Hintergrund und Fragestellung

Mit dem Ziel einer Minimierung des operativen Muskeltraumas hat sich die minimalinvasive Hüftprothesenimplantation in den letzten Jahren zunehmend in der Hüftendoprothetik etabliert. Eine häufig angewendete minimalinvasive Technik ist der anterolaterale minimalinvasive Zugang (ALMI) [3, 32, 33]. Hierbei erfolgt der Zugang zum Gelenk intermuskulär, d. h. ohne Inzision und Ablösen von Muskulatur zwischen den Mm. glutaeus medius und tensor fasciae latae. Trotz der muskelschonenden Technik kann aufgrund des kleinen und internervalen Operationszugangs ein vermehrtes Dehnungstrauma von Muskulatur oder Nervenästen durch den partiell notwendigen stärkeren Retraktorzug nicht ausgeschlossen werden. In der gegenwärtigen Literatur besteht diesbezüglich immer noch ein Mangel des bildmorphologischen In-vivo-Nachweises der tatsächlichen Minimierung des Gewebetraumas durch eine minimalinvasive Technik. Mit der Einführung der MRT in die Endoprothetik existiert jedoch seit neuerem die Möglichkeit, muskuläre Strukturen hinsichtlich operationsbedingter Veränderungen detailliert zu untersuchen [22, 24, 28]. Dabei ist v. a. die muskuläre fettige Atrophie (FA) ein wesentlicher MR-tomographischer Bildgebungsparameter, der aus einer Gewebetraumatisierung resultiert und direkt mit dem funktionellen Outcome korreliert [10].

Traditionell wird neben der minimalinvasiven Chirurgie im deutschsprachigen Raum, aber auch in Europa und Asien, weiterhin der transgluteale (direkt laterale) Zugangsweg, ob original nach Bauer et al. [2] oder in modifizierter Form (mDL), als Standardzugangsweg in der orthopädischen und traumatologischen Chirurgie verwendet [31, 34, 37]. Die Vorteile liegen in einer ausgezeichneten operativen Übersicht, einer geringen operationsbedingten Komplikationsrate und in der Möglichkeit einer problemlosen Zugangserweitung bei Bedarf. Als nachteilig gilt ein häufig einhergehendes schlechteres frühfunktionelles Outcome [40]. Die Wahl, ob Standard- oder minimalinvasiver Zugang, erfolgt meist in Abhängigkeit vom Patienten und dessen individueller pathomorphologischer und anatomischer Gegebenheit. Aus der klinischen Erfahrung ist die minimalinvasive Implantation einer Hüftendoprothese an jüngeren, weiblichen und normgewichtigen Patienten einfacher durchzuführen als insbesondere an übergewichtigen oder muskelkräftigen Patienten, die eine größere operative Herausforderung darstellen.

Unabhängig vom Zugangsweg konnte gezeigt werden, dass ein hoher BMI und ein höheres Alter insgesamt mit einem schlechteren funktionellen Outcome, v. a. mit einer reduzierten Gehstrecke nach einer Hüfttotalendoprothesenoperation einhergehen [5, 16, 27, 29]. Zusätzlich wiesen ältere Patienten ein signifikant häufigeres Auftreten von Hüftgelenkluxationen auf [25]. Aus unserer Sicht sind diese Aspekte am ehesten auf operationsbedingte muskuläre Ursachen zurückzuführen. In diesen Zusammenhang haben wir uns die Frage gestellt, ob zum einen ein höheres operatives Muskeltrauma für ältere und übergewichtigere Patienten in der Hüftendoprothetik existiert und zum anderen gerade diese Patienten von einem minimalinvasiven Zugang profitieren würden. Dabei gilt es zusätzlich nachzuweisen, ob sich durch einen minimalinvasiven Zugang das Muskeltrauma, insbesondere das des M. glutaeus medius, gegenüber einem transglutealen Standardzugang reduzieren lässt.

