Hintergrund

In der Diagnostik des obstruktiven Schlafapnoesyndroms (OSAS) gilt die überwachte und unter stationären Bedingungen durchgeführte, kardiorespiratorische Polysomnographie (PSG) als Goldstandard [11]. Durch die begrenzte Anzahl akkreditierter Schlaflabore in Deutschland sowie die Kosten- und Personalintensität ist deren Kapazität stark eingeschränkt. Gemäß den Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB) ist daher bei typischer Symptomatik und pathologischen Befunden in einer ambulant durchgeführten Polygraphie (PG) die Einleitung einer CPAP-Therapie auch ohne vorhergehende PSG möglich [4]. Laut Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) ist dagegen die ambulante PG lediglich als vorgeschaltete Screeningmethode in der Stufendiagnostik des OSAS zu werten und kann eine stationäre PSG nicht ersetzen [3].

Ziel dieser Studie war es daher, externe unterschiedlich erstellte ambulante PG-Befunde verschiedener Geräte mit entsprechenden stationär erhobenen PSG-Befunden zu vergleichen und die diagnostische Zuverlässigkeit der PG-Geräte, gemessen an der Referenzmethode, der PSG, zu evaluieren. Es wurde untersucht, ob signifikante Unterschiede in den Messergebnissen der PG und PSG bestehen, welche diagnostische Genauigkeit sich aus den Befunden ergeben und ob diesbezüglich zwischen verschiedenen PG-Geräten Unterschiede bestehen. Es sollte außerdem erfasst werden, inwiefern sich die ambulante PG von verschiedenen externen Untersuchern aus verschiedenen Fachdisziplinen im realen klinischen Alltag eignet, um ein behandlungsbedürftiges OSAS zu diagnostizieren und eine entsprechende Therapie einzuleiten. Insbesondere wurde evaluiert, wie häufig anhand von ambulanten PG-Befunden eine nicht erforderliche CPAP-Therapie fälschlicherweise eingeleitet wird bzw. eine notwendige Therapie irrtümlich unterbleibt.

Material und Methoden

Es erfolgte die retrospektive, konsekutive Aufnahme von Patienten in die Studie, welche sich im Zeitraum von 1/2007 bis 3/2012 bei Verdacht auf eine schlafbezogene Atmungsstörung einer PSG im Schlaflabor der Universitätsklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie Ulm unterzogen hatten. Als Einschlusskriterien wurden das Vorliegen eines im klinikeigenen, akkreditierten Schlaflabor erhobenen und fachärztlich ausgewerteten PSG-Befundes sowie eines zuvor zusätzlich extern erstellten, ambulanten PG-Befundes definiert. Patienten, welche eine PSG zur Maskenanpassung oder Kontrolle nach Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) erhalten hatten, wurden ausgeschlossen. Ob die externen PG von verschiedenen Untersuchern ausschließlich automatisch oder auch visuell analysiert wurden, konnte nicht erhoben werden. Diese Tatsache ist ein gängiges Problem im klinischen Alltag einer Schlafambulanz.

Insgesamt wurden 406 Patienten (343 Männer, 63 Frauen) mit einem mittleren Alter von 50 Jahren (±13; 14–74) in die Studie eingeschlossen. Der mittlere Body-Mass-Index (BMI) betrug 30 kg/m2 (±5; 15–49). Der durchschnittliche Epworth-Schläfrigkeits-Skala(ESS)-Wert lag bei 11,0 (±5,0). Die Messwerte wurden retrospektiv aus dem klinikeigenen Verwaltungssystem (elektronische Patientenakte, EPA) übernommen. Für die ambulante PG wurden unter anderem Gerätename, Apnoe- (AI), Hypopnoe- (HI), Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), Oxygen Desaturation Index (ODI) sowie die „total record time“ (TRT) aus dem vorliegenden Befundbericht der PG erhoben. Für die PSG wurden außerdem „total sleep time“ (TST) und „time in bed“ (TIB) erfasst. Die Entscheidung zur stationären PSG erfolgte aufgrund der PG-Befunde und einer erhöhten Tagesschläfrigkeit im ESS.

