Zusammenfassung
Hintergrund
Knochentumoren, und hier insbesondere die Knochensarkome, gehören im Vergleich zu den deutlich häufiger vorkommenden Knochenmetastasen zu den selteneren Läsionen des Skelettsystems. Trotz dieser relativen Seltenheit darf man sie als wichtige Differentialdiagnosen nicht außer Acht lassen.
Ziel der Arbeit
Ziel ist es, dem Leser einen Einblick in die Grundlagen der primären Bildgebung der Knochensarkome zu geben und dies anhand zweier Beispiele (Osteosarkom, Chondrosarkom) zu verdeutlichen.
Ergebnisse
Die Grundlage der bildgebenden Diagnostik der Knochensarkome bildet die Projektionsradiographie in 2 Ebenen. Hier lassen sich mittels Lodwick-Klassifikation, Konfiguration der Periostreaktion und einer möglichen Veränderung der Kortikalis wichtige Hinweise auf das biologische Verhalten eines Tumors sammeln. Eine Tumormatrix und die Lokalisation innerhalb des Skeletts bzw. innerhalb der Röhrenknochen liefern zusätzlich wichtige Informationen zur differentialdiagnostischen Eingrenzung. Das bildgebende lokale Staging erfolgt mittels Magnetresonanztomographie (MRT) mit bestimmten, auf die Knochentumordiagnostik abgestimmten Untersuchungssequenzen. Zum Ausschluss möglicher Skip-Metastasen wird diese Lokaldiagnostik durch ein „Kompartment-MRT“ mit Darstellung des gesamten, tumortragenden Knochens bzw. der angrenzenden Gelenke ergänzt. Die häufigsten Fernmetastasen treten insbesondere beim Osteosarkom und beim Chondrosarkom in der Lunge auf, so dass hier standardmäßig eine Computertomographie (CT) des Thorax durchgeführt wird. Weitere bildgebende Methoden wie die CT des Tumors, die Positronenemissionstomographie-CT (PET-CT), die Skelettszintigraphie und das Ganzkörper-MRT ergänzen die Diagnostik je nach Tumorart.
Abstract
Background
Bone tumors and especially bone sarcomas are rare lesions of the skeletal system in comparison to the much more frequently occurring bone metastases. Despite the relative rarity they are important differential diagnoses of bone lesions.
Objective
The aim of this article is to give the reader an insight into the fundamentals of the primary imaging of bone sarcomas and to illustrate this with the help of two examples (e.g. osteosarcoma and chondrosarcoma).
Results
The foundation of the imaging of bone sarcomas is the radiograph in two planes. This method delivers important information on bone tumors. This information should be analyzed with the help of the Lodwick classification, the configuration of periosteal reactions and a possible reaction of the cortex. A possible tumor matrix and the localization within the skeleton or within long bones also provide important information for differential diagnostic delimitation. Magnetic resonance imaging (MRI) with specific adapted bone tumor sequences allows an exact local staging of a bone sarcoma. In addition to local imaging a compartmental MRI which illustrates the entire extent of tumor-bearing bone and the adjacent joints should be performed to rule out possible skip lesions. The most common distant metastases of osteosarcoma and chondrosarcoma occur in the lungs; therefore, a computed tomography (CT) of the chest is part of staging. Other imaging methods, such as CT of the tumor, positron emission tomography CT (PET-CT), bone scan and whole body MRI supplement the imaging depending on tumor type.
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Die Inzidenz maligner Knochensarkome liegt nach Literaturangaben bei ca. 0,8/100.000/Jahr [9]. Männer sind generell etwas häufiger betroffen als Frauen. Es zeigen sich zwei Altersgipfel, der Erste in der 1. und 2. Lebensdekade und der 2. Gipfel jenseits des 50. Lebensjahres [27]. Unter den primären Knochentumoren stellen das Osteosarkom, das Chondrosarkom und das Ewing-Sarkom die häufigsten Tumorentitäten dar [27].
Im ersten Abschnitt dieser Übersichtsarbeit werden die allgemeine Vorgehensweise bzw. wichtige Grundlagen der primären Knochentumordiagnostik bzw. des Stagings beispielhaft erläutert. Im zweiten, speziellen Abschnitt soll exemplarisch auf das Osteosarkom, das Chondrosarkom und deren bildgebenden Besonderheiten eingegangen werden.
