Die digitale Bildgebung, insbesondere die Computertomographie (CT), aber auch die Magnetresonanztomographie (MRT) erlangen in der Rechtsmedizin einen zunehmenden Stellenwert [2, 7, 8, 9, 10, 11, 12]. Hierbei hat die Berner Arbeitsgruppe „Virtopsy®“ wichtige Pionierarbeit geleistet. Von der Arbeitsgruppe „Digital Forensic Osteology“ konnte gezeigt werden, dass osteometrische und morphologische Untersuchungen an virtuellen, d. h. aus CT-Datensätzen rekonstruierten Knochen möglich sind [15, 16]. Zudem gelang die Etablierung neuer, z. T. nur mithilfe des CT erhebbarer osteometrischer Parameter zur Schätzung der Körperhöhe [1, 3]. In den vorliegenden Untersuchungen sollte überprüft werden, inwieweit ein Flat-Panel-CT für rechtsmedizinische Fragestellungen sinnvoll einsetzbar ist.

Technischer Hintergrund

Die Auflösung eines CT wird durch sein Detektorsystem bestimmt. Die jüngeren Entwicklungen bei den Multislice-Computertomographen (MSCT) gehen v. a. dahin, dass immer mehr Detektorzeilensysteme hintereinander geschaltet werden. Einerseits wird so eine Zunahme der Scangeschwindigkeit erreicht, zumal größere Volumina in gleicher Zeit untersucht werden, andererseits wird auch die räumliche Auflösung geringfügig durch die Weiterentwicklung der Detektorsysteme verbessert. Weitere positive Effekte sind die Reduktion von Bewegungsartefakten und praktisch Echtzeitdarstellungen, denn der Fortschritt der Computertechnik ermöglicht immer schnellere Bildrekonstruktionszeiten trotz zunehmender Rohdatenaufkommen. Während für radiologische Standardfragestellungen gegenwärtig 16-zeilige MSCT adäquat erscheinen, sind für kardiologische Spezialanwendungen 64-Zeiler in den Markt eingeführt worden, die Herzschlagsequenzen darstellen können. Auf aktuellen Messen werden 256-zeilige MSCT vorgestellt. Nachteilig ist, dass die verbesserte Darstellungsqualität häufig mit einer größeren Strahlenbelastung für den Patienten einhergeht.

Für den postmortalen CT-Scan ist die Strahlenbelastung irrelevant, und auch die Scangeschwindigkeit ist weniger von Belang. Eine wesentlich wichtigere Zielgröße ist die Auflösung. Hierbei haben sich jedoch in den letzten Jahren bei für den klinischen Einsatz konzipierten MSCT kaum nennenswerte Steigerungen ergeben.

Vor diesem Hintergrund wurde der Versuch unternommen, ein bereits für die Angiographie etabliertes Detektorsystem, nämlich 1024-zeilige „flat panels“, in einem CT einzusetzen. Der Unterschied der maximalen Auflösung zwischen einem aktuellen MSCT und einem Flat-Panel-CT wird in Tab. 1 aufgeführt. In dem weltweit ersten Prototyp, dem „flat-panel volumetric computed tomograph“ (fpVCT) von GE Healthcare aus dem Jahr 2003 wurden 2 Flat panels in einem stumpfen Winkel zueinander montiert. Dieses System konnte wahlweise in einer Betriebsart genutzt werden, bei dem jeweils 1 oder 2 Panels zur Strahlendetektion herangezogen wurden. Große zu scannende Objekte mussten im Zwei-Panel-Modus untersucht werden, der allerdings erhebliche störende Bildartefakte aufwies. Diese Artefakte traten im Ein-Panel-Betrieb, der für die Untersuchung kleiner Objekte bestimmt war, nicht auf [5]. Deshalb wurde im ersten Serienmodell eines Flat-Panel-CT, der eXplore Locus Ultra (eLU) von GE Healthcare, mit Markteinführung im Jahr 2005, nur ein Flat panel eingesetzt (Abb. 1). Der Nachteil ist jedoch, dass der maximal scannbare Objektdurchmesser in xy-Richtung auf etwa 16 cm begrenzt ist.

