Langstreckige Myelonläsionen sind charakteristisch für Aquaporin-4-Antikörper (AQP4-AK)-vermittelte Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD), können aber auch z. B. durch systemische Autoimmunerkrankungen oder spinale Tumoren bedingt sein. Ausgehend von einer Kasuistik geben wir eine Literaturübersicht über Patienten mit langstreckiger Myelitis, die zum Ausschluss einer Neoplasie spinal biopsiert und erst später positiv auf AQP4-AK getestet wurden. Wir stellen wichtige Differenzialdiagnosen langstreckiger Myelopathien und entsprechende zielführende diagnostische Maßnahmen dar mit Hinblick auf den Stellenwert der AQP4-AK-Testung.

Neuromyelitis optica und Aquaporin-4-Antikörper

Die Neuromyelitis optica (NMO), nach dem Erstbeschreiber auch als Devic-Syndrom bezeichnet [4, 13], ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des Zentralnervensystems (ZNS) mit primärem Befall der Sehnerven und des Rückenmarks [21, 30, 36]. Klinisch stehen rezidivierende uni- oder bilaterale Optikusneuritiden (ON) und langstreckige extensive transverse Myelitiden (LETM) mit einer typischen Längsausdehnung in der Magnetresonanztomographie (MRT) von ≥ 3 vertebralen Segmenten im Vordergrund [25, 31]. Für die NMO und ihre assoziierten Spektrumerkrankungen (s. u.; [1, 37]) wurde vor wenigen Jahren ein hochspezifischer Immunglobulin-G(IgG)-Antikörper gegen den Aquaporin-4-Wasserkanal identifiziert, der sich überwiegend auf Astrozytenendfüßchen befindet. Dieser Antikörper differenziert die NMO von anderen entzündlichen Erkrankungen des ZNS, insbesondere der Multiplen Sklerose (MS; [12, 18, 21, 22]).

Diagnosekriterien der Neuromyelitis optica

Die Diagnose einer NMO kann nach den 2006 revidierten Kriterien relativ leicht gestellt werden, wenn die beiden Kardinalsymptome, eine Optikusneuritis und eine Myelitis, auftreten und mindestens 2 der 3 Nebenkriterien (1. Vorliegen eines kranialen MRT, das bei Erkrankungsbeginn nicht die Kriterien einer MS nach Paty erfüllt; 2. Nachweis von AQP4-AK; 3. LETM im spinalen MRT) erfüllt sind [38]. Erschwert ist die Diagnosestellung aber bei Patienten mit inkompletter oder atypischer Präsentation (vor allem bei isolierter Optikusneuritis, isolierter langstreckiger Myelitis und Hirnstammenzephalitis; siehe Infobox 1; [1, 15, 37]).

Differenzialdiagnosen langstreckiger Myelonläsionen

Eine LETM ist typisch, allerdings nicht pathognomonisch für die NMO und kann bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten und verschiedene Pathologien bildmorphologisch imitieren. LETM treten in Einzelfällen bei Patienten mit MS [2, 24] oder im Rahmen systemischer Autoimmunerkrankungen wie dem Sjögren-Syndrom und dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) auf [7, 23]. Selten kommen LETM auch bei Patienten mit Antiphospholipidsyndrom (APS) [29], Morbus Behçet, Sarkoidose oder erregerbedingt durch Herpesviren, Treponemen und Borrelien vor [32]. Wichtig sind neben typischen neuroinflammatorischen ZNS-Erkrankungen differenzialdiagnostisch auch paraneoplastische Syndrome (v. a. CV2/CRMP5-Syndrom; [11]) und intramedulläre Tumoren, insbesondere Ependymome und Astrozytome zu berücksichtigen, die LETM-Läsionen imitieren können [11, 14, 33]. Vaskuläre Ursachen, die zu langstreckigen Myelonläsionen führen können, sind u. a. spinale durale arteriovenöse Fisteln und spinale Ischämien [14, 32]. Ausgedehnte spinale MRT-Auffälligkeiten können darüber hinaus durch Mangel an Vitamin B12 oder Kupfer und durch Zinkintoxikation [16, 17] verursacht werden. Außerdem können therapeutische Bestrahlungen des Rachens, des Halses und mediastinaler oder thorakaler Tumoren noch Monate oder Jahre nach der Behandlung zu radiogen verursachten langstreckigen Myelopathien führen, die LETM ähneln können [14, 32].

