Zusammenfassung
Klinisches Problem
Der Normaldruckhydrozephalus („normal pressure hydrocephalus“, NPH) ist eine Erkrankung des älteren Menschen (ab der 6. Dekade) mit steigender Prävalenz im Alter und gehört zu den wenigen behandelbaren Demenzursachen. Unbehandelt führt der NPH häufig zu schweren motorischen, psychomotorischen und irreversiblen kognitiven Defiziten. Die Pathogenese der Erkrankung ist bis heute nicht vollständig geklärt. Klinisch zeigt die Erkrankung einen langsamen Progress mit Gleichgewichts-/Gangstörungen als Hauptsymptom, später folgen Urininkontinenz und kognitive Einbußen. Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zur Parkinson-Krankheit (ähnliches Gangbild), Alzheimer- und vaskulären Demenz, nicht zuletzt wegen der häufigen Komorbidität.
Radiologische Standardverfahren
Radiologisches Standardverfahren zur NPH-Abklärung ist die konventionelle Schnittbildgebung (CT oder MRT), hier liegt definitionsgemäß eine Ventrikulomegalie vor (Cella-media-Index < 4, Evans-Index > 0,3), in klassischen Fällen ein Mismatch zwischen weiter sylvischer Fissur und engen Konvexitätszisternen („DESH-pattern“, DESH „disproportionately enlarged subarachnoid-space hydrocephalus“). Radiologisch wichtig ist die Abgrenzung zur Atrophie.
Methodische Innovationen
Spezielle MRT-Techniken lassen nähere Aussagen über den Liquorfluss zu, haben sich aber bislang nicht als Standard in den Leitlinien zur NPH-Diagnostik durchgesetzt.
Bewertung/Empfehlung
Neben der konventionellen Schnittbildgebung sind klinische Tests, z. B. Ganganalyse und neuropsychologische Untersuchung sowie invasiv diagnostische Tests wie Liquorablassversuche und Lumbaldrainagen etablierte Verfahren und geben präoperativ Aufschluss über den möglichen Erfolg einer Shuntoperation. Bei differenzierter Patientenselektion gilt die ventrikuloperitoneale Shuntoperation, auch dank Weiterentwicklungen der Shuntventiltechnik, als einzige bewährte NPH-Therapie mit hohen Erfolgsraten.
Abstract
Clinical issue
Normal pressure hydrocephalus (NPH) is a disorder found mainly in the elderly (> 60 years) with an increasing prevalence with age and is one of the few treatable causes of dementia. If untreated NPH often leads to severe motor, psychomotor and irreversible cognitive deficits. The pathogenesis is not yet fully understood. Clinical symptoms consist of the (not always complete) classical triad of equilibrium and gait disturbances followed later by incontinence and dementia. Symptoms often show a gradual progression to irreversibility in non-treated patients; therefore, early diagnosis and treatment are mandatory. Important differential diagnoses are Parkinson’s disease (similar gait), Alzheimer’s disease and vascular dementia, not least due to the high comorbidity of these conditions with NPH.
Standard radiological methods
The standard radiological method for evaluation of NPH is conventional cross-sectional imaging that typically shows ventriculomegaly (Evans’ index > 0.3 and cella media index < 4) often combined with the so-called disproportionately enlarged subarachnoid space hydrocephalus (DESH) pattern (tight convexity sulci and enlarged sylvian fissure). These findings should be differentiated from ventriculomegaly in atrophy combined with enlarged convexity sulci.
Methodical innovations
Special magnetic resonance imaging (MRI) techniques can be used to evaluate cerebrospinal fluid (CSF) flow but are not yet part of the diagnostic guidelines.
Achievements/practical recommendations
Combined with cross-sectional imaging, well-established clinical and invasive diagnostic tests, such as repeated spinal tap or lumbar drainage with re-evaluation of clinical symptoms lead to a diagnosis and help with preoperative patient selection for CSF diversion. Ventriculoperitoneal CSF shunting has proven to be safe and is the only known successful therapy for NPH.
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Erstmalig beschrieben wurde der Normaldruckhydrozephalus („normal pressure hydrocephalus“, NPH) von Adams et al. [1] im Jahr 1965. Bei unbekannter Ursache wurde das Krankheitsbild als idiopathisch angesehen und wird häufig auch heute noch als idiopathischer oder primärer Hydrozephalus bezeichnet. Unter dem Begriff des sekundären Hydrozephalus werden verschiedene Krankheiten unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese subsumiert mit z. T. variabler klinischer Symptomatik. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dem primären oder idiopathischen Normaldruckhydrozephalus.
