Eine Vielzahl von Untersuchungen belegt einen Zusammenhang zwischen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und einer erhöhten Morbidität für körperliche Erkrankungen [5, 20]. PTBS-Patienten leiden stärker unter körperlichen Beschwerden [8] und nutzen deutlich häufiger medizinische Behandlungseinrichtungen [8, 18, 19, 20]. Selbst im Vergleich mit Patienten anderer psychiatrischer Erkrankungen wie Angststörungen weisen PTBS-Patienten eine geringere gesundheitsbezogene Lebensqualität [21], eine schlechtere körperliche Gesundheit [27] und eine höhere Komorbidität mit körperlichen Erkrankungen auf [26]. Bisherige Erklärungsansätze für diesen Zusammenhang gehen davon aus, dass ein chronisch erhöhtes Stressniveau und neurobiologische Veränderungen bei PTBS-Patienten eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Folgeerkrankungen spielen [7, 10].

Dementsprechend sind Patienten mit PTBS häufiger in somatischen Behandlungseinrichtungen anzutreffen [19]. Nur wenige Studien beschäftigen sich bislang mit der Frage nach der Prävalenz von Patienten mit Traumaerfahrungen und PTBS in allgemeinmedizinischen Einrichtungen bzw. Praxen. In Studien, die eine PTBS über Selbstberichtsverfahren erfassen, schwanken die Prävalenzen: Gillock et al. [8] fanden Raten von 9 % für eine vollständige und 25 % für eine partielle PTBS. In einer großen israelischen Studie von Taubman-Ben-Ari [24] berichteten 23 % der Befragten traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit, wobei in dieser Gruppe 37 % der Männer und 40 % der Frauen PTBS-Symptome aufwiesen. Liebschutz et al. [12] ermittelten in ihrer Stichprobe Traumaerfahrungen bei 79 % der Befragten und insgesamt eine PTBS-Rate von 23 %. Die Studie von Stein et al. [23] fand bei 66 % der Patienten mindestens ein Trauma in der Biografie. 12 % aller Teilnehmer litten unter einer vollständigen oder partiellen PTBS. In der Studie von Bruce et al. [1] berichteten 83 % mindestens ein traumatisches Ereignis und bei 37 % konnte eine PTBS diagnostiziert werden. Bei Löwe et al. [13] lag die PTBS-Rate bei 9 % und zusätzlich wiesen 18 % Traumaerfahrungen ohne PTBS-Symptome auf.

Psychische Erkrankungen werden in allgemeinmedizinischen Praxen häufig übersehen

Allerdings ist bekannt, dass psychische Erkrankungen in allgemeinmedizinischen Praxen häufig übersehen werden [3]. Dies gilt insbesondere auch für die PTBS: In der Studie von Liebschutz et al. [12] hatte nur knapp die Hälfte (11 % von 23 %) der Patienten, denen nach dem klinischen Interview eine PTBS bescheinigt wurde, eine offizielle PTBS-Diagnose. In der Studie von Taubman-Ben-Ari [24], die eine PTBS über Selbstberichte erfasste, wurde bei nur 2 % der Patienten, die die Diagnosekriterien einer PTBS erfüllten, diese Diagnose auch vom Arzt festgestellt.

Es werden verschiedene Gründe dafür diskutiert, dass PTBS im allgemeinmedizinischen Kontext häufig nicht diagnostiziert werden. Munro et al. [16] sind der Frage nachgegangen, ob Allgemeinmediziner möglicherweise mit den Diagnosekriterien einer PTBS nicht genug vertraut sind, im Gegensatz zu anderen psychischen Erkrankungen. Tatsächlich konnten sie nachweisen, dass zwar 90 % der Allgemeinmediziner in ihrer Studie eine Depression direkt diagnostizierten, aber nur 28 % eine PTBS. Davidson und Conner [2] haben ebenfalls auf die geringe Vertrautheit der Allgemeinmediziner mit der PTBS-Diagnose und ihren vielfältigen Auswirkungen auf die Gesundheit Bezug genommen. Sie schlussfolgern, dass dies der Grund dafür sein könnte, dass Patienten in allgemeinmedizinischen Einrichtungen nur selten nach traumatischen Erlebnissen in der Biografie befragt werden. Hinzu käme der Faktor Zeitmangel, der eine komplexe medizinische Anamnese inklusive Traumaerfahrungen ohnehin deutlich erschwere.

Ziel der vorliegenden Studie war es, die Prävalenzen von Traumaerfahrungen, posttraumatischen Belastungssymptomen und körperlichen Beschwerden bei Patienten in drei allgemeinmedizinischen Praxen in Mecklenburg-Vorpommern zu erheben, und zu überprüfen, inwiefern sich diese Zahlen mit den diagnostischen Einschätzungen der behandelnden Hausärzte decken.

Methodik

Stichprobe

Diese Fragestellungen wurden in einer retrospektiven Fragebogenstudie zwischen Oktober 2014 und Januar 2015 in drei allgemeinärztlichen Praxen (A, B, C) mit insgesamt fünf Ärzten (eine Einzel- und zwei Doppelarztpraxen) in Stralsund durchgeführt. Teilnehmen konnten Patienten jedes Alters, die fließend Deutsch sprachen und am jeweiligen Tag Arztkontakt hatten. Ausschlussgründe waren mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache, eine vorliegende Demenzerkrankung und ein Aufsuchen der Praxis ohne Arztkontakt.

Die Patienten wurden bei der Anmeldung vom Sprechstundenpersonal zur Teilnahme an der Studie eingeladen. Sie bekamen dann bei Interesse ein Informationsschreiben über Hintergründe und Ziele der Studie, eine Einwilligungserklärung und den Patientenfragebogen ausgehändigt. Die Instruktion zur Bearbeitung befand sich auf den Fragebögen. Die ausgefüllten Einwilligungserklärungen und Patientenfragebögen wurden beim Sprechstundenpersonal gesammelt.