Die bildgebende Diagnostik spielt eine zentrale Rolle im klinischen Management der Knochensarkome
Die bildgebende Diagnostik spielt eine zentrale Rolle im klinischen Management der Knochensarkome (Tab. 1). Wie bei allen Knochenläsionen ist auch hier die systematische Herangehensweise und die Analyse aller zur Verfügung stehender Informationen essentiell.
Bildgebende Diagnostik
Projektionsradiographie
Die Grundlage der Diagnostik bildet die Projektionsradiographie (PR) in 2 Ebenen, ohne die eine suffiziente Beurteilung der Knochensarkome nicht möglich ist. Die Lodwick-Klassifikation definiert 3 Typen von osteolytischen Prozessen (Typ IA geographisch – sklerotisch, Typ IB geographisch – scharf begrenzt, Typ IC geographisch – unscharf begrenzt, Typ II Mottenfraß, Typ III permeativ) und lässt daraus indirekt auf die Wachstumsgeschwindigkeit und somit die Tumorbiologie des Knochenprozesses schließen [13].
Zusätzlich liefert eine mögliche Periostreaktion Hinweise zur Einordnung der Knochenläsion. Hier stellt eine kontinuierliche, unilaminäre Peroistreaktion einen indirekten Hinweis auf ein langsames Tumorwachstum dar, während eine kontinuierliche, multilaminäre Periostreaktion vermehrt bei einer intermediären Wachstumsgeschwindigkeit beobachtet wird. Unterbrochene Periostreaktionen wie z. B. das Codman-Dreieck oder spikulierte Periostreaktionen sind in der Regel mit einer aggressiven Tumorbiologie vergesellschaftet (das Codman-Dreieck wird häufig im Rahmen eines Osteosarkoms beobachtet [12, 15]).
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der projektionsradiograpischen Diagnostik stellt eine mögliche Tumormatrix da. So weist eine chondroide Tumormatrix mit einer „Ring-and-arc-Verkalkung“ auf einen knorpelbildenden Knochentumor hin. Eine flächige, wolkige Verknöcherung wird häufig bei knochenbildenden Tumoren beobachtet, während eine milchglasartige Matrix meist bei gutartigen Veränderungen wie einer fibrösen Dysplasie auftritt [6].
Auch Veränderungen der Kortikalis liefern wichtige Hinweise zur Einordnung der Knochenläsion. So lässt sich eine Ausdünnung der Kortikalis bzw. ein „Scalloping“ auch bei primär gutartigen Knochenläsionen wie z. B. Enchondromen beobachten, eine Destruktion der Kortikalis ist hingegen meist mit Knochenläsionen mit einer aggressiveren Tumorbiologie vergesellschaftet. Um eine möglicherweise dezente Kortikalisdestruktion detektieren zu können ist ggf. eine ergänzende Bildgebung mittels CT notwendig.
Ein weiterer Baustein der systematischen Analyse von Knochenläsionen ist die Lokalisation der Veränderung innerhalb des Skeletts bzw. innerhalb der langen Röhrenknochen. So ist z. B. das klassische Osteosarkom typischerweise in der Kniegelenkregion lokalisiert, dabei überwiegend metaphysär oder metadiaphysär [19].
Auch das Alter, in dem eine Knochenläsion auftritt, spielt eine entscheidende Rolle. So tritt das klassische Osteosarkom typischerweise um das 20. Lebensjahr auf, das sekundäre Osteosarkom hingegen vorwiegend um das 50. Lebensjahr [19, 20].
Magnetresonanztomographie
Ein weiterer wichtiger Bestandteil in der radiologischen Diagnostik der Knochentumoren stellt die MRT dar. Aufgrund des geringen Protonengehalts der Spongiosa bzw. der Kortikalis gelingt mit dieser Methode allerdings nur die indirekte Bildgebung des Knochens. Die Stärken der MRT liegen im Nachweis einer möglichen Knochenmarksinfiltration durch den Tumor und der sehr guten Darstellung der Weichteile [26].
So kann die intraossäre Tumorausdehnung bis auf wenige Millimeter, die extraossäre Tumorausdehnung bis auf 1 cm genau präoperativ dargestellt werden [7]. Zur operativen Planung werden hier insbesondere T1-gewichtete Spinechosequenzen herangezogen, um sich die Tumorausdehnung vor einer möglichen Resektion genau veranschaulichen zu können.