Gemäß der akutell noch nicht aktualisierten S3-Leitlinie der DGSM erfolgte eine Schweregradeinteilung des OSAS anhand der AHI-Werte jeweils für PSG- und PG-Befunde in „leichtgradig“ (5/h ≤ AHI < 15/h), „mittelgradig“ (15/h ≤ AHI < 30/h) und „schwer“ (AHI ≥ 30/h) [3]. Ein AHI < 5/h wurde als „klinisch nicht relevant“ in Abhängigkeit von der angegebenen Symptomatik wie z. B. Tagesschläfrigkeit gewertet.

Die Datenspeicherung und statistische Auswertung erfolgte mit Microsoft Office Excel 2010 und IBM® SPSS® Statistics 21.0. Alle Berechnungen wurden für das Gesamtkollektiv und für die 4 im vorliegenden Patientenkollektiv am häufigsten verwendeten PG-Geräte durchgeführt, welche den Stufen III und IV nach AASM-Klassifikation (American Academy of Sleep Medicine) entsprachen. Es handelte sich in 29,3 % um SOMNOscreen® plus RC/SOMNOscreen® plus RC easy (Fa. SOMNOmedics), in 26,4 % um SOMNOcheck®/SOMNOcheck® effort (Fa. Weinmann), in 18,2 % um microMESAM® bzw. ApneaLink® (Fa. ResMed) sowie in 8,6 % um SleepDoc Porti® (Fa. Dr. Fenyves und Gut).

Für die Werte von AHI, AI, HI und ODI wurde eine deskriptive Auswertung durchgeführt, mittlere und maximale Wertdifferenz zwischen den Messmethoden ermittelt und mit dem abhängigen Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Tests auf statistische Signifikanz geprüft. Zur Korrelation zwischen PG und PSG wurde der Spearman-Rangkorrelationskoeffizient (r) der einzelnen Indizes angegeben. Die Streuung der Werte im Vergleich der Messmethoden wurde mittels Bland-Altman-Diagrammen visualisiert. Sensitivität und Spezifität wurden für einen „Cut-off-Wert“ des AHI von 5/h berechnet. Alle statistischen Tests wurden zweiseitig durchgeführt. Das Signifikanzniveau lag bei α = 5 % (p < 0,05).

Ergebnisse

Es wurden insgesamt 406 polygraphische und zugehörige polysomnographische Befunde ausgewertet. In der PG betrug die TRT durchschnittlich 464 (±86) min. Die mittlere TST der PSG lag bei 473 (±91) min, während die TIB durchschnittlich 623 (±105) min betrug.

Insgesamt wurde eine gute und statistisch signifikante Korrelation der PG und PSG für AHI (r = 0,574; p < 0,001), AI (r = 0,613; p < 0,001) und ODI (r = 0,639; p < 0,001) ermittelt.

Die Korrelation des HI war gering ausgeprägt (r = 0,177; p < 0,001).

Der polygraphisch ermittelte AHI unterschätzte die PSG-Werte im Mittel signifikant um 6,4 (±20,5) Ereignisse pro Stunde (p < 0,001). Die Differenz der Werte im Vergleich der Messmethoden zeigte bei höheren Werten eine zunehmende Streuung im Bland-Altman-Diagramm (nicht abgebildet). Bereits ab einem mittleren AHI von 0–10 Ereignissen pro Stunde traten Messdifferenzen im Bereich zwischen −20 bis +15 Ereignissen pro Stunde auf. Eine vergleichbare Tendenz wurde auch für HI und ODI deutlich, wobei für den HI in der PG im Mittel signifikant höhere Werte ermittelt wurden (p ≤ 0,001; Tab. 1).

Tab. 1 Vergleich verschiedener Werte aus extern erstellten ambulanten Polygraphiebefunden und Polysomnographiebefunden (n = 406)

Bei der OSAS-Schweregradeinteilung anhand des AHI ergab sich in 172 Fällen (42 %) ein identischer Schweregrad in PG und PSG. Bei 77 (19 %) Patienten wurde in der PG ein höherer, bei 157 (39 %) Patienten ein niedrigerer Schweregrad im Vergleich zur PSG festgestellt (Tab. 2).