Symptomatik
Das klinische Bild des NPH setzt sich aus der typischen Trias
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Gang/Gleichgewichtsstörung,
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Inkontinenz und
-
Demenz
zusammen. Diese wird nach dem Erstbeschreiber als Hakim-Trias bezeichnet.
Die klinische Symptomatik ist langsam progredient, tritt selten synchron und nur in 48 % vollständig auf [11]. Das Krankheitsbild ist daher gerade im Anfangsstadium klinisch schwierig zu diagnostizieren. Die sekundären Hydrozephalusformen können abhängig von der Ursache der Liquorzirkulationsstörung in jedem Lebensalter auftreten. Typischerweise manifestiert sich ein NPH ab der 6. Lebensdekade. Die Angaben zur Prävalenz schwanken z. T. mangels einheitlicher Diagnosekriterien epidemiologischer Studien aus den Jahren 1985 bis 2009 zwischen 0,41 und 2,94 % mit einem Durchschnittswert von etwa 0,76 % [10, 17, 30]. Die Prävalenz steigt mit dem Alter und liegt bei > 80-Jährigen bei etwa 5,9 % [8, 20].
Bei der Diagnosestellung sollten 2 der 3 klinischen Kriterien erfüllt sein, wobei die Gleichgewichts-/Gangstörung obligat ist und typischerweise das früheste und klinisch führende Symptom darstellt [9, 14, 16]. Es handelt sich um ein primär leicht auffälliges, im weiteren Verlauf breitbasiges und kleinschrittiges, „trippelndes“ Gangbild mit besonderen Schwierigkeiten bei der Drehung um die eigene Achse, was (trotz Fehlen von Tremor und Rigidität) zur Fehldiagnose einer Parkinson-Erkrankung führen kann.
Die Inkontinenzsymptome sind initial neurogen autonom bedingt und beginnen häufig als Pollakisurie und imperativer Harndrang. Durch diese Symptome und die oben beschriebene Gangstörung ist das Sturzrisiko betroffener Patienten auf dem Weg zur Toilette erhöht. In späteren Stadien verhindert ein Frontallappendefizit häufig das Bewusstwerden des Harndrangs.
Die demenziellen Symptome variieren, häufig finden sich ein frontosubkortikales Profil, Verlust von Spontanität, psychomotorische Verlangsamung, depressive Verstimmung bis zur Apathie, aber auch Einbußen im Kurzzeitgedächtnis [9]. Die kognitiven Veränderungen sind manchmal schwierig von der Alzheimer- oder der vaskulären Demenz zu differenzieren und können zudem koinzident vorliegen [23]. Unbehandelt verläuft der NPH häufig progredient bis hin zur Gehunfähigkeit und zu schweren, irreversiblen kognitiven Defiziten. Insgesamt gehört der NPH aber zu den wenigen behandelbaren Demenzursachen.
Pathogenese
Die Pathogenese des NPH ist bis heute nicht gänzlich verstanden. Wie der Name bereits sagt, liegt der gemessene Liquordruck der Patienten meist im Normbereich oder zeigt allenfalls eine geringe Erhöhung (per Definition < 25 cm H2O; Normbereich beim Gesunden < 18 cm H2O), während die pulsatilen Druckwellen höher liegen. Es existieren zahlreiche Hypothesen zur Entstehung des NPH. Initial wird meist eine verminderte Liquorresorption angenommen, wodurch Liquorvolumen und intrakranieller Druck ansteigen. Hierdurch steigt auch die transvenoläre Resistenz mit Verminderung der Pulsatilität der kortikalen Venen v. a. am Scheitel und um den Sinus sagittalis superior [2, 3]. Folge ist eine Verringerung sowohl des zerebralen Blutflusses als auch der Liquorpulsation über der Konvexität. Es kommt zum Liquor-“backwash“ in das Ventrikelsystem und zur Dilatation. Die Kraft des chronisch erhöhten intraventrikulären Drucks wird hypothetisch auf die peri- und paraventrikuläre weiße Substanz übertragen, kann eine Liquordiapedese durch die Ventrikelwände verursachen und führt konsekutiv zu verminderter Perfusion und Affektion der periventrikulären Corona radiata mit Gangstörung als Folgesymptom.
