Hintergrund und Fragestellung

Die akromioklavikuläre (AC-)Gelenksprengung stellt mit knapp 10% aller Verletzungen des Schultergürtels eine häufige Verletzung dar. Männer sind 5-mal häufiger betroffen als Frauen. Knapp die Hälfte aller Verletzten befinden sich in der 3. Lebensdekade [23, 38]. Der typische direkte Verletzungsmechanismus ist der Sturz auf die Schulter mit adduziertem Oberarm. Beim indirekten Mechanismus erfolgt eine Krafteinleitung von der Hand über den ausgestreckten Arm im Ellenbogen mit superiorem Shift des Humerus unter das Schulterdach. In einem Viertel bis zur Hälfte der Fälle wird die AC-Gelenksprengung während sportlicher Aktivität erlitten [23, 26].

Das AC-Gelenk stellt eine dynamische Verbindung der Klavikula mit der multidirektional dreidimensional (3D-) rotierenden Skapula dar [14]. Es wird in der Horizontalebene von jeweils zwei Bandzügeln der versetzt angeordneten korakoklavikulären (CC-)Bänder des Lig. conoideum, von medial zur Korakoidbasis verlaufend, und des Lig. trapezium, von lateral zur Korakoidspitze verlaufend [19, 24, 28]. Durch die versetzte trapezförmige Anordnung der Bänder ergibt sich eine AC-Gelenkstabilität sowohl in der frontalen als auch in der horizontalen Ebene. Die horizontale Stabilität wird zusätzlich durch die deltotrapezoidale Faszie gewährleistet [26].

Debski et al. [4] wiesen biomechanisch ebenfalls eine wichtige Funktion der AC-Bänder nach, die nicht von den CC-Bändern kompensiert werden kann. Die Typ-III-Verletzung ist durch eine vergrößerte CC-Distanz von 25–100% im Vergleich zur Gegenseite und die Typ-V-Verletzung mit einer CC-Distanzvergrößerung von >100–300% definiert [26]. Es sind verschiedenste konservative und operative Therapieverfahren der AC-Gelenksprengung beschrieben worden [2, 6, 7, 12, 18]. Zur arthroskopisch unterstützten Stabilisierung und Redression der AC-Gelenkluxation sind in der Literatur diverse Methoden zu finden [5, 16, 20, 25, 27, 29, 30, 39, 40, 41, 42].

Die arthroskopisch unterstützte Stabilisierung mit dem TightRope™-Implantat (Arthrex Inc.; Naples, FL, USA) stellt mittlerweile für die höhergradige akute AC-Gelenksprengung ein anerkanntes Therapieverfahren dar [8, 9, 29, 30, 31, 39, 40]. Die chronische AC-Gelenksprengung bedarf zusätzlich zur Stabilisierung eine biologische Augmentation [4, 13, 17, 22, 32, 36].

Vorteile der arthroskopisch unterstützten Therapie sind die Minimalinvasivität mit geringem Weichteilschaden und die Möglichkeit der Erkennung und Therapie von nicht seltenen Begleitverletzungen des Glenohumeralgelenks durch die Arthroskopie [23, 38]. Hierbei findet man häufig Läsionen des Bizepssehnenankers im Sinne von SLAP-Läsionen („superior labrum anterior and posterior“), Läsionen des Labrum glenoidale und Rotatorenmanschettenrupturen. Ein weiterer Vorteil ist, dass keine Folgeoperation zur Materialentfernung notwendig ist, und dass es sich dabei um eine dynamische anatomische und nicht um eine rigide Stabilisierung handelt. Die Double-TightRope™- (DTR-)Technik unter Verwendung von zwei Zügelimplantaten stellt durch die anatomische Platzierung der Implantate im Verlauf des Lig. deltoideum und des Lig. trapezoideum eine indirekte anatomische Rekonstruktion der CC-Bänder dar, wobei versucht werden sollte, sowohl den anatomischen Ursprung als auch die anatomische Insertion der CC-Bänder [24, 28] bei der Implantatplatzierung zu erreichen.

