Bei der Rotationsknieprothese Endo-Modell (Abb. 1) ist der Bewegungsablauf durch ein Kreuzgelenk realisiert. Die Indikation zur Implantation einer Rotationsknieprothese besteht nach Nieder [5] bei insuffizientem Bandapparat, ausgeprägten Achsfehlstellungen sowie erheblichen Knochendestruktionen mit Substanzverlust, wodurch die Implantation einer herkömmlichen bandgeführten Endoprothese nicht mehr möglich ist.

Abb. 1
figure 1

Röntgenbild a.-p.(a) und seitlich (b) der Rotationsknieprothese Endo-Modell. Der Schatten im Bereich der medialen Femurkondyle entspricht ausgetretenem Knochenzement

Das Zentrum der Rotationsknieprothese bildet ein T-förmiges Kreuzgelenk. Das Kreuzgelenk besteht aus einer T-Achse, die durch einen transversalen, walzenförmigen Zapfen die Beugebewegung des Gelenks ermöglicht. Durch eine zusätzliche Buchse wird die Rotation auf einem Führungszapfen der tibialen Komponente ermöglicht (Abb. 2, 3).

Abb. 2
figure 2

Rotationsknieprothese Endo-Modell. 1: Zentrierstern zur Zentrierung des Femurschafts, 2: Kunststofflager für die Beugebewegung, 3: Kreuzgelenk, 4: Metallzapfen für Rotationsbewegungen, 5: Fixierschraube, 6: Kunststoffplateau, 7: Zentrierstern zur Zentrierung des Tibiaschafts

Abb. 3
figure 3

Einzelteile des Kreuzgelenks. 1: Mutter, 2: Achsenstift, 3: Kunststofflager, 4: transversaler Zapfen der T-Achse, 5: T-Achse, 6: Rotationsbuchse

Ein postoperativ aufgetretener Buchsenschaden konnte von Zinck u. Sellckau [6] bei 1,7% von 5100 implantierten Rotationsknieprothesen Endo-Modell festgestellt werden. Die Diagnostik von Schäden der Gelenkmechanik sowie deren operative Behebung ist bisher in der Literatur nicht beschrieben worden.

Anamnese und Befund

Bei einer 66-jährigen Patientin wurde im Januar 2003 der Wechsel einer Oberflächenersatzprothese (Typ PFC) auf eine gekoppelte Rotationsknieprothese Endo-Modell wegen Bandinstabilität am linken Kniegelenk an unserer Klinik durchgeführt. Nach intra- und postoperativ komplikationslosem Verlauf stürzte die Patientin im August 2003 auf das operierte Kniegelenk. Seitdem bestehen Belastungsschmerzen sowie ein Instabilitätsgefühl des linken Kniegelenks.

Bei der klinischen Untersuchung konnte beim linken Kniegelenk äußerlich kein sichtbares Hämatom, keine Rötung oder Überwärmung jedoch eine deutliche Weichteilschwellung und ein ausgeprägter intraartikulärer Erguss festgestellt werden, der sich auch sonographisch darstellen ließ. Die weitere Untersuchung ergab einen Druckschmerz im Bereich des medialen und lateralen Gelenkspalts. Der Bewegungsumfang betrug in Extension/Flexion 0–20–90° bei medialer wie auch lateraler Instabilität Grad II. Eine sagittale Instabilität war nicht festzustellen. Der Hauptschmerz ließ sich bei lateraler und medialer Stabilitätsprüfung provozieren.

Die angefertigten Röntgenaufnahmen des linken Kniegelenks in 2 Ebenen waren unauffällig. Insbesondere zeigte sich kein Anhalt für eine Fraktur sowie kein Lockerungszeichen der Endoprothese. Erst mittels Durchleuchtung konnte eine Aufklappbarkeit der Prothese von 10° sowohl medial als auch lateral festgestellt werden.

Operatives Vorgehen

Nach üblichem Zugang nach Payr zum Kniegelenk bestätigte sich eine Lockerung des Kreuzgelenks der Prothese. Eine Lockerung der femuralen sowie tibialen Prothesenkomponenten konnte nicht festgestellt werden. Nach Luxation der beiden Prothesenkomponenten wurde die T-Achse bis zum Beugestellungsanschlag geschwenkt. Hierdurch wurde die Befestigungsmutter der T-Achse sichtbar. Diese konnte mit dem Stößel links herum gelöst werden. Die Rotationsbuchse wurde mit der Extraktionszange vorsichtig herausgezogen (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Herausziehen der Rotationsbuchse mit der Extraktionszange

Der Achsenstift ist nur mit einer Spezialzange zu entfernen. Die Bohrlehre wurde nun lateral bei einem rechten Knie und medial bei einem linken Knie auf die Kondyle aufgesetzt. Die Kondyle ließ sich mit der Hohlfräse bis an die Prothese durchbohren. Dann konnte die Polyäthylenabdeckung der Achse entfernt und der transversale Zapfen bei einem rechten Knie nach lateral bzw. bei einem linken Knie nach medial herausgeschoben werden (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Herausschieben der Achse nach lateral. Der Kirschner-Draht im Bereich der Tuberositas tibiae wurde vorübergehend zur Stabilisierung des Patellasehnenansatzes eingesetzt

Sowohl die T-Achse als auch die Kunststofflager sind zu entfernen (Abb. 6). Die neuen Kunststofflager sowie die T-Achse wurden von innen eingesetzt und montiert. Danach wurde der transversale Zapfen mit dem Ausrichtungsdorn justiert, die Polyäthylenabdeckung aufgesetzt und der Achsenstift eingesetzt. Es ist darauf zu achten, dass der Achsenstift in Position bleibt. Die neue Rotationsbuchse wurde vorsichtig soweit eingesetzt, bis das Haltegewinde gerade eben aus der T-Achse herauskam. Die T-Achse wurde in Beugestellung gebracht und die Mutter über das Haltegewinde platziert. Abwechselnd wurde nun vorsichtig die Mutter angezogen und die Buchse tiefer eingeschoben, bis die Rotationsbuchse ganz eingesetzt war. Die Mutter konnte mit dem Stößel fest angezogen werden. Schließlich wurde der ausgefräste Kondylendeckel aufgesetzt (Abb. 7).