Bateman [2] konnte zeigen, dass die Pulsatilität der kortikalen Venen bei NPH-Patienten um 43 % (signifikant) niedriger war im Vergleich zu Patienten mit Mischdemenz (Alzheimer/vaskulär). Nach Shuntoperation nahm die Pulsatilität in den kortikalen Venen der NPH-Patienten wieder um 186 % zu und glich sich dem Sinus sagittalis superior und wieder den gesunden Kontrollen als auch den Demenzpatienten an. Dies lässt beim NPH auf einen erhöhten Druckgradienten zwischen dem Liquorraum und den kortikalen Venen als auch dem Sinus sagittalis superior schließen, was im Tiermodell durch Kanülierung der entsprechenden Kompartimente nachgewiesen werden konnte [24]. Folgen solcher erhöhter Druckgradienten sind ein reduzierter Liquorabfluss in das venöse System (Malresorption), gesteigerter intraventrikulärer Druck und Ventrikeldilatation, reduzierter Blutfluss und in der Folge die Atrophie durch chronische Hypoxie.
Radiologische Diagnostik
Bildmorphologisch geht der NPH per Definition mit einer Ventrikulomegalie einher, die mittels CT oder MRT nachgewiesen werden kann (Abb. 1). Typischerweise liegen rundlich verplumpte Frontal- und Temporalhörner vor. Die Ventrikeldilatation steht dabei im Missverhältnis zu den eher verengten vertexnahen Sulci (Abb. 2, Abb. 3), anders als bei der Hirnatrophie, hier findet sich Kombination aus Ventrikulomegalie und sulkaler Erweiterung vertexnah (Abb. 3).
Evans [12] beschrieb 1942 eine Messmethode für die Ventrikelweite bei Kindern im Pneumenzephalogramm, den sogenannten Evans-Index, der das Verhältnis des maximalen Durchmessers der Frontalhörner zum maximalen inneren Schädelquerdurchmesser angibt und später auch auf die Computertomographie und die MR-Bildgebung übertragen wurde [28]. Der Cella-media-Index stellt einen weiteren Index zur Messung der Ventrikelweite dar (Abb. 1) und kann als Quotient aus biparietalem Kalottendurchmesser und maximalem Durchmesser der Cella media bei gleicher Schichtposition berechnet werden. Ein Evans-Index > 0,3 und ein Cella-media-Index < 4 sind charakteristisch für eine Ventrikulomegalie.
In koronarer Schnittführung sind beim NPH die Ventrikulomegalie sowie ein Missverhältnis zwischen den engen vertexnahen Sulci und einer weiten sylvischen Fissur, ein sogenanntes „disproportianately enlarged subarachnoid-space hydrocephalus (DESH) pattern“ [15] festzustellen. Daneben gilt eine V-förmige Deformation des ausgedünnten Corpus callosum < 90° (Messung Höhe posteriore Kommissur senkrecht zur ACPC-Ebene) als pathologisch [18]. Die Kombination des V-förmigen Balkens mit den engen Vertexsulci wird auch „ tight convexity“ genannt (Abb. 2, Abb. 3). Zudem konnte gezeigt werden, dass beim NPH-Syndrom eine Abflachung der Hypophyse („partial empty sella“) signifikant häufiger mit einem Ansprechen auf einen Liquorablassversuch einhergeht [31].
Im sagittalen Bild lassen sich beim NPH oft eine Anhebung des oft auch ausgedünnten Corpus callosum, eine Erweiterung der anterioren Anteile des III. Ventrikels und eine Verkürzung der mamillopontinen Distanz auf < 1 cm abgrenzen. Die Distanz zwischen Corpus callosum und Fornix ist dabei erweitert.
Liquorflussuntersuchungen
Zur Liquorflussuntersuchung existieren unterschiedliche invasive und nichtinvasive Techniken.
In den 1960er Jahren war die Isotopenzisternographie nach intrathekaler Radionuklidapplikation eine invasive Möglichkeit, den Liquorfluss zu bestimmen. Hierbei wurde die Verteilung des Radionuklids im Liquorraum 4, 24, 48 und 96 h nach Applikation quantifiziert. Beim NPH konnte bei 41 % der Patienten bereits nach 24 h eine Radionuklidakkumulation im Ventrikelsystem mit fehlender Passage über die Konvexitäten zum Vertex dokumentiert werden, während bei gesunden Patienten die Radionuklidverteilung über die Konvexitäten zum Vertex ohne Akkumulation im Ventrikelsystem erfolgte [4]. Aufgrund der Invasivität und des niedrigen prädiktiven Wertes der Untersuchung besitzen die Isotopen- und die CT-Zisternographie heute allerdings keinen relevanten Stellenwert in der NPH-Diagnostik [11, 19].