Bei der Stabilisierung der akuten AC-Gelenksprengung wird davon ausgegangen, durch die möglichst anatomische Reposition des AC-Gelenks das Adaptieren und damit eine biologische Heilung der rupturierten Bandstümpfe zu erreichen. Die nativen CC-Ligamente tolerieren im Durchschnitt eine vertikale Belastung von 598 N und eine anteriore Belastung von 338 N [39, 40]. Biomechanische Studien zeigen für die DTR-Technik eine Versagenslast für die vertikale Belastung von durchschnittlich 982 N und für die anteriore von 360 N [39, 40]. Eine Single-TightRope™- (STR-)äquivalente Technik tolerierte vertikal belastet 646 N [41], die anteriore Belastung wurde hier nicht getestet. Aufgrund der biomechanischen Studien sollten somit beide Techniken für die CC-Rekonstruktion hinsichtlich der vertikalen Stabilität geeignet sein. Bisher gibt es in der Literatur jedoch keine Daten einer klinischen Studie, die die beiden Techniken STR und DTR hinsichtlich des Outcomes und der Komplikationsrate verglichen hat.

Ziel dieser klinischen Studie ist der Vergleich der arthroskopischen Stabilisierung mit dem TightRope™-Implantat unter Verwendung von einem vs. zwei Implantaten. Hierbei wird die extraanatomische Single- mit der anatomischen DTR-Implantation verglichen. Die Hypothese dieser Studie war, dass die Therapie der akuten AC-Gelenkluxation mit der arthroskopisch unterstützten TightRope™-Technik unter Verwendung von zwei Implantaten als anatomische Stabilisierung bessere Resultate im Hinblick auf die CC-Distanz als die Verwendung von einem Implantat als extraanatomisches Verfahren erzielt. Insbesondere die horizontale Instabilität der Typ-V-Verletzung lässt sich mit der DTR-Technik suffizienter adressieren.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Im Zeitraum von 12 Monaten wurden in der unfallchirurgischen Universitätsklinik Marburg 29 konsekutive Patienten mit akuter Sprengung des AC-Gelenks arthroskopisch unterstützt mit der STR- oder DTR-Technik der 2. Generation versorgt und im Rahmen einer Kohortenstudie mit einem Minimum-Follow-up (FU) von 12 Monaten nachuntersucht. Die operative Versorgung erfolgte durchschnittlich 6,1±2,6 (6–14) Tage nach Traumaereignis. Die Operationen wurden ausschließlich vom Erst- oder Letztautor durchgeführt. Die Entscheidung zur STR- oder DTR-Technik wurde vom Operateur nicht randomisiert präoperativ gestellt. Einschlusskriterien waren die akute nicht länger als 14 Tage nach Traumaereignis bestehende AC-Gelenksprengung klassifiziert nach Rockwood [26], wobei die Operationsindikation bei kosmetisch störendem und schmerzhaftem Typ III und dem Typ V gestellt wurde. Eine kosmetisch störende Typ-III-Verletzung lag vor, wenn den Patienten die gegenwärtige Stellung/Stufe des AC-Gelenks störte, und er diesbezüglich unter Abwägung der Risiken eine operative Korrektur erwünschte. Schmerzhaft wurde definiert durch einen Druckschmerz über dem AC-Gelenk, Schmerzen beim Liegen auf der verletzten Schulter mit Projektion auf das AC-Gelenk und durch einen Ruheschmerz.

Ausgeschlossen wurden die Läsionen Typ I, II, der horizontal fixiert dislozierte Typ IV und der Typ VI nach Rockwood [26]. Die klinischen und radiologischen Befunde und Scores wurden prospektiv im Rahmen der Kontrolluntersuchungen erfasst.

Eine klinische und radiologische Kontrolle erfolgte standardisiert präoperativ, nach 6 Wochen, 3 Monaten, 6 Monaten und 12 Monaten postoperativ. Als radiologischer Standard diente präoperativ und postoperativ eine AC-Gelenkpanoramaaufnahme zur Beurteilung der Dislokation in der Frontalebene (präoperativ, 3, 6, 12 Monate postoperativ mit 10 kg Belastung beidseits), ein axiales Röntgenbild und eine Alexander-Aufnahme [1, 11] zur Beurteilung der Dislokation der Klavikula in der Horizontalebene. Die Alexander-Aufnahme wurde ähnlich der Y-Aufnahme („outlet view“) durchgeführt, mit dem Unterschied, dass die Schulter (Skapula) bei der Alexander-Aufnahme nach ventral translatiert wird, damit das laterale Klavikulaende bei horizontaler Instabilität nach dorsal subluxieren kann. Die posteriore Dislokation als Zeichen der horizontalen Instabilität der Klavikula zeigt sich hierbei durch einen posterioren Versatz des lateralen Klavikulaendes im Skapula-Outlet relativ zum Akromion.