Die Stichprobe bestand aus 400 Patienten aus drei allgemeinmedizinischen, ambulanten Arztpraxen (A: n = 199; B: n = 128; C: n = 73). Die Anzahl der insgesamt behandelten Patienten ließ sich nur von Praxis A erfassen. Dort wurden im Erhebungszeitraum 290 Patienten behandelt, wovon etwa 10 % auf Erstkontakte entfielen. Somit nahmen in Praxis A 69 % der Patienten an der Studie teil. Als Gründe für die Nichtteilnahme wurde vom Sprechstundenpersonal am häufigsten das Fehlen der Lesebrille angegeben. Weitere Gründe waren Angst, fehlendes Interesse, Demenz, fehlende Sprachkenntnisse.

Die untersuchte Stichprobe bestand zu 35 % (n = 140) aus Männern und zu 63 % (n = 251) aus Frauen. Bei 2 % (n = 9) der Befragten fehlte die Angabe zum Geschlecht oder es lag eine Mehrfachnennung vor. Das Durchschnittsalter betrug 56,91 Jahre (SD = 18,74 Jahre). Die Alterspanne umfasste 17 bis 90 Jahre. In 8 % (n = 30) der Fälle fehlte die Altersangabe. 23 % (n = 91) der Teilnehmer waren ledig, 48 % (n = 192) verheiratet, 16 % (n = 63) getrennt lebend oder geschieden und 12 % (n = 48) verwitwet. Bei 2 % (n = 6) der Teilnehmer fehlte die Angabe zum Familienstand.

Die häufigsten Schulabschlüsse waren Realschule/10. Klasse Polytechnische Oberschule (n = 188, 47,0 %), Hauptschule/8. Klasse Polytechnische Oberschule (n = 103; 25,8 %) und Fachabitur/Abitur/Erweiterte Oberschule (n = 86; 21,5 %), die häufigsten Berufsabschlüsse Lehre/Fachschule (n = 205; 51,3 %) und Fachhochschule/Universität (n = 75; 18,8 %). 155 Patienten (38,8 %) bezogen zum Befragungszeitpunkt eine Früh-, Alters- oder Witwenrente, 23 (5,8 %) waren wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit berentet, und 124 Patienten (31,0 %) waren voll berufstätig.

Vollständige Angaben machten 38 % der Befragten, bei 20 % fehlten einzelne Angaben (maximal 3 Angaben). In 31 % der Fälle fehlten mehrere Angaben und 12 % der Fragebögen waren nicht auswertbar.

Untersuchungsmerkmale und Erhebungsinstrumente

Der Patientenfragebogen bestand aus zwei standardisierten Einzelfragebögen zum Schweregrad somatischer Symptome und Screening für das mögliche Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Zusätzlich wurden soziodemografischen Daten erfasst und eine offene Frage nach dem Anlass des Arztbesuchs gestellt.

Für die Ärzte gab es zwei Fragebögen, die nicht standardisiert waren, sondern unter interessierenden Aspekten für diese Studie zusammengestellt wurden:

  • Zum einen handelt es sich um einen Kurzfragebogen mit Fragen zu einer möglichen PTBS, Wissen um Traumaerfahrungen und Hinweise auf eine eingeschränkte psychische Gesundheit des Patienten.

  • Zum anderen erhielten die Ärzte einen längeren Fragebogen (Kompetenzfragebogen), der berufliche Vorerfahrungen sowie subjektive und objektive Fähigkeiten des einzelnen Arztes bezüglich psychischer Erkrankungen insbesondere der Themen Trauma und PTBS erfassen soll.

Im Vorfeld der Studie gab es ein positives Votum der Ethikkommission der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.

PHQ-15

Bei der deutschsprachigen Version des PHQ-15 handelt es sich um ein Modul des Gesundheitsfragebogens für Patienten (PHQ-D), der den Schweregrad somatischer Symptome erfasst. Der PHQ-15 beinhaltet 15 verschiedene Symptome, die die häufigsten körperlichen Beschwerden ambulanter Patienten darstellen und gleichzeitig die wichtigsten Kriterien der Somatisierungsstörung nach DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders)-IV abdecken.

Die ersten 13 Beschwerden stammen aus dem somatoformen Modul des PHQ-D. Sie beziehen sich auf die vergangenen 4 Wochen und können in drei unterschiedlichen Kategorien mit 0 („nicht beeinträchtigt“), 1 („wenig beeinträchtigt“) oder 2 („stark beeinträchtigt“) bewertet werden. Die übrigen zwei Kategorien stammen aus dem PHQ-9, dem Depressionsmodul des PHQ-D. Sie beziehen sich auf die vergangenen 2 Wochen und erfragen die Symptome Schlafstörungen und Müdigkeit/Energielosigkeit. Die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten für diese zwei Kategorien lauten 0 („überhaupt nicht“), 1 („an einzelnen Tagen“) und 2 („an mehr als der Hälfte der Tage“ oder „beinahe jeden Tag“).

Der Skalensummenwert der somatischen Symptome errechnet sich aus der Gesamtpunktzahl der 15 Fragen. Dabei wird unterschieden in:

  • 0 bis 4 Punkte = minimale somatische Symptomstärke/Somatisierung;

  • 5 bis 9 Punkte = milde somatische Symptomstärke/Somatisierung;

  • 10 bis 14 Punkte = mittelgradig ausgeprägte Symptomstärke/Somatisierung;

  • 15 bis 30 Punkte = schwer ausgeprägte Symptomstärke/Somatisierung.