Liquorinfusionstests zur Messung der Liquorresorptionskapazität sowie die kontinuierlichen Liquordruckmessungen über invasiv eingebrachte epidurale, intraparenchymatöse oder intraventrikuläre Sonden stellen technisch aufwendige und invasive Tests aus den 1970er- bis 1990er Jahren dar, die in der Routineabklärung des NPH heute ebenfalls keine mehr Rolle spielen [11].
Liquorflussuntersuchungen mit der MRT erfolgten initial anhand nicht flusskompensierter Spinechosequenzen. Hier macht man sich bis heute die flussbedingten Signalauslöschungen („flow voids“ oder Jetphänomene) zunutze, so z. B. im Aquädukt als Flussnachweis ohne quantitative Aussage über Flussmenge oder -richtung [6]. Neben konventionellen Spinechosequenzen (Abb. 2, Abb. 4) werden aber auch moderne 3-D-Turbospinecho-T2w-Sequenzen wie z. B. SPACE („sampling perfection with application optimized contrasts using different flip angle evolution“) eingesetzt, um Jetphänomene sichtbar zu machen (Abb. 5).
Die Weiterentwicklung der Phasenkontrast-MR-Angiographie ermöglicht auch die Messung des Liquorflusses (PC-MRT). Diese Technik liefert Flussbilder mit Angabe von Fluss, Flussrichtung und Volumen (Abb. 2 g, Abb. 4 c, f, Abb. 6). So konnte mittels PC-MRT gezeigt werden, dass NPH-Patienten, die auf eine Shuntoperation klinisch gut ansprechen, mindestens eine Verdoppelung des Aquäduktschlagvolumens von gesunden Kontrollen besitzen (These des hyperdynamischen Liquorflusses) und sich die Messung des Liquorschlagvolumens durch den Aquädukt als möglicher Selektionsparameter für die Shuntoperation anbietet [7]. Das Ansprechen auf die Shuntoperation wurde darauf zurückgeführt, dass eben jene NPH-Patienten mit (noch) hyperdynamischem Fluss im Aquädukt eine Ventrikulomegalie und nur wenig Atrophie als Kompensationsmechanismus aufwiesen. Umgekehrt konnte an NPH-Patienten, die eine Shuntoperation ablehnten, im Verlauf ein Progress der klinischen Symptome beobachtet werden, und in dieser Gruppe nahm das in der PC-MRT ermittelte Liquorschlagvolumen nach einem initialen Anstieg und einer Plateauphase wieder ab – möglicherweise Folge der Atrophie durch die druckassoziierte Störung der Mikrozirkulation [26].
Allerdings ist die PC-MRT-Technik in der Routinediagnostik nicht überall verfügbar und liefert teilweise geräteabhängige Ergebnisse.
Eine neue Entwicklung zur Liquorflussdarstellung im MRT stellt die Time-spatial-labeling-inverson-pulse-Technik (Time-SLIP) dar, die mit der Arterial-spin-labeling-Technik vergleichbar ist. Mit dieser Technik kann Liquorfluss für wenige Sekunden visualisiert werden und ermöglicht dadurch eine visuelle Analyse von Flussmustern. So konnte bei NPH-Patienten gegenüber gesunden Patienten ein geringerer Reflux durch die Foramina Monroi in die dilatierten Seitenventrikel visualisiert werden. Ebenso wurde die Reversibilität dieses Flussmusters nach Shunteinlage bereits mittels Time-SLIP dokumentiert [5, 32]. Möglicherweise kann diese Technik zum besseren Verständnis der immer noch kontrovers diskutierten Pathophysiologie des Normaldruckhydrozephalus beitragen. Hinsichtlich der diagnostischen Wertigkeit sind künftige Studien abzuwarten.
Klinische Diagnostik und Therapie
Häufig erfolgen ein- oder mehrmalige, großvolumige, diagnostische (und zugleich therapeutische) Liquorablassversuche (40–50 ml) oder die vorübergehende Anlage einer externen lumbalen Liquordrainage zur Evaluation eines möglichen Ansprechens auf einen ventrikuloperitonealen (VP-) Shunt. Die Resultate dieser Liquorablässe („spinal tap test“) können mit weiteren klinischen Untersuchungen wie z. B. Ganganalyse und neuropsychologischen Tests objektiviert werden. Zeigen Patienten eine Verbesserung der Symptomatik, wird in der Regel eine ventrikuloperitoneale Shunteinlage als Dauertherapie und einzige bislang bewährte Therapie veranlasst.