Der CC-Abstand wurde standardisiert in der Parallele zu kraniokaudalen Glenoidachse von zwei Befundern auf der digitalen Panoramaaufnahme im PACS-(„picture archiving and communication system“), gemessen und die Werte gemittelt. Definitionsgemäß lag ein Versagen vor, wenn die CC-Distanz >25% im Vergleich zur unverletzten Gegenseite ausmachte, was einer Rockwood-Läsion größer Typ II entspricht.

Die klinische Untersuchung umfasste eine Inspektion (Schwellung, Hämatom, Hautverletzungen), Palpation (Krepitation, 3D-Mobilität der Klavikula und spontane Redressierbarkeit, Druckschmerz) und aktive und passive Bewegungsprüfung.

Als klinische Scores wurden der alters- und geschlechtsspezifische modifizierte Constant-Murley-Score [3], der ASES-Score [21] und der Simple-shoulder-Test [10] prospektiv präoperativ und bei jeder Nachuntersuchung erhoben. Die arthroskopische Befunde wurden standardisiert evaluiert und klassifiziert: Die superioren Labrumläsionen wurden nach Snyder [34, 35] und Maffet und die M.-supraspinatus-Rupturen nach Snyder [33] klassifiziert.

Operative Technik

Begonnen wird in Beach-chair-Positionierung des Patienten mit einem Spider-Armhalter (Smith & Nephew Inc.; Andover, MA, USA) eine standardisierte glenohumerale Arthroskopie ausgehend vom posterioren Kameraportal (Abb. 1). Anschließend erfolgt die Etablierung eines anteroinferioren Arbeitsportals knapp oberhalb der M.-subscapularis-Sehne durch das Foramen von Weitbrecht und die Anlage eines anterolateralen Kameraportals durch das Rotatorenintervall am Vorderrand der M.-supraspinatus-Sehne. Nach Umstecken der Kamera in das anterolaterale Portal erfolgt über das Eingehen in die Bursa subcoracoidea unter Erhalt des mittleren glenohumeralen Bandes die Darstellung und Freipräparation der Korakoidunterfläche bis zu seiner Basis mit der lateralen und medialen Begrenzung mit dem Vapr (Depuy Mitek Inc.; Raynham, MA, USA). Das anteroinferiore Portal dient weiter als Arbeitsportal. Arbeitskanülen werden nicht verwendet.

Nach Darstellung des Korakoids wird eine säbelhiebartige 15 mm lange Hautinzision 30 mm medial der distalen Klavikula/des AC-Gelenks gesetzt. Die deltotrapezoidale Faszie wird im Sinne eines Wechselschnitts ca. 20 mm weit längsgespalten und der klavikuläre Knochen kranial freipräpariert. Sodann wird über das anteroinferiore Portal das Adapteur™ C-Ring-Zielgerät (Arthrex Inc.; Naples, FL, USA) für die erste Bohrung des Conoideumtunnels eingebracht, für die DTR-Technik der Zielteller im Bereich der Basis des Korakoids [28] zentral ausgerichtet und die Zielhülse auf der Klavikula zentral 40 mm medial [24] der distalen Klavikula auf dem Knochen fixiert.

Unter Bildverstärkerkontrolle wird nun mit einem 2,4-mm-Gewindedraht vorgebohrt und jeweils beide Kortikales der Klavikula und des Korakoids durchbohrt bis der Draht auf den Zielgerätteller aufläuft. Das Zielgerät wird nun entfernt und der Kirschner-Draht mit dem 4 mm kanülierten Bohrer überbohrt. Danach wird ein geöster Nitinoldraht durch den kanülierten Bohrer geschoben, das Ende durch das anteroinferiore Portal ausgeleitet und der Bohrer entfernt. Das Vorgehen wird nun für die 2. Bohrung des Trapeziumtunnels wiederholt. Hierbei liegt der Zielteller dem anatomischen Verlauf des Lig. trapezium [28] entsprechend 10 mm anterior des Conoideumtunnels und 5 mm medial des lateralen Korakoidrandes [28, 39], die Zielgeräthülse zentral auf der Klavikula 20 mm medial [24] der distalen Klavikula.