Die interne Konsistenz des PHQ-15 wird laut Kroenke et al. [11] mit einem Cronbachs α = 0,80 angegeben und ist somit befriedigend.

Posttraumatic Diagnostic Scale

Die Posttraumatic Diagnostic Scale (PDS) von Foa et al. [6] ist eines der am häufigsten eingesetzten Selbstbeurteilungsverfahren, das als Screeninginstrument für Symptome und Kriterien einer PTBS nach DSM-IV dient und auch das Vorliegen eines Traumatisierung erfasst. Die PDS erlaubt es, eine Aussage über das mögliche Vorliegen einer PTBS sowie über die Anzahl, Häufigkeit und Schwere der Symptome zu treffen. Die deutsche Version des Fragebogens stammt von Ehlers et al. [4].

Die PDS besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil wird erfragt, ob Probanden irgendwann in ihrem Leben die Erfahrung eines oder mehrerer von 12 vorgegebenen Arten von potenziell traumatischen Erlebnissen gemacht haben („A1-Kriterium“). Für das subjektiv belastendste dieser Erlebnisse wird eingeschätzt, ob dieses die DSM-Kriterien für ein Trauma (reale Gefährdung von körperlicher Unversehrtheit bzw. des eigenen Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit/des Lebens anderer Personen; Angst vor schwerer Verletzung oder Tod; in der konkreten Situation Gefühl von großer Angst, Panik und/oder Hilflosigkeit) erfüllt („A2-Kriterium“).

Die anschließenden 17 Symptomfragen sollen in Bezug auf das subjektiv belastendste Lebensereignis beantwortet werden und sind auf den Skalen

  • Wiedererleben („B-Kriterium“; 5 Items),

  • Vermeidung („C-Kriterium“; 7 Items) und

  • Aktivierung („D-Kriterium“; 5 Items)

verankert. Abschließend wird nach dem Zeitverlauf der Symptomatik („E-Kriterium“) sowie nach dem Grad der Beeinträchtigung in wichtigen Lebensbereichen („F-Kriterium“) gefragt. Ein über die Kriterien B bis D (Skalenwerte) aggregierter Gesamtscore erlaubt eine Einschätzung des Schweregrades der posttraumatischen Symptomatik. Anhand eines Cut-off-Wertes ist eine kategoriale Diagnose einer PTBS möglich.

Für unsere Zwecke haben wir in der Auswertung auch eine partielle PTBS berücksichtigt. In der Literatur finden sich dazu unterschiedliche Kriterien (z. B. [15]). In unserem Fall wurde ein Studienteilnehmer mit einer partiellen PTBS kodiert, wenn er aus jeder Symptomgruppe mindestens ein Kriterium mit 1 (einmal pro Woche oder seltener/manchmal) angegeben hat. Dieses Vorgehen wurde gewählt, um auszuschließen, dass Symptome wie Reizbarkeit, Schlafstörungen oder Konzentrationsprobleme, die auch unabhängig von einer PTBS auftreten können, die Zuordnung zur partiellen PTBS verursachen.

Die testdiagnostischen Gütekriterien betragen für die Reliabilität Cronbachs α = 0,94 für die interne Konsistenz [9].

Fragebögen für Allgemeinmediziner

Den behandelnden Allgemeinmedizinern wurden zwei standardisierte Instrumente vorgegeben.

Zu Beginn des ersten Fragebogens, der die berufliche Erfahrung und Kompetenz erfasst, werden mithilfe von vier Fragen die berufliche Erfahrung im psychiatrischen Bereich und insbesondere mit PTBS-Patienten auf einer dichotomen „Ja/Nein“-Skala erhoben.

Die vier Fragen lauten:

  • Haben Sie während Ihres Studiums ein Praktikum in einer psychiatrischen Einrichtung absolviert (mindestens 4 Wochen)?

  • Haben Sie im Laufe Ihres Berufslebens in einer psychiatrischen Einrichtung gearbeitet?

  • Haben Sie in den vergangenen 2 Jahren eine Fortbildung zu einem psychiatrischen Thema besucht?

  • Verfügen Sie über Erfahrungen mit PTBS-Patienten?

Anschließend soll das subjektive Fachwissen zur PTBS auf einer Skala von 1 („sehr schlecht“) bis 10 („sehr gut“) angegeben werden. Dabei mussten nicht zwangsläufig ganze Zahlen gewählt werden.

Danach folgt ein kurzer Fragenkatalog, bei dem zehn Aussagen über Trauma und PTBS danach beurteilt werden, ob sie zutreffen oder nicht. Dies geschieht mithilfe einer dichotomen Skala und den Antwortmöglichkeiten „richtig“ oder „falsch“. Dabei handelt es sich um klinisch bedeutsames Wissen, wobei die Hälfte der Aussagen richtig und die andere Hälfte falsch ist.

  • Ein Beispiel für ein richtiges Item ist „Ereignisse wie Unfälle oder Naturkatastrophen führen mit deutlich geringeren Wahrscheinlichkeit zu einer PTBS verglichen mit Erfahrungen von menschlicher Gewalt (z. B. Krieg oder Vergewaltigung)“.

  • Ein Beispiel für ein falsches Item ist „PTBS-Patienten können sich an alle wichtigen Aspekte des Traumas genau erinnern“.

Im Anschluss sollten die Ärzte die Anzahl der im Erhebungszeitraum insgesamt behandelten Patienten sowie die Anzahl der Studienteilnehmer insgesamt notieren. Zusätzlich war ein Kurzfragebogen für jeden teilnehmenden Patienten auszufüllen.

In diesem Fragebogen ging es darum, die Einschätzung des Patienten durch den Arzt zu erheben. Themen sind Traumaerfahrungen, das (vermutete) Vorliegen einer PTBS und eine eingeschränkte psychische Gesundheit. So soll anschließend ein Vergleich der ärztlichen Einschätzung mit den subjektiven Angaben des Patienten ermöglicht werden.