Üblicherweise sollten die Krankheitsanamnese, die klinische Präsentation, Sero- und Liquorparameter (insbesondere die AQP4-AK-Testung) und die MRT-Bildgebung bei unklaren langstreckigen spinalen Prozessen ätiologisch wegweisend sein [21, 25, 31, 36]. Zur differenzialdiagnostischen Abklärung einer langstreckigen Myelonläsion empfiehlt sich neben der spinalen MRT-Bildgebung [33], die wenigstens sagittale und axiale T2-gewichtete Spinechosequenzen und T1-gewichtete Sequenzen vor und nach Kontrastmittelgabe umfassen sollte, auch die Durchführung einer MRT des Schädels mit Kontrastmittel. Bei entsprechendem Verdacht sollte eine Computertomographie (CT) von Thorax und Abdomen (ggf. eine Fluordesoxyglucose-Positronenemissionstomographie, FDG-PET) zum Ausschluss eines zugrunde liegenden Malignoms, einer Lymphadenopathie bei Sarkoidose oder einer Aortenpathologie als Ursache einer spinalen Ischämie ergänzend durchgeführt werden. Laborchemisch ist die Bestimmung der AQP4-AK, der antinukleären AK (ANA), des Rheumafaktors, der AK gegen Doppelstrang-DNA (Anti-dsDNA-AK), der Antiphospholipid-AK, des „angiotensin converting enzyme“ (ACE), des löslichen Interleukin-2-Rezeptors, der AK gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA-AK), der zytoplasmatischen und perinukleären antineutrophilen zytoplasmatischen AK (c/pANCA), der antineuronalen Antikörper, von Kupfer und Zöruloplasmin, Zink sowie von Vitamin B12, Methylmalonsäure und Holotranskobalamin indiziert. Darüber hinaus ist eine virale (Herpes simplex, Varizella Zoster, Zytomegalie, Epstein-Barr, HIV [humanes Immundefizienzvirus], HTLV-1 [humanes T-lymphotropes Virus 1]) und bakteriologische (Treponema pallidum, Mycobacterium tuberculosis, Mycobacterium bovis, Borrrelia burgdorferi, Mykoplasmen) Erregerdiagnostik sinnvoll.

Im Liquor empfiehlt sich neben den Routineparametern wie Zellzahl, Zytologie, Gesamteiweiß, Laktat, Glukose und Albuminquotient, die Bestimmung des Reiber-Diagramms, oligoklonaler Banden (OKB), der MRZ-Reaktion (intrathekale Synthese von Antikörpern gegen Masern, Röteln und Varizella-Zoster-Viren) sowie o. g. Erregerdiagnostik (Tab. 1, [6, 8, 14, 32]). Sollte diese Abklärung keine abschließende Diagnose erlauben, ist in Einzelfällen vor dem Hintergrund potenzieller perioperativer Komplikationen eine spinale Biopsie zum Ausschluss maligner Erkrankungen sicherlich indiziert.

Tab. 1 Laboruntersuchungen für die Differenzialdiagnostik langstreckiger Myelonläsionen. (Mod. nach [32])

Hier beschreiben wir eine Patientin mit APS, bei der aufgrund einer unklaren langstreckigen zervikalen Myelonläsion zum Ausschluss eines Tumors eine spinale Biopsie durchgeführt und erst mit mehrjähriger Latenz eine AQP4-AK-positive NMO diagnostiziert wurde. Gleichzeitig geben wir einen Überblick über ähnlich gelagerte Einzelfallberichte und Fallserien in der aktuellen Literatur. Die Datenerhebung wurde mit Zustimmung der Ethikkommission der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von der beteiligten Patientin liegt eine Einverständniserklärung vor.