Abb. 1
figure 1

Standardarthroskopieportale zur Adressierung der akuten AC-Gelenkluxation mit dem arthroskopisch unterstützten TR-Verfahren. Linke Schulter von lateral in Beach-chair-Positionierung des Patienten: A posteriores Kameraportal, B anteroinferiores Arbeitsportal direkt kranial der Subskapularissehne, C anterolaterales Kameraportal direkt anterior der Supraspinatussehne durch das Rotatorenintervall, D Platzierung des trapezoidalen Bündels (DTR), E Platzierung des conoidalen Bündels (DTR), F Säbelhiebhautinzision

Bei der STR-Technik erfolgt die Positionierung der Bohrung extraanatomisch zentral in der Mitte des Korakoids und auf der Klavikula 30 mm medial der distalen Klavikula. Nun erfolgt das Einziehen der TR–Implantate über einen Shuttle-Faden am geösten Nitinoldraht. Danach wird das AC-Gelenk durch Redression der lateralen Klavikula von superior mit dem Kugelspitz und superiorer Translation des Arms bzw. der Skapula mit dem Spider-Armhalter unter Bildverstärkerkontrolle reponiert, und es erfolgt ein sukzessives 5-faches Verknoten der Fäden mit 2-maligem Knotenflippen. Dabei wird darauf geachtet, dass die Plättchen direkt auf der Klavikula knöchern aufliegen, um ein Nachsintern durch eine resorbierbare Weichteilbrücke zu verhindern.

Zuletzt erfolgt die Readaptation der deltotrapezoidalen Faszie mit 1er FiberWire™-Fäden, ein Subkutanverschluss und eine intrakutane Hautnaht. Die Arthroskopie des Subakromialraums erfolgt nicht standardmäßig. Ebenso wenig wird eine Resektion des AC-Gelenks durchgeführt [15].

Nachbehandlung

Die operierte Extremität wird für 2 Tage postoperativ mit einem Gilchrist-Verband ruhig gestellt. Danach erfolgt für 6 Wochen das Tragen eines 15°-Abduktionskissens mit passiver frühfunktioneller Bewegung aus dem Kissen heraus mit Limitierung der glenohumeralen Abduktion auf 60°, Flexion auf 60°, der Innenrotation bis Abdomen, der Außenrotation frei und der Horizontaladduktion auf 0° für 6 Wochen postoperativ. Anschließend wird die aktive und passive Bewegung des Arms freigegeben mit Limitierung der Flexion und Abduktion  <90° für die 7. bis 12. postoperative Woche. Auf Zugbelastungen des Arms und Belastung des Schultergelenks sowie Überkopfsportarten wird für mindestens 3 Monate postoperativ verzichtet.

Statistische Methoden

Die statistische Auswertung erfolgte mittels SPSS-Computer-Software (V. 17.0, SPSS Inc.; Chicago, IL, USA) mit einer 2-faktoriellen „analysis of variance“ (ANOVA) und mit dem Mann-Whitney-U-Test mit Bonferroni-Korrektur. Das Signifikanzniveau wurde mit p<0,05 festgelegt.

Ergebnisse

Das Durchschnittsalter (d) der  29 Patienten (n = 26 männlich, 90%) betrug 38,1±12,7 (16,9–60,4) Jahre, das der  3 weiblichen Patienten 50,7±4,4 (47,3–55,6) Jahre. Das Durchschnitts-Follow-up (FU) lag bei 13,3±2,1 (12,0–21,7) Monaten. 12 Patienten erlitten eine Rockwood-III-Verletzung (d = 37,7±10,6; 23,2–49,0 Jahre), 17 Patienten eine Rockwood-V-Verletzung (d = 38,4±14,3; 16,8–60,4 Jahre). Vier Fälle einer Typ-V-Verletzung hatten in der präoperativen Alexander-Aufnahme eine horizontale Dislokation nach dorsal. Alle Typ-V-Verletzungen zeigten bei der klinischen Untersuchung eine präoperative horizontale Instabilität. Radiologisch konnte bei keiner Typ-III-Verletzung eine horizontale Instabilität evaluiert werden. Die horizontale Instabilität konnte bei den Typ-III-Verletzungen weder regelhaft klinisch ausgeschlossen noch bestätigt werden, war jedoch nicht so deutlich ausgeprägt wie bei den Typ-V-Verletzungen (Tab. 1). Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich in allen Fällen eine spontane Redressierbarkeit des AC-Gelenks. Höhergradige offene Weichteilverletzungen lagen nicht vor.

Tab. 1 Versagenszeit, Versagensmodi, klinische und radiologisch evaluierte horizontal. Instabilität unter Darstellung der verwendeten Technik und des Verletzungstyps

Eine STR-Stabilisierung erhielten 14 Patienten (d = 37,6±11,5; 21,7–54,7 Jahre), 15 Patienten (d = 38,6±14,1 Jahre; 16,8–60,4 Jahre) wurden mit DTR stabilisiert [p (Alter) > 0,05]. Mit der STR-Technik wurden 8 Typ-III- und 6 Typ-V-Verletzungen, mit der DTR-Technik 4 Typ-III- und 11 Typ-V-Verletzungen adressiert.