Tab. 2 Verteilung der 406 Studienpatienten auf die OSAS-Schweregrade

Insgesamt wurde bei 357 Patienten (88 %) in der PG einen pathologischer AHI ≥ 5/h ermittelt. In der PSG wurden dagegen nach diesem Grenzwert 375 Patienten (92 %) als krank im Sinne eines OSAS eingestuft. Mit den ambulanten PG-Geräten wurden 340 von diesen 375 Patienten korrekt als krank erkannt. Daraus resultiert eine Sensitivität der PG-Geräte von 90,7 %.

In der PG wurden 49 (12 %) Patienten, in der PSG 31 Patienten (8 %) mit einem AHI < 5/h als nicht krank eingestuft. Von diesen 31 Patienten wurden 14 in der ambulanten PG als korrekt nicht krank klassifiziert, was einer Spezifität von 45,2 % entspricht.

Eine Therapieentscheidung allein aufgrund der PG-Befunde wäre in insgesamt 52 Fällen (13 %) falsch getroffen worden. In 35 Fällen (9 %) wäre eine indizierte CPAP-Therapie unterlassen worden und bei 17 Patienten (4 %) eine nicht erforderliche CPAP-Therapie veranlasst worden.

In der Auswertung der 4 am häufigsten eingesetzten PG-Geräte korrelierten die gemessenen Werte für AHI, AI und ODI gut mit den entsprechenden PSG-Befunden. Für HI-Werte lag nur für microMESAM®/ApneaLink® eine signifikante Korrelation vor (Tab. 3). Das SOMNOscreen® unterschätzte AHI, AI und ODI im Vergleich zur PSG signifikant (p < 0,001). Das SOMNOcheck® zeigte für AHI und AI vergleichbare Tendenzen (p < 0,001). Das microMESAM®/ApneaLink® registrierte signifikant höhere HI- (p < 0,001) und niedrigere AI-Werte (p < 0,001). Der SleepDoc Porti® überschätzte den ODI signifikant (p < 0,001).

Tab. 3 Korrelationskoeffizienten sowie Sensitivität und Spezifität einiger Polygraphiegeräte und der Polysomnographie

Die OSAS-Schweregradeinteilung durch PG- und PSG-Befunde stimmte bei den verschiedenen PG-Geräten in 38–55 % der Fälle überein. Die Sensitivität der einzelnen PG-Geräte lag zwischen 81,3–96,9 %, die Spezifität zwischen 33,3–100 % (Tab. 3). Falsche Therapieentscheidungen wären in bis zu 23,4 % getroffen worden. Der prozentuale Anteil von Patienten, die eine erforderliche Therapie nicht erhalten hätten, betrug 2,9–15,9 %. Eine nicht indizierte Therapie wäre in 0–7,5 % der Fälle eingeleitet worden (Tab. 4).

Tab. 4 Therapiefehlentscheidungen anhand der Polygraphiebefunde

Diskussion

In der vorliegende Studie wird in einem großen Patientenkollektiv von 406 Personen die Eignung ambulanter PG-Geräte in der Diagnostik des OSAS im klinischen Alltag einer HNO-Klinik evaluiert. Diese Eignung wird an entsprechenden Ergebnissen einer stationär durchgeführten PSG gemessen, insbesondere im Hinblick auf die Verlässlichkeit der Therapieentscheidung im realen klinischen Alltag. Die nicht überwachte, polygraphische Aufzeichnung und die externe Befundung entsprechen dem klinischen Alltag und erfassen somit relevante Fehlerquellen der ambulanten PG. Hier zu erwähnen sind z. B. unterschiedliche Untersucher, verschiedene Fachrichtungen, mögliche automatische Auswertung ohne manuelle Kontrolle, technische Probleme bei ambulanter Untersuchung und ungleiche Schlafbedingungen.

Neu an dieser Studie war, dass extern erstellte, von den Patienten mitgebrachte ambulante PG-Befunde aus dem Patientengut einer einzigen Klinik erfasst wurden, wie sie im realen Klinikalltag vorliegen. Dementsprechend war die ambulante polygraphische Aufzeichnung im Vorfeld in der häuslichen Umgebung eigens durch die Patienten selbst erfolgt und die Befundung durch die zuweisenden niedergelassen Kollegen durchgeführt worden. In vorangegangenen Studien war die Durchführung der Polygraphie meist selbst Teil der Studie und erfolgte unter kontrollierten Bedingungen in einem Schlaflabor. Erfolgt die ambulante Aufzeichnung jedoch unter häuslichen Bedingungen allein durch den Patienten, so ist davon auszugehen, dass hierbei vermehrt Fehlbedienungen auftreten können. Eben diese möglichen Fehlmessungen spiegeln sich in den mitgebrachten PG-Befunden der Patienten wider und wirken sich auf die tatsächliche Zuverlässigkeit der ambulanten Polygraphie, wie sie im Alltag durchgeführt wird, massiv aus. Genau diesen Einfluss auf die Polygraphie versuchten die Autoren anhand ihres Studiendesigns miteinzubeziehen.