Fallbericht

Eine damals 40-jährige kaukasische Patientin stellte sich im November 1998 mit einer subakut aufgetretenen rechtsbetonten Tetraparese (Kraftgrad 4/5) und einem sensiblen (Hemi-)Querschnitt ab Höhe zervikal (C) 4 abwärts in einer neurologischen Klinik vor. Bei MRT-morphologischem Nachweis einer langstreckigen zervikalen Myelonläsion auf Höhe der Halswirbelköper (HWK) 1 bis 4 mit fokaler Kontrastmittelaufnahme zeigten die initiale und nachfolgende kraniale MRT-Aufnahmen bis 2009 lediglich einzelne unspezifische Läsionen (Abb. 1); sämtliche Liquorparameter waren unauffällig, insbesondere fanden sich keine liquorspezifischen oligoklonalen Banden.

Da eine hochdosierte Steroidtherapie auch nach mehreren Wochen zu keiner zufriedenstellenden klinischen Symptombesserung geführt hatte, erfolgte im Februar 1999 zum Ausschluss eines Malignoms eine spinale Biopsie auf Höhe HWK 4. Die Biopsie verlief komplikationslos und zeigte „entzündlich-demyelinisierende Veränderungen als Hinweis auf eine Erkrankung aus dem MS-Formenkreis“. Unter der daraufhin begonnenen Therapie mit Cyclophosphamid traten in den Folgejahren insgesamt 3 bilaterale Optikusneuritiden sowie tiefe Venenthrombosen im linken Arm (1999) sowie im linken Bein (2001) auf.

Nach wiederholtem laborchemischem Nachweis von Antiphospholipid-AK wurde daraufhin ein Antiphospholipidsyndrom (APS) diagnostiziert und eine orale Antikoagulation begonnen. Aufgrund von Hautveränderungen vermutete man nun eine SLE-Variante als Ursache der initialen LETM und stellte die immunsuppressive Medikation nach rheumatologischer Vorgabe im Jahr 2004 auf Mycophenolat Mofetil um. Im Jahr 2009 erfolgte erstmals eine Testung auf AQP4-AK (zellbasierter Assay [9]), die positiv ausfiel, und somit die Diagnose einer seropositiven NMO sicherte. Nach einem weiteren spinalen Schub im Jahre 2011 erfolgte die Therapieumstellung auf Rituximab, worunter es im Jahr 2012 allerdings zu einem weiteren Schub kam.

Abb. 1
figure 1

a Langstreckige zervikale Myelitis von Höhe der Halswirbelkörper (HWK) 1 bis 4 mit Myelonschwellung (Pfeil; T2-gwichtete MRT-Sequenz, aus 2003). Bandscheibenprolaps auf Höhe HWK 5/6. b Postinterventionelle spinale MRT (T1-gwichtet mit Kontrastmittel) mit marginaler meningealer Gadoliniumaufnahme auf Höhe HWK 3 und 4 (Pfeil) nach diagnostischer spinaler Biopsie. (Aus dem Jahr 1999). c, d T2-gewichtete zerebrale MRT-Bilder, die einzelne unspezifische, nicht-MS-typische Läsionen zeigen. (Aus dem Jahr 2009)

Diskussion

Wir beschreiben hier eine Patientin mit einem Antiphospholipidsyndrom und einer LETM als Erstmanifestation einer erst 11 Jahre später diagnostizierten AQP4-AK-seropositiven NMO, die initial zum Ausschluss einer spinalen Neoplasie einer Biopsie des Zervikalmarks unterzogen wurde. Die histopathologische Abklärung erbrachte keinen Anhalt für eine Neoplasie, zeigte jedoch eine damals als unspezifisch gewertete entzündlich-demyelinisierende Gewebeveränderung. Sicherlich steht die neuropathologische Aufarbeitung einer Biopsie am Ende der diagnostischen Abklärung einer Raumforderung im ZNS, insbesondere bei Probenentnahmen aus taktisch delikaten Regionen wie entzündlich verändertem Rückenmarkgewebe. Grundsätzlich sind den Erkenntnissen der Literatur nach solche ZNS-Läsionen bei der NMO charakterisiert durch stark alterierte, nekrotisch anmutende Läsionen mit perivaskulären Antikörper- und Komplementablagerungen, Axonverluste und den Nachweis einer charakteristischerweise von eosinophilen Granulozyten geprägten Entzündungsreaktion. Typischerweise ist ein partieller oder auch kompletter Untergang von AQP4- bzw. GFAP („glial fibrillary acidic protein“) -positiven Astrozyten nachweisbar. Die Astrozytenschädigung ist dabei häufig ausgeprägter als die Entmarkung bzw. die Oligodendrozytenschädigung [19, 20, 27]. In unserem Fall zeigten sich histopathologisch unspezifische entzündlich-demyelinisierende Veränderungen; Spezialfärbungen wie AQP4-Färbungen erfolgten zum Zeitpunkt der Biopsie (1999 und somit vor Entdeckung von AQP4 als Zielantigen bei der NMO) nicht, und eine histopathologische Wiederaufbereitung des Gewebes war aktuell nicht mehr möglich.