Die zweifaktorielle ANOVA ergab keinen signifikanten Einfluss der Technik (p=0,202) und des Verletzungs-Typs (p=0,512) auf die Veränderung der CC-Distanz im FU mit p=0,441 unter Berücksichtigung beider Faktoren (Abb. 2, Abb. 3, Abb. 4). Im FU von 13,3 Monaten wurde bei keinem der Patienten mit erfolgreich verlaufener Stabilisierung eine Beschwerde führende AG-Gelenksymptomatik im Sinne eines ausgeprägten Druckschmerzes oder Schmerzen beim Liegen auf der Schulter mit Projektion auf das AC-Gelenk diagnostiziert.

Abb. 2
figure 2

Vertikaler CC-Abstand absolut in mm (belastete a.-p.-Panoramaröntgenaufnahme): Gegenseite, verletzte Seite präoperativ und in der 6. Woche (nicht belastet), 3 Monate, 6 Monate postoperativ durchgeführten Kontrolluntersuchung und im letzten Durchschnitts-FU von 13,3 Monaten postoperativ

Abb. 3
figure 3

Verlauf der Zunahme der CC-Distanz in der Vertikalebene in % im Vergleich zur unverletzten Gegenseite präoperativ und in den postoperativen Verlaufskontrollen im Hinblick auf die verwendete Technik und den Verletzungstyp (exklusive der 6 Wochen postoperativ durchgeführten Kontrolle fanden alles Panoramaaufnahmen <10 kg Zugbelastung am Arm statt)

Abb. 4
figure 4

Verlauf der Zunahme der vertikalen CC-Distanz in % im Vergleich zur unverletzten Gegenseite präoperativ und in den postoperativen Verlaufskontrollen isoliert unterteilt in Technik und Verletzungstyp (exklusive der 6 Wochen postoperativ durchgeführten Kontrolle fanden alles Panoramaaufnahmen <10 kg Zugbelastung am Arm statt)

Bei der STR-Technik zeigte sich bei  5 Fällen (36%) ein CC-Abstand von >125% im Vergleich zur gesunden Gegenseite, wovon 2 Fälle eine Typ-V-Verletzung und 3 Fälle eine Typ-III-Verletzung ausmachten. Bei der DTR-Technik zeigte sich ein CC-Abstand von >125% im Vergleich zur gesunden Gegenseite in 2 Fällen (13%) einer Typ-V-Verletzung. Einer der 4 radiologisch horizontal dislozierten Typ-V-Verletzungen zeigte neben einer vergrößerten CC-Distanz von 167% im Vergleich zur gesunden Gegenseite eine horizontale Dislokation nach posterior.

Die 4 Fälle mit der radiologisch apparenten horizontalen Instabilität wurden mit der DTR-Technik adressiert Tab. 1). Die horizontale Instabilität war in den postoperativen Verlaufskontrollen der Typ-V-Verletzung bei zwei Versagern klinisch (STR) und bei einem Versager klinisch und radiologisch (DTR) persistent (Tab. 1). Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede für die CC-Distanz und der Scores im Verlauf des FU (Tab. 2, Abb. 2, Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5, Abb. 6). Als Verletzungsmodi traten der direkte Sturz auf die Schulter beim Skateboard fahren (n=1), beim Fahrradsturz (n=6), beim Sturz mit dem Motorrad/Motorroller (n=4), beim Fußball (n=6), beim Lacrosse (n=1), beim Sturz von der Leiter (n=1), beim Skifahren (n=2), beim Laufen durch ausrutschen (n=6), beim Treppensturz (n=1) und ein indirektes Einstauchen der Schulter bei einem Pkw-Verkehrsunfall (n=1).

Tab. 2 Korrelation der Vergrößerung der durchschnittlichen vertikalen CC-Distanz im Hinblick auf die verwendete Technik unter Berücksichtigung der Verletzungstypen. Korrelation der CC-Distanz präoperativ und in den postoperativen Kontrollen im Hinblick auf die verwendete TR-Technik
Abb. 5
figure 5

Zunahme der vertikalen CC-Distanz in % der unverletzten Gegenseite im Durchschnitts-FU von 13,3 Monaten

Abb. 6
figure 6

Darstellung des Constant- und ASES-Scores und des Simple-shoulder-Tests im Durchschnitts-FU von 13,3 Monaten

An Begleitverletzungen wurden in 4 Fällen (11,6%) eine SLAP-Typ-II-Läsion, in einem Fall eine SLAP-Typ-V-Läsion (2,9%) und in 2 Fällen (4,8%) eine artikularseitige Supraspinatusläsion (PASTA) Typ A2 nach Snyder evaluiert und arthroskopisch zeitgleich zum TR adressiert. Bei einem Patienten (RV DTR) kam es 3 Monate postoperativ zu einer adhäsiven Kapsulitis, welche mit einer arthroskopischen Arthrolyse und Kapsulotomie 4 Monate postoperativ therapiert wurde und danach annähernde Beschwerdefreiheit ergab.

