Zusammenfassung
Hintergrund
Im nationalen und internationalen Vergleich klinischer Studien zur Hörverbesserung besteht eine große Heterogenität der eingesetzten audiometrischen Zielparameter. Neben verschiedenen Frequenzen in der Tonschwellenaudiometrie und daraus resultierenden verschiedenen Mittelwertbildungen wird das Sprachverstehen in Ruhe bei festen (konstanten) oder vom individuellen Hörverlust abhängigen Pegeln gemessen. Ein Vergleich von solchen Studien, z. B. in Metaanalysen, wird dadurch erheblich erschwert.
Ziel der Arbeit
In der vorliegenden Untersuchung soll der Einfluss von sprachaudiometrischen Zielparametern auf das dokumentierbare Ergebnis von Therapien zur Hörverbesserung untersucht werden.
Patienten und Methoden
Fünfundzwanzig Patienten wurden vor und nach einer konservativen oder operativen Therapie zur Hörverbesserung mit dem Freiburger Einsilber- und Zahlentest bei verschiedenen Pegeln sowie dem Oldenburger Satztest in Ruhe untersucht. Zusätzlich wurden 49 gesunde, normalhörende Probanden untersucht.
Ergebnisse
Im Vergleich der Messmethoden (Zielparameterwahl) war die gemessene Hörverbesserung bei Verwendung fest vorgegebener Schalldruckpegel für die Sprachaudiometrie signifikant größer und damit sensitiver als die Hörverbesserung bei Messung mit von der Hörschwelle abhängigen Schalldruckpegeln.
Schlussfolgerung
Um Hörveränderungen zu untersuchen, sind Sprachverstehensmessungen bei Verwendung von festen Pegeln besser geeignet als die Verwendung von der Hörschwelle abhängiger Pegel. Im Hinblick auf die Entwicklung von Standards für die Sprachaudiometrie in Ruhe sollten feste Pegel oder eine Messung der Sprachverstehensschwelle verwendet werden.
Abstract
Background
When comparing clinical studies nationally and internationally, there is great heterogeneity in the applied audiometric outcome parameters. Beside different frequencies included in pure-tone audiometry and the resulting averages, the word recognition scores are measured at varying sound pressure levels, i.e., either with a fixed sound pressure level or with a fixed sensation level. However, a comparison of studies, e. g., in meta-analysis, requires comparable outcome parameters.
Objective
In this study, the influence of speech-audiometric outcome parameters on the outcome reporting of hearing therapies is studied.
Patients and methods
Before and after a conservative or a surgical treatment aimed at hearing improvement, 25 patients with hearing impairment were tested with the German Freiburg speech intelligibility test with monosyllables and numbers at various levels, and with the German Oldenburg sentence test in quiet. Additionally, 49 subjects with normal hearing were tested.
Results
In a comparison of measurement methods (outcome parameters), the hearing improvement measured using constant sound pressure levels for speech audiometry was significantly greater and therefore more sensitive than using constant sensation levels.
Conclusion
To test changes in hearing in clinical studies, fixed sound pressure levels should be preferred to fixed sensation levels. For the development of standardized outcome parameters for measuring speech intelligibility in quiet, fixed sound pressure levels or measurement of speech reception thresholds should be selected.
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Hintergrund
Für die Messung des Sprachverstehens steht international eine große Anzahl von Sprachtests zur Verfügung, welche selbst innerhalb eines Sprachraums eine Wahl zwischen verschiedenen Tests zulässt. Im deutschsprachigen Raum hat sich der Freiburger Sprachtest [6, 19] historisch weit verbreitet, dessen Sprachmaterial aus 10 Listen mit je 10 mehrsilbigen Zahlen (Freiburger Zahlentests, FZT) oder 20 Listen mit je 20 aus einer Silbe bestehenden Wörtern (Freiburger Einsilber, FES) besteht und in der DIN 45621-1 genormt ist [1]. Weitere Tests verwenden sinnvolle (z. B. der Hochmair-Schulz-Moser(HSM)-Satztest [7]) oder semantisch unvorhersagbare Sätze (Oldenburger Satztest, OLSA [17]) oder auch Logatome (Kunstworte, die aus sinnleeren Silben bestehen) [18]. Das Sprachverstehen wird meist offen, d. h. ohne eine dem Probanden bekannte Auswahlliste mit Antworten, oder auch im geschlossenen Setting (mit bekannter Auswahlliste) entweder im Störschall oder in Ruhe gemessen. Weitere variable Parameter sind der Schalldruckpegel, bei dem die Sprachsignale dem Patienten dargeboten werden, und die verwendete Schallwandlerkonfiguration (Lautsprecheranordnung, Kopfhörer). Durch Permutation der jeweiligen Parameter entsteht eine große Anzahl von möglichen Konfigurationen zur Messung des Sprachverstehens.