Material und Methode

Patienten/Prothesen

In dieser Studie wurden 38 Patienten (20 weiblich, 18 männlich) untersucht, denen aufgrund einer primären Koxarthrose eine Hüftendoprothese entweder über einen transglutealen (modifiziert direkt lateral, mDL, n=19) oder einen anterolateralen minimalinvasiven Zugangsweg (ALMI, n=19) implantiert wurde. Das Durchschnittsalter lag bei 65 (35–80 Jahren) und der mittlere Body Mass Index (BMI) bei 27,6 (19,7–37,5 kg/m2). Das schriftliche Einverständnis wurde von allen Patienten erhoben. Die Studie wurde vom Institutional Review Board (EA 1/068/06) genehmigt und beim Deutschen Studienregister angemeldet (German Clinical Trial Register, GCTR, „registry number“ RKS00000152). Ausschlusskriterien waren höhergradige Dysplasiekoxarthrosen (≥Crowe Typ II), Frakturen, die Notwendigkeit für Osteotomien, vorausgegangene Operationen am Hüftgelenk, rheumatoide Arthritis, Arthrose oder ein Gelenkimplantat auf der Gegenseite sowie jede Art von physischer oder psychischer Behinderung.

Implantiert wurde ein zementfreier Geradschaft (Zweymüller®, Smith & Nephew®, Rotkreuz, Switzerland) sowie eine Pressfitpfanne (Allofit®, Zimmer®, Warsaw, Indiana, USA). Alle Operationen wurden durch 2 Operateure (S.T. und C.P.) ausgeführt, die mehr als 1500 Prothesen über entsprechende Zugangswege implantiert hatten.

MRT-Untersuchung

Die Patienten wurden präoperativ sowie 3 und 12 Monate postoperativ mit einem 1,5-Tesla-MR-Tomographen (Symphony, Siemens Medical Solutions, Erlangen, Germany) entsprechend einem Standardprotokoll unter Verwendung einer flexiblen Phased-array-Spule untersucht. Folgende Untersuchungssequenzen wurden verwendet:

  • koronale T1w-Turbospinecho (TSE), 667/12 ms „repetition time/“echo time“, 5 mm „section thickness“, „flip angle“ 150°, field of view (FOV) 400×400 mm, Matrix 512×256;

  • transversale T1w-TSE, 667/12 ms „repetition time“/“echo time“, 6 mm „section thickness“, FOV 420×275,52 mm, Matrix 512×168;

  • „turbo inversion recovery magnitude“ (TIRM), koronale T2w-FSE, 6040/30/150 ms „repetition time“/“echo time“/“inversion time“, 6 mm „section thickness“, „flip angle“ 150°, FOV 400×400 mm, Matrix 512×256;

  • transversale TIRM, 5260/59/150 ms „repetition time“/“echo time“/“inversion time“, 6 mm „section thickness“, FOV 360×270 mm, Matrix 512×154;

  • koronale T2w-FSE, 6040/30/150 ms „repetition time“/“echo time“/“inversion time“, 6 mm „section thickness“, „flip angle“ 150°, FOV 400×400 mm, Matrix 512×256).

Der Frequenz-encoding-Gradient war immer parallel zur Längsachse der Prothese (kraniokaudale Richtung).

Untersuchungsparameter

Beurteilt wurde die fettige Atrophie (FA) des M. glutaeus medius zu den entsprechenden Untersuchungszeitpunkten. Die Graduierung der FA wurde auf axialen T1-gewichteten MR-Bildern vorgenommen, auf Höhe des unteren Drittels der Verbindungslinie zwischen Crista iliaca und Trochanter major. Das vordere, mittlere und hintere Drittel des M. glutaeus medius wurde evaluiert und als Mittelwert zusammengefasst. Das zugrunde liegende Graduierungssystem leitete sich aus dem allgemein verwendeten Einteilungssystem der Rotatorenmanschettenbeurteilung ab [11] und wurde bereits in vorausgegangenen Untersuchungen auf die periartikuläre Hüftgelenkmuskulatur angewendet und etabliert [22, 23, 24, 28]:

  • Grad 0 kein Fettanteil,

  • Grad 1 leichte fettige Streifen,

  • Grad 2 Fett ist ersichtlich, aber weniger als Muskel,

  • Grad 3 gleich viel Fettanteil wie Muskel vorhanden und

  • Grad 4 deutlich mehr Fett als Muskel.