An Begleitverletzungen wurden in 4 Fällen (11,6%) eine SLAP-Typ-II-Läsion, in einem Fall eine SLAP-Typ-V-Läsion (2,9%) und in 2 Fällen (4,8%) eine artikularseitige Supraspinatusläsion (PASTA) Typ A2 nach Snyder evaluiert und arthroskopisch zeitgleich zum TR adressiert. Bei einem Patienten (RV DTR) kam es 3 Monate postoperativ zu einer adhäsiven Kapsulitis, welche mit einer arthroskopischen Arthrolyse und Kapsulotomie 4 Monate postoperativ therapiert wurde und danach annähernde Beschwerdefreiheit ergab.

Diskussion

Ziel der Studie war der Vergleich der arthroskopisch unterstützten Therapie der akuten AC-Gelenksprengung mit einem vs. zwei TR-Implantaten. Mit der TR-Technik wurden im FU von 13,3 Monaten in 22/29 Patienten (76%) gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt. Bei Verwendung der DTR-Technik ergaben sich 2 Versager (13% der DTR-Gruppe), mit der STR-Technik 5 Versager (36% der STR-Gruppe) im Hinblick auf die CC-Distanz verglichen mit der kontralateralen unverletzten Gegenseite. Es wurden jedoch keine signifikanten Unterschiede der gemittelten CC-Distanz und der Scores im FU evaluiert.

Die Ergebnisse der CC-Distanz entsprechen anderen klinischen Studien: Scheibel et al. [31] erreichten bei der DTR-Therapie der RV-Verletzung mit der DTR-Technik ebenfalls eine gemittelte CC-Distanz von 13,6 mm im FU von knapp 27 Monaten. Die gleiche Arbeitsgruppe ermittelte eine CC-Distanz von knapp 13 mm in der Jahreskontrolle nach RV-DTR-Versorgung [9]. In der Studie von Salzmann et al. [29] zeigten 15/23 Patienten (65%) im Hinblick auf die CC-Distanz nach gut 31 Monaten FU mit der DTR-Technik zufriedenstellende Resultate, wobei in dieser Studie  3 R-III-,  3 R-IV- und  17 R-V-Verletzungen eingeschlossen wurden.

Die Entscheidung zur STR oder DTR-Technik wurde vom Operateur in der vorliegenden Studie nicht randomisiert präoperativ gestellt. Es lag kein signifikanter Unterschied der gemittelten CC-Distanzen (in % zur unverletzten Gegenseite) präoperativ im Hinblick auf die verwendete Technik vor. Hieraus resultiert ausschließlich im Hinblick auf die CC-Distanz eine Homogenität beider Gruppen, wobei weder der genaue Verletzungstyp und das Ausmaß bzw. die Schwere der Läsion durch die CC-Distanz berücksichtigt wird. Trotzdem kann die Bias der Tendenz des Operateurs zur Verwendung der DTR-Technik bei höhergradigen Verletzungen als Bias nicht ausgeschlossen werden.

Bei der Stabilisierung der akuten AC-Gelenksprengung wird davon ausgegangen, durch die möglichst anatomische Reposition des AC-Gelenks durch ein anatomisches Platzieren der Bohrtunnel für die Implantate das Adaptieren und somit die biologische Heilung der rupturierten Bandstümpfe zu erreichen. Definitionsgemäß lag ein Versagen vor, wenn die CC-Distanz >25% im Vergleich zur unverletzten Gegenseite ausmachte. Diese CC-Distanz entspricht mindestens einer Typ-III-Verletzung gemäß der Rockwood-Klassifikation, welche den Typ III als CC-Distanzvergrößerung von 25–100%, den Typ V als Vergrößerung von > 100–300% klassifiziert.