Bei der Anwendung der Sprachaudiometrie in klinischen Studien lassen sich 2 häufig verwendete Klassen unterscheiden:
-
die Messung bei konstantem Sprachpegel und
-
die Messung des maximalen Sprachverstehens.
Dabei wird die Messung bei konstantem Sprachpegel, oft 60 dB SPL oder 65 dB SPL, ggf. durch eine Messung bei höheren Pegeln ergänzt. Bei der Messung des maximalen Sprachverstehens wird auch der dazu notwendige Schalldruckpegel durch sukzessive Erhöhung des Sprachpegels erfasst. Für die Ermittlung des maximalen Sprachverstehens gibt es international wiederum verschiedene Ansätze. Die im amerikanischen Sprachraum meistverbreitete Vorgehensweise ist die Messung des Sprachverstehens bei 40 dB über der individuellen Sprachverstehensschwelle („speech reception threshold“, SRT) [8, 10]. Hierbei wird kritisch bewertet, dass einerseits in der Mehrzahl der Fälle mit mittel- bis hochgradigem Hörverlust die Unbehaglichkeitsschwelle überschritten wird und dass andererseits das maximale Sprachverstehen nicht zuverlässig zu ermitteln ist [5, 9]. Weitere Methoden sind die 2‑kHz-SL-Methode nach Guthrie und Mackersie [5] oder die Messung bei einem konstanten Pegel von 95 dB SPL [9].
In klinischen Studien zur Hörverbesserung, z. B. durch Rekonstruktion der Ossikelkette, Therapie des Vestibularisschwannoms oder medikamentöse Therapie bei sensorineuralen Hörverlusten, ist neben der Tonschwellenaudiometrie die Messung des Sprachverstehens von großer, alltagsrelevanter Bedeutung. Für die Tonschwellenaudiometrie wurde die Bedeutung der in die Auswertung einbezogenen Frequenzen für die Vergleichbarkeit von Ergebnissen aus klinischen Studien gezeigt. Zudem wurde der Einfluss der Zielparameterwahl auf die Fallzahlplanung in klinischen Studien dargestellt [12].
Um eine Vergleichbarkeit von Studien herzustellen, ist eine standardisierte Wahl der Parameter für die Sprachaudiometrie wichtig. Derzeit ist dies nicht gegeben. Nach einer von den Autoren durchgeführten Pubmed-Suche mit den Suchbegriffen [hearing outcome OR audiological outcome] wurden 35 Studien untersucht. Dabei wurden unabhängig von den verschiedenen Sprachen 20 unterschiedliche verwendete sprachaudiometrische Konfigurationen identifiziert. Eine informelle Umfrage unter deutschsprachigen Audiologen im Rahmen der ADANO-Jahrestagung 2014 ergab ebenfalls ein sehr heterogenes Bild der in der klinischen Routinediagnostik eingesetzten Verfahren und der Messmethodik bei der Durchführung der Sprachaudiometrie (unpublizierte Daten).
