1 Ziel und Hintergrund

Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DG HNO KHC) hat zuletzt 2004 ihre wissenschaftliche Leitlinie zur Therapie der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) des Erwachsenen [1] überarbeitet und veröffentlicht. Seither hat sich das Wissen um die Therapie der OSA weiter vermehrt, sodass es an der Zeit ist, die Empfehlungen zu aktualisieren.

In Deutschland existieren verschiedene Leitlinien unterschiedlicher Fachgesellschaften zum Thema schlafbezogene Atmungsstörungen. Die umfassendste dieser Leitlinien stellt die S2-Leitlinie „Der nicht-erholsame Schlaf“ [2] der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) dar, welche auch durch Mitarbeit der DG HNO KHC entstanden ist. Den Empfehlungen und Ausführungen in dieser S2-Leitlinie „Der nicht-erholsame Schlaf“ der DGSM [2] bezüglich der Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen schließt sich die ArGe Schlafmedizin der DG HNO KHC in vollem Umfang an. Diese bestehende Leitlinie wird derzeit wieder unter Mitarbeit der DG HNO KHC aktualisiert.

Im Folgenden wird zur Therapie der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) des Erwachsenen detaillierter und spezifischer aus Hals-Nasen-Ohren-ärztlicher Sicht Stellung bezogen. Die Leitlinie richtet sich in erster Linie an klinisch tätige Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, die schlafmedizinisch tätig sind.

Auftraggeber dieser neu überarbeiteten Leitlinie ist die DG HNO KHC. Erstellt wurde diese Leitlinie von der Arbeitsgemeinschaft (ArGe) Schlafmedizin der DG HNO KHC unter Leitung ihres Vorsitzenden, Herrn Thomas Verse. Die Autoren sind wissenschaftlich aktive Mitglieder der ArGe Schlafmedizin. Grundsätzlich war jedes Mitglied der ArGe Schlafmedizin aufgefordert, sich an der Erstellung der neuen Leitlinie zu beteiligen. Eine finanzielle Unterstützung bei der Erstellung der Leitlinie gab es nicht. Abhängigkeiten oder Interessenkonflikte mit genannten Medizinprodukten oder deren Herstellern bestehen weder für die Arbeitsgemeinschaft Schlafmedizin noch für die DG HNO KHC als solche. Eine Liste finanzieller Verflechtungen einzelner Autoren mit Herstellern von genannten Medizinprodukten findet sich im Anhang (Anlage A). Die Leitlinie wurde mittels eines formalen Konsensusverfahrens nach den Richtlinien der Leitlinien-Kommission der AWMF im Sinne einer „S2e-Leitlinie“ erstellt [3].

Grundlage der nachstehenden Empfehlungen ist jeweils eine Literaturrecherche der zum jeweiligen Thema vorhandenen Literatur bis einschließlich Dezember 2008. Die gefundenen deutsch- und englischsprachigen Arbeiten wurden gemäß den Empfehlungen des Oxford Centre for Evidence-based Medicine (OCEBM; [4]), welche eine Weiterentwicklung der ursprünglichen, kanadischen EBM-Kriterien darstellen, bezüglich ihres wissenschaftlichen Wertes analysiert. Aus diesen Tabellen resultiert ein Grad der Empfehlung, wobei Grad A durch Studien mit höchster Evidenz und Grad D durch Studien mit geringster Evidenz abgesichert ist, wobei in begründeten Fällen von dieser Zuordnung abgewichen werden kann (Tab. 1).

Tab. 1 Evidenzgrade und Empfehlungsgrade gemäß Vorschlag der OCEBM vom 23.11.1999, hier ins Deutsche übersetzt. (Original s. http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/017-069.htm)

1.1 Therapieformen

In der Vielzahl der heute verfügbaren Behandlungsformen für schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) können konservative, apparative und chirurgische Verfahren unterschieden werden. Konservative und apparative Therapieverfahren sind im Gegensatz zu operativen Verfahren abhängig von der Compliance des Patienten und daher in ihrer klinischen Effektivität grundsätzlich entsprechend eingeschränkt. Operative Verfahren können in ihrer Wirksamkeit langzeitinstabil sein. Die Therapieformen können grundsätzlich im Sinne einer bimodalen oder multimodalen Therapie kombiniert werden.

2 Konservative Therapie

Konservative Methoden umfassen die Gewichtsreduktion, die Optimierung der Schlafhygiene, die Konditionierung in Bezug auf die Schlafposition und verschiedene medikamentöse Ansätze.

2.1 Gewichtsreduktion

Übergewicht gilt als Hauptrisikofaktor für SBAS [5]. Den meisten betroffenen Patienten gelingt es jedoch nicht, ihr Gewicht in ausreichendem Maße und dauerhaft zu reduzieren [6]. Aber auch in den Fällen, in denen zunächst durch alleinige Gewichtsreduktion eine Heilung gelingt, kann im weiteren Verlauf wieder eine symptomatische SBAS auftreten, obwohl das Gewicht auf niedrigem Niveau gehalten wird. Dieser Umstand kann so interpretiert werden, dass SBAS multifaktorielle Geschehen sind, in deren Pathogenese Übergewicht bei vielen Patienten eine große Rolle spielt. Aber auch bei Übergewichtigen liegen meist noch weitere Faktoren vor, die dann zusammen mit der Adipositas zur Ausprägung einer OSA führen [7].

Eine Gewichtsreduktion ist grundsätzlich wichtig und vereinfacht die Therapie der OSA, allerdings ist sie nur selten in der Lage, eine OSA ohne weitere Therapiemaßnahmen zu beseitigen (EBM-Empfehlungsgrad B).

Empfehlung

Bei adipösen oder übergewichtigen Patienten mit einer OSA wird eine Gewichtsreduktion als begleitende Maßnahme grundsätzlich empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad B).

2.2 Schlafhygiene

Die Einhaltung einer angemessenen Schlafhygiene (Vermeidung von Alkohol und Sedativa, Reduktion von Nikotin und anderen Noxen, Einhaltung eines regelmäßigen Schlafrhythmus usw.) gehört zu jeder Standardtherapieempfehlung bei SBAS. Allerdings gibt es keine Langzeitstudien, die den Einfluss der Schlafhygiene belegen.

Empfehlung

Trotz weitgehend fehlender Evidenz wird aus allgemeinen schlafmedizinischen Gesichtspunkten die Einhaltung einer angemessenen Schlafhygiene grundsätzlich empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad C).

2.3 Rückenlageverhinderung

Bei der sog. lageabhängigen OSA treten die Atmungsereignisse ausschließlich oder überwiegend in Rückenlage auf. In Rückenlage fällt die Zunge infolge des im Schlaf abnehmenden Muskeltonus der Schwerkraft nach hinten. Bei Patienten mit entsprechenden anatomischen oder funktionellen Gegebenheiten verschließt die Zunge dabei den oberen Luftweg. Es wird als Minimalkriterium von allen Autoren gefordert, dass der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) in Rückenlage bei der lageabhängigen OSA mindestens das Doppelte des Wertes in Seitenlage betragen muss. Diesen Patienten kann durch die konsequente Vermeidung der Rückenlage geholfen werden.