Tab. 1 Maximale Auflösung des Multislice-Computertomographen (MSCT) und des Flat-Panel-Computertomographen (Flat-Panel-CT) im Vergleich
Abb. 1
figure 1

Der eXplore Locus Ultra (eLU) nach Entfernen des Gehäuses. Das einzelne Flat panel ist in der Mitte über dem Scanfocus zu erkennen

Material und Methoden

Zur Verfügung stand das Flat-Panel-CT eXplore Locus Ultra von GE Healthcare, London, Ontario, Canada. Der CT-Scanner verwendet Flat panels (GE Medical Systems, Milwaukee, WI, USA) zur Strahlendetektion, die die Besonderheit dieses CT-Systems darstellen. Die Flat panels bestehen aus CsJ-Nadeln, die in einem speziellen Verfahren auf eine 1024×1024 Pixelmatrix aus photosensitivem, amorphen Silizium aufgebracht werden. Bei den Protokollen, die 5,4 cm bzw. 10,2 cm in z-Richtung bildlich darstellen sollen, werden 1000 Reihen und 360 bzw. 640 Zeilen dieser Matrix genutzt. Während einer Gantry-Rotation werden 1000 Einzelprojektionsbilder aufgezeichnet. Die Rotationsdauer beträgt für die kleineren Objektgrößen 8 s, für die größeren 16 s. Die Fläche, die in der xy-Richtung dargestellt werden kann („field of view“, FOV), misst 15,9×15,9 cm2 und ist unabhängig von der Objektgröße in z-Richtung. Die räumliche Auflösung des Gerätes wird vom Hersteller mit 2,20 Linienpaaren/mm bei einer Modulationstransferfunktion von 10% angegeben. Das Gerät war mithilfe eines zylindrischen Wasserphantoms auf einen Hounsfield-Unit-Wert von 0 kalibriert worden.

Die Rekonstruktion der Bilddaten erfolgte mithilfe eines modifizierten Kegelstrahlrückprojektionsalgorithmus in eine 512×512×k Voxelmatrix; hierbei lag k in Abhängigkeit der z-Ausdehnung des Objektes im Bereich von 340–900. Die resultierenden 12-Bit-DICOM-Daten besaßen isotrope Voxel mit einer Größe von (0,13 mm)3–(0,295 mm)3. Die Bildrekonstruktion wurde mit einem auf Linux basierenden PC-Cluster durchgeführt, bestehend aus einem Master und 8 „nodes“, die jeweils mit dual 3,06-GHz-Xeonprozessoren und 2-GB-RAM ausgestattet sind.

Vergleichende MSCT-Scans erfolgten mit dem LightSpeed16 (GE Medical Systems, Milwaukee, WI, USA), einem klinischen Standardgerät. Für die Bildrekonstruktion wurde ein kantenverstärkender „Boneplus“-Modus verwendet. Es resultierten Voxel mit einer Kantenlänge von 0,418 mm in xy-Richtung und 0,625 mm in z-Richtung.

Die Daten des Flat-Panel-CT und des MSCT wurden mit einer Advantage Workstation (AW), Version 4.1, GE Medical Systems, Buc, France, auf einem unter dem Betriebssystem LINUX betriebenen Rechner (dual 2,2-GHz-Processor, 4-GB-RAM) ausgewertet. Dabei stand Software zur Verfügung, mit der 2D-Schnittbilder- und 3D-Volumenansichten betrachtet und analysiert werden konnten (Volume Viewer, Voxtool 3.0.58c). Bei den 3D-Darstellungen wurden insbesondere „Maximum-intensity-projection“- (MIP-; [2]) und „Volume-rendering“-Methoden [15] angewendet. Mit der Workstation war es zudem möglich, Daten des Flat-Panel-CT und des MSCT parallel zu analysieren und zu vergleichen.

Untersucht wurden jeweils 5 Herzen, Kehlköpfe und Kalotten aus dem Sektionsgut der Gießener Rechtsmedizin. Die Herzen waren nach der Entnahme unpräpariert. Am Hals-Lungen-Paket wurde ein Schnitt durch Luftröhre und Kehlkopf etwa 4 cm unterhalb des Kehlkopfes geführt und der rostrale Anteil gescannt. Die Scans erfolgten während der laufenden Sektion, sodass das Gewebe wieder in den Leichnam zurückgegeben werden konnte. Außerdem wurden 3 isolierte, mazerierte Schädel mit Schussverletzungen analysiert (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Mazerierter Schädel vor dem Scan im eXplore Locus Ultra

Ergebnisse

Nach Flat-Panel-CT-Scan und 3D-Rekonstruktion der Daten erwies sich die Darstellung von Weichteilgewebe insgesamt als problematisch. Gut und detailliert konnten dagegen Knochen und Kalzifizierungen beurteilt werden.

Bei den Herzen gelang eine gute Darstellung von Verkalkungen in den Koronararterien (Abb. 3). Eine Beurteilung der gesamten Gefäßwand oder die Darstellung von Thromben, die später bei der Sektion verifiziert werden konnten, war nicht möglich. Das Myokard zeigte sich in allen Einstellungen sehr kontrastarm; die Feinstruktur der Muskulatur war nicht sichtbar (Abb. 3, Abb. 4). Selbst kleinere und größere Narbenzonen waren nicht zu detektieren.