Eine (prinzipiell zu begrüßende) Initiative der American Academy of Otolaryngology – Head and Neck Surgery (AAO-HNS) zu „reporting-standards“ für die Publikation von Ergebnissen aus klinischen Studien zur Hörverbesserung (z. B. Mittelohrchirurgie, Hörsturztherapie) oder bei Interventionen mit Einfluss auf das Hören (Chirurgie oder Radiotherapie bei Vestibularisschwannomen) legt Zielparameter fest. Für die Berechnung der durchschnittlichen Tongehörschwelle („pure-tone average“, PTA) sind dies die Frequenzen 0,5 kHz, 1 kHz, 2 kHz und 3 kHz (4PTA3) und für die Sprachaudiometrie die nur im englischsprachigen Raum verbreitete Messung des Sprachverstehens bei 40 dB über der individuellen SRT [4]. Inzwischen wurde diese Festlegung als Bedingung für die Publikation von entsprechenden wissenschaftlichen Artikeln in wissenschaftlichen Journalen mit „peer review“ – wie z. B. Otolaryngology – Head and Neck Surgery, Otology & Neurotology und The Laryngoscope – aufgenommen. Insbesondere die Wahl der von der Hörschwelle abhängigen „40 dB-über-SL-Methode“ ist in vielen Ländern unüblich und auch aus Sicht der Autoren nur für sehr spezielle Fragestellungen relevant für den Patienten. Weitere von der Hörschwelle abhängige Sprachpegel werden nur sehr selten verwendet. Daher muss die Nichteinbeziehung von Konstantpegelverfahren kritisch bewertet werden. Die ausdrückliche Empfehlung, über den „minimal reporting standard“ hinausgehend erhobene Daten in die Publikation aufzunehmen [4], hilft ohne Festlegung eines einheitlichen Pegels angesichts der genanten Heterogenität der Messverfahren nicht, die Vergleichbarkeit der Studien zu verbessern.
In dieser prospektiven Studie an normalhörenden Probanden soll zum einen die Vergleichbarkeit sprachaudiometrischer Messungen mit Verwendung verschiedener fester und von der individuellen Hörschwelle abhängigem Pegel untersucht werden. Zum anderen soll der Einfluss dieser Methoden auf das Erkennen einer Hörveränderung bei einer Gruppe Patienten mit Therapie zur Hörverbesserung untersucht werden. Daraus sollen Konsequenzen für die Auswahl von sprachaudiometrischen Zielparametern in zukünftigen klinischen Studien abgeleitet werden.
Material und Methoden
In die prospektive Studie eingeschlossen wurden 25 Patienten (13 weiblich, 12 männlich) im Alter zwischen 27 und 78 Jahren (Mittelwert, MW: 56,6 Jahre; Standardabweichung, SD: 13,4 Jahre), die sich im Zeitraum von Juni 2015 bis Februar 2016 im Universitätsklinikum Halle (Saale) einer konventionellen oder operativen Mittel- oder Innenohrtherapie mit dem Ziel der Hörverbesserung unterzogen. Maximal 7 Tage vor Beginn der Therapie sowie mindestens 8 Wochen nach Ende der Therapie wurden ton- und sprachaudiometrische Messungen unter der Beachtung der DIN EN ISO 8253-1 und DIN EN ISO 8253-3 durchgeführt [2, 3].
Die Reintonhörschwelle des betroffenen Ohrs wurde im Rahmen der klinischen Routineaudiometrie bei den Frequenzen 0,125; 0,25; 0,5, 1; 2; 3; 4; 6 und 8 kHz für Luft- und Knochenleitung mit einem HDA200-Kopfhörer (Fa. Sennheiser electronic GmbH & Co. KG, Wedemark-Wennebostel) und einem AT900-Audiometer (Fa. AURITEC Medizindiagnostische Systeme GmbH, Hamburg) durchgeführt.
Für die Berechnung der durchschnittlichen Hörschwelle („pure-tone averages“, PTA) wurden die nach Plontke et al. [12] am häufigsten verwendeten Kombinationen der Frequenzwahl zur Mittelwertbildung herangezogen. Die Frequenzwahl ist Tab. 1 zu entnehmen. Zudem wurde das 4PTA3 nach Gurgel et al. [4], bestehend aus 0,5; 1; 2 und 3 kHz, sowie die 4PTA3calc (0,5; 1; 2 kHz und Mittelwert aus 2 und 4 kHz) in die Auswertung einbezogen.
Die SRT wurde mit dem FZT (HDA200-Kopfhörer) sowie dem OLSA in Ruhe (adaptives Verfahren mit DT48-Kopfhörer, Fa. Beyerdynamic GmbH & Co. KG, Heilbronn) durchgeführt. Nach einer Trainingsliste wurde die SRT mit 2 Testlisten aus je 30 Sätzen am zu behandelnden Ohr bestimmt. Bei manchen Probanden überwog der Lerneffekt, bei anderen Konzentrationsschwankungen, sodass die bessere der beiden Testlisten in die Auswertung einbezogen wurde. Zum Messzeitpunkt nach Therapie wurde eine Trainingsliste der Messung vorangestellt.