Das Auftreten der fettigen Atrophie wurde in Abhängigkeit vom Body Mass Index (BMI ≥25 kg/m2 übergewichtig und BMI <25 kg/m2 normgewichtig) und des Alters (< und ≥70 Jahre) beurteilt. Zusätzlich wurde der Einfluss des Zugangswegs evaluiert.

Auswertung

Die Auswertung der MRT-Bilder erfolgte unabhängig voneinander durch 2 Radiologen, die zu den patientenspezifischen Daten verblindet waren. Die κ-Statistik wurde zur Ermittlung der Interobserverübereinstimmung verwendet.

Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS (Version 15, SPSS Inc., Chicago, USA). Prä- und postoperative kontinuierlich und normal verteilte Variablen in einer Gruppe wurden mit dem Student’s-t-Test verglichen. Waren die Variablen nicht normal verteilt, wurde der Mann-Whitney-U-Test verwendet. Kontinuierliche Variablen zwischen den Gruppen wurden auch mit dem Student’s-t-Test oder Mann-Whitney-U-Test verglichen. Ein p-Wert kleiner als 0,05 wurde als statistisch signifikant gewertet.

Ergebnisse

In Abb. 1 sind beispielhaft für 2 Patienten prä- und postoperative axiale T1-gewichtete TSE-Bilder auf Höhe des Azetabulums dargestellt. Insgesamt zeigte sich ein signifikanter Einfluss des BMI und des Alters sowie des operativen Zugangswegs auf den Atrophiegrad des M. glutaeus medius.

Abb. 1
figure 1

Patient 1 (a,b, 71 Jahre, BMI 32 kg/m2, transglutealer Zugang): postoperativ deutlich fettige Atrophie (Grad 4) des vorderen Drittels des M. glutaeus medius (b, schwarzer Stern); Patient 2 (c,d), 55 Jahre, BMI 23 kg/m2, ALMI-Zugang): keine degenerativen Veränderungen des M. glutaeus medius. Schwarze Pfeilköpfe M. glutaeus medius, weißer Stern M. glutaeus minimus, BMI Body Mass Index, ALMI anterolateral minimalinvasiv. (Aus [23])

Body Mass Index

Der mittlere BMI der Gesamtgruppe lag bei 27,6 (19,7–37,5 kg/m2). Die Patienten wurden entsprechend des BMI 2 Gruppen zugeordnet:

  • normgewichtige Patienten mit einem BMI <25 kg/m2 (n=16) und

  • übergewichtige mit einem BMI ≥25 kg/m2 (n=22).

Der mittlere BMI in der Gruppe mit BMI <25 kg/m2 betrug 23,7 (19,7–24,9 kg/m2), der mittlere BMI in der Gruppe ≥25 kg/m2 30,4 (25,4–37,5 kg/m2). Signifikante Unterschiede bzgl. Alter (63 Jahre, BMI-Gruppe <25 und 63 Jahre, BMI-Gruppe ≥25), Geschlechterverteilung (BMI-Gruppe <25: 9w, 7m; BMI-Gruppe ≥25: 11w, 11m) und Verwendung des operativen Zugangswegs (BMI-Gruppe <25: 10 lateral, 6 ALMI; BMI-Gruppe ≥25: 9 lateral, 13 ALMI) lagen nicht vor. Postoperativ wurde eine signifikant höhere FA des M. glutaeus medius in der übergewichtigen Gruppe nach 3 und 12 Monaten (p <0,05, Mann-Whitney-U-Test) festgestellt:

BMI-Gruppe ≥25 Mittelwert FA: präoperativ/3/12 Monate 0,2/1,2/1,26; BMI-Gruppe <25 FA 0,08/0,44/0,38). Präoperativ lag kein signifikanter Unterschied vor (p=0,31; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Fettige Atrophie (FA) präoperativ, 3 und 12 Monate postoperativ für Patienten mit BMI <25 und ≥25 kg/m2. Postoperativ signifikant höhere FA in der übergewichtigen Gruppe (p <0,05; Mann-Whitney U Test). BMI Body Mass Index

Die Interobserverübereinstimmung der radiologischen Auswertung war moderat bis ausgezeichnet (κ 0,51–0,89).