Die nativen CC-Ligamente tolerieren im Durchschnitt eine vertikale Belastung von 598 N und eine anteriore Belastung von 338 N [39, 40]. Da biomechanische Studien für die DTR-Technik eine Versagenslast für die vertikale Belastung von durchschnittlich 982 N und für die anteriore von 360 N [39, 40], für eine STR äquivalente Technik vertikal belastet 646 N [41] evaluierten, sollten beide Techniken für die CC-Rekonstruktion hinsichtlich der vertikalen Stabilität geeignet sein. Die DTR-Technik übertrifft die native CC-Versagenslast in horizontaler und vertikaler Ebene und wäre somit zur 3D-ACG-Stabilisierung geeignet. Bei 4 Fällen der Rockwood-V-Verletzung mit horizontaler Dislokation nach dorsal sind 3 Fälle (75%) unter Versorgung mit der DTR-Technik stabil in anatomischer Stellung geblieben. Hierbei muss die Evaluation der horizontalen AC-Gelenkinstabilität mit der Alexander-Aufnahme kritisiert werden: Geht man davon aus, dass bei der Rockwood-Typ-V-Verletzung die deltotrapezoidale Faszie insuffizient ist, müsste die Mehrzahl (alle) der Typ-V-Verletzungen mit einer horizontalen Instabilität verbunden sein. Wir konnten jedoch radiologisch nur in nur 4/17 Fällen bei der Typ-V-Verletzung eine horizontale Instabilität diagnostizieren, keine bei der Typ-III-Verletzung. Denkbar ist, dass mit der Alexander-Aufnahme nicht suffizient die horizontale Instabilität nachgewiesen werden kann, wobei unserer Erfahrung nach auch die exakte Einstellung der Alexander-Aufnahme und auch die Auswertung nicht trivial, fehlerbehaftet und ungenau zu quantifizieren ist.

Tauber et al. [37] haben in diesem Zusammenhang eine radiologische Einstellung mit der supinierten lateralen axillaren Aufnahme und dem resultierenden glenoakromioklavikulären Winkel (GACA) beschrieben. Damit konnte eine dynamische horizontale Instabilität auch bei Rockwood-III-Verletzungen nachgewiesen werden. In der Rockwood-Klassifikation wird die horizontale AC-Gelenkinstabilität bei der Typ-III- und -V-Verletzung nicht berücksichtigt und sollte als Sonderform (z. B. Typ IIIb, Typ Vb) beschrieben werden. Die Rockwood-Klassifikation beschreibt lediglich mit der Typ-IV-Verletzung eine statisch horizontal luxiert fixierte Instabilität. Die Effektivität der Alexander-Aufnahme im Hinblick auf die horizontale Instabilität sollte mit der o. a. erwähnten GACA-Methode reevaluiert werden. Denkbar ist, dass mit der GACA-Methode in unserer Studie radiologisch mehr Fälle mit einer horizontalen Instabilität hätten evaluiert worden können. Korrespondierend dazu zeigte sich, dass alle Typ-V-Verletzungen klinisch horizontal instabil waren, für die Typ-III-Verletzungen dazu keine zuverlässige Aussage gemacht werden konnte, da die klinische Prüfung der horizontalen Instabilität auch im Seitenvergleich nicht eindeutig validierbar ist. Die unverletzte Gegenseite imponierte bei einigen hyperlaxen Patienten auch mit einer gewissen horizontalen Instabilität.

Es ist für den wenig mit der TR-Technik erfahrenen Operateur nicht immer trivial, anstelle von einem zwei TR-Implantate korrekt anatomisch zu implantieren. Fehlbohrungen können zu Implantatausrissen und Frakturen des Processus coracoideus und der Klavikula führen [15, 29, 41]. Es konnte jedoch in dieser Studie keine höhere Komplikationsrate der DTR- im Vergleich zur STR-Technik durch Fehlbohrungen eruiert werden. Hierbei ist anzumerken, dass beide Operateure erfahren in der Schulterarthroskopie sind und mit der TR-Technik bei der Versorgung der Studienpatienten bereits Erfahrung hatten.