Das Sprachverstehen („word recognition score“, WRS) wurde mit dem FES mit 3 zufällig ausgewählten Testlisten je Proband und Pegel bei 65 (WRS65), 70 (WRS70) und 80 dB SPL (WRS80) und zusätzlich bei 90 (WRS90) und 100 dB SPL (WRS100) gemessen, wenn das 100 %-Sprachverstehen mit den vorangegangenen Pegeln noch nicht erreicht war, sowie bei 40 dB über der im FZT ermittelten SRT (WRS40SL). Das jeweils maximale Einsilberverstehen (WRSmax) wurde ermittelt.
Eine normalhörende Vergleichsgruppe mit 49 Probanden (28 w., 21 m.) im Alter von 18 bis 36 Jahren (MW: 23,3 Jahre; SD: 3,3 Jahre) durchlief dieselben audiologischen Messungen zu einem Messzeitpunkt. Der maximale zulässige Reintonhörverlust in der Kontrollgruppe betrug nach DIN EN ISO 8253-3 10 dB HL im Frequenzbereich von 0,125 bis 8 kHz und in 2 Frequenzen maximal 15 dB HL [3].
Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit der Software SPSS 22 (Fa. IBM, Ehningen). Die Verteilungen der PTA wurden auf Normalverteilung geprüft und mit einer einfaktoriellen Varianzanalyse („analysis of variance“, ANOVA) für Messwiederholungen verglichen. Innersubjektfaktoren waren die Frequenzwahl der Mittelwertbildung (7 Stufen: 3PTA, 4PTA, 5PTA, 6PTA, 9PTA, 4PTA3 und 4PTA3calc) und der Messzeitpunkt (2 Stufen: vor und nach Therapie). Die SRT-Verteilungen wurden mit einer ANOVA für Messwiederholungen auf den Einfluss der Innersubjektfaktoren „Test“ (2 Stufen: FZT, OLSA) und „Messzeitpunkt“ (2 Stufen: vor und nach Therapie) untersucht. Das WRS im FES wurde ebenfalls mit einer ANOVA für Messwiederholungen auf den Einfluss des verwendeten Pegels (5 Stufen: WRS65, WRS70, WRS80, WRS40SL, WRSmax) und des Messzeitpunkts (2 Stufen: vor und nach Therapie) untersucht. Bei signifikantem Mauchly-Test auf Sphärizität wurden die Freiheitsgrade nach Greenhouse-Geisser korrigiert. Die festgestellten Unterschiede wurden post hoc durch geplante T‑Tests mit Bonferroni-Korrektur spezifiziert. Die Korrelationen der SRT (OLSA, FZT) und der verwendeten PTA wurde mit dem Spearman-Test untersucht. Ein Signifikanzniveau von p = 0,05 wurde verwendet.
Ergebnisse
Von den eingeschlossenen Patienten wurden 7 Patienten konservativ, medikamentös (6 Patienten wegen eines idiopathischen plötzlichen sensorineuralen Hörverlusts, ein Patient wegen eines toxischen Innenohrhörverlusts bei akuter Otitis media) und 18 Patienten operativ (8 Patienten wegen chronischer Otitis media mesotympanalis, 5 wegen eines Cholesteatoms und 4 Patienten wegen Otosklerose) behandelt.
In Tab. 2 sind für alle Gruppen die mittleren Reintonhörschwellen und Ergebnisse der Sprachaudiometrie zusammengefasst. Der Einfluss der Frequenzwahl für die Mittelwertbildung (F(2,0, 48,3) = 21,7; p < 0,001) und des Messzeitpunkts (F(1, 24) = 37,2; p < 0,001) auf das PTA war für die Fallgruppe signifikant, jedoch nicht die Wechselwirkung. In Post-hoc-Analysen wurden am zweiten Messzeitpunkt – also nach der Therapie – niedrigere Hörschwellen nachgewiesen. Die Unterschiede zwischen den PTA-Modellen waren außer für den Vergleich von 5PTA und 4PTA3 sowie 6PTA und 9PTA signifikant (p < 0,05).