Kürzlich konnten wir bereits in einer retrospektiven Analyse eines großen Kollektivs von insgesamt 175 NMOSD-Patienten [10], die im NEMOS-Netzwerk dokumentiert wurden (siehe http://www.nemos-net.de), 7 Patientinnen identifizieren, bei denen ebenfalls im Rahmen einer langstreckigen Myelonläsion eine spinale Biopsie zum Ausschluss von Neoplasien durchgeführt wurde [26]. In allen Fällen erfolgten auch hier AQP4-AK-Untersuchungen erst postoperativ und sie waren sämtlich positiv. Bemerkenswerterweise konnte die ursprüngliche histopathologische Routineaufarbeitung zwar in 6 der 7 Fälle ein Malignom ausschließen, aber nicht die Diagnose einer NMO nahelegen. Auch die retrospektive Reevaluation von 4 dieser Biopsate zeigte nur vereinzelte charakteristische NMO-Merkmale [26]. Dies bestätigt, dass typische histopathologische Auffälligkeiten abhängig vom Krankheitsstadium und der Lokalisation der Probenentnahme nur limitiert nachweisbar sind [19, 20, 27]. Am ehesten aufgrund der meist zentralen Lage der NMO-Myelitiden erlitten 5 von 7 Patientinnen des von uns beschriebenen Kollektivs z. T. schwere postoperative Komplikationen wie epidurale spinale Blutungen, ein chronisches Liquorleck und transiente posttraumatische Para- oder Tetraparesen mit bleibender Behinderung und Rollstuhlabhängigkeit von zwei Patientinnen [26].

Einen ähnlichen Einzelfall berichteten Habek und Kollegen, die eine LETM-Patientin mit im Verlauf diagnostizierter AQP4-AK-positiver NMOSD u. a. aufgrund wiederkehrender unklarer Zervikalmarkprozesse mit fehlender Steroidresponsivität spinal biopsierten [5]. Postoperative Komplikationen traten nicht auf, die AQP4-AK-Testung erfolgte erst nach durchgeführter spinaler Biopsie. Die gleiche Arbeitsgruppe hatte bereits 2006 über eine Patientin mit Myasthenia gravis berichtet, die trotz mehrmaliger vorausgegangener ON und unauffälligem kranialem MRT zur diagnostischen Einordnung einer langstreckigen Myelonläsion spinal biopsiert und erst später als seropositive NMO identifiziert wurde (Fall-Nr. 4 in [3]). Zu berücksichtigen ist, dass die AQP4-AK-Bestimmung erst seit etwa 2006 verfügbar ist [18] und in einigen der genannten Fälle zum Zeitpunkt der Biopsie noch nicht möglich war.

Schließlich wurden erst kürzlich zwei weitere Patientinnen mit AQP4-AK-positiver LETM publiziert, die ebenfalls in der Akutphase einer Myelitis spinal biopsiert wurden, deren histopathologische Befunde aber relevant divergierten [28]. Eine der Patientinnen wies die typischen Befunde aktiver NMO-Läsionen mit deutlicher Komplementaktivierung und Nachweis perivaskulärer Infiltrate von eosinophilen und neutrophilen Granulozyten sowie Lymphozyten auf. Der zweite Fall hingegen zeigte Befunde chronischer NMOSD-Läsionen in Post-mortem-Gewebe mit zystischen Veränderungen, Gefäßwandverdickungen und -hyalinisierung sowie bindegewebiger Astrogliose [28]. Dies unterstreicht die oben bereits angesprochene Abhängigkeit der Biopsieergebnisse sowohl vom Stadium der Erkrankung als auch vom Stadium und der Lokalisation der einzelnen Läsion [19, 20, 27].