Ergebnisse

Schweregrad somatischer Symptome (PHQ-15)

Den Befunden in der PHQ-15 zufolge waren die Befragten am stärksten beeinträchtigt von Gelenkschmerzen (26 %) und Rückenschmerzen (25 %), gefolgt von Schlafstörungen (18 %) sowie Müdigkeit und Erschöpfung (15 %). Die geringsten Beschwerden lagen für Ohnmachtsanfälle (65 %), Beschwerden beim Geschlechtsverkehr (59 %) und Schmerzen im Brustbereich (53 %) vor.

Insgesamt 44 % (n = 174) der Befragten hat den PHQ-15 nur teilweise oder gar nicht ausgefüllt. Am häufigsten fehlten die Werte für Menstruationsbeschwerden (36 %), Beschwerden beim Geschlechtsverkehr (35 %) und Ohnmachtsanfälle (32 %).

Das Geschlecht hatte Einfluss auf den Schweregrad einiger Symptomgruppen. Frauen waren stärker beeinträchtigt von

  • Rückenschmerzen mit χ2 (2, n = 319) = 8,77, p = 0,012 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,17, p = 0,012;

  • Gelenkbeschwerden mit χ2 (2, n = 332) = 15,40, p = 0,000 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,22, p = 0,000;

  • Kopfschmerzen mit χ2 (2, n = 291) = 7,90, p = 0,019 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,17, p = 0,019;

  • Verstopfung, nervösem Darm oder Durchfall mit χ2 (2, n = 291) = 8,03, p = 0,018 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,17, p = 0,018;

  • Schlafstörungen mit χ2 (3, n = 348) = 20,15, p = 0,000 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,24, p = 0,000;

  • Müdigkeit und Erschöpfung mit χ2 (3, n= 336) = 9,56, p = 0,023 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,17, p = 0,023.

Das Alter, unterteilt anhand des Medians von xMed = 59 Jahren in jüngere (bis 59 Jahre) und ältere Studienteilnehmer (60 Jahre und älter), hatte ebenfalls Einfluss auf die Symptombelastung. Ältere Studienteilnehmer waren stärker beeinträchtigt als jüngere Studienteilnehmer von Gelenkbeschwerden mit χ2 (2, n = 314) = 14,10, p = 0,001 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,21, p = 0,001. Jüngere Studienteilnehmer waren hingegen stärker beeinträchtigt von Kopfschmerzen als ältere Studienteilnehmer mit χ2 (2, n = 277) = 33,43, p = 0,000 bei einem geringen bis mittleren Zusammenhang von Cramers V von V = 0,35, p = 0,000 sowie von Müdigkeit und Erschöpfung mit χ2 (3, n = 320) = 8,42, p = 0,038 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V von V = 0,16, p = 0,038.

Für Befragte, die den PHQ-15 vollständig ausgefüllt hatten, wurde außerdem eine Auswertung des Gesamtscores vorgenommen (vgl. Tab. 1).

Tab. 1 Verteilung der Gesamtscores des PHQ-15 auf die einzelnen Auswertungskategorien

Dabei zeigten sich Frauen (M = 24,00, SD = 5,24) stärker beeinträchtigt waren als Männer (M = 20,94, SD = 4,58). Dieser Wert wurde im anschließenden t-Test für unabhängige Stichproben auch signifikant mit t(217) = − 4,43, p = 0,000. Die Effektstärke beträgt d = − 0,61, was einem mittleren Effekt entspricht.

Studienteilnehmer unter 60 Jahren erreichten im Durchschnitt höhere Gesamtscores (M = 23,46, SD = 5,10) als ältere Studienteilnehmer ab 60 Jahren (M = 21,25, SD = 4,72). Dieser Wert wurde im anschließenden t-Test für unabhängige Stichproben auch signifikant mit t(206) = 2,97, p = 0,003. Die Effektstärke beträgt d = 0,44, was einem schwachen Effekt entspricht.

Bei der Analyse möglicher Gründe für die hohe Zahl an unvollständigen PHQ-15-Fragebögen zeigte sich ein deutlicher Alterseffekt. Unvollständige Fragebögen fanden sich mehr als doppelt so häufig bei älteren Studienteilnehmern ab 60 Jahren. Dieser Unterschied wurde signifikant mit χ2 (1, n = 370) = 59,45, p = 0,000 bei einem geringen Zusammenhang von Phi von Φ = 0,40, p = 0,000.

Anlass des Arztbesuches

Des Weiteren wurde nach dem Anlass des Arztbesuches gefragt. Diese Frage wurde von 44 % (n = 177) aller Studienteilnehmer beantwortet. Die häufigsten Antworten betrafen Kontrolluntersuchungen (n = 30), Erkältungen, grippale Infekte oder Grippe (n = 27) sowie Rückenprobleme und Erkrankungen des Bewegungsapparates (n = 22).

Außerdem betrafen Mehrfachnennungen Kopfschmerzen (n = 8), Termin/Untersuchung (n = 8), Erkrankungen der Atemwege (n = 7), Diabetes (n = 6), Überweisung zu Fachärzten (n = 6), psychische Probleme (n = 5), Schilddrüsenprobleme (n = 4), Unwohlsein/Krankheitsgefühl (n = 4), Blasen- und Nierenerkrankungen (n = 3), Hautprobleme (n = 3), Schwindel (n = 3), Gliederschmerzen (n = 2), Krebsbehandlung (n = 2), Auswertung von Befunden (n = 2), Vorbereitung einer Augenoperation (n = 2) sowie die Vor- oder Nachsorge eines Krankenhausaufenthaltes (n = 2).