Die Abb. 1 zeigt die therapiebedingte Veränderung des individuellen Sprachverstehens für die untersuchten sprachaudiometrischen Zielparameter sowie das bei Test-Retest-Vergleichen zu erwartende 95%-Konfidenzintervall [15]. Bei 11 (44 %), 10 (40 %), bzw. 7 (28 %) Patienten war eine Verbesserung des WRS65, WRS70 bzw. WRS80 im Vergleich zum ersten Messzeitpunkt erkennbar. Das WRS40SL war bei 6 (24 %) Patienten (4 mit operativer Therapie und 2 mit konventioneller Therapie) verbessert und bei 2 (8 %) Patienten mit operativer Therapie nach Schallleitungsschwerhörigkeit verschlechtert. Im WRS65, WRS70 und WRS80 wurde keine Verschlechterung festgestellt. Die SRT verbesserte sich bei 72 % (FZT) bzw. 71 % (OLSA) und verschlechterte sich bei 20 % (FZT) bzw. 29 % (OLSA) der Patienten. Im Mittel zeigte sich eine signifikante Verbesserung der WRS65, WRS70 und WRS80 sowie der SRT im FZT und OLSA (Tab. 2). Wie in Abb. 1 erkennbar, führt die Präsentation bei hohen Pegeln (WRSmax) und 40 dB SL führt zu Clusterbildung. Alltagsrelevante Unterschiede können bei vielen Patienten somit nicht bestimmt werden.
In der Fallgruppe war der Einfluss des gewählten Tests, hier FZT, OLSA (F(1,20) = 71,7; p < 0,001) und der Messzeitpunkt (F(1,20) = 14,1; p < 0,001) auf die SRT signifikant. Die SRT im FZT war sowohl prä- als auch postoperativ 7,4 dB niedriger als die SRT beim OLSA.
Bei der Kontrollgruppe waren 6,8 dB (SD: 3,2 dB) niedrigere SRT im FZT messbar (t(48) = 14,6; p < 0,001). Die Korrelation von SRT im OLSA und FZT betrug r = 0,428 (p < 0,01). Die SRT des FZT korrelierte signifikant mit allen PTA-Berechnungen, die SRT des OLSA nur mit 5PTA und 6PTA.
In der Fallgruppe waren der Einfluss des Schallpegels im FES (F(1, 41) = 31,2; p < 0,001), der Messzeitpunkt (F(1,4) = 11,7; p < 0,01), sowie die Interaktion von Schallpegel und Messzeitpunkt (F(2, 41) = 10,8; p < 0,001) auf das Sprachverstehen signifikant. Post-hoc-Tests zeigten ein besseres Sprachverstehen nach der Therapie und signifikant zunehmendes Sprachverstehen mit dem Schalldruckpegel bis hin zu WRS40SL. Im Vergleich zwischen den Messzeitpunkten war das Sprachverstehen nach Therapie nur bei Messung des WRS65, WRS70 und WRS80 dB verbessert.
Diskussion
Hörschwellen
Die Reintonhörschwellen sind derzeit das wichtigste und international am einfachsten vergleichbare Zielkriterium in klinischen Studien zur Hörverbesserung bzw. bei Therapien mit Einfluss auf das Hören. Aufgrund der relativ einfachen und validen Messbarkeit sollten diese in klinischen Studien immer bestimmt werden. Die Mittelwertbildung über verschiedene Frequenzen im Reintonaudiogramm sollte der jeweiligen Fragestellung (z. B. Tieftonhörverlust bei M. Menière, Sprachfrequenzbereich, betroffene Frequenzen bei Hörsturz, [14], c5-Senke bei Knalltrauma, [11]) angepasst werden. Die Messung des 4PTA als Mittelwert der Reintonhörschwellen bei den 4 Frequenzen 0,5; 1; 2 und 4 kHz (im Oktavabstand) sollte aus Gründen der Vergleichbarkeit immer mit erhoben werden. Für eine Verwendung des 3‑kHz-Werts im 4PTA sehen die Autoren außer aus traditionellen Beweggründen keine Argumente. Die 4PTA-Werte sind im Mittel höher (schlechter) als die 4PTA3 und die 4PTA3calc-Werte. Daher könnte die Bevorzugung dieser Parameter von einigen Autoren aus versicherungsrechtlicher Sicht begründet sein. Eine Publikation der Rohdaten, d. h. der Hörschwellen bei allen gemessenen Frequenzen, ist sehr zu empfehlen, da diese z. B. für Metaanalysen nahezu unverzichtbar ist.