Um die Rückenlage zu vermeiden, wurden bisher verbale Instruktionen, ein Rückenlagealarm, ein im Rückenteil des Pyjamas eingenähter Ball oder eine Weste bzw. ein Rucksack eingesetzt. Rucksack und Weste konnten die Rückenlage sicher vermeiden, durch verbale Instruktion gelingt dies hingegen nur in 48% der Fälle. Im Mittel konnte der AHI durch Rucksack und Weste um 55% reduziert werden. Leider gibt es auch hierzu keine Langzeitergebnisse, allerdings kontrollierte Studien. Insgesamt liegen Daten von 83 Patienten vor [8, 9, 10, 11, 12, 13]. Die durchschnittliche Erfolgsquote in diesen Arbeiten liegt bei 68,7%, die Langzeit-Compliance scheint eingeschränkt. Nach 13,7±15,9 Monaten wird sie mit 27,6% angegeben [13]. In einer randomisierten Cross-over-Studie [8] wurde zwar ein signifikant besserer AHI unter CPAP als unter Verwendung eines Rucksacks gefunden, allerdings war die Schläfrigkeit und Leistungsfähigkeit am Tage mit beiden Behandlungen gleich gut.

Die Verhinderung der Rückenlage kann darüber hinaus in Einzelfällen auch genutzt werden, um das Ergebnis einer Beatmungstherapie oder einer operativen Maßnahme zu optimieren [14].

Empfehlung

Die Vermeidung der Rückenlage ist bei lageabhängiger Schlafapnoe sinnvoll, wenn die Atmung in Seitenlage regelrecht ist (EBM-Empfehlungsgrad B). Die Vermeidung der Rückenlage wird in diesen Fällen zur Optimierung einer Beatmungstherapie oder operativen Maßnahme empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad B).

2.4 Medikamente

Ein neuerer Cochrane-Review zum Thema medikamentöse Therapie der OSA [15] kommt zum Ergebnis, dass sich aus den vorliegenden Daten keine Wirksamkeit für eine medikamentöse Therapie der OSA ableiten lässt (EBM-Empfehlungsgrad A).

Empfehlung

Eine Pharmakotherapie kann nicht empfohlen werden. (EBM-Empfehlungsgrad A).

3 Apparative Therapie

Apparative Behandlungsoptionen bestehen in der nasalen Beatmungstherapie mit Überdruck (nCPAP) in ihren verschiedenen Modifikationen, den oralen Hilfsmitteln und der Elektrostimulation des Mundbodens.

3.1 Nasale Beatmungstherapie

Die i. d. R. über eine Nasenmaske applizierte CPAP- (Continuous-positive-airway-pressure-)Beatmung nach Sullivan [16] schient den gesamten oberen Luftweg pneumatisch vom Naseneingang bis zur Trachea. Die Darstellung der Anpassung sowie der zahlreichen Modifikationen würde den Rahmen dieser Übersicht sprengen, weshalb auf die entsprechende Literatur verwiesen wird [17]. Die CPAP-Beatmung reduziert bzw. verbessert die Atmungsstörung, das Schnarchen, die Tagessymptomatik und das kardiovaskuläre Risiko. Zwei exzellente Studien (EBM 1b) belegen die Wirksamkeit der Methode [18, 19] ebenso wie ein systematischer Cochrane-Review [20].

Mit einer primären Erfolgsrate von 98% ist die CPAP-Therapie neben der Tracheotomie das erfolgreichste Verfahren in der Therapie der SBAS. Nur diese beiden Behandlungsmodalitäten erreichen auch bei extrem Übergewichtigen und sehr schwer betroffenen Schlafapnoikern höchste Erfolgsraten. Im Vergleich zur Tracheotomie ist die CPAP-Beatmung in Bezug auf die Lebensqualität deutlich überlegen. In Bezug auf Lebensqualität und Risiko für Verkehrsunfälle wurde kürzlich eine Kosteneffektivität der CPAP-Therapie bestätigt [21]. Stellvertretend für viele neue Erkenntnisse sei auf die Arbeit von Drager et al. [22] verwiesen, welche nach bereits 4 Monaten CPAP-Therapie im Vergleich zur Nulltherapie eine signifikante Veränderung der Intimadicke, der Pulswellengeschwindigkeit, des C-reaktiven Proteins und der Katecholamine im Serum nachweisen konnten. Ein neuer Review [23] belegt die Effektivität von CPAP im Vergleich zu Placebo auf die arterielle Hypertonie anhand von 572 Patienten aus 12 randomisierten Studien.

Leider liegen die Raten für eine Langzeitakzeptanz bei unter 70% [24], auch wenn die Kriterien für eine Akzeptanz mit nur 5 Nutzungstagen/Woche und 5 h Nutzung/Nacht als erfüllt gelten. Die durchschnittliche Nutzung liegt bei etwa 4 h/Nacht. Da die Patienten häufig nach der 1. Nachthälfte ohne CPAP weiterschlafen, liegt die CPAP-Nutzung bezogen auf die Schlafzeit durchschnittlich bei 60% [25]. Hinsichtlich der CPAP-Compliance gibt es einige Prädiktoren. Frauen haben stärkere Probleme, die CPAP-Therapie zu akzeptieren, als Männer. Ein Body-mass-Index (BMI) unter 30 kg/m2, ein AHI unter 30/h, weniger schläfrige Patienten mit einem Wert in der Epworth Sleepiness Scale unter 15 von 24 möglichen Punkten und höhere CPAP-Drücke verschlechtern die CPAP-Compliance [26]. Grundsätzlich sinkt die Bereitschaft zur Beatmungstherapie auch mit sinkendem Lebensalter und mit abnehmendem subjektivem Therapieerfolg [27]. Folglich lehnen viele Patienten trotz initial erfolgreicher CPAP-Einstellung eine dauerhafte Beatmungstherapie ab, obwohl eine Behandlung eine Reduzierung des kardiovaskulären Risikos bewirken könnte. Diese Patienten müssen unter Umständen einer anderen Therapie zugeführt werden [28].

Empfehlung

Die CPAP-Beatmung ist die Standardbehandlung in der Therapie der mittel- bis schwergradigen OSA (EBM-Empfehlungsgrad A).

Bei leichtgradiger OSA stehen bei entsprechender Anatomie und bei fehlenden kardiovaskulären Begleiterkrankungen insbesondere aufgrund einer eingeschränkten Compliance mit den Unterkieferprotrusionsschienen und mit operativen Verfahren andere Therapieverfahren als primäre Alternative zur CPAP-Therapie zur Verfügung (EBM-Empfehlungsgrad B).

Die Therapieakzeptanz und -treue der CPAP-Therapie muss regelmäßig überprüft werden, um Therapieversager und eine mangelnde Compliance zu erkennen, und um diese einer alternativen Behandlung zuführen zu können (EBM-Empfehlungsgrad B).

3.2 Orale Hilfsmittel

Unter den oralen Hilfsmitteln haben sich die Unterkieferprotrusionsschienen weitgehend durchsetzen können. Für die leichte bis mittelschwere OSA werden bei entsprechend selektioniertem Patientengut Erfolgsraten von 50–70% berichtet (neue Übersicht bei [29]). Positive Prädiktoren für einen Behandlungserfolg sind in diesem Sinne eine rückenlagebetonte OSA, ein guter Unterkiefervorschub und eine Obstruktion auf Zungengrundniveau (passende Anatomie). Die Akzeptanz der Unterkieferprotrusionsschienen wird zwischen 40 und 80% angegeben [30]. Wichtigste Nebenwirkungen bei bis zu 80% der Patienten sind Hypersalivation, Xerostomie, Schmerzen im Kiefergelenk, dentale Beschwerden, Druckstellen an den oralen Schleimhäuten und permanente Zahnfehlstellungen mit Malokklusion [31]. Ein systematischer Cochrane-Review empfiehlt die Unterkieferprotrusionsschienen zur Behandlung der leichten und mittelschweren OSA [32]. Des Weiteren sei an dieser Stelle auf das Positionspapier der Deutschen Gesellschaft Zahnärztliche Schlafmedizin (DGZS) verwiesen [33].