Bei der MRT ist die Wahl der richtigen Untersuchungssequenzen wichtig
Um die Stärken dieser Methode vollständig ausnutzen zu können ist allerdings die Wahl der richtigen Untersuchungssequenzen von größter Wichtigkeit. Die verschiedenen Sequenzen liefern unterschiedliche Informationen, die im Gesamtbild ein zuverlässiges lokales Staging des Knochentumors zulassen. So sollte zur Bestimmung der intraossären Tumorausdehnung und der Beziehung des Tumors zum Gelenk eine T1-gewichtete Spinechosequenz in koronarer Schichtführung durchgeführt werden.
Eine axiale, T2-gewichtete Spinechosequenz erlaubt valide Aussagen zur extraossären Tumorausdehnung, eine STIR-Sequenz („short tau inversion recovery“) stellt das Tumorödem dar und ermöglicht in der Kombination mit der T1-Sequenz die Detektion von Skip-Metastasen innerhalb des Knochenkompartiments.
Auch sollten immer kontrastmittelgestützte Sequenzen zur Beurteilung des Kontrastmittelverhaltens des Tumors und zur Darstellung der angrenzenden Gefäßstrukturen (hier idealerweise eine fettgesättigte T1-gewichtete Spinechosequenz in axialer Ebene) angefertigt werden [7].
Von besonderer Wichtigkeit ist, dass das präoperative MRT mit Fokussierung auf den Tumor um ein „Kompartment-MRT“ ergänzt wird. Dies bedeutet, dass der gesamte tumortragende Knochen und die angrenzenden Gelenke vollständig abgebildet werden, um ggf. vorhandene Skip-Metastasen zu detektieren und das operative Vorgehen dementsprechend planen zu können [23]. Unter Skip-Metastasen versteht man vom Primärtumor separierte Läsionen im gleichen Knochen oder im gelenknahen Knochen des angrenzenden Gelenks.
Insbesondere die im Rahmen der Gelenkdiagnostik häufig angefertigten fettgesättigten, protonendichtegewichteten Spinechosequenzen sind zur Tumordiagnostik nicht ausreichend, da hier der Tumor in der Ödemzone maskiert werden kann [7].
Besonderheiten verschiedener Knochentumoren, wie z. B. blutgefüllte Kammern, wie sie beim teleangiektatischen Osteosarkom vorkommen können oder ein lobulierter Knorpelanteil beim Chondrosarkom können mittels MRT besonders gut visualisiert werden.
Da Knochentumoren häufig zufällig im Rahmen einer auf die Gelenkdiagnostik ausgerichteten MRT entdeckt werden, muss die MRT zur suffizienten präoperativen Bildgebung oft mit den notwendigen Sequenzen wiederholt bzw. um die fehlenden Sequenzen ergänzt werden (Tab. 2, Tab. 3).
In Tab. 2 ist das MRT-Knochentumorprotokoll des Instituts für Klinische Radiologie (IKR) des Universitätsklinikums Münster (UKM) exemplarisch dargestellt.
Skelettszintigraphie
Ein Vorteil der Skelettszintigraphie ist die sehr hohe Sensitivität von beispielsweise ca. 95 % für Knochenmetastasen [17]. Diese Stärke begründet den Einsatz für die initiale Einschätzung unklarer Knochenprozesse. Ein bekannter Nachteil ist allerdings die sehr geringe Spezifität, sodass eine Dignitätseinordnung von Läsionen allein mit der Skelettszintigraphie häufig nicht möglich ist.
Die Skelettszintigraphie dient der initialen Einschätzung unklarer Knochenprozesse
Die Skelettszintigraphie ist eine gute Methode um zwischen unifokalen und multifokalen Prozessen zu unterscheiden. Für diese Fragestellung stehen neuerdings auch Verfahren, wie das PET-CT und die Ganzkörper-MRT zur Verfügung, welche der Skelettszintigraphie überlegen sind [18, 24].
Computertomographie
Die CT kommt in der Diagnostik von Knochentumoren als ergänzendes Verfahren oft zum Einsatz. So kann nur die CT eine Tumormatrix, eine Periostreaktion oder eine Kortikalisdestruktion [25] in bestimmten Lokalisationen visualisieren (z. B. Wirbelsäule, Beckenskelett).