Die Korrelation der AHI-Werte von ambulanter PG (verschiedene Geräte) und stationärer PSG (r = 0,574) im untersuchten Studienkollektiv lässt sich im mittleren Bereich bereits publizierter Daten einordnen (r = 0,36–0,82) [1, 6, 12]. Simultane Messungen korrelieren in Studien insgesamt besser (r = 0,81–0,98) [5, 7, 13, 15]. Auch die gute Korrelation von AI und ODI findet in der Literatur vergleichbare Tendenzen [2, 5, 8, 15].

Die breitere Streuung und folglich geringe Korrelation des HI wird mehrfach durch andere Autoren bestätigt [5, 8, 15, 16]. Aus Sicht der Autoren sind Differenzen in den Messmethoden einerseits durch die zweizeitige Messung mit der vorhandenen Nacht-zu-Nacht-Variabilität und anderseits durch Laien- bzw. Fachpersonalanwendung bedingt. Besonders die Erkennung des HI ist komplex und erfordert den korrekten, parallel registrierten Abfall von Atemfluss und Sauerstoffsättigung [10]. Ob der HI anhand von einem Sauerstoffabfall von 4 oder 3 % oder in Zusammenschau einer Akzeleration der Herzfrequenz ermittelt wurde, ist aus den externen Befunden nicht ersichtlich und bietet eine weitere Fehlerquelle und ggf. falsch niedrige oder erhöhte Werte. In PG-Geräten der Stufe IV mit nur einem einzigen Sensor ist dies nicht gegeben. Es sei darauf hingewiesen, dass das microMESAM®/ApneaLink® als einziges Gerät der Stufe IV der AASM entspricht und somit gemäß den BUB-Richtlinien zur ambulanten Polygraphie im Stufenschema der OSAS-Diagnostik nicht mehr zulässig ist [4]. Die vorliegenden Ergebnisse lieferten jedoch eine vergleichbar gute Sensitivität und Spezifität im Vergleich mit den Stufe-III-Geräten.

Die AHI- und AI-Werte in der ambulant durchgeführten PG unterschätzten im Mittel die zugehörigen Befunde der PSG. Diese Tendenz wird in der Literatur bestätigt [1, 5, 7, 8]. Die systematische Unterschätzung ist nach Einschätzung der Autoren maßgeblich durch die unterschiedlichen Messansätze der Methoden bedingt. Durch EEG und Videoaufzeichnung wird in der PSG die reine Schlafzeit (TST) ermittelt, während bei ambulanten PG-Geräten die gesamte Messzeit (TRT) aufgezeichnet und Wachzeiten damit in der Berechnung der Indizes nicht berücksichtigt werden. Nach Adjustierung der Referenzzeiten wurde in Studien eine wesentlich bessere Korrelation gezeigt [5, 15]. Ebenso kann argumentiert werden, dass es durch die ausgiebigere Verkabelung im Rahmen der PSG zu einer vermehrten Rückenlage und so zu einer Zunahme der respiratorischen Ereignisse kommt. Eine fehlende manuelle Befundung der PG-Befunde birgt eine weitere entscheidende Fehlerquelle. Eine automatische Auswertung der PG ohne ärztliche Überprüfung wird von der DGSM deshalb nicht empfohlen [3]. Welche Kriterien für die Auswertung verwendet und ob alle PG-Befunde manuell erstellt wurden, war für die Autoren nicht nachvollziehbar und konnte deshalb nicht in die Auswertung mit einfließen.

Besonders bei Patienten, deren AHI-Werte im Grenzbereich der OSAS-Diagnose liegen (AHI < 10/h), sind diese Messungenauigkeiten relevant. In der Einzelfallanalyse erfolgte in nur 43 % eine korrekte Schweregradzuweisung durch die PG. Dies kann zu einer deutlichen Fehleinschätzung der Erkrankungsschwere führen sowie erhebliche therapeutischen Konsequenzen bedingen.