Empfehlung

Unterkieferprotrusionsschienen sind bei passender Anatomie zur Behandlung der leichten und mittelschweren OSA geeignet (EBM-Empfehlungsgrad B).

3.3 Nasale Hilfsmittel

Nasale Hilfsmittel können in interne und externe Dilatatoren unterteilt werden. Erstere werden in den Nasenvorhof eingebracht und erweitern das Vestibulum nasi. Letztere sind Pflaster, welche von außen auf die Nasenflügel aufgeklebt werden. Es konnten 10 Studien (alle EBM 4) mit insgesamt 182 Patienten zum Thema identifiziert werden [34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43]. Der durchschnittliche AHI betrug ohne nasales Hilfsmittel 30,5 und mit 29,7.

Empfehlung

Nasale Hilfsmittel können derzeit nicht für die Therapie der OSA empfohlen werden (EBM-Empfehlungsgrad C). Nasale Hilfsmittel können aber eine Beatmungstherapie erleichtern.

3.4 Elektrostimulation

Die Elektrostimulation des Mundbodens wird derzeit für die Anwendung über Oberflächenelektroden am Kinn bzw. am Mundboden kommerziell angeboten. Erste Ergebnisse belegen eine Wirksamkeit in der Behandlung des primären Schnarchens, nicht aber der OSA [44, 45]. Langzeitergebnisse fehlen.

Empfehlung

Die Elektrostimulation wird daher für die Behandlung der OSA derzeit nicht empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad B).

4 Operative Therapie

Unterschieden wird im Folgenden zwischen invasiven und minimalinvasiven Operationsverfahren. Eine Operationsmethode wird im Folgenden als minimalinvasiv angesehen, wenn nachstehende Bedingungen erfüllt sind:

  • Eingriffe in Lokalanästhesie möglich,

  • geringe perioperative Morbidität,

  • ambulante Durchführung möglich,

  • geringe Komplikationsrate,

  • geringe postoperative Morbidität.

Diese Kriterien erfüllen die interstitielle Radiofrequenztherapie (RFT) von Nasenmuschel, Weichgaumen, Gaumenmandeln und Zungengrund sowie die Weichgaumenimplantate. Nur mit Einschränkung erfüllen ablative Operationsverfahren am Weichgaumen, wie etwa die laserassistierte Weichgaumenchirurgie, die Radiofrequenz-Uvulopalatoplastik und die Uvulakappung diese Bedingungen, da diese Verfahren einen nennenswerten postoperativen Wundschmerz verursachen.

Des Weiteren wird zwischen primärer, sekundärer und adjuvanter Indikation für eine Operation unterschieden. Eine Operation als Therapie der 1. Wahl wird zumindest als gleichwertig im Vergleich zu konservativen und apparativen Verfahren angesehen, eine Therapie der 2. Wahl sollte erst nach erfolgloser konservativer/apparativer Behandlung indiziert werden, und eine adjuvante Operation unterstützt eine andersartige primäre Therapie.

Im Folgenden werden die einzelnen Operationsverfahren besprochen. Operativer Erfolg wird dabei entsprechend den Vorschlägen von Sher et al. [46] als Reduktion des AHI um mindestens die Hälfte und unter einen Wert von 20 definiert (oder analog, falls nur der Apnoe-Index (AI) angegeben ist: AI <10 und AI-Reduktion >50%).

Grundsätzlich gilt für alle im Folgenden besprochenen Operationsverfahren zur Behandlung der OSA, dass der operative Erfolg in Bezug auf den AHI mit steigendem BMI und mit steigendem Ausgangs-AHI nachlässt. Darüber hinaus ist bei jeder Operationsindikation der Allgemeinzustand des Patienten zu berücksichtigen. Insbesondere kardiovaskuläre Begleiterkrankungen sprechen für die Durchführung einer apparativen Therapie und gegen einen primär chirurgischen Therapieansatz.

Letztlich soll betont werden, dass die im Folgenden besprochenen operativen Eingriffe in individuellen Fällen auch mit nichtoperativen Therapiemaßnahmen, wie z. B. einer Unterkieferprotrusionsschiene, der Gewichtsreduktion, einer Rückenlageverhinderungsweste u. a., kombiniert werden können, um den Therapieeffekt zu optimieren.

4.1 Nase

In der Literatur finden sich polysomnographische Daten von insgesamt 344 Patienten Mit einer Ausnahme [47] bestehen diese sämtlich aus unkontrollierten Fallserien (EBM 4), bei denen ausschließlich eine rhinochirurgische Maßnahme (Nasenseptumplastik, Nasenmuschelplastik, Septorhinoplastik und Nasennebenhöhlenoperation; Mehrfachnennung möglich) ohne weitere Chirurgie im oberen Luftweg durchgeführt wurde [47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63]. Es handelt sich überwiegend um Kurzzeitdaten. Der durchschnittliche AHI sinkt von präoperativ 32,5 auf postoperativ 31,4. Eine isolierte Nasenoperation ist für sich allein schwerlich in der Lage, eine OSA effektiv zu behandeln.

Nasenoperationen können indiziert sein, um eine Beatmungstherapie zu optimieren bzw. überhaupt möglich zu machen [52]. So werden niedrigere effektive CPAP-Drücke nach operativer Verbesserung der Nasenluftpassage beschrieben [56, 61, 64, 65, 66, 67].

Empfehlung

Bei Nasenatmungsbehinderung und entsprechendem pathologisch-anatomischem Korrelat empfiehlt sich eine Nasenoperation (EBM-Empfehlungsgrad B). Eine isolierte Nasenoperation führt allerdings i. d. R. nicht zu einer ausreichenden Absenkung des AHI. Allerdings kann eine Nasenoperation in einer Verbesserung der CPAP-Therapie und einer Reduktion des erforderlichen Therapiedrucks resultieren (EBM-Empfehlungsgrad C).

4.2 Nasopharynx

Bei Erwachsenen kommt eine komplette Verlegung des Nasopharynx selten vor. Donelly et al. [68] beschrieben zuletzt einen im Vergleich zu gesunden Kontrollen verengten Nasenrachenraum bei 16 jungen erwachsenen Schlafapnoikern. Allerdings gibt es bislang keine klinischen Studien, die Eingriffe im Bereich des Nasenrachens hinsichtlich ihrer Effektivität bei OSA untersuchen.

Empfehlung

Bezüglich der Chirurgie im Nasopharynx bei Erwachsenen kann an dieser Stelle mangels Daten keine Empfehlung ausgesprochen werden.

Im Sinne einer Expertenmeinung wird jedoch die endoskopische Erfassung pathologischer Veränderungen im Nasenrachen im Rahmen einer schlafmedizinischen Diagnostik empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad D).

4.3 Tonsillen

In letzter Zeit haben die Tonsillotomie und verschiedene interstitielle Verfahren zur Gewebereduktion an Bedeutung in der Tonsillenchirurgie gewonnen. Da die interstitielle Gewebereduktion mit Radiofrequenzenergie einen anderen Therapieansatz darstellt, wird sie im folgenden Kapitel eigenständig abgehandelt.