Posttraumatische Symptombelastung

Insgesamt 79 % (n = 317) beantworteten die Traumaliste vollständig. Als vollständig ausgefüllt wurde die Traumaliste dann angesehen, wenn zumindest die traumatischen Ereignisse 1 bis 11 beantwortet wurden.

Für Befragte mit vollständiger Traumaliste und solche, die mindestens eine Ja-Antwort gaben oder mindestens 9 von 12 Traumaarten verneinten, wurde die Traumaprävalenz erhoben (91 %, n = 363). Dabei zeigte sich, dass mindestens 46 % (n = 185) aller Befragten mindestens eine Traumaerfahrung aufwiesen.

Das Geschlecht hatte keine Auswirkung auf die Vollständigkeit χ2 (1, n = 391) = 1,08, p = 0,300. Es zeigte sich aber, dass ältere Studienteilnehmer ab 60 Jahren die Traumaliste häufig unvollständig ausfüllten mit χ2 (1, n = 370) = 27,61, p = 0,000 bei einem geringen Zusammenhang von Phi von Φ = 0,27, p = 0,000.

Die am häufigsten genannten Traumata waren lebensbedrohliche Erkrankungen (18 %) sowie schwere Unfälle, Feuer oder Explosionen (17 %). Am seltensten genannt wurden Folter (1 %), Naturkatastrophen (3 %) und Gefangenschaft (3 %).

Unter Punkt 12 anderes Ereignis konnten die Teilnehmer traumatische Ereignisse nennen, die nicht in der Liste zu finden waren. Bei der Beschreibung wurden allerdings oft auch Ereignisse genannt, die unter die anderen 11 Ereigniskategorien fallen und in einigen Fällen auch nichttraumatische Ereignisse. Bei einem Teil der Angaben bezüglich des Todes eines Familienmitgliedes oder engen Freundes lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich um einen natürlichen oder unnatürlichen Tod gehandelt hat.

Von den Befragten waren 13,8 % (n = 55) von PTBS-Symptomen betroffen. Die genaue Unterteilung der Stichprobe in Bezug auf PTBS ist in Tab. 2 dargestellt.

Tab. 2 Einordnung der Studienteilnehmer in Bezug auf PTBS

Das Traumaalter betrug bei Patienten mit vollständiger PTBS im Durchschnitt 34,38 Jahre (SD = 20,89) bei einem Range von 5 bis 72 Jahren. Bei je 4 % der Fälle (n = 1) fehlte die Altersangabe bzw. lag eine Mehrfachantwort vor und 12 % (n = 3) der Befragten gaben an, ihr Alter zum Zeitpunkt des Traumas nicht zu kennen. Bei den Befragten mit partieller PTBS betrug der Altersdurchschnitt zum Zeitpunkt des Traumas 34,46 Jahre (SD = 23,14) bei einem Range von 5 bis 90 Jahren.

Für Befragte mit Traumaerfahrungen ohne PTBS-Symptome betrug das Durchschnittsalter für die Traumaerfahrung 34,28 (SD = 24,82) bei einem Range von 3 bis 80 Jahren.

Posttraumatische Belastung und somatische Symptome

Der PHQ-15 wurde von 81 % (n = 21) der Befragten mit vollständiger PTBS vollständig ausgefüllt und von 19 % (n = 5) unvollständig. Bei den Befragten mit partieller PTBS füllten 69 % (n = 20) den PHQ-15 vollständig aus und 31 % (n = 9) unvollständig. Befragte mit Traumaerfahrungen ohne PTBS-Symptome beantworteten 61 % (n = 79) den PHQ-15 komplett und bei 39 % (n = 51) fehlten Angaben. Befragte ohne Traumaerfahrungen beantworteten den PHQ-15 zu 56 % (n = 100) vollständig und zu 44 % (n = 78) unvollständig.

Bei der Analyse des PHQ-15-Gesamtscores betrug er für die Befragten mit vollständiger PTBS durchschnittlich 27,62 Punkte (SD = 6,38, Range 15 bis 42 Punkte) und entsprach somit einer mittelgradig ausgeprägten Symptomstärke. Die durchschnittlichen Gesamtscores des PHQ-15 entsprachen in den anderen drei Gruppen einer milden somatischen Symptomstärke. Bei den Patienten mit partieller PTBS betrug er durchschnittlich 23,95 Punkte (SD = 3,24, Range 18 bis 30 Punkte), für Befragte mit Traumaerfahrungen ohne PTBS-Symptome 23,58 (SD = 5,12, Range 15 bis 37) und für Befragte ohne Traumaerfahrungen 20,99 (SD = 4,53, Range 15 bis 34).

Außerdem wurde geprüft, inwiefern das Vorliegen von Traumaerfahrungen und PTBS-Symptomen Einfluss auf somatische Beschwerden haben. Dies sollte am Vergleich der vier Gruppen im Hinblick auf die Mittelwerte des PHQ-15 erreicht werden. Eine einfaktorielle Varianzanalyse (ONEWAY) kam zur Auswertung nicht infrage, da die Voraussetzung der Varianzhomogenität nicht erfüllt war (Levene-Test F(3,216) = 2,83, p = 0,04. Aus diesem Grund wurde für den Vergleich der Gruppen der Kruskal-Wallis-Test genutzt. Er ergab signifikante Gruppenunterschiede mit χ2 (3, n = 220) = 31,02, p = 0,000.