Zusammenfassend soll diese Kasuistik und die Übersicht über die vormals berichteten insgesamt 11 weiteren Fälle [3, 5, 26, 28], bei denen es sich bemerkenswerterweise ausschließlich um Patientinnen handelt, zum einen die differenzialdiagnostische Bandbreite langstreckiger Myelonläsionen und der entsprechend zielführenden Diagnostik ins Gedächtnis rufen (Tab. 1, [14, 32]). Zum anderen muss aufgrund der Seltenheit und auch der Vielfältigkeit der Klinik der NMO und ihrer Spektrumerkrankungen (siehe Infobox 1) auf die Relevanz der AQP4-AK-Testung bei der Abklärung einer langstreckigen Myelonläsion, insbesondere einer unklaren tumorverdächtigen Myelonformation hingewiesen werden. Aufgrund der Heterogenität der verfügbaren AQP4-AK-Testverfahren mit Sensitivitäten von ca. 50–80 % bei sehr hoher Spezifität [9, 35], sollten vor dem Hintergrund möglicher (falsch-)negativer AQP4-AK-Testbefunde im Zweifel mindestens 2 Testverfahren angewandt werden. Der hier verwendete zellbasierte Assay zeigte in einer Studie Sensitivitäten zwischen 70 % (für NMOSD) und 78 % (für definitive NMO) bei einer Spezifität von 100 % [9, 10]. Eine spinale Biopsie stellt eine wichtige diagnostische Säule in der Abklärung unklarer Myelopathien dar, ist aber in Anbetracht schwerer möglicher Komplikationen den Einzelfällen vorzubehalten, bei denen sämtliche bildmorphologische Befunde sowie Sero- und Liquorparameter nicht diagnostisch wegweisend sind.

Ebenfalls bemerkenswert ist das hier gleichzeitige Auftreten einer NMO und eines APS. Während ein überlappendes Auftreten von NMOSD mit SLE oder dem Sjögren-Syndrom vielfach beschrieben wurde [7, 23, 34], sind nur vereinzelte Fälle von NMOSD und APS bekannt [29]. Auch wenn systematische Untersuchungen zur Häufigkeit dieser Assoziation bislang nicht vorliegen und ursächliche Zusammenhänge nicht gezeigt wurden, sind ähnliche, bei einzelnen Patienten möglicherweise gemeinsame pathogenetische Immunprozesse naheliegend. Dementsprechend umfassen therapeutische Ansätze (selektive) immunsuppressive Strategien wie eine B-Zell-Depletion, wie sie auch bei rheumatologischen Erkrankungen üblich sind [31].

Fazit für die Praxis

  • Charakteristika der Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen sind (meist rezidivierende) longitudinale extensive transverse Myelitiden (LETM) und Optikusneuritiden mit oder ohne Hirnstammbeteiligung sowie (in bis zu 80 % der Fälle) der Nachweis von Aquaporin-4-Antikörpern (AQP4-AK) im Serum.

  • Langstreckige Myelonformationen kommen jedoch auch im Rahmen systemischer Autoimmunerkrankungen sowie von Infektionen, metabolischen und vaskulären Erkrankungen vor; LETM-Läsionen können zudem intramedullären Tumoren ähneln.

  • Diagnostische Biopsien langstreckiger Myelonläsionen sind bei ansonsten inkonklusiver Zusatzdiagnostik aufgrund potenzieller perioperativer Nebenwirkungen Einzelfällen vorzubehalten und sollten nach Möglichkeit nur nach vorheriger AQP4-AK-Testung erfolgen.

  • Aufgrund verschiedener AQP4-AK-Assays mit unterschiedlicher Sensitivität und Spezifität sowie aufgrund von Titerschwankungen im Verlauf und unter Steroid- oder immunsuppressiver Therapie ist eine Mehrfachtestung sinnvoll.

  • Der Zusammenhang zwischen dem Antiphopholipidsyndrom (APS) und der NMO ist bislang unklar; eine AQP4-AK-Testung ist bei APS-Patienten mit Symptomen, die mit einer NMOSD vereinbar sind, indiziert.