Abb. 3
figure 3

Darstellung eines Herzens nach Scan im Flat-Panel-CT und Volume rendering: Die Verkalkungen der drei Hauptstämme der Koronararterien sind sehr gut darstellbar

Abb. 4
figure 4

Der Volumen-CT-Datensatz von Abb. 5, ebenfalls nach Volume rendering, jedoch mit einer Fensterung mit höherer Dichte zu besseren Darstellung von Muskulatur und Herzoberfläche

Bei den Kehlköpfen waren das Zungenbein und die verknöcherten Anteile des Kehlkopfgerüsts sehr gut darstellbar (Abb. 5). Die knorpeligen Anteile waren dagegen kaum von dem umgebenden Gewebe abzugrenzen. Bei einem Kehlkopf war das Zungenbein im Rahmen eines tödlichen Würgens an der linken Seite gebrochen und deutlich umblutet. Bei einem anderen Kehlkopf wurde ein Zungenbeinbruch intentionell postmortal gesetzt. In der Darstellung nach Flat-Panel-CT-Scan waren die Brüche sehr detailliert darstellbar; eine Differenzierung des vitalen und des avitalen Bruches gelang jedoch nicht: Die bei dem einen Kehlkopf tatsächlich vorhandenen Blutungen mit Auflockerung der Weichteile um den Zungenbeinbruch herum waren nicht nachweisbar.

Abb. 5
figure 5

Kehlkopf nach Flat-Panel-CT-Scan und Volume rendering. Die Ansicht ist von vorne unten

An den frischen Kalotten gelang eine durchgehende Darstellung der Schädelnähte (Abb. 6). Der Grad der Ossifikation war im Querschnitt der Nähte zu beurteilen.

Abb. 6
figure 6

Schädelkalotte nach Flat-Panel-CT-Scan, Ansicht in der Schnittbilddarstellung. Zu erkennen ist die Sagittalnaht im Querschnitt

Die isolierten mazerierten Schädel konnten im Flat-Panel-CT nicht in toto gescannt werden. Es waren 2 oder sogar 3 Scans zum vollständigen Erfassen notwendig. So wiesen die 3D-Rekonstruktionen der mithilfe des MSCT-Scans gewonnenen Daten den Vorteil auf, dass nach „surface rendering“ der vollständige Schädel frei im virtuellen Raum bewegt werden konnte. Auf diese Weise war es möglich, die Schusskanäle zu rekonstruieren. Mit den Daten des Flat-Panel-CT-Scans waren dagegen mit dem bloßen Auge sichtbare feinste Bruchausläufer darstellbar. Gegenüber der makromorphologischen Untersuchung kamen auch Bruchausläufer in den Knochenbinnenstrukturen zum Vorschein, die von außen nicht zu erkennen waren. Bei einem Schädel mit 2 Durch- und 2 Steckschüssen war die Endlage der Projektile der Steckschüsse unbekannt gewesen. An den mit dem Flat-Panel-CT gewonnen Daten konnte mithilfe von MIP, Surface renderung und Schichtdarstellung der „impact“ eines der beiden Steckschüsse im Bereich der Lamina interna des dem Einschuss gegenüberliegenden Schädelknochens dargestellt werden. Zudem waren sich zur Lamina externa hin trichterförmig erweiternde feinste Bruchlinien zu erkennen (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Vergleich der Schnittbildansicht nach a MSCT- und b Flat-Panel-CT-Scan. Es wurde jeweils die identische Lokalisation aufgesucht. Dargestellt ist eine Bruchlinie, die auf beiden Bildern gut sichtbar ist. Nur in dem Flat-Panel-CT-Datensatz ist daneben eine Impressionsfraktur der Lamina interna mit sich trichterförmig in die Lamina externa erweiternden Bruchlinen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei offensichtlich um den Impact eines Steckschusses

Diskussion

Die Anwendung eines Flat-Panel-CT in der Rechtsmedizin beschränkt sich aufgrund des Scanbereiches auf einzelne, im Rahmen einer Obduktion gewonnene Organe oder durch Dekomposition entstandene Leichenteile bzw. einzelne Knochen. Am frischen Leichnam kann der Einsatz deshalb nur in Kombination mit der Obduktion erfolgen. Es stellt sich die Frage, welche zusätzlichen Informationen zu gewinnen sind, die über die makroskopischen Erkenntnisse der Sektion allein hinausgehen. Als Untersuchungsgut kommen grundsätzlich Organe oder Organpakete nach der Exenteration und vor der speziellen Präparation in Betracht. Die Vorteile wären dann, wie bei dem postmortalen CT-Scan (vgl. Virtopsy®) eine zerstörungsfreie, dreidimensionale Befunddokumentation.