Post-hoc-Analysen mittels Paarvergleichen über den Mann-Whitney-U-Test ergaben signifikante Unterschiede zwischen folgenden Gruppen:

  • vollständige PTBS (MRang = 25,38) und partieller PTBS (MRang = 16,40) mit z = − 2,41, p = 0,016;

  • Trauma ohne PTBS (MRang = 105,49) und kein Trauma (MRang = 77,77) mit z = − 3,56, p = 0,000;

  • vollständige PTBS (MRang = 91,93) und kein Trauma (MRang = 54,51) mit z = − 4,46, p = 0,000;

  • partielle PTBS (MRang = 83,10) und kein Trauma (MRang = 55,98) mit z = − 3,19, p = 0,001;

  • vollständige PTBS (MRang = 65,64) und Trauma ohne PTBS (MRang = 46,47) mit z = − 2,70, p = 0,007.

Somit wurden also lediglich die Unterschiede zwischen partieller PTBS (MRang = 52,35) und Trauma ohne PTBS (MRang = 49,41) mit z = − 0,41, p = 0,681 nicht signifikant.

Patienten ohne Traumaerfahrungen waren somit weniger von somatischen Symptomen beeinträchtigt als Patienten mit Traumaerfahrungen und PTBS-Symptomen. Patienten mit vollständiger PTBS-Symptomatik waren am stärksten beeinträchtigt von somatischen Beschwerden. Allerdings ist der Zusammenhang einer partiellen PTBS-Symptomatik mit körperlichen Symptomen vergleichbar mit dem einer reinen Traumaerfahrung ohne posttraumatische Symptome.

Außerdem wurde der Summenwert der PDS für die mit PTBS klassifizierten Patienten ausgewertet, um das Ausmaß der Beeinträchtigung durch posttraumatische Belastungssymptome zu erfassen. Zwar hatten einige Patienten nicht alle 17 Symptome kodiert, dennoch erscheint es sinnvoll, sie ebenfalls in die Auswertung einzubeziehen, da oft auch eine unvollständige Symptomliste bereits in einer mittelschweren Symptombelastung resultiert.

PHQ-15-und PDS-Gesamtwerte waren zu r(39) = 0,60 (p < 0,001) miteinander korreliert. Patienten mit vollständiger PTBS waren durchschnittlich von mittelschweren Symptomen beeinträchtigt (M = 26,12, SD = 10,49, Range 7 bis 46) und Patienten mit partieller PTBS von leichten Symptomen (M = 12,79, SD = 8,06, Range 3 bis 40). Dieser Unterschied wurde im t-Test für unabhängige Stichproben auch signifikant mit t(53) = 5,31, p = 0,000. Die Effektstärke beträgt d = 1,44, was einem starken Effekt entspricht.

Einschätzung des Arztes

Für 88 % (n = 352) der Studienteilnehmer lag der ärztliche Kurzfragebogen vor und konnte für die einzelnen Gruppen ausgewertet werden. Die Ergebnisse sind in Tab. 3 dargestellt.

Tab. 3 Auswertung des ärztlichen Kurzfragebogens für die verschiedenen Patientengruppen

Für die gemäß PDS als vollständige PTBS klassifizierten Fälle ergab sich eine über die fünf ärztlichen Quellen aggregierte Sen sitivität der ärztlichen Einschätzungen (d. h. Anteil der korrekt als PTBS eingeschätzten Fälle an allen gemäß PDS als PTBS klassifizierten Fälle) von 0,40, für die gemäß PDS als partielle PTBS klassifizierten Fälle von 0,31. Dabei schwankte diese Detektionsquote zwischen den ärztlichen Urteilsquellen zwischen 0,52 und 0,84 (χ2 [4] = 23,64, p = 0,000) bezogen auf die als vollständige PTBS klassifizierten Fälle. Die Sensitivität für Traumatisierung lag bei 0,74.

Die aggregierte Spezifität der Arzturteile (d. h. Anteil der korrekt negativen Urteile) lag bei 0,82 (vollständige PTBS) bzw 0,83 (partielle PTBS). Die Gesamtfehlklassifikationsrate lag bei 0,21.

Die beruflichen Vorerfahrungen korrelierten hoch, aber nicht signifikant mit der Anzahl korrekt erfasster PTBS-Fälle mit Kendalls Tau τ(3) = − 0,63, p = 0,157. Auch das subjektive Fachwissen weist eine mäßige Korrelation mit der Anzahl korrekt erfasster PTBS-Fälle auf, aber auch dieses Ergebnis wurde nicht signifikant mit Kendalls Tau τ(3) = − 0,32, p = 0,448. Die Punktzahl des Wissenstest weist eine mittlere Korrelation mit der Anzahl korrekt erfasster PTBS-Fälle auf, die auch nicht signifikant wurde mit Kendalls Tau τ(3) = 0,24, p = 0,602).

Eine PTBS wurde am häufigsten in der Gruppe mit vollständiger PTBS vermutet und dieser Unterschied wurde auch signifikant mit χ2 (3, n = 352) = 19,39, p = 0,000 bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V = 0,24, p = 0,000.

Auch Traumaerfahrungen waren den Ärzten bei Patienten mit vollständiger PTBS am häufigsten bekannt mit χ2 (3, n = 352) = 47,30, p = 0,000. Psychopharmaka wurden ebenfalls am häufigsten von Patienten mit vollständiger PTBS eingenommen (χ2 [3] = 10,97, p = 0,009 exakter Test nach Fisher bei einem geringen Zusammenhang von Cramers V = 0,19, p = 0,006). Somatische Beschwerden mit unklarer Ursache wurden von den Ärzten in den unterschiedlichen PTBS-Gruppen nicht häufiger kodiert (χ2 [3, n = 352] = 5,56, p = 0,14).

Diskussion

Die vorliegende Arbeit untersuchte, inwiefern Patienten in allgemeinmedizinischen Praxen in Mecklenburg-Vorpommern von Traumaerfahrungen und posttraumatischen Belastungssymptomen betroffen sind und ging der Frage nach, ob diese mit dem Schweregrad körperlicher Beschwerden korreliert sind. Außerdem wurde die diesbezügliche diagnostische Sicherheit der sie behandelnden Hausärzte erfasst.