4.3.1 Tonsillektomie und Tonsillotomie

Eine substanzielle Tonsillenhyperplasie wird im Erwachsenenalter entweder über einen intertonsillären Restspalt bei Mundöffnung unter 5 mm [69] oder nach dem Friedman-Score [70] über das Maß der Obstruktion des oropharyngealen Isthmus definiert (Grad 3: 50–75% Obstruktion, Grad 4: 75–100% Obstruktion). Eine solche substanzielle Tonsillenhyperplasie ist im Erwachsenenalter seltener als bei Kindern. Trotzdem finden sich 95 polysomnographische Datensätze aus Fallserien (EBM 4) zur Tonsillektomie in der Literatur [48, 51, 69, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77]. Der durchschnittliche AHI sinkt hierbei nach Tonsillektomie von präoperativ 49,5 auf postoperativ 7,8. Dieser Unterschied ist statistisch hoch signifikant (p<0,0001). Nach den Erfolgskriterien von Sher [46] ergibt sich in diesem selektierten Patientenkollektiv eine chirurgische Erfolgsrate von 80,0%. Besonders an diesen Daten ist die Tatsache, dass der Therapierfolg bei substanzieller Tonsillenhyperplasie unabhängig vom BMI (bis maximal 46,9 kg/m2) und vom Ausgangs-AHI (bis maximal 100) beschrieben wurde.

Die Tonsillektomie ist zur Behandlung der OSA bei hyperplastischen Tonsillen im Erwachsenenalter daher fast so erfolgreich wie im Kindesalter.

Empfehlung

Bei nicht tonsillektomierten Patienten, bei denen eine chirurgische Behandlung der OSA erfolgen soll, ist die Tonsillektomie indiziert (EBM-Empfehlungsgrad C).

Bei einer substanziellen Tonsillenhypertrophie kann die alleinige Tonsillektomie dem Patienten unabhängig vom AHI und BMI empfohlen werden, da in der Mehrzahl der Fälle eine Beseitigung, zumindest jedoch eine klinisch relevante Besserung der OSA erzielt werden kann (Empfehlungsgrad C). Das patientenspezifische Operationsrisiko muss berücksichtigt werden.

Für die Tonsillotomie im Erwachsenenalter gibt es noch keine Daten. Allerdings gehen die Autoren von einer ähnlichen Wirksamkeit wie bei der Tonsillektomie aus, da zum einen ein vergleichbarer Volumeneffekt im Pharynx erzielt wird und zum anderen bei Kindern eine vergleichbare Erfolgsrate zur Tonsillektomie bereits nachgewiesen werden konnte [78].

Empfehlung

Eine vorsichtige Anwendungsempfehlung für die Tonsillotomie im Erwachsenenalter kann ausgesprochen werden (Empfehlungsgrad D). Es sollte dabei auf eine möglichst große Volumenreduktion der Tonsillen hingearbeitet werden.

4.3.2 Interstitielle RFT der Tonsillen

Die Radiofrequenztechnik verwendet elektrische Energie in Form eines hochfrequenten Wechselstroms, um Weichteilgewebe zu schneiden oder zu koagulieren. Durch die interstitielle Applikation von Radiofrequenzenergie wird eine thermische Läsion erzeugt, welche nachfolgend vernarbt. Dieser Vorgang resultiert in veränderten Gewebeeigenschaften. Im Rahmen der chirurgischen Behandlung von SBAS wird diese Technik an den Nasenmuscheln, am Weichgaumen, an den Tonsillen und am Zungengrund eingesetzt.

Die durchschnittliche Volumenreduktion der Tonsillen wird zwischen 40% [79] und 75% [80] angeben. Nelson beschreibt Verbesserungen der Tagesschläfrigkeit in 79% und des subjektiven Schnarchens in 81% seiner Fälle. Diese Kurzzeitergebnisse hatten auch nach 6 und nach 12 Monaten noch Bestand [81]. Zur Effektivität der RFT der Tonsillen bei OSA gibt es nur Veröffentlichungen, die Ergebnisse bei Kindern beschreiben [80, 82, 83]. Daten für Erwachsene fehlen bisher.

Empfehlung

Bezüglich der interstitiellen Radiofrequenztherapie der Tonsillen bei Erwachsenen kann an dieser Stelle mangels Daten keine sichere Empfehlung ausgesprochen werden.

4.4 Weicher Gaumen

4.4.1 Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP)

Die klassische Weichgaumenoperation wird seit 1981 zur Therapie der OSA meist in Kombination mit einer Tonsillektomie eingesetzt. Zu Anfang wurde die UPPP von einigen Chirurgen zu radikal durchgeführt. Es kam zu bleibenden Funktionsstörungen, sodass diese Operationsmethode in Verruf geraten ist. Radikale Chirurgie zerstört die Funktion des Weichgaumens (Schluckakt, Phonation, Würgen, Spielen von Blasinstrumenten, Pfeifen, Husten) nachhaltig. Solche Komplikationen können mit einer muskelschonenden Operationstechnik zuverlässig vermieden werden [84, 85]. Das Prinzip besteht in der Entfernung überschüssiger Schleimhaut im Bereich des Weichgaumens und der Uvula, ohne die Muskulatur, insbesondere die Muskulatur des vorderen Gaumenbogens, zu schädigen. Weiterhin soll die Funktion des Weichgaumens erhalten bleiben. Da der Resonanzraum durch die UPPP verändert wird, sollte diese Operationsform daher bei professionellen Sängern und Spielern von Blasinstrumenten besonders zurückhaltend indiziert werden.

Es liegen nur wenige prospektive Arbeiten über Langzeitresultate bis zu 9 Jahren nach UPPP vor. Die Vergleichbarkeit dieser Daten wird wie bei anderen Techniken durch unterschiedliche Erfolgskriterien erschwert. Fast übereinstimmend finden alle Autoren eine Diskrepanz zwischen sehr guter subjektiver Besserung der Beschwerden und weniger stark veränderten objektiven Schlafparametern nach UPPP. Deshalb ist zusätzlich zur kurzfristigen Therapiekontrolle eine postoperative Kontrolle im Schlaflabor nach 1–3 Jahren erforderlich.

Für die Kurzzeitergebnisse liegt ein Evidenzniveau 2a vor, dank eines systematischen Reviews [46]. Im nichtselektierten Patientengut ergab diese Metaanalyse einen Operationserfolg nach UPPP von 40,7%. In der selektierten Gruppe mit klinisch vermuteter Obstruktion ausschließlich in Höhe des Weichgaumens ergab sich eine Erfolgsrate von 52,3%. Dies belegt, dass eine präzise präoperative Differenzialdiagnostik sinnvoll und notwendig ist, um einen maximalen postoperativen Erfolg einschließlich einer hohen Patientenzufriedenheit sicherzustellen. Positive Prädiktoren für einen Therapieerfolg im Sinne der hier angesprochenen Selektion sind hyperplastische Tonsillen, Schleimhautüberschuss an Weichgaumen und Uvula, eine Längsfältelung der Schleimhaut an der Rachenhinterwand und die Beobachtung einer Weichgaumenobstruktion in der Schlafendoskopie.

Daten über Kurzzeitergebnisse (Follow-up 3–12 Monate) und Langzeitergebnisse (Follow-up 3–10 Jahre) im identischen Patientengut finden sich in 6 Studien [86, 87, 88, 89, 90, 91]. Diese belegen, dass der Effekt der UPPP auf den Schweregrad der OSA mit den Jahren nachlassen kann. Die Langzeiterfolgsrate wird gemäß den Erfolgskriterien nach Sher et al. [46] mit 47,6% angegeben. Im Kurzzeit-Follow-up lag der Wert noch bei 60,5%. Damit kann heute eine positive Langzeitwirkung der isolierten UPPP ggf. mit Tonsillektomie bei OSA angenommen werden. Allerdings sollten Patienten nach UPPP längerfristig schlafmedizinisch kontrolliert werden.