Abb. 6
figure 6

Femurale Prothesenkomponente mit komplett ausgebautem Kreuzgelenk (oben). Die tibiale Prothesenkomponente ist unten zu sehen

Abb. 7
figure 7

Aufsetzen des ausgefrästen Kondylendeckels nach Wechsel des Kreuzgelenks

Das neue Tibiaplateau wurde eingesetzt und die Femur- und Tibiakomponente wurden reponiert. Es zeigte sich bei erneuter Stabilitätsprüfung ein fester Sitz der Gelenkteile. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Die Patientin konnte ohne Probleme unter Vollbelastung mobilisiert werden, die präoperativ bestehende schmerzhafte Instabilität des Kniegelenks war behoben.

Diskussion

Nach Implantation einer Knieendoprothese kann eine Vielzahl von Komplikationen auftreten. Im Patientenkollektiv von Zinck u. Sellckau [6] zeigten sich bei 5100 implantierten Rotationskniegelenkprothesen Endo-Modell postoperative Komplikationen wie Schmerzen im Femoropatellargelenk in 3,9%, tiefe Infektionen in 1,6%, aseptische Lockerungen in 1,0%, Nervenalterationen in 0,8%, Luxationen in 0,8%, Femurfrakturen in 0,2% sowie Fehlstellungen in 0,1% der Fälle. Bei 1,7% der implantierten Prothesen kam es postoperativ zu einem Buchsenschaden. Diese vergleichsweise hohe Komplikationsrate zeigte sich hauptsächlich in den Anfangsjahren des Prothesenmodells. Durch Änderungen der Konstruktion konnte eine Schädigung der Rotationsbuchse deutlich vermindert werden.

In manchen Fällen sind die Ursachen für auftretende Beschwerden nach Implantation einer Knieendoprothese schwer festzustellen. Eine wichtige Differenzialdiagnose ist die Abgrenzung der Mechanikschädigung von der Lockerung der Prothesenkomponenten. Bei entsprechenden klinischen Beschwerden kann im Nativröntgenbild ein Lysesaum an den Grenzschichten Knochen–Pallacos oder Pallacos–Prothese auf eine Prothesenlockerung hinweisend sein. Zusätzlich können durch dynamische Untersuchungen unter Durchleuchtung Hinweise für die Differenzierung einer Lockerung der Prothesenkomponenten oder eine Instabilität der Gelenkmechanik erkannt werden, wodurch unnötige Prothesenwechsel vermeidbar sind.

Eine weitere diagnostische Hilfe zur Feststellung einer Prothesenlockerung bietet die Skelettszintigraphie. Bohatyrewicz et al. [2] berichten über eine hohe Sensitivität, Spezifität sowie Genauigkeit der Dreiphasenskelettszintigraphie bei Patienten mit septischer und aseptischer Prothesenlockerung. Zur Unterscheidung von infizierter und nichtinfizierter Prothesenlockerung geben erhöhte Entzündungsparameter nach Laboruntersuchung Hinweise für eine septische Prothesenlockerung. Bei Verdacht auf eine septische Lockerung sollte präoperativ eine Gelenkpunktion mit mikrobiologischer Untersuchung des Punktats durchgeführt werden.

Nach Manthey et al. [4] wird die Fluorodeoxyglucose-Positronenemissionstomographie (FDG-PET) als eine hilfreiche Methode zur Differenzierung von septischer und aseptischer Prothesenlockerung diskutiert. Letztendlich kann intraoperativ der Prothesensitz durch Zug an den Prothesenkomponenten bzw. die Stabilität des Kreuzgelenks geprüft werden.

Hassenpflug [3] empfiehlt, auf die Vorteile der Rotation zu verzichtet und die Anwendung einer Knieprothese mit Scharnierachse in Erwägung zu ziehen, wenn sich intraoperativ in Streckstellung bei implantierter Rotationsknieprothese ein deutlich instabiles Spannungsverhältnis zwischen Femur- und Tibiakomponente bei extrem insuffizienten muskulären und ligamentären Verhältnissen ergibt.

Wir konnten mit diesem Fall zeigen, dass bei Schädigung des Kreuzgelenks der Rotationsknieprothese kein Austausch der femuralen und tibialen Prothesenkomponente durchgeführt werden muss, sondern lediglich ein Wechsel der Gelenkmechanik erfolgen sollte.

Fazit für die Praxis

Die Beschädigung der Gelenkmechanik bei der Rotationsknieprothese ist eine seltene Komplikation, die operativ leicht behandelt werden kann. Wichtig ist neben einem möglichen Knietrauma in der Vorgeschichte eine genaue präoperative Diagnostik. Wesentliche klinische Hinweise für eine Schädigung der Gelenkmechanik sind Schmerzen während medialer und lateraler Stabilitätsprüfung bei deutlicher Instabilität des Kniegelenks. Zur genaueren Beurteilung der medialen und lateralen Aufklappbarkeit der Prothese ist die dynamische Untersuchung unter Durchleuchtung hilfreich. Somit kann der Eingriff gezielter vorbereitet werden und intraoperativ bei bestätigtem Verdacht der Mechanikschädigung des Kreuzgelenks ein isolierter Austausch vorgenommen werden.