Body Mass Index und Zugang

Unterteilt man die Gruppen zusätzlich entsprechend dem Zugangsweg, ergibt sich die Verteilung für 3 Monate postoperativ (Abb. 3). Die höchste FA des M. glutaeus medius lag in der übergewichtigen Patientengruppe mit einem lateralen Zugangsweg (Mittelwert FA 1,8). Für die minimalinvasiv operierten Patienten lag diese in der gleichen Gruppe signifikant niedriger bei 0,9 (p=0,037, Mann-Whitney-U-Test). In der Gruppe mit BMI <25 kg/m2 lag die mittlere FA des M. glutaeus medius nach 3 Monaten bei 0,18 für minimalinvasiv operierte Patienten und 0,6 für Patienten mit mDL-Zugang (p=0,329, Mann-Whitney-U-Test). Es bestand ein signifikanter Unterschied des Atrophiegrads sowohl zwischen übergewichtiger und normgewichtiger Gruppe (mDL p=0,002; ALMI p=0,01) als auch in der übergewichtigen Gruppe bzgl. des Zugangswegs (p=0,03). Kein signifikanter Einfluss des Zugangs bestand hingegen in der normgewichtigen Gruppe (p=0,33; Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Fettige Atrophie (FA) des M. glutaeus medius für die Patienten der BMI-Gruppen <25 kg/m2 und ≥25 kg/m2 3 Monate nach Implantation einer Hüftendoprothese, aufgeteilt nach operativem Zugangsweg. Bei den Patienten mit Übergewicht, die über einen mDL-Zugang operiert worden waren, wurden die höchsten FA-Werte gemessen. BMI Body Mass Index, ALMI anterolateral minimalinvasiv, mDL modifiziert direkt lateral

Patientenalter

Das Durchschnittsalter der Gesamtgruppe lag bei 64 (35–80 Jahren). Die Patienten wurden entsprechend ihrem Alter einer Gruppe <70 Jahre (n=24) und ≥70 Jahre (n=14) zugeordnet. Das Durchschnittsalter der jüngeren Patientengruppe lag bei 58, das der älteren Gruppe bei 74 Jahren. Signifikante Unterschiede bzgl. BMI (jung, BMI 27 kg/m2; älter, BMI 27,6 kg/m2), Geschlechterverteilung (jung, 13w, 11m; älter, 7w, 7m) und Verwendung des operativen Zugangswegs (jung, 11 mDL, 13 ALMI; älter, 8 mDL, 6 ALMI) lagen nicht vor. In der älteren Patientengruppe wurde eine postoperativ signifikant höhere FA des M. glutaeus medius nach 3 und 12 Monaten festgestellt (p=0,03, Mann-Whitney-U-Test; jung: Mittelwert FA präoperativ/3/12 Monate 0,15/0,7/0,7; älter: Mittelwert FA 0,18/1,3/1,36). Präoperativ lag kein signifikanter Unterschied vor (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Graphische Darstellung der FA präoperativ, 3 und 12 Monate postoperativ für jüngere und ältere Patienten. Im älteren Patientenkollektiv war postoperativ eine signifikant höhere FA feststellbar (p=0,03, Mann-Whitney-U-Test). FA fettige Atrophie, J. Jahre

Patientenalter und Zugang

Unterteilt man die Gruppen entsprechend dem Zugangsweg (mDL und ALMI), resultiert die in Abb. 5 vorliegende Verteilung für 3 Monate postoperativ. Die höchste FA zeigte sich in der älteren Patientengruppe mit mDL-Zugangsweg (FA 1,8). Bei den minimalinvasiv operierten Patienten wurden in der gleichen Gruppe signifikant weniger FA-Werte gemessen (MW 0,7; p=0,033, Mann-Whitney-U-Test). In der jüngeren Patientengruppe lag die mittlere FA bei 0,5 (ALMI) und 0,7 (mDL; p=0,803, Mann-Whitney-U-Test). Der Unterschied des Atrophiegrads zwischen jüngeren und älteren Patienten mit lateralem Zugangsweg war ebenfalls signifikant (p=0,024, Mann-Whitney-U-Test)

Abb. 5
figure 5

Fettige Atrophie des M. glutaeus medius für Patienten <70 und >70 Jahre, 3 Monate nach Implantation einer Hüftendoprothese, aufgeteilt nach operativem Zugangsweg (mDL/ALMI). Die höchsten FA-Werte wurden für ältere Patienten gemessen, die über einen mDL-Standardzugang operiert worden waren (p=0,033). ALMI anterolateral minimalinvasiv, mDL modifiziert direkt lateral, FA fettige Atrophie, J. Jahre

Diskussion

Die Ergebnisse dieser Untersuchung belegen den signifikanten Einfluss des BMI und des Alters auf die Ausprägung der postoperativen FA des M. glutaeus medius. Zusätzlich konnte sowohl bei übergewichtigen als auch bei älteren Patienten ein signifikanter Einfluss des operativen Zugangswegs auf den Grad der Atrophie nachgewiesen werden.