In einer Gruppe von 400 Patienten mit SBAS, die eine UPPP oder Laser-UPP bekommen hatten, konnte keine erhöhte Mortalität nachgewiesen werden [92]. Diese Daten belegen einen positiven Effekt der UPPP auf die Mortalität bei Schlafapnoikern. Keenan et al. [93] beobachteten ihre Schlafapnoepatienten über einen Zeitraum von 6 Jahren nach. Die eine Gruppe erhielt eine CPAP-Beatmung, die andere eine UPPP. Es ergab sich kein Unterschied bezüglich der Langzeitüberlebensrate zwischen beiden Gruppen.

Die UPPP ist die bislang einzige Operation bei OSA, für die eine Reduktion des Unfallsrisikos [94, 95] und eine Normalisierung der erhöhten CRP-Werte im Serum [96] nachgewiesen wurde.

Empfehlung

Die UPPP mit Tonsillektomie wird bei entsprechendem pathoanatomischem Befund zur Therapie der OSA empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad B).

4.4.2 Modifikationen der UPPP

In den letzten Jahren wurden zunehmend Modifikationen der klassischen UPPP publiziert, die entweder sog. uvulopalatale Flaps genannt werden oder aber die laterale Pharynxwand in die Operation mit einbeziehen. Diese Techniken zeigen z. T. deutlich bessere Kurzzeitergebnisse als die konventionelle UPPP, allerdings ist die vorhandene Datenlage i. d. R. auf den Erstbeschreiber der Methode limitiert, und teilweise sind die Ergebnisse durch die zusätzliche Durchführung weiterer Operationstechniken innerhalb derselben Operation schwer zu beurteilen. Die nachfolgende Tabelle stellt die vorhandenen Daten zusammen (Tab. 2).

Tab. 2 Modifikationen der klassischen UPPP

Empfehlung

Die vorhandenen Daten zu neuen Modifikationen der UPPP legen eine verbesserte Wirksamkeit im Vergleich zur klassischen UPPP nahe, sind aber so limitiert, dass noch keine abschließende Empfehlung möglich ist (EBM-Empfehlungsgrad C).

4.4.3 Schleimhautresezierende Verfahren ohne plastische Nähte (z. B. laserassistierte UPP)

Eine wesentliche Modifikation der konventionellen UPPP stellen resezierende Techniken am Weichgaumen ohne plastische Nähte dar. Diese können mit dem Laser, der Elektrochirurgie, dem Mikrodébrider (Shaver) oder anderen technischen Hilfsmitteln ausgeführt werden. Je nach Operationsschema gibt es einzeitige und mehrzeitige Techniken, die i. d. R. ambulant und in örtlicher Betäubung durchgeführt werden. Die meisten wissenschaftlichen Daten gibt es für die sog. laserassistierte Uvulopalatoplastik (LAUP), weshalb diese stellvertretend für andere vergleichbare Techniken im Folgenden dargestellt wird.

Heute lassen sich 13 Studien (4 davon randomisiert) identifizieren, die Erfolgskriterien nach Sher [46] verwenden [116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128]. Dabei wurde jeweils nur die neueste Arbeit jeder Arbeitsgruppe aufgenommen, um zu verhindern, dass einzelne Individuen mehrfach in die Auswertung eingehen. Insgesamt finden sich polysomnographische Daten von 392 Patienten. Die durchschnittliche Erfolgsquote liegt bei 31,2%. Im Vergleich zur UPPP liegt sie damit um knapp 20% niedriger. Grund hierfür ist, dass der Verzicht auf plastische Nähte eine unkontrollierte Narbenbildung im Weichgaumen mit konsekutiver Verengung der velopharyngealen Klappe und damit eine Verschärfung der Obstruktion bedingen kann. Bei längerer Nachbeobachtung (>8 Monate) sinkt die Erfolgsquote auf unter 20%. Diese Daten bestätigen die Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Finkelstein [123, 125], nach denen die Wirksamkeit der laserassistierten Chirurgie am Weichgaumen bei OSA mit der Zeit abnimmt. Kontrollierte Studien [124, 125, 126, 127] implizieren, dass die Laserchirurgie möglicherweise mehr bewirkt als eine Nulltherapie, dass sie aber weniger effektiv ist als die konventionelle UPPP.

Die hier zusammengefassten Daten unterstützen die Einschätzung der American Academy of Sleep Medicine [129], nach der die Laserchirurgie am Weichgaumen und vergleichbare Techniken, die andere Hilfsmittel für die Resektion verwenden, keine geeignete Therapie der OSA darstellt, mehr noch, sie wird als kontraindiziert angesehen.

Empfehlung

Diese schleimhautresezierenden Verfahren am Weichgaumen ohne plastische Nähte (z. B. LAUP) sind bei der Behandlung der OSA kontraindiziert (EBM-Empfehlungsgrad B).

4.4.4 Interstitielle RFT des Weichgaumens

Die heute etablierten Radiofrequenzsysteme kommen am Weichgaumen i. d. R. mit 3–6 (maximal 12) Applikationen pro Therapiesitzung aus. Bis zu 4 Therapiesitzungen sind notwendig, um den maximalen Effekt zu erzielen. Operiert wird üblicherweise ambulant und in Lokalanästhesie.

Derzeit gibt es nur 3 Arbeiten (eine davon randomisiert und kontrolliert; EBM 2b), die sich mit der Wirksamkeit der isolierten RFT am Weichgaumen bei OSA beschäftigen [130, 131, 132]. Diese ergeben erste Hinweise auf eine Wirksamkeit bei der leichten und weniger bei der mittelschweren Schlafapnoe. Die Datenlage für die interstitielle RFT des Weichgaumens bei OSA muss als vorläufig bezeichnet werden. Erste Trends lassen eine Wirksamkeit bei leichter OSA vermuten.

Empfehlung

Die Methode kann derzeit nur mit Einschränkungen und nur für die leichte OSA empfohlen werden (EBM-Empfehlungsgrad B).

4.4.5 Weichgaumenimplantate

Ein weiteres minimalinvasives Verfahren stellt die Implantation von zylindrischen Stiften aus Polyethylenterephthalat in den Weichgaumen dar [133]. Insgesamt 3 stäbchenförmige Implantate werden in den Weichgaumen eingebracht. Durch diese Implantate und die induzierte Vernarbung wird der Weichgaumen versteift. Dies soll die Atemwegsobstruktion reduzieren bzw. beseitigen. Es handelt sich um eine ambulante Operation im Behandlungsstuhl in örtlicher Betäubung. Die Implantate werden in einer Hohlnadel geliefert. Das gesamte Handstück ist ein Einmalinstrument, das sich nicht wiederverwenden lässt.

Für die Indikation OSA gibt es inzwischen 8 Studien [134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141] mit insgesamt 248 Patientendatensätzen. Alle Studien beinhalten Patienten mit einem BMI <32 kg/m2 und einem AHI (meist) <30, die keine anatomischen Auffälligkeiten aufwiesen oder bereits eine UPPP erhalten hatten [134]. Der durchschnittliche AHI reduzierte sich von präoperativ 17,2 auf postoperativ 14,9 bei einer chirurgischen Erfolgsrate von 28,4% nach Sher [46]. Die beiden randomisierten und kontrollierten Studien [140, 141] zeigen, dass die Weichgaumenimplantate gegenüber der Placebooperation überlegen sind, allerdings ist der Effekt auf den AHI moderat.