Die Herausforderung in der Knochentumordiagnostik besteht darin, die Informationen, die durch die genannten bildgebenden Verfahren geliefert werden und die Klinik zu einer Verdachtsdiagnose zusammenzufügen und im Folgenden mit den Pathologen eine abschließende Diagnose zu bestimmen.
Staging
Für Knochentumoren stehen zwei verschiedene Stadieneinteilungen zur Verfügung. Zum einen die gebräuchliche, chirurgische Stadieneinteilung nach Enneking [5], sowie die „TNM-Klassifikation“ der „Union International Contre le Cancer/American Joint Committee on Cancer“ (UICC/AJCC).
Im Folgenden soll speziell auf das „Enneking staging system“ eingegangen werden. Um den Knochentumor in dieses System einordnen zu können, müssen zwei grundlegende Fragen beantwortet werden:
-
1.
Ausmaß der lokalen Tumorausdehnung (T-Stadium)?
-
2.
Fernmetastasen (M-Stadium)?
Auch der Zeitpunkt der Staginguntersuchungen ist entscheidend, das T-Staging muss vor der Biopsie, das M-Staging vor Beginn der Chemotherapie erfolgen [26].
Lokale Tumorausdehnung bzw. T-Staging
Zur adäquaten Bildgebung der lokalen Tumorausbreitung, insbesondere im Bereich der Extremitäten, stellt die MRT die Methode der Wahl dar. In Ausnahmefällen, hier speziell bei absoluten Kontraindikationen für eine MRT, kann die CT zum T-Staging eingesetzt werden.
Von grundlegender Wichtigkeit ist der Einsatz der richtigen Sequenzen und einer dem Tumor angepassten Schichtführung, um alle notwendigen Informationen für das Staging aus der MRT-Untersuchung ableiten zu können (s. oben, Tab. 2, Tab. 3).
Beim vorwiegend chirurgisch ausgerichteten Stagingsystem nach Enneking spielt insbesondere die lokale Ausbreitung des Tumors innerhalb verschiedener Kompartimente eine entscheidende Rolle. So lässt sich ein rein intraossärer Tumor als intrakompartimental einordnen, ein den Knochen überschreitender Tumor muss als extrakompartimental klassifiziert werden, woraus sich unmittelbare Konsequenzen für die Resektionsplanung ergeben (Tab. 4). Eine gute Übersicht der verschiedenen anatomischen Kompartimente insbesondere an den Extremitäten gibt eine Arbeit von Anderson et al. [1].
Wichtig ist die Detektion von Skip-Metastasen
Aufgrund des unmittelbaren Einflusses auf die Resektionsplanung sei an dieser Stelle nochmals auf die Wichtigkeit der Detektion von Skip-Metastasen verwiesen, welche idealerweise innerhalb einer Kompartment-MRT mit einer koronaren STIR-Sequenz und einer koronaren T1w-Spinechosequenz detektiert werden können.
Für die Biopsieplanung spielt die MRT eine besondere Rolle, da die Biopsie in der Regel aus dem gut vaskularisierten, kontrastmittelaufnehmenden Anteil des Tumors oder aus Tumoranteilen mit abweichender Signalcharakteristik entnommen werden sollte. So können beispielsweise niedrige Signalintensitäten in der T2-Wichtung beim Chondrosarkom dedifferenzierte Anteile anzeigen.
Bei der Biopsieplanung sollte der Zugangsweg stets im interdisziplinären Konsens gewählt werden, da dieser im Falle eines malignen Tumors bei der operativen Versorgung ebenfalls reseziert werden muss. Aus diesem Grund und um eine Kontamination zu vermeiden, sollte die Biopsie nicht durch ein unbetroffenes anatomisches Kompartiment, ein Gelenk oder ein neurovaskuläres Bündel führen. Der ideale Biopsiezugang wird folglich durch den kürzesten Haut-Läsion-Abstand unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Einschränkungen definiert [1].
Lymphknotenstaging bzw. N-Staging
Insbesondere bei Osteosarkomen und Chondrosarkomen sind Lymphknotenmetastasen extrem selten.