Die Messung der SRT korrelierte gut mit den Ergebnissen der Reintonaudiometrie und eignet sich damit als Zielkriterium, welches die Vergleichbarkeit von Studien verbessern könnte. Allerdings unterschied sich die SRT für den FZT vom OLSA. Die Unterschiede zwischen FZT und OLSA werden in der Literatur niedriger angegeben [1, 16] als in der vorliegenden Studie. Ein möglicher Grund dafür ist der technisch bedingte Einsatz unterschiedlicher Kopfhörer für die unterschiedlichen Tests (Sennheiser HDA200 für FZT, Beyerdynamic DT48 für OLSA). Für den FZT/FES sind unterschiedliche Normpegel für die 2 Kopfhörer belegt [20].
Die Vergleichbarkeit von SRT-Messungen zwischen Studien muss folglich aufgrund der schon im deutschen Sprachraum von der Wahl der Tests abhängigen Ergebnisse kritisch betrachtet werden.
Sprachverstehen
Die Messung des Sprachverstehens ist aufgrund der Alltags- und damit Patientenrelevanz ein wichtiges Zielkriterium in klinischen Studien, welches auch zunehmend von Sponsoren und an Studien beteiligten Patientenverbänden gefordert wird [13]. Die Ergebnisse zeigen, dass die im angloamerikanischen Sprachraum verbreitete Messung des Sprachverstehens 40 dB über der SRT für den Vergleich des Therapieerfolgs ungeeignet ist. Aufgrund des Hörverlusts kann bei vielen Patienten mit mittel- bis hochgradiger Schwerhörigkeit die Sprachdarbietung 40 dB über SRT nicht erfolgen, ohne die Unbehaglichkeitsgrenze bzw. die Pegelgrenze des Audiometers zu übersteigen [5]. In der vorliegenden Studie waren dies 3 (Unbehaglichkeitsgrenze) bzw. 4 (Pegelgrenze des Audiometers), insgesamt also 7 der 25 (28 %) Patienten vor der Therapie. Demgegenüber konnte nach der Therapie aufgrund der genannten Grenzen das Sprachverstehen „40 dB über SRT“ bei jeweils 2 Patienten nicht ermittelt werden, sodass sich die Anzahl nicht messbarer Daten bei dieser Messkondition auf insgesamt 4 (16 %) verringerte. Dies führt zu schwierigen biometrischen Bedingungen in den jeweiligen Studien. Im Ergebnis dieser Studie verringerte sich bei 2 Patienten die Differenz zwischen 40 dB SL und maximal möglichem Pegel durch die Therapie (Messzeitpunkt) erheblich, sodass die ermittelte Verbesserung des Sprachverstehens täuscht.
Kamm et al. [9] zeigten, dass das Sprachverstehen bei 40 dB SL nur in 60 % der Fälle dem maximalen Sprachverstehen entspricht, was mit den Ergebnissen der hier vorgestellten Studie übereinstimmt. Die Patienten mit der am stärksten ausgeprägten Differenz zeichneten sich durch einen starken Hörschwellenabfall zwischen 0,5 und 1 kHz im Reintonaudiogramm aus (Abb. 2a). Bei 2 Patienten führte dies dazu, dass sich der WRS40SL nach der Therapie verbesserte, während sich die SRT verschlechterte und auch die WRS-Messungen bei konstantem Pegel keine Veränderung oder sogar eine Verschlechterung ergaben (z. B. Abb. 2a). Somit wird bei diesen Patienten die Verbesserung des überschwelligen Sprachverstehens deutlich überschätzt.