Empfehlung

Die Weichgaumenimplantate können ob ihres minimalinvasiven Charakters bei leichter OSA ohne anatomische Auffälligkeiten empfohlen werden (EBM-Empfehlungsgrad A).

4.4.6 Andere Verfahren

Uvulakappung

Die schlichte Kappung der Uvula kann nicht als adäquate Methode zur Behandlung der OSA angesehen werden. Wie bereits ausgeführt, gibt es keine Rechtfertigung für Muskelresektionen am Weichgaumen. Mortimore und Kollegen [142] konnten sogar zeigen, dass bereits die Uvulakappung zu messbaren oronasalen Luftlecks bei einer CPAP-Beatmung führt. Darüber hinaus liegen keine Daten vor, die eine Wirksamkeit der Therapie belegen.

Empfehlung

Die Uvulakappung ist kontraindiziert in der Behandlung der OSA (EBM-Empfehlungsgrad C).

„Cautery-assisted palatal stiffening operation“ (CAPSO)

Die orale Mukosa des Weichgaumens lässt sich z. B. mit einer elektrischen, monopolaren Nadel abtragen. In der Folge kommt es zu einer narbigen Versteifung des weichen Gaumens. Diese Technik wird „cautery-assisted palatal stiffening operation“ genannt. Mair u. Day [143] entfernen damit einen 2 cm breiten Mukosastreifen in der Mittellinie des Weichgaumens in Lokalanästhesie. Die palatale Muskulatur bleibt intakt. Die Versteifung entwickelt sich innerhalb von 2–3 Wochen durch Vernarbung.

Zwei Fallserien (EBM 4) mit insgesamt 33 Patienten untersuchten bisher die Technik bei OSA [144, 145]. Der AHI sank von präoperativ 22,0 auf postoperativ 13,8, die chirurgische Erfolgsrate nach Sher et al. [46] bei 48,5%.

Empfehlung

Bei nur 2 Fallserien mit nur 33 Patienten gibt es bislang keine ausreichende Evidenz (EBM-Empfehlungsgrad C), um diese Methode für die Indikation OSA zu empfehlen.

„Injection snoreplasty“

Das Operationsprinzip besteht in der Injektion sklerosierender Agenzien in den Weichgaumen. In der Folge entsteht eine Vernarbung mit konsekutiver Versteifung des Gaumensegels [146]. Polysomnographische Ergebnisse zur Anwendung bei OSA liegen nicht vor.

Empfehlung

Das Verfahren wird derzeit für die Anwendung bei OSA nicht empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad D).

„Transpalatal advancement pharyngoplasty“ (TAP)

Das Operationsprinzip besteht darin, dass nicht nur die kaudale Kante des Weichgaumens im Sinne einer UPPP verändert, sondern auch der Ansatz des Weichgaumens am harten Gaumen nach vorn verlagert wird. Hierfür wird die Hinterkante des harten Gaumens teilreseziert. Operiert wird in Vollnarkose. Insgesamt wurden die Ergebnisse von 12 Patienten nach isolierter TAP vorgestellt (Fallserien, EBM 4). Die Erfolgsrate nach Sher wird mit 66,6% bzw 50% angegeben [147, 148]. Die neueste Arbeit [149] vergleicht die klassische UPPP (n=30) mit der TAP (n=44). Bei vergleichbarem Ausgangskollektiv zeigte sich die TAP der UPPP überlegen (EBM 3b).

Die TAP ist wegen ihrer Invasivität nur eine Behandlungsoption für Patienten, bei denen eine Enge in posteroanteriorer Ausdehnung auf Höhe des Hartgaumens besteht. Woodson selbst empfiehlt diese Technik auch nur für die höhergradige OSA. Es ist nicht bekannt, ob sich bei einer evtl. postoperativ noch erforderlichen CPAP-Beatmung Probleme wegen einer insuffizienten oropharyngealen Abdichtung ergeben.

Empfehlung

Die TAP scheint wirksam bei Schlafapnoikern mit entsprechender Pathologie (EBM-Empfehlungsgrad C). Aufgrund der wenigen vorhandenen Daten sollte die Indikation aber noch zurückhaltend gestellt werden.

4.5 Zungengrund und Hypopharynx

4.5.1 RFT des Zungengrunds

Die RFT des Zungengrunds lässt sich gut in Lokalanästhesie mit Sedierung durchführen [150]. Mit den entsprechenden Nadelelektroden werden pro Therapiesitzung je nach Größe des Zungengrunds und des verwendeten Systems zwischen 4 und 16 Läsionen erzeugt. Mehrere Therapiesitzungen sind erforderlich. Die RFT des Zungengrunds erfüllt die Kriterien der minimalen Invasivität.

Heute liegen Daten aus 6 Veröffentlichungen [151, 152, 153, 154, 155, 156] vor, eine davon randomisiert (EBM 2b).

Im Durchschnitt ergibt sich für insgesamt 117 Patienten (ohne die Arbeit von Li et al. [154], da identische Patienten wie bei Powell et al. [151]) unter Verwendung von Sher-Kriterien eine operative Kurzzeiterfolgsrate von 33,2% bei durchschnittlich mittelschwerer OSA.

Die Daten deuten auf eine Wirksamkeit der RFT des Zungengrunds bei der leichten bis mittelschweren Schlafapnoe hin. Die Morbidität und Kompolikationsrate ist als gering einzustufen. Trotz der geringen Anzahl der publizierten Studien erscheint die Anwendung allein oder in Kombination mit weiteren Verfahren in den Fällen gerechtfertigt, in denen eine retrolinguale Obstruktion vermutet werden kann und keine allgemeinen oder speziellen Kontraindikationen vorliegen. Die geringe postoperative Morbidität und die Möglichkeit der Anwendung in Lokalanästhesie erscheinen als deutlicher Vorteil im Vergleich zu anderen Therapieverfahren am Zungengrund. Weitere, vor allen Dingen prospektive und kontrollierte Studien sind jedoch erforderlich, insbesondere liegen bis dato keine Daten hinsichtlich Langzeitergebnissen vor.

Empfehlung

Die Methode wird als Monotherapie nur zur Behandlung der leichten und mittelgradigen OSA empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad B).

4.5.2 Hyoidsuspension, Hyoidothyreopexie

Ziel der Hyoidsuspension ist die Vorverlagerung des Zungenbeins mit der daran befestigten Zungenmuskulatur. Somit soll der obere Atemweg auf Zungengrundebene erweitert und stabilisiert werden. Bereits Anfang der 1980er-Jahre konnte eine Erweiterung des oberen Luftwegs nach Hyoidsuspension zunächst im Tiermodell [157] und später am Menschen [158] gezeigt werden. Initial wurde versucht, das Hyoid am Kinn zu fixieren. Zwischenzeitlich wird von einigen Autoren die Befestigung am Schildknorpel favorisiert. Diese Modifikation erfordert weniger Präparationsarbeit und hat sich als gleichermaßen sicher und effektiv wie die Originaltechnik erwiesen [159]. Operiert wird i. d. R. in Vollnarkose [160], obwohl die Hyoidsuspension als isolierter Eingriff auch in Lokalanästhesie durchgeführt werden kann [99].