Bei Ewing-Sarkomen tritt eine lymphogene Metastasierung etwas häufiger. Die hiervon betroffenen Regionen können beim Ewing-Sarkom mit einer im Rahmen von Studien routinemäßig durchgeführten PET-CT oder Ganzkörper-MRT-Untersuchung meist zuverlässig identifiziert werden.
Fernmetastasenstaging bzw. M-Staging
Die häufigsten Metastasen finden sich bei Knochensarkomen in der Lunge und im Knochen selbst. Zum Staging der Lunge wird das Thorax-CT alleine oder im Rahmen einer PET-CT-Untersuchung regelhaft eingesetzt.
Beim Staging des Skeletts bieten sich verschiedene Möglichkeiten. Hier kommen insbesondere die Ganzkörper-MRT und das PET-CT infrage, wobei die Ganzkörper-MRT hinsichtlich der Sensitivität im Vergleich zum PET-CT leicht überlegen zu sein scheint [22].
Im nun folgenden speziellen Teil des Artikels soll exemplarisch auf die häufigsten Knochensarkome eingegangen und einige Besonderheiten hervorgehoben werden.
Osteosarkom
Grundsätzlich lässt sich das Osteosarkom in zwei große Gruppen unterteilen, die High-grade-Osteosarkome und die Low-grade-Osteosarkome (Tab. 5). Dabei macht die Gruppe der High-grade-Osteosarkome den Großteil der Fälle aus [14]. Das Grading der Osteosarkome hat unmittelbaren Einfluss auf die Therapie und ist daher nicht rein akademisch [11].
Das insgesamt am häufigsten vorkommende Osteosarkom ist das klassische Osteosarkom. Die Inzidenz dieses Tumors liegt ca. bei 2–3 Fällen/Millionen/Jahr, das männliche Geschlecht ist bevorzugt betroffen [19]. In 70 % der Fälle befindet sich dieser Tumor im Bereich des Kniegelenks oder im Bereich der Schulter. Die Lokalisation innerhalb der langen Röhrenknochen ist in der Regel metaphysär/metadiaphysär, gelegentlich auch mit Beteiligung der Epiphyse. Typischerweise beginnt dieses Osteosarkom mit seinem Wachstum innerhalb des Knochens und durchbricht sekundär den Kortex mit nachfolgender Infiltration des umgebenden Weichteilgewebes [19].
Zu beachten bleibt, dass es bildgebend das eine typische Osteosarkom nicht gibt.
Wie bereits in Tab. 5 angedeutet gibt es innerhalb der Gruppe der Osteosarkome diverse Subtypen, die mit unterschiedlichen bildmorphologischen Eigenschaften imponieren und die nicht nur in den langen Röhrenknochen lokalisiert sind, sondern durchaus auch im Achsenskelett (Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3).
So zeigt z. B. das teleangiektatische Osteosarkom gegenüber dem osteoblastischen Osteosarkom in der PR häufig ein überwiegend osteolytisches Erscheinungsbild (Abb. 1 a).
Auch Lokalisation und Alter der betroffenen Patienten variieren ja nach Subtyp, so tritt das parossale Osteosarkom häufig im Bereich der dorsalen Metaphyse des Femurs auf [10, 28], das Alter der Patienten liegt in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr [3, 28].
Differentialdiagnostisch muss das Osteosarkom (mit seinen Subtypen) selbst bei scheinbar gutartigen Veränderungen wie einer Myositis ossificans (Differentialdiagnose: parossales Osteosarkom) oder einer aneurysmatischen Knochenzyste (Differentialdiagnose: teleangiektatisches Osteosarkom) in Betracht gezogen werden [28].
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das Osteosarkom in seinem projektionsradiographischen Erscheinungsbild je nach Subtyp eine hohe Variabilität aufweist und es differentialdiagnostisch auch als Zufallsbefund im Hinterkopf behalten werden muss, um fatale Verläufe mit notwendigen Amputation zu vermeiden [2].
Chondrosarkom
Beim Chondrosarkom gibt es ebenfalls diverse Subtypen bzw. unterschiedliche Möglichkeiten die verschiedenen Chondrosarkome zu klassifizieren (Tab. 6), u. a. anhand der Lokalisation und der Histologie, aber auch primär vs. sekundär (Entartung eines Osteochondroms, [21]).