Prognose
Bekanntermaßen zeigen NPH-Patienten auf die VP-Shunt-Behandlung klinisch ein unterschiedlich gutes Ansprechen. Dies hängt sicherlich auch mit der schwierigen Patientenselektion zusammen. Je besser die präoperative Diagnostik und je früher die Diagnosestellung, desto höher ist im Allgemeinen die Ansprechrate. Auch beim NPH sollte deshalb in gewisser Weise die Devise „time is brain“ Anwendung finden.
Schwierigkeiten in der Selektion bereitet u. a. die häufige Komorbidität der Demenz vom Alzheimer-Typ. Savolainen et al. [25] zeigten bereits 1999, dass bei etwa 50 % der Patienten, die während einer NPH-Shuntoperation eine Hirnbiopsie erhielten, histopathologische Anhaltspunkte für eine Alzheimer-Erkrankung bestanden und kein gutes Ansprechen auf die Shuntoperation folgte. Weitere histopathologische Korrelationsstudien lieferten vaskuläre Veränderungen bei 60 % der NPH-Patienten und eine Alzheimer-Pathologie in 40–75 % der Biopsien/Autopsien [13, 23]. Eine 2012 publizierte Metaanalyse aus insgesamt 64 Beobachtungsstudien (1966–2010) mit 3063 Shunt-versorgten NPH-Patienten zeigte eine klinische Verbesserung 3 Monate postoperativ bei 71 % der Patienten, die Mortalität lag im Durchschnitt bei 1 %. Die Ansprechrate im längerfristigen Verlauf (bis > 3 Jahre nach Shuntoperation) lag bei durchschnittlich 65 %, die Shuntrevisionsrate bei durchschnittlich 16 %. Bei der Betrachtung der jüngeren Studien von 2006–2010 (28 Studien, 1505 Patienten) ergab sich eine durchschnittliche klinische Verbesserung bei 82 % der Patienten 3 Monate postoperativ, 82 % ein Jahr postoperativ und in 5 Studien mit längerfristiger Beobachtung ein positives Outcome bei 72 % der behandelten Patienten [29]. Die in den jüngeren Studien beschriebene durchschnittliche Mortalität liegt bei etwa 0,2 %. Die Gesamtkomplikationsrate lag in dieser Metaanalyse bei etwa 8,2 %, wobei Subduralhämatome/Überdrainagen in 4,5 % und Shuntinfektionen in 3,5 % ursächlich waren, aber auch Schlaganfälle und Epilepsie beobachtet wurden. Andere jüngere Studien zeigen Komplikationsraten < 20 % [21], gegenüber Komplikationsraten von bis zu 40 % in einer Metaanalyse älterer Studien [16]. Neben besseren Operationstechniken trug die Weiterentwicklung der Shuntventiltechnik in den letzten Jahrzehnten ebenfalls zur Senkung der Komplikations- und Revisionsraten bei. So senken schwerkraftgesteuerte Ventile das Überdrainagerisiko und verstellbare Ventile lassen einen gewissen Anpassungsspielraum ohne erneute Operation zu. Nutzen-Risiko-Analysen lassen gemäß der Literatur keinen Zweifel, dass die operative Therapie einer konservativen Therapie oder dem natürlichen Verlauf überlegen ist [22, 27].
Fazit für die Praxis
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Der Normaldruckhydrozephalus (NPH) gehört zu den wenigen behandelbaren Demenzursachen und zeigt eine steigende Prävalenz im Alter (5,9 % > 80 Jahre).
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Die Pathogenese des NPH ist bis heute nicht ganz klar.
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Hauptsymptom der häufig unvollständigen klinischen Trias ist die Gangstörung, gefolgt von Harninkontinenz und Demenz.
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Bildgebend liegt eine Ventrikulomegalie vor, oft gepaart mit engen Konvexitätszisternen bei weiter sylvischer Fissur. Liquorflussmessungen im MRT existieren und sind Gegenstand aktueller Forschungen, aber bislang keine Standardtechniken gemäß Leitlinien.
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Klinische und invasive diagnostische Tests (Liquorablass) unter Reevaluation der Symptome sind etablierte Verfahren und helfen bei der Selektion geeigneter Patienten für eine Operation.
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Bei guter Patientenselektion und frühzeitiger Diagnose gilt die ventrikuloperitoneale Shuntoperation mittlerweile als sichere und bislang einzige bewährte NPH-Therapie mit hohen Erfolgsraten.
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Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. J.M. Lieb, C. Stippich und F.J. Ahlhelm geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Lieb, J., Stippich, C. & Ahlhelm, F. Normaldruckhydrozephalus. Radiologe 55, 389–396 (2015). https://doi.org/10.1007/s00117-014-2797-1
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