Es gibt nur wenige Daten über eine isolierte Anwendung, da die Hyoidsuspension fast immer im Rahmen verschiedener Multi-Level-Konzepte durchgeführt wird.

Lediglich 3 Arbeiten [159, 161, 162] stellten bisher Ergebnisse nach isolierter Hyoidsuspension an insgesamt 60 Patienten vor (alle Studien EBM 4). Die Erfolgsrate nach Sher-Kriterien kann aus diesen Daten mit 49,5% errechnet werden. Darüber hinaus gibt es Berichte, nach denen sich die Hyoidsuspension im Rahmen verschiedener Multi-Level-Konzepte als effektiver Bestandteil erwiesen hat [112, 113].

Empfehlung

Die Methode ist als isolierte Maßnahme bei OSA mit vermuteter Obstruktion im Zungengrundbereich indiziert (EBM-Empfehlungsgrad C). Überwiegend wird sie in Kombination mit anderen Eingriffen sekundär nach erfolgloser oder abgebrochener Beatmungstherapie eingesetzt (s. Kap. 4.7).

4.5.3 Andere Verfahren

Teilresektionen des Zungengrunds

Schon lange gibt es mehrere operative Ansätze zur Volumenreduktion der Zunge durch offene Resektionen. Sofern Muskelresektionen am Zungenmuskel vorgenommen werden, ist je nach Operationstechnik eine passagere Tracheotomie zur Sicherung des oberen Luftwegs notwendig. Ein weiteres Problem stellen schmerzhafte Schluckstörungen dar, die 3 Wochen und mehr anhalten können. Deshalb waren diese Operationsverfahren schon immer den schweren Fällen einer OSA vorbehalten, die einer Beatmungstherapie nicht zugänglich waren. Auch heute noch gibt es Einzelfälle, bei denen ein solch invasives Vorgehen angezeigt sein kann. Deutlich weniger invasiv ist die isolierte Abtragung der Zungengrundtonsille ohne Verletzung des Muskelkörpers der Zunge.

Operiert wird in Vollnarkose. In der Regel wird ein transoraler Zugang verwendet, aber auch ein transcollares Vorgehen wurde publiziert [163]. Insgesamt gibt es 9 Studien mit insgesamt 158 Patienten [163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171]. Für alle 158 Patienten ließ sich der AHI von präoperativ 49,4 auf postoperativ 24,5 senken. Die Erfolgsrate nach Sher errechnet sich mit 53,8% (25–80%). Eingeschränkt wird die Aussagekraft dieser Zahlen jedoch durch die Tatsache, dass die Operationstechniken sehr unterschiedlich waren und dass 4 Studien zusätzlich eine UPPP in gleicher Sitzung vorgenommen haben. Nur eine Studie ist kontrolliert (EBM 3b), indem sie die Ergebnisse von je 48 Patienten nach Abtragung der Zungengrundtonsille und nach RFT des Zungengrunds vergleicht [171]. Dabei zeigte sich die Abtragung der Zungengrundtonsille in Bezug auf die Effektivität der RFT überlegen, brachte aber mehr Morbidität und Komplikationen mit sich.

Empfehlung

Resektionen am Zungengrund sind wirksam in der Behandlung der OSA (EBM-Empfehlungsgrad B). Die Resektionen am Zungenmuskel sollten ob deren Invasivität nur in Ausnahmefällen und nur sekundär nach erfolgloser oder abgebrochener Beatmungstherapie eingesetzt werden (EBM-Empfehlungsgrad C).

Die isolierten Resektionen der Zungengrundtonsille sind deutlich weniger invasiv und können daher großzügiger indiziert werden.

Zungenligatur

Bereits 1992 wurde eine sog. Glossopexie vorgeschlagen, bei der der Zungengrund durch eine Gewebsschlinge aus autologer Fascia lata am Kinn fixiert wurde [172], um das „Nach-hinten-Fallen“ der Zunge im Schlaf zu verhindern. Diese Technik konnte sich ob der aufwendigen Präparation und der Notwendigkeit der Gewinnung von Fascia lata nicht durchsetzen. Erst mit der Einführung des Repose® Systems (Influ-ENT, USA) hat die Methode wieder Verbreitung gefunden [173]. Es handelt sich hierbei um einen chirurgischen Instrumentensatz, welcher u. a. nichtresorbierbares, monophiles Nahtmaterial enthält, das durch den Zungengrund geführt wird und diesen mittels einer Schraube an der inneren Kortikalis der Mandibula in der Mittellinie aufhängt. Im Gegensatz zur RFT des Zungengrunds handelt es sich beim Repose®-System um einen Eingriff in Vollnarkose, weshalb die Technik nicht als minimalinvasiv anzusehen ist.

Es finden sich Studiendaten zur Anwendung bei OSA von 37 Patienten in 3 Veröffentlichungen ([173, 174, 175]; alle EBM 4). Die angegebenen Durchschnittswerte für den prä- und postoperativen AHI (33,6 vs. 19,8) sowie für die chirurgische Erfolgsrate nach Sher (28,6%) ähneln denen nach isolierter RFT am Zungengrund. Beide Techniken werden bei gleicher Indikation, nämlich klinisch evidenter Obstruktion auf Zungengrundniveau, eingesetzt, und beide Techniken scheinen bezüglich ihrer Effektivität vergleichbar.

Nachteilig am Repose®-System ist die Notwendigkeit einer Vollnarkose zum Einbringen des Systems und die Tatsache, dass sich der Faden mit der Zeit durch den Zungenmuskel arbeiten kann und die Wirkung damit nachlässt. Daher sind derzeit neue Systeme der Zungenligatur in der Erprobung.

Empfehlung

Die Methode kann zur Behandlung der leichten bis schweren OSA eingesetzt werden (EBM-Empfehlungsgrad C).

4.6 Kieferchirurgische Verfahren

4.6.1 Genioglossus-Advancement (GG-A)

Die inferiore, sagittale Osteotomie der Mandibula mit Vorverlagerung des M. genioglossus wurde erstmals 1986 von der Arbeitsgruppe aus Stanford als Behandlungsmethode für die OSA vorgestellt [176]. Der M. genioglossus entspringt an der Innenseite der Mandibula. Das Operationsprinzip besteht darin, den gesamten Bereich dieses Muskelursprungs durch eine entsprechende Osteotomie des Kinns zu mobilisieren und nach vorn zu verlagern. In dieser neuen Position wird das Knochensegment osteosynthetisch fixiert. Um ein kosmetisch störendes Vorstehen des Kinns zu vermeiden, werden äußere Kortikalis und Spongiosa abgeschliffen.

Erstaunlicherweise gibt es aber bis heute keinen einzigen Bericht über die isolierte Anwendung dieser Methode bei Schlafapnoikern. Das Verfahren wird überwiegend in Kombination mit anderen Eingriffen im Rahmen der Multi-Level-Chirurgie eingesetzt (s. 4.7).

Empfehlung

Mangels Studien kann der isolierte Einsatz des Genioglossus-Advancements derzeit nicht empfohlen werden (EBM-Empfehlungsgrad D).

4.6.2 Maxillomandibuläre Umstellungsosteotomie (MMO)

Kieferchirurgische Eingriffe zur Korrektur von Fehlstellungen des Ober- und des Unterkiefers wurden erstmals von Kuo et al. [177] als Alternative zur Tracheotomie bei OSA vorgeschlagen. Die Grundidee dieser Therapieform liegt in der Erweiterung sowohl des Naso-, Oro- als auch Hypopharynx durch gleichzeitige Vorverlagerung von Weichgaumen und Zunge sowie Straffung der Pharynxseitenwände.