Übergewichtige Patienten oder Patienten älter als 70 Jahre hatten gegenüber normgewichtigen und jüngeren insgesamt eine signifikant höhere postoperative Degeneration des M. glutaeus medius. Nach unserem Kenntnisstand ist dieser alters- und gewichtsbedingte Effekt klinisch bisher in der Literatur noch nicht geschildert worden und beruht offensichtlich auf einer höheren Vulnerabilität und einem schlechteren Regenerationsvermögen der Muskulatur älterer und übergewichtiger Patienten. Die ermittelte höhergradige postoperative Muskelatrophie scheint die Ursache für das in anderen klinischen Untersuchungen beschriebene schlechtere postoperativ-funktionelle Outcome älterer und übergewichtigerer Patienten nach primärer Hüftendoprothesenimplantation zu sein [5, 16, 27, 29].

Auf einer höheren muskulären Vulnerabilität und schlechterem Regenerationsvermögen begründet sich höchstwahrscheinlich auch der nachgewiesene signifikante Einfluss des operativen Zugangswegs. So wiesen ältere und übergewichtige Patienten bei Verwendung eines transglutealen Zugangswegs eine signifikant höhere Atrophie auf als unter Verwendung eines minimalinvasiven Zugangs. In der jüngeren und normgewichtigen Patientengruppe konnte dieser signifikante zugangsbedingte Einfluss interessanterweise nicht nachgewiesen werden. Bei diesen Patientengruppen liegt offensichtlich ein noch ausreichendes muskuläres Regenerationspotenzial vor.

Verminderte Regenerationsfähigkeit

Die von uns hier aufgezeigten Ergebnisse spiegeln die Ergebnisse experimenteller Untersuchungen klinisch wieder und können durch diese auch auf pathophysiologischer Ebene erklären werden. So konnte mit Hilfe tierexperimenteller Studien gezeigt werden, dass ein höheres Alter insgesamt mit einem abnehmenden Regenerationsvermögen einhergeht [4, 14, 15, 20, 39]. Dieses altersassoziierte, verminderte Regenerationsvermögen bedingt neben einer geringeren Muskelmasse [39] eine erhöhte Empfindlichkeit der Skelettmuskulatur für Schädigungen [4], eine verminderte Fähigkeit der Muskelregeneration nach Verletzungen [14, 39] sowie eine insgesamt verlängerte Regenerationsphase [20]. Die Ursache für diese verminderte Regenerationsfähigkeit basiert auf zellularbiologischen Veränderungen.

Der Beginn jedes Muskelregenerationsprozesses nach einer Verletzung oder Überbelastung ist die Aktivierung und Proliferation so genannter Satellitenzellen, die sich im Ruhezustand zwischen Muskelfaser und deren Basallamina befinden [13]. Aus diesen Satellitenzellen entwickeln sich neue Myoblasten, die sich wiederum zu neuen Myofibrillen zusammenschließen [13, 30]. Es wurde nachgewiesen, dass eine signifikante Abnahme von Satellitenzellen bei Menschen, die älter als 70 Jahre sind, vorliegt [17], dass diese Satellitenzellen eine insgesamt herabgesetzte Proliferationskapazität haben [35] und Satellitenzellen älterer Menschen eine erhöhte Empfänglichkeit für einen programmierten Zelltod in einem proapoptotischen Milieu (z. B. traumatisiertes Muskelgewebe) aufweisen [15]. Zusätzlich liegt im älteren Skelettmuskel eine geringere Kapillardichte mit einem entsprechend verminderten Level an „vascular endothelial growth factor“ (VGEF) und „messenger ribonucleic acid“ (mRNA) vor [7, 26]. Alle diese Fakten begründen die verminderte Regenerationsfähigkeit und die erhöhte Vulnerabilität der Skelettmuskulatur älterer Menschen, die wie in dieser Untersuchung gezeigt, bei entsprechender Traumatisierung zu einer vermehrten fettigen Degeneration bzw. narbigen strukturellen Veränderung führen.