Bei der Analyse des Zeitpunkts des Versagens (Tab. 1) dominiert in 3 Fällen sowohl das Intervall der ersten 6 postoperativen Wochen und in 3 Fällen das Intervall 6 Wochen bis 3 Monate postoperativ. 3 Monate postoperativ scheint somit ausreichend biologische Stabilität gegeben zu sein, so dass das Risiko des Versagens danach deutlich geringer zu sein scheint. Konsekutiv ist zu postulieren, dass die erste postoperative Belastungsaufnahme frühestens 3 Monate postoperativ erfolgen sollte. Im Hinblick auf die Versagensmodi sind in der Literatur gleiche Versagensformen beschrieben, wobei hierbei ähnlich wie in unserer Studie die Penetration und der Ausbruch des korakoidalen Buttons [29, 41] dominant ist. Die  3 von uns als Fadenversagen gedeuteten Versagensmodi sind in der Literatur nicht beschrieben. Wir konnten das Fadenversagen in unserer Studie auch nur durch ein Ausschlusskriterium definieren: In diesen Fällen zeigte sich weder eine Penetration des korakoidalen noch klavikulären Plättchens, so dass nur noch ein Versagen des Fadens/Knotens postuliert werden konnte. Ob es dabei zu einem Riss der Fäden oder Knotenversagen gekommen ist, konnte nicht gezeigt werden.

Die Adressierung des AC-Gelenks von subakromial im Sinne einer Diskektomie bzw. AC-Gelenkresektion erfolgte nicht [15]. Im FU von 13,3 Monaten wurde bei keinem der Patienten mit erfolgreich verlaufener Stabilisierung eine beschwerdeführende AG-Gelenksymptomatik diagnostiziert. Sekundäre AC-Gelenkarthrosen könnten bei Bedarf im Intervall nach ausgeheilter AC-Gelenkstabilisierung als Zweiteingriff mit einer AC-Gelenkresektion therapiert werden.

Eine Schwäche der Studie ist die nicht prospektiv randomisierte Auswahl der Therapie für den Patienten im Sinne einer STR- oder DTR-Technik, was zu einem Ungleichgewicht der Techniken auch hinsichtlich der Verletzungstypen führte, wobei kein signifikanter Unterschied der präoperativen CC-Distanz im Hinblick auf die verwendete Technik vorlag. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass tendenziell eher höhergradige Läsionen mit der DTR-Technik adressiert wurden, was die Suffizienz dieser Technik im Vergleich zur STR-Technik mit einer höheren Versagerquote bestärkt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Klassifikation nach Rockwood die Verletzungsschwere lediglich im Hinblick auf die CC-Distanz in der Frontalebene klassifiziert. Inwieweit hier jedoch unterschiedliche Verletzungen der betroffenen Weichteilstrukturen vorliegen, ist nicht abschließend und eindeutig geklärt. So ist es nicht klar, welche Strukturen bzw. welche Läsionen vorliegen, um Rockwood-III- und -V-Verletzung zu unterscheiden. Die Rockwood-Klassifikation berücksichtigt die horizontale Instabilität lediglich als fixierte posteriore Dislokation der Klavikula bei der Typ-IV-Verletzung. Diesbezüglich ist dringend eine Erweiterung dieser Klassifikation auch im Hinblick auf die Beschwerden der Patienten und in bezug auf die horizontale Instabilität notwendig.

Des Weiteren ist anzumerken, dass ein AC-gelenkspezifischer Score wie z. B. der ACJI-Score [31] nicht erhoben wurde. Der Constant- und ASES-Score spiegeln das klinische Ergebnis der AC-Gelenkrekonstruktion nicht eindeutig wider.

Stärken der Studie sind die Erstbeschreibung dieser Fragestellung und der Vergleich beider Techniken durchgeführt in dem selben Zentrum und operiert von den selben Operateuren. Weitere Stärken sind die Standardisierung der Befundevaluation und der operativen Technik durch zwei in der TR-Technik bereits erfahrene Operateure und die prospektive Erhebung von klinischen Befunden, der Röntgendiagnostik und Scores.

Schlussfolgerung

Im Hinblick auf die klinischen Ergebnisse zeigt die anatomische AC-Gelenkstabilisierung mit zwei TR-Implantaten vor allem auch bei der Adressierung der Rockwood-V-Verletzung mit horizontaler Instabilität eine geringere gemittelte CC-Distanz verglichen mit der STR-Technik, ohne signifikanten Unterschied der CC-Distanz und der Scores in der Jahreskontrolle und keine höhere Komplikationsrate als die STR-Technik, wenn auch bei dieser eher geringen Fallzahl kein signifikanter Unterschied der CC-Distanz und den Scores im Durchschnitts-FU von 13,3 Monaten eruiert werden konnte.

Fazit für die Praxis

Mit dem Ziel eine anatomische Rekonstruktion der CC-Bänder zu erreichen, ist die DTR-Technik für die Redression und Stabilisierung der akuten AC-Gelenkluxation der Verwendung von einem TR-Implantat gerade bei der Rockwood-V-Verletzung und horizontaler Dislokation der STR-Technik vorzuziehen.