Gemäß der S3-Leitlinie der DGSM wurde ein AHI ≥ 5/h bei symptomatischen Patienten als pathologisch festgelegt und Sensitivität und Spezifität hierfür berechnet. Flemons et al. ermittelten in einer Metaanalyse von 35 Studien bei diesem Grenzwert eine Sensitivität der ambulanten, überwachten PG von 86–97 % sowie eine Spezifität von 50–96 % [9]. Die nichtüberwachte PG erzielt in der Literatur etwas geringere Werte für Sensitivität und Spezifität [1, 6, 12, 14] und entspricht damit den vorliegenden Ergebnissen.

In der vorliegenden Studie ergab sich für das Gesamtkollektiv eine Sensitivität der PG-Geräte von 90,7 %. Hätte man allein anhand der PG-Befunde eine Therapieentscheidung getroffen, so wäre in 35 Fällen (9 %) eine indizierte OSAS-Therapie nicht veranlasst worden. Rühle et al. fanden nahezu identische Ergebnisse [13]. Hier kam es in 10,5 % zu falsch-negativen Ergebnissen.

Bei diskrepanten PG-Befunden, Klinik oder Anamnese mit erhöhter Tagesschläfrigkeit im ESS ist daher auch eine weiterführende Diagnostik im Sinne einer stationären PSG obligat, da ein nicht zu vernachlässigender Teil der Erkrankten durch das ambulante Screening nicht erfasst wird. Dies ist insbesondere bei grenzwertigen Befunden zu beachten.

Die Spezifität der PG-Geräte lag in dem hier untersuchten Gesamtkollektiv bei 45,2 %. Es wurden weniger als die Hälfte der in der PSG als nicht krank eingestuften Patienten durch die ambulante Polygraphie als gesund erkannt. Bei 17 Patienten (5 %) wurde ambulant ein pathologisch erhöhter AHI festgestellt, der sich in der PSG nicht bestätigte. Folglich hätte man diese Patienten anhand der PG-Befunde unnötig therapiert.

Die für das Gesamtkollektiv getroffenen Aussagen bestätigten sich auch in der Einzelauswertung der PG-Geräte. Bei einer maximalen Differenz der Korrelationskoeffizienten von PG- und PSG-Befunden von 0,14 sind keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich der einzelnen Geräte bezüglich der Erkennung von Atmungsereignissen anzunehmen. Die Messdifferenzen der verschiedenen Geräte sind insgesamt zu gering ausgeprägt, um ihnen eine relevante klinische Bedeutung zuzusprechen und sprechen für eine vergleichbare diagnostische Genauigkeit der einzelnen PG-Geräte.

Variable Sensitivität (81,3–96,9 %) und Spezifität (33,3–50,0 %) der verschiedenen PG-Geräte können überwiegend auf unbalancierte Patientenzahlen in den 4 analysierten Gerätegruppen zurückgeführt werden. Der Spezifität des SOMNOscreen® von 100 % kann bei geringer Fallzahl (n = 1) keine Aussagekraft zugesprochen werden. Die korrekte PG-Einschätzung des OSAS-Schweregrads anhand des AHI-Befundes differiert von 38,3 % (SOMNOcheck®) bis 55,4 % (microMESAM/ApneaLink®). Die Interpretation der Ergebnisse muss in Hinblick auf teilweise geringe Patientenzahlen und den starren Cut-off für eine Therapieeinleitung (AHI ≥ 5/h) relativiert werden, da im klinischen Alltag bei fraglichen, grenzwertnahen Befunden eine Therapieentscheidung nur in Zusammenschau mit der klinischen Symptomatik und Anamnese mit Tagesschläfrigkeit getroffen würde.