In der vorliegenden Arbeit wurden vor der Präparation Herzen und Kehlköpfe mit dem Flat-Panel-CT und zum Vergleich auch mit dem MSCT gescannt. Die Befunde wurden zudem mit den makroskopischen Obduktionsbefunden verglichen. Es zeigte sich, dass die Darstellung von Weichteilgewebe nach Flat-Panel-CT-Scan unbefriedigend, sogar von schlechterer Bilddetailtreue als beim MSCT war. Die Beurteilung kritischer Befunde wie Blutungen, Ödeme oder Thromben war nach Flat-Panel-CT-Scan nicht möglich. Auch die knorpeligen Anteile des Kehlkopfes waren nicht in ausreichender Qualität sichtbar.

Die Stärken des Flat-Panel-CT lagen in der Darstellung von Hartsubstanzen, also Kalzifizierungen und Knochengewebe. So waren Kalkeinlagerungen in den Koronararterien gut erkennbar und die dadurch verursachten Gefäßverengungen in der Schnittbildansicht offenbar abzuschätzen. Aufgrund der mangelhaften Darstellung des Gefäßendothels waren die tatsächlichen, später bei der Obduktion an Querschnitten nachgewiesenen Gefäßeinengungen und Gefäßinnenwandaufbrüche jedoch nicht zu dokumentieren.

Brüche des Zungenbeins zeigten sich sehr differenziert. Die diagnostische Aussagekraft war jedoch bei fehlender Möglichkeit des Nachweises von Blutungen gering.

Einen enormen Gewinn erbrachte das Flat-Panel-CT bei der Beurteilung der Ossifikation der Schädelnähte. Nach MSCT-Scan waren die Nähte nahezu beliebig durch ungünstiges „Fenstern“ zu öffnen oder zu verschließen. Vergleichbare Ergebnisse hatten bereits Untersuchungen an den Daten des Virtopsy-Projektes erbracht [16]. An den Schnittbildern nach Flat-Panel-CT-Scan war dagegen eine durchgehende Beurteilung der Schädelnähte in allen Segmenten an virtuellen Querschnitten der Kalotte möglich. Lediglich das äußere Segment der Lambdanaht (L3) war in einigen Fällen präparationsbedingt unvollständig. Von diesen Erkenntnissen ausgehend wurde eine Untersuchungsreihe zur Verknöcherung der Schädelnähte in Abhängigkeit von dem Lebensalter begonnen.

Isolierte, skelettierte Knochen sind naturgemäß einer makroskopischen Untersuchung der Oberflächen gut zugänglich. Bei vorbestehenden perimortalen oder postmortalen Brüchen kann der Blick auf innere Strukturen freigegeben sein [13, 14]. Andernfalls sind zur Beurteilung von Knochenbinnenstrukturen invasive Maßnahmen wie Sägen notwendig. Dadurch können weiterführende Untersuchungen wie z. B. eine Röntgenvergleichsanalyse [6] oder eine Gesichtsrekonstruktion [4] erschwert oder sogar unmöglich werden. Die Analyse mit dem Flat-Panel-CT ermöglicht eine zerstörungsfreie Beurteilung von Knochenbinnenstrukturen, die bezüglich der Auflösung mit einer Lupenvergrößerung vergleichbar ist. Bei den vorgestellten Untersuchungen an den isolierten Schädeln mit Schussverletzungen haben sich mithilfe des Flat-Panel-CT Zusatzinformationen ergeben, die mit makroskopischer Untersuchung und nach MSCT-Scan nicht zu erlangen waren.

Für einen breiteren Einsatz des Flat-Panel-CT in der postmortalen Bildgebung wäre ein System wünschenswert, mit dem größere Objekte, am besten ein ganzer Leichnam in toto, untersucht werden können. Außerdem wäre eine bessere Weichteildarstellung notwendig.

Fazit für die Praxis

Bei der nichtinvasiven postmortalen Ganzkörperuntersuchung liefert aktuell die Kombination aus CT, MRT und Oberflächenscan ein Maximum an Informationen. Ein praktischer Nutzen des Flat-Panel-CT für die Rechtsmedizin ergibt sich nach den vorliegenden Ergebnissen in der forensischen Osteologie. Das Gerät ist als hoch auflösende, nichtinvasive Untersuchungsmethode zur Beurteilung des Knocheninneren einsetzbar. Als Fragestellung kommt z. B. die Beurteilung von Verletzungen oder die differenzierte Dokumentation der Ossifikation der Schädelnähte in Betracht.