Fast jeder zweite Patient wies Traumaerfahrungen auf

Es wurde eine Traumaprävalenz von 46 % erhoben, sodass fast jeder zweite Patient Traumaerfahrungen aufwies. 13 % der Befragten (n = 55), also knapp jeder dritte Patient mit Traumaerfahrungen, litt unter bedeutsamen posttraumatischen Belastungssymptomen. Dabei waren nur 7 % (n = 26) so stark von Symptomen betroffen, dass das Vorliegen einer vollständigen PTBS in Betracht gezogen werden kann. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass somatische Beschwerden bei Traumatisierten stärker ausgeprägt waren als bei Patienten ohne Traumaerfahrungen und die Belastung durch somatische Symptome mit Zunahme der posttraumatischen Symptome anstieg. Insgesamt stimmten die diagnostischen Einschätzungen der Ärzte in 75 % der Fälle mit den Angaben der Patienten überein. Allerdings schwankte die Anzahl richtiger Einschätzungen unter den fünf Ärzten beträchtlich.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sprechen also dafür, dass Traumaerfahrungen und posttraumatische Belastungssymptome bei Patienten in allgemeinmedizinischen Einrichtungen eine wichtige Rolle spielen und einen bedeutsamen Einfluss auf den Schweregrad somatischer Symptome haben und die behandelnden Ärzte unterschiedlich stark mit diesen Themen vertraut sind. Im Folgenden sollen die Ergebnisse im Kontext des aktuellen Forschungsstandes interpretiert werden.

Die große israelische Untersuchung von Taubman-Ben-Ari [24] mit fast 3000 Teilnehmern fand Traumaraten von 23 % und wurde, genau wie diese Studie, über Selbstberichte der Patienten erfasst. In Studien, die Traumaerfahrungen über klinische Interviews erfassten, schwanken die Prävalenzraten. Bei Löwe et al. [13] lag sie bei 26 %, bei Liebschutz et al. [12] betrug sie sogar 79 %. In unserer Untersuchung lag die Prävalenz von Traumata bei 46 % und somit deutlich höher als in vielen ähnlichen Studien, allerdings auch deutlich niedriger als bei Liebschutz et al. [12]. Zur besseren Einordnung der gefundenen Prävalenz bez. Traumata bei allgemeinmedizinischen Patienten müssen weitere Forschungsergebnisse ähnlicher Studien, vor allem in Deutschland, abgewartet werden.

Vergleicht man die in unserer Untersuchung erhobenen PTBS-Prävalenzen mit denen der deutschen Allgemeinbevölkerung [15], finden sich in der Allgemeinbevölkerung erheblich geringere PTBS-Prävalenzen mit 2 % für die vollständige und 3 % für die partielle PTBS. In der Studie von Gillock et al. [8], die das Vorliegen einer vollständigen oder partiellen PTBS ebenfalls mittels Fragebogen erhob, lag die Prävalenz für das Vollbild der PTBS bei 9 % und für partielle PTBS bei 25 %. Bei den Studien, in denen klinische Interviews durchgeführt wurden, kamen Stein et al. [23] mit einer Prävalenz von 12 % für vollständige und partielle PTBS auf ähnlich hohe Raten wie unsere Untersuchung. In der Studie von Liebschutz et al. [12] war nicht nur die Traumaprävalenz deutlich höher als in ähnlichen Studien, sondern auch die PTBS-Prävalenz mit 23 %. Allerdings wurden in dieser Studie die deutlich weniger strengen WHO-Kriterien genutzt.

Außerdem wurde für die zwei PTBS-Gruppen das Ausmaß der Beeinträchtigung durch posttraumatische Belastungssymptome anhand des Summenwertes der Posttraumatic Diagnostic Scale in Bezug zum Gesamtscore des PHQ-15 in Bezug gesetzt. Dabei ergab sich eine starke, signifikante Korrelation von r = 0,60. Folglich konnte auch in unserer Studie, übereinstimmend mit anderen aktuellen Forschungsergebnissen, belegt werden, dass Traumata und posttraumatische Belastungssymptome in einem ausgeprägten Zusammenhang zum Schweregrad somatischer Symptome stehen.

In der Studie von Liebschutz et al. [12] hatte nur knapp die Hälfte der Patienten, die nach ICD-10-Kriterien unter einer PTBS litten, auch eine offizielle Diagnose. Die Forschungsgruppe um Taubman-Ben-Ari [24] fand nur bei 2 % der Patienten, die laut Selbstbericht unter einer PTBS nach DSM-IV litten, auch eine entsprechende Diagnose.

Eine mangelnde Vertrautheit der Ärzte mit der PTBS-Diagnose zeigte unserer Studie nicht

Als möglicher Grund wird von Davidson und Conner [2] genannt, dass Allgemeinmediziner mit der PTBS und ihren Diagnosekriterien zu wenig vertraut sind. Zu dieser These passen die Ergebnisse der Studie von Munro et al. [16], die zeigen konnten, dass zwar 90 % der Allgemeinmediziner in ihrer Stichprobe eine Depression korrekt diagnostizieren konnten, aber lediglich 28 % eine PTBS. Davidson und Conner [2] schlussfolgern weiter, dass diese geringe Vertrautheit mit der PTBS-Diagnose dazu führt, dass Patienten in allgemeinmedizinischen Einrichtungen selten nach traumatischen Ereignissen in der Biografie gefragt werden. In unserer Untersuchung hingegen schnitten die Beurteilungen der Allgemeinmediziner deutlich besser ab, als es die bisherigen Studienergebnisse hätten vermuten lassen. In 75 % der Fälle stimmten die Einschätzungen der Ärzte bezüglich einer möglichen PTBS mit den Angaben der Patienten über posttraumatische Belastungssymptome überein. Allerdings gab es zwischen den fünf Ärzten erhebliche Unterschiede, die von 51–84 % korrekt beurteilte Patienten reichen. Die hohe Anzahl von korrekten Beurteilungen ist allerdings auch insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Ärzte bei Patienten ohne posttraumatische Symptome eine PTBS sehr häufig ausschlossen (bei Patienten mit Traumaerfahrungen zu 74 % und bei Patienten ohne Traumaerfahrungen sogar zu 90 %).