Im Gegensatz dazu führt eine Verbesserung der Reintonschwellen im Tieftonbereich zu einer Verkleinerung der SRT, was den Darbietungspegel für den WRS40SL ebenfalls verkleinert, obwohl das Einsilberverstehen insgesamt nicht oder nur leicht verbessert wird. In diesen Fällen würde der Therapieerfolg hinsichtlich des überschwelligen Sprachverstehens unterschätzt. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen dies für 4 Patienten. Im Fall eines Patienten führte dessen Verbesserung der Reintonhörschwellen im Tieftonbereich zu einer Verbesserung der SRT um 20 dB. Da die SRT mit leichter zu verstehenden Zahlen (Mehrsilbern) und das WRS40SL mit vergleichsweise schwerer zu verstehenden Einsilbern gemessen wird, führt die Veränderung des Referenzpegels nicht zur adäquaten Abbildung der Veränderung des Sprachverstehens bei 40 dB SL. Bei Messung des Sprachverstehens bei konstantem Pegel konnte eine Verbesserung von 7–15 % bei Pegeln zwischen 65 und 90 dB SPL gemessen werden, welcher eine Verschlechterung des WRS40SL um 38 % entgegenstand (Abb. 2b).
Eine nach Thornton und Raffin [15] signifikante Verschlechterung des WRS40SL wurde bei 2 Patienten festgestellt. Bei einem Patienten lag dies an einem Absinken des dem WRS40SL zugrunde liegenden Referenzpegels um 20 dB bei nur leicht verbessertem Sprachverstehen in der Messung mit konstantem Pegel. Beim zweiten Patienten kam es zu einer Verschlechterung im Tonschwellenaudiogramm oberhalb von 3 kHz und zu einer Verschlechterung des Sprachverstehens insbesondere bei hohen Schalldruckpegeln (100 dB und 110 dB), während das Sprachverstehen bis 90 dB nahezu konstant blieb.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Veränderungen des Sprachverstehens bei konstantem Schalldruckpegel signifikant größer sind als in der Messung bei 40 dB SL. Die Messung bei konstantem Pegel ergab bei den Patienten eine signifikante Verbesserung des Sprachverstehens durch die Therapie, bei 40 dB SL kam es zu keiner signifikanten Änderung. Dieser Unterschied vergrößert sich noch, wenn die Patienten ausgeschlossen werden, bei denen vor der Therapie durch Erreichen der Unbehaglichkeitsgrenze oder der Messgrenze des Audiometers keine Messung bei 40 dB SL möglich war und die Veränderung somit überschätzt wurde.
Die SRT selbst als Zielkriterium zu verwenden, wäre eine Alternative, um vergleichbare Bedingungen in Studien zu schaffen. Hierbei sind die verschiedenen Frequenzspektren des zugrunde liegenden Sprachmaterials (Zahlen, Wörter, Sätze), Trainingseffekte und kognitive Aspekte zu berücksichtigen. Eine Messung des Sprachverstehens im Störgeräusch war nicht Gegenstand dieser Arbeit. Gleichwohl ist dies aber eine sehr wertvolle Methode, um Behandlungserfolge zu untersuchen. Diese Messungen wären in Grenzen unabhängig von der jeweiligen konkreten Hörschwelle und könnten über einen weiten Bereich von Schwerhörigkeiten für den Patienten relevante Leistungen messen.
Fazit für die Praxis
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Die Wahl der Methode bei der Durchführung der Sprachaudiometrie hat in der vorliegenden Studie einen entscheidenden Einfluss auf Erkennen einer therapiebedingten Hörveränderung.
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Insbesondere bei variablen, d. h. von der Sprachhörschwelle abhängigen Pegeln kam es zu einer hohen Streuung der Messergebnisse.
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Verlässlichere Ergebnisse lieferte hier die Messung bei fest vorgegebenen Pegeln.
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Die Einbeziehung der Sprachaudiometrie in einen internationalen Standard wäre ein wichtiger, notwendiger Schritt zur Vergleichbarkeit von Studien.
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Die im aktuellen „minimal reporting standard“ der AAO-HNS geforderte Messung bei 40 dB SL scheint jedoch insbesondere für Studien zu Therapien mit Hörverbesserung nicht geeignet und zeigt eine geringe Patientenrelevanz.
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Hier ermöglichen Messungen bei festen Pegeln (z. B. 65 dB SPL), für den Alltag des Patienten relevantere Hörverbesserungen zu erkennen.
Literatur
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Interessenkonflikt
J. Müller, S.K. Plontke und T. Rahne geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen wurden mit Zustimmung der Ethik-Kommission der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.
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Müller, J., Plontke, S.K. & Rahne, T. Sprachaudiometrische Zielparameter in klinischen Studien zur Hörverbesserung. HNO 65, 211–218 (2017). https://doi.org/10.1007/s00106-016-0298-4
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00106-016-0298-4