Durch die Wahl eines retrospektiven Studiendesigns wurde die Aussagekraft der Ergebnisse limitiert. Die Befundung der PSG- und PG-Ergebnisse erfolgte zudem uneinheitlich durch verschiedene Auswerter sowie Auswertemethoden (automatisch/manuell) und ggf. unterschiedlicher Auswertkriterien. Ebenso wurde die Nacht-zu-Nacht-Variabilität nicht durch Kontroll-PG und -PSG untersucht und dargestellt. Da im klinischen Alltag die ambulanten PG-Befundberichte eben in dieser Form – mit allen denkbaren Störfaktoren – vorliegen, werden der entscheidende Vorteil des Studiendesigns und insbesondere die klinische Relevanz deutlich. Bei dem untersuchten Patientenkollektiv bestand eine Vorselektion durch eine hohe Prätestwahrscheinlichkeit bei klinischer Symptomatik. Eine Aussage über die diagnostische Genauigkeit ambulanter Polygraphiegeräte in der Allgemeinbevölkerung ist demnach nicht möglich. Da Patienten auch im Praxisalltag bereits vorselektiert werden, kommt das hier untersuchte Patientenkollektiv dem tatsächlichen Kollektiv der Nutzer von ambulanten PG-Geräten demnach sehr nahe.

Anhand der vorliegenden Ergebnisse und unter Einschluss der aktuellen Literatur kann die ambulante Polygraphie aktuell im realen klinischen Alltag nicht als ausreichend gut beurteilt werden, um ein therapiebedürftiges OSAS sicher zu diagnostizieren und eine entsprechende Therapie einzuleiten. Das gilt auch, wenn zur Durchführung und Beurteilung der PG die BUB-Richtlinien vom Untersucher eingehalten werden. Insbesondere bei grenzwertigen PG-Befunden und symptomatischen Patienten bedarf es einer Absicherung durch die stationäre überwachte PSG in einem Schlaflabor. Eine mögliche Unterschätzung des AHI in den ambulanten PG geht durch fälschlich ausbleibende Therapien mit einer finanziellen Belastung des Gesundheitssystems durch vermeidbare OSAS-Komplikationen einher. Im Fall einer Übertherapie werden zudem unnötige Einschränkungen in der Lebensqualität der Patienten in Kauf genommen.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Rühle et al. 2006 in einer multizentrisch angelegten Pilotstudie [13]. Die ambulante PG unter nicht überwachten Bedingungen ist nicht immer ausreichend, um eine CPAP-Therapie zu rechtfertigen. Etwa ein Fünftel der Patienten würden anhand einer ausschließlich erfolgten PG nicht adäquat behandelt werden.

Im Rahmen der Stufendiagnostik halten die Autoren die ambulante PG im klinischen Alltag für ausreichend geeignet, um im Sinne einer der PSG vorgeschalteten, kostengünstigen und schnellen Screeningmethode eingesetzt zu werden. Die 4 analysierten ambulanten Polygraphiegeräte zeigen bezüglich ihrer diagnostischen Genauigkeit vergleichbare Messtendenzen und Schwächen und damit keine klinisch relevanten Unterschiede. Die notwenige Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit der ambulanten PG und die standardisierte Durchführung gemäß der BUB-Richtlinien muss in weiteren Studien eruiert werden, um die überwachte PSG als Standardverfahren abzulösen zu können und somit erhebliche Kosten im Gesundheitssystem einzusparen. Eine alleinige automatische Auswertung der ambulanten PG ist nicht ausreichend. Die Ergebnisse der PG sollten immer durch einen schlafmedizinisch geschulten Arzt überprüft werden.

Fazit für die Praxis

  • Die ambulante Polygraphie (PG) ist im klinischen Alltag aktuell nicht ausreichend gut, um ein therapiebedürftiges obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS) sicher zu diagnostizieren und eine Therapie einzuleiten.

  • Der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) wird in der ambulanten PG oftmals unterschätzt.

  • Die niedrige Spezifität der PG-Geräte würde zu einer unnötigen Therapie gesunder Patienten führen.

  • Es zeigt sich nur bei 43 % eine korrekte Schweregradzuweisung in der ambulanten PG, bedingt durch ein Defizit der ambulanten Polygraphie in Grenzbereichen.

  • Eine Absicherung durch eine stationäre Polysomnographie (PSG) ist grenzwertigen Befunden obligat.

  • Im Vergleich der einzelnen Geräte zeigen sich keine wesentlichen Unterschiede bezüglich der Erkennung von Atmungsereignissen.

  • Eine sorgfältige Übermittlung der ambulanten PG-Ergebnisse, nach erfolgter ärztlicher Auswertung, an das Schlaflabor ist essenziell.