Übergewicht

Beim übergewichtigen Menschen scheinen ebenfalls Veränderungen auf zellulärer Ebene hinsichtlich muskulärer Regenerationsfähigkeit und Vulnerabilität vorzuliegen. Diese Veränderungen beruhen aber vermutlich auf anderen Ursachen als beim alternden Gewebe und sind insgesamt auch noch unzureichend untersucht. Es ist bekannt, dass gewisse Glukosetransporter, die in regenerativen muskulären Prozessen eine wesentliche Rolle spielen, im adipösen Muskelgewebe reduziert sind [9, 12]. Dadurch sind die zu Regenerationszwecken erforderlichen Stoffwechselprozesse und notwendige Gewebekommunikation vermindert. Es wurde nachgewiesen, dass die mit der Regeneration einhergehende Reinnervation der Muskelfibrille über die motorische Endplatte bei übergewichtigen Patienten reduziert ist [18]. Des Weiteren besteht beim übergewichtigen Patienten häufig eine zunehmende Insulinresistenz, die wiederum zu einer verminderten Expression und Sekretion von Proteinen führt, die im Zusammenhang mit muskulären Regenerationsprozessen stehen [36]. Auch gibt es Hinweise, dass muskuläre Satellitenzellen übergewichtiger Menschen ein anderes Differenzierungspotenzial besitzen als in einem nichtadipogenem Umfeld [8]. Dies alles zusammen sind relativ neue Erkenntnisse, die zwar nicht direkt eine erhöhte Vulnerabilität oder ein vermindertes Regenerationsvermögen von Skelettmuskelgewebe übergewichtiger Patienten belegen, aber sich dennoch gewisse Hinweise ableiten lassen, die die Ergebnisse dieser Arbeit erklären können.

Diese Untersuchung erbringt als erste den bildmorphologischen Nachweis einer Reduktion des Gewebetraumas durch einen minimalinvasiven Zugang.

Das heißt, durch einen minimalinvasiven Zugang ist eine muskelschonendere Implantation tatsächlich möglich. Bisherige Untersuchungen beruhten vordergründig auf indirekten Analysen [1, 6, 38] oder Kadaverstudien [19, 21]. Durch diese Untersuchungsmethoden lassen sich aber keine Aussagen über vergleichende prä- und postoperative strukturelle Veränderungen der Muskulatur und deren Regenerationspotenzial treffen. Gerade hier bietet aber die MRT aufgrund des hervorragenden Weichteilkontrasts eine ausgezeichnete Möglichkeit, die bildmorphologischen Veränderungen darzustellen. Der Vorteil liegt v. a. in der direkten Visualisierung und der Möglichkeit der postoperativen Verlaufsbeurteilung.

Fazit für die Praxis

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass

  • erstens durch einen minimalinvasiven Zugang das Muskeltrauma nachweislich reduziert wird;

  • zweitens ältere und übergewichtige Patienten eine wesentlich höhere postoperative muskuläre Atrophie nach Implantation einer Hüftendoprothese aufweisen als entsprechend normgewichtige und jüngere Vergleichsgruppen;

  • drittens in diesen beiden Gruppen gegenüber normgewichtigen und jüngeren Vergleichsgruppen ein signifikanter Einfluss des Zugangswegs auf das Ausmaß der Degeneration besteht.

Ältere und übergewichtige Patienten haben also eine höhere operative Vulnerabilität und ein schlechteres Regenerationsvermögen ihrer periartikulären Muskulatur. Es lässt sich daraus schlussfolgern, dass gerade bei älteren und übergewichtigen Patienten ein scharfes muskuläres Trauma in Form von Inzisionen oder Ablösen von Muskulatur vermieden werden und, wie die Ergebnisse zeigen, zur maximalen Reduktion des Gewebetraumas ein minimalinvasiver Zugangsweg verwendet werden sollte.