Das häufigste Chondrosarkom ist das zentrale Chondrosarkom, welches je nach Quelle 55–90 % der primären Chondrosarkome ausmacht [8, 21]. Der Ursprung dieses Chondrosarkoms liegt im Knochenmark, die Lokalisationen sind häufig die langen Röhrenknochen (insbesondere Femur, metadiaphysär) und das Beckenskelett. Grundsätzlich kann das Chondrosarkom in fast jeder Körperregion auftreten, Lokalisationen an den Rippen sind ebenso beschrieben wie Lokalisationen im Bereich des Schädelskeletts [16].
Das Alter der Patienten mit diesem Knochensarkom liegt in der Regel zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, es wird allerdings auch regelhaft in der 6. und 7. Lebensdekade beobachtet [8, 16].
Als bildgebendes Charakteristikum lässt sich beim zentralen Chondrosarkom in der Regel eine relativ gut begrenzte Osteolyse (das Erscheinungsbild variiert ja nach Histologie von Lodwick IA/B–III) mit „Ring-and-arc-Verkalkungen“ als Ausdruck einer chondroiden Tumormatrix beobachten. Der Kortex ist oft ausgedünnt oder destruiert, gelegentlich kann er an gewissen Stellen auch verdickt imponieren. Die periostale Reaktion ist in der Regel leicht bis mittel stark ausgeprägt [8, 16]. Das Wachstum dieser Läsion ist überwiegend expansiv entlang des Knochenmarkkanals der Röhrenknochen ([8], Abb. 4 a).
Gerade bei Läsionen mit primärer Lokalisation im Achsenskelett (z. B. Becken, Rippen, Sternum) ist die CT der PR in der korrekten anatomischen Darstellung der Läsion, der Visualisierung der Tumormatrix sowie einer möglichen Weichteilkomponente und der Darstellung einer Kortikalisdestruktion deutlich überlegen (Abb. 4 b).
Bei Läsionen mit primärer Lokalisation im Achsenskelett ist die CT der PR überlegen
Die MRT zeigt beim zentralen Chondrosarkom typischerweise einen lobulierten Aufbau der Läsion mit hoher Signalintensität in der T2-Sequenz als Zeichen eines hohen Flüssigkeitsgehalts der knorpeligen Tumoranteile (Abb. 5). Die Tumorkalzifikationen zeigen sowohl in der T1- und als auch in der T2-Wichtung eine niedrige Signalintensität. Gerade zum Staging bietet die MRT eine unübertroffene Möglichkeit einen möglichen Weichteiltumoranteil darzustellen und zu klassifizieren (s. oben).
Wie beim Osteosarkom gibt es auch beim Chondrosarkom einige wichtige Differentialdiagnosen bzw. diagnostische Schwierigkeiten. So ist es z. T. bildmorphologisch nicht immer möglich ein niedrigmalignes Chondrosarkom von einem gutartigen Enchondrom zu unterscheiden, auch wenn beispielsweise eine ausgeprägte Kortikalisausdünnung („Scalloping“) und fehlendes intraläsionales gelbes Knochenmark das Augenmerk Richtung Chondrosarkom lenken sollten.
Fazit für die Praxis
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Osteosarkome, Chondrosarkome und Ewing-Sarkome sind die häufigsten Knochensarkome mit z. T. sehr variablem Erscheinungsbild in der Bildgebung.
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Die Grundlage der Knochentumordiagnostik bildet die PR in 2 Ebenen ggf. ergänzt durch die CT.
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Das lokale Staging erfolgt mittels MRT bzw. Kompartment-MRT vor der Biopsie.
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Die häufigsten Fernmetastasen bei Knochensarkomen treten in der Lunge und im Skelett auf.
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Die Biopsieplanung muss immer in Rücksprache mit erfahrenen Knochentumorchirurgen erfolgen, da sonst die Gefahr einer Kontamination mit der Folge von notwendigen Amputationen bzw. einer Inoperabilität besteht.
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Interessenkonflikt. J.A. Krämer, R. Gübitz, L. Beck, W. Heindel und V. Vieth geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Krämer, J., Gübitz, R., Beck, L. et al. Bildgebende Diagnostik der Knochensarkome. Unfallchirurg 117, 491–500 (2014). https://doi.org/10.1007/s00113-013-2470-6
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