Die Unterschiede in den Synovialitis-Scorewerten zwischen den degenerativen und den rheumatischen Erkrankungen waren signifikant, und der Befund einer High-grade-Synovialitis als diagnostisches Kriterium für eine rheumatische Erkrankung besaß eine Sensitivität von 60,5% und eine Spezifität von 95,5% [6, 7].
Innerhalb der High-grade-Synovialitiden ist eine sichere Unterscheidung zwischen Psoriasisarthritis, reaktiver Arthritis und RA nicht möglich, es sei denn, es liegen rheumatoide Granulome vor. In diesem Fall empfiehlt es sich, noch eine Typisierung nach den von Stiehl vorgeschlagenen Kriterien in den Befund aufzunehmen.
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Ein Typ I liegt vor, wenn die Entzündung durch das lymphoplasamzelluläre Infiltrat dominiert wird (Abb. 6 a). Er geht gegenüber dem Typ II mit einer besseren Prognose einher.
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Im Typ II bestimmt die Aktivierung des synovialen Stromas das Bild (Abb. 6 b), hier finden sich auch häufiger Granulome.
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Unter Typ III werden die Mischbilder der erstgenannten Typen zusammengefasst [17].
Bei den Low-grade-Synovialitiden finden sich häufig avitale Knorpel- und Knochenfragmente im synovialen Stroma, welche von einer Fremdkörperreaktion umgeben sind. Dieser Befund, der im Rahmen der Arthrose oder eines Traumas auftreten kann, wird als Detritussynovialitis bezeichnet (Abb. 6 c).
Diagnostische Wertigkeit des Synovialitis-Scores
Synovialektomiepräparate werden von Orthopäden bzw. Unfallchirurgen im Rahmen von therapeutischen Synovialektomien und bei Implantationen einer Gelenkendoprothese an den Pathologen geschickt. Üblicherweise fragen dabei die Kliniker nach einem histomorphologischen Anhalt für die Grunderkrankung des Patienten, da beispielsweise bei Arthrosepatienten präoperativ meist keine erschöpfende rheumatologische Untersuchung stattgefunden hat. Die Grunderkrankung hat einen Einfluss auf den Erfolg einer Endoprothesenimplantation, und es wurde gezeigt, dass bei Patienten mit rheumatischer Erkrankung die Prothesenstandzeit signifikant kürzer ist als bei Arthrosepatienten.
Rheumatologen wiederum senden häufiger Synovialisbiopsate von Patienten mit einer Monarthritis oder einer so genannten undifferenzierten Oligoarthritis ein, bei denen die ACR- oder ARA-Kriterien nicht vollständig erfüllt sind, aber dennoch ein dringender Verdacht auf RA besteht. In solchen Fällen ist der histologische Befund letztlich entscheidend für den Beginn oder die Ablehnung einer spezifischen antirheumatischen Therapie. Ein Problem bei der Beurteilung der Biopsate ist die Heterogenität der Entzündung im Gelenk. Die histopathologische Diagnostik wird durch die Übermittlung genauer anamnestischer Angaben, Laborbefunde und endoskopischer Aspekte verbessert. Im Idealfall sollte die Entnahmestelle des Biopsats genau dokumentiert und beschrieben werden [15].
Der sinnvolle Einsatz des Synovialitis-Scores sei an einem Bespielfall erläutert: Übersandt wurden mehrere Synovialisbiopsate aus dem rechten Knie eines 22-jährigen Mannes. Anamnestisch sei ein Jahr vor der Arthroskopie ein Trauma erfolgt, der Patient habe jedoch das Gelenk kontinuierlich weiter belastet, da er professionell Sport betreibe. Aufgrund progredienter Schmerzen habe er sich letztlich einer Arthroskopie unterzogen. Klinisch standen angesichts eines eindrucksvollen endoskopischen Befundes die Differenzialdiagnosen RA und PVNS im Vordergrund (Abb. 7, Insert). Histologisch fanden sich eine geringgradige Verbreiterung der synovialen Deckzellschicht (1 Punkt), eine geringe Zunahme der Dichte der residenten Zellen (1 Punkt) sowie ein schütteres lymphozytäres entzündliches Infiltrat (1 Punkt; Abb. 7). Der Befund (Score 1+1+1=3) entsprach somit einer Low-grade-Synovialitis und war daher gut mit einer posttraumatischen Arthropathie vereinbar. Eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis war aufgrund des Scorewertes <5 unwahrscheinlich, und für eine PVNS ergab sich kein Anhalt.
Fazit für die Praxis
Bei der Beurteilung von Synovialektomiepräparaten und Synovialisbioptaten ist eine Vielzahl entzündlicher und nichtentzündlicher Diagnosen zu berücksichtigen. Insbesondere für Entzündungsbefunde mit uncharakteristischen Veränderungen ist die Anwendung des Synovialitis-Scores empfehlenswert, da er eine standardisierte Diagnostik ermöglicht und den Befund entweder dem degenerativen oder dem rheumatischen Formenkreis zuordnen lässt. Zur Erhebung des Synovialitis-Scores sind HE-Färbungen ausreichend. Bei dem Verdacht auf eine diffuse Variante des tenosynovialen Riesenzelltumors sollte eine Eisenfärbung durchgeführt werden. Bei Anhalt für infektiöse Synovialitiden empfehlen sich eine PAS- und Gram-Färbung und zum Ausschluss von Kristallarthropathien eine polarisationsoptische Untersuchung. Bei Verdacht auf Mykobakterien oder seltenere Infektionskrankheiten wie Brucellose sollte eine Erregerdiagnostik mittels PCR erfolgen.
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Danksagung
Diese Arbeit entstand mit freundlicher Unterstützung durch das Nationale Genomforschungsnetz (NGFN, SIPAGE, Teilprojekt 30).
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V. Krenn und L. Morawietz sind zu gleichen Teilen an der Arbeit beteiligt.
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Krenn, V., Morawietz, L., König, A. et al. Differenzialdiagnostik der chronischen Synovialitis. Pathologe 27, 402–408 (2006). https://doi.org/10.1007/s00292-006-0866-6
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-006-0866-6