Die Ärzte wussten allerdings bei 76 % der Patienten mit vermuteter vollständiger PTBS und immerhin bei 45 % der Patienten mit partiellen PTBS-Symptomen von Traumaerfahrungen und zogen in 40 % (vollständige PTBS) bzw. 24 % (partielle PTBS) die PTBS-Diagnose in Betracht.

Es gelang uns nicht, differenzierende Kriterien zwischen den Ärzten herauszuarbeiten, die Hinweise auf Faktoren liefern, die bei der korrekten Beurteilung einer PTBS sinnvoll sind. Eine mangelnde Vertrautheit mit der PTBS-Diagnose, wie in der Studie von Munro et al. [16], konnten wir für unsere Stichprobe nicht nachweisen. Eine vorsichtig optimistische Interpretation wäre die zunehmende Bekanntheit und Destigmatisierung der Relevanz psychischer Erkrankungen unter Hausärzten.

Limitationen

Für unsere Studie haben wir ein Selbstberichtsverfahren über Fragebögen genutzt. Dadurch konnten wir eine hohe Anzahl an Studienteilnehmern erfassen. Betrachtet man das Lebensalter der Patienten, deren Fragebogen kaum verwertbare Angaben enthielt (12 %), fällt auf, dass 87 % (n = 41) dieser Fragebögen von Personen, die 60 Jahre oder älter waren, ausgefüllt wurde. Mutmaßlich wurden also ältere Betroffene unzureichend erfasst. Zusätzlich bleibt unklar, ob Patienten, die eine Teilnahme abgelehnt haben, sich von der untersuchten Stichprobe unterscheiden. Das Praxispersonal vermutete in einigen Fällen, dass Patienten die Teilnahme verweigerten bzw. vor Abgabe des Fragebogens abbrachen, die stark von traumatischen Erlebnissen beeinträchtigt sind. Dies passt zu Forschungsergebnissen, die besagen, dass Patienten die Teilnahme an Studien wie unserer häufig vermeiden, da sie eine erneute Konfrontation mit dem Trauma darstellen [17]. Andererseits könnte eine Nichtteilnahme auch dadurch verursacht worden sein, dass potenzielle Teilnehmer, die nicht von einem Trauma betroffen waren, eine Studienteilnahme für unwichtig hielten, obwohl das Informationsschreiben gezielt auch solche Personen um eine Teilnahme bat. Insofern könnte die Stichprobe verzerrt sein und die tatsächliche Prävalenz von Traumata und posttraumatischen Belastungssymptomen über- oder unterschätzen. Im Falle vollständiger Angaben bleibt bei Patienten, denen aufgrund des Fragebogens das Vorliegen einer vollständigen oder partiellen PTBS zugeschrieben werden könnte, unklar, inwiefern tatsächlich eine PTBS vorliegt. Gewissheit könnte nur ein klinisches Interview geben, das aber aus methodisch-ethischen Gründen (Anonymisierung) nicht möglich war.

Bei der Interpretation der erhobenen Daten der Allgemeinmediziner könnte es auch zu verzerrten Ergebnissen gekommen sein. Es wäre möglich, dass die untersuchten Ärzte sich im Vorfeld der Studie über die Themen Trauma und PTBS informiert haben, um nicht „schlecht“ abzuschneiden. Außerdem könnte die Studienteilnahme zu einer höheren Sensibilität geführt haben, sodass die Mediziner bei Patienten mit psychischen Symptomen die Fragen nach Trauma und PTBS eher mit „Ja“ kodiert haben. Zudem wurde die Kategorie PTBS unabhängig von weiteren psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen erfasst. Möglicherweise hätten die Ärzte Patienten mit psychischen Beschwerden seltener der richtigen Kategorie zugeordnet, wenn sie beispielsweise hätten angeben müssen, ob sie z. B. das Vorliegen einer Depression oder PTBS in Betracht ziehen. Die Anzahl von fünf Ärzten war außerdem zu gering, um Eigenschaften abzuleiten, die bei den unterschiedlichen Detektionsfähigkeiten eine Rolle spielen könnten, denn keine der Korrelationen wurde signifikant. Wahrscheinlich waren die Variablen berufliche Vorerfahrung und Fachwissen zu allgemein und zu knapp formuliert, um Unterschiede zwischen den Ärzten klar aufzuzeigen und als Prädiktor zu dienen.

Fazit für die Praxis

  • Für den hausärztlichen Alltag ergibt sich aus unseren Ergebnissen die Empfehlung, bei Patienten mit ausgeprägten somatischen Beschwerden einen Zusammenhang mit Traumaerfahrungen und dem Vorliegen einer PTBS in Betracht zu ziehen und den Patienten ggf. in psychiatrische bzw. psychosomatische Behandlung zu überweisen.

  • Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften hat eine S3-Leitlinie bezüglich der PTBS nach ICD-10 herausgegeben [28], die Medizinern Handlungsempfehlungen für den Umgang mit traumatisierten Patienten im klinischen Alltag geben soll. Im Gegensatz zur amerikanischen Expert Consensus Guideline von Foa et al. [29] ist allerdings kein gesondertes Kapitel für den Umgang in der allgemeinmedizinischen Praxis vorhanden.