Obwohl die MMO heute als Standardeingriff angesehen werden kann, bleibt sie doch technisch anspruchsvoll und erfordert ein chirurgisches Team, eine Vollnarkose und eine stationäre Nachbehandlung [178].

Die MMO ist nach der Tracheotomie das erfolgreichste Operationsverfahren zur Behandlung der OSA. In mehreren kontrollierten Studien [179, 180, 181] und Fallserien [182, 183, 184, 185, 186] konnten nach MMO und unter CPAP vergleichbare Reduktionen des AHI gezeigt werden. Darüber hinaus wurde eine ebenfalls im Vergleich zu CPAP gleichwertige Optimierung der Schlafarchitektur nach MMO mitgeteilt [187]. Der Therapieerfolg scheint über längere Zeit erhalten zu bleiben. So weisen die Arbeiten aus Stanford eine Kurzzeiterfolgsrate nach 6 Monaten von 97% [179] und eine Langzeiterfolgsrate nach 51 Monaten von 90% [188] aus.

Grundsätzlich kann unter bestimmten skelettalen Voraussetzungen eine MMO empfohlen werden, insbesondere wenn auch kosmetisch relevante Dysmorphien oder entsprechende Dysgnathien vorliegen. Auch bei Patienten ohne diese Dysmorphien ist eine MMO möglich ist, hier müssen aber die kosmetischen Konsequenzen berücksichtigt werden.

Empfehlung

Die MMO ist bei allen Schweregraden der OSA grundsätzlich indiziert (EBM-Empfehlungsgrad B). Allerdings handelt es sich um ein invasives Operationsverfahren mit entsprechender Morbidität und Komplikationsrate, weshalb es entweder als sekundäre Therapie oder als primäre Therapie nur bei schwerer OSA eingesetzt werden sollte. Kosmetische Konsequenzen sind zu berücksichtigen.

4.6.3 Distraktionsosteogenese (DOG)

Seit ihrer Einführung in die Kieferchirurgie durch McCarthy et al. [189] im Jahre 1992 hat sich die DOG zu einem anerkannten Operationsverfahren bei schwerer, syndromaler und nichtsyndromaler maxillomandibulärer Deformität entwickelt. Nachdem retropositionierte Unterkiefer oder Mittelgesichter häufig mit einer Einengung des Pharynx einhergehen, leiden diese Patienten oft unter einer OSA. Daher ist die DOG das Verfahren der Wahl bei allen Fällen, in denen eine konventionelle MMO entweder nicht durchgeführt werden kann oder instabile osteosynthetische Ergebnisse befürchtet werden. Das gilt insbesondere bei Neugeborenen und Kleinkindern [190].

Bei der DOG wird nach Osteotomie von Mandibula oder Maxilla zunächst 4 Tage abgewartet, bevor die beiden Knochensegmente langsam und sukzessive distrahiert werden. Häufig wird 1 mm pro Tag distrahiert. Auf diese Weise wird das unmineralisierte Gewebe, welches den Bruchspalt ausfüllt, sukzessive ausgedehnt. Nach Beendigung der Distraktion bildet sich neuer Knochen innerhalb von 4–10 Wochen. Anschließend werden die Distraktionsplatten wieder entfernt.

Bisher umfassen die Publikationen bezüglich des Einsatzes der DOG bei OSA nur kleine Fallzahlen oder sind Fallberichte. Für Neugeborene und Kinder gibt es praktisch keine schlafmedizinischen Daten. Als primäres Therapieziel wird i. d. R. die Vermeidung einer Tracheotomie angestrebt. Diesbezüglich hat sich die DOG als sehr effektives Verfahren erwiesen.

Langzeitergebnisse gibt es nicht. Es ist aber zu erwarten, dass die Ergebnisse bei Erwachsenen ähnlich der MMO über die Zeit konstant bleiben, da stabile skelettale Resultate erzielt werden. Auch bei syndromalen Kindern scheint es nur wenig skelettale Rezidive zu geben. Da die betroffenen Mittelgesichter allerdings kaum oder gar kein weiteres Wachstum nach DOG zeigen, ist mit einer neuerlichen Fehlstellung und evtl. neuerlicher OSA im Laufe der Jahre zu rechnen. In jedem Fall gehören Nachsorgetermine und ggf. weitere Mittelgesichtseingriffe zum Therapiekonzept.

Empfehlung

Ob der Vergleichbarkeit von MMO und DOG wird eine Indikation für die DOG bei OSA gesehen. Es gelten dieselben Einschränkungen wie für die MMO (EBM-Empfehlungsgrad D).

4.7 Multi-Level-Chirurgie

Ein Multi-Level-Konzept zur chirurgischen Therapie der OSA wurde erstmals 1989 von Waite et al. [182] vorgestellt. Die Einteilung der potenziellen Obstruktionsorte in verschiedene Level geht auf Fujita zurück [191]. Er unterschied zwischen ausschließlich retropalatalem (Typ I), kombiniert retropalatal-retrolingualem (Typ II) sowie isoliert retrolingualem Obstruktionsort (Typ III). Basierend auf dieser Einteilung begründeten Riley et al. [192] den Begriff der Multi-Level-Chirurgie. Seither sind praktisch alle denkbaren Kombinationen von Eingriffen am oberen Luftweg vorgeschlagen worden. Im Folgenden wird von einer Multi-Level-Chirurgie gesprochen, wenn mindestens ein Eingriff am Zungengrund/Hypopharynx mit mindestens einem Eingriff an Weichgaumen/Tonsille kombiniert wird.

4.7.1 Minimalinvasive Multi-Level-Chirurgie

Die interstitielle RFT ist am Zungengrund das einzige minimalinvasive Verfahren. Insofern kann jegliche Kombination mit einem anderen minimalinvasiven Verfahren an Weichgaumen oder Tonsillen als minimalinvasive Multi-Level-Chirurgie bezeichnet werden. Bislang liegen 5 Studien mit insgesamt 203 Patienten zur minimalinvasiven Multi-Level Therapie vor [193, 194, 195, 196, 197].

Aus diesen wenigen Ergebnissen lassen sich 2 Trends ableiten:

  • Zum einen scheint die kombinierte Behandlung von Zungengrund plus Weichgaumen die Ergebnisse der alleinigen Zungengrundbehandlung in Hinblick auf den AHI nicht wesentlich zu verbessern.

  • Zweitens scheint sich der Operationserfolg auf Patienten mit einer leichten OSA mit einem AHI von maximal 20 zu beschränken.

Empfehlung

Eine Indikation für die minimalinvasive Multi-Level-Chirurgie wird daher nur für die leichte OSA gesehen (EBM-Empfehlungsgrad B).

4.7.2 Invasive Multi-Level-Chirurgie

Invasivere Therapieschemata umfassen auf Höhe des Weichgaumens entweder eine Tonsillektomie plus UPPP oder plus Uvulaflap. Zur Therapie der hypopharyngealen Enge werden unterschiedliche Verfahren aus dem in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Operationsspektrum empfohlen.

Die vorhandenen Daten umfassen 1640 Patienten aus retrospektiven Studien und aus prospektiven Fallserien [98, 99, 100, 108, 110, 112, 113, 165, 184, 186, 192, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228]. Der durchschnittliche AHI lag präoperativ bei 43,9 und postoperativ bei 20,3. Die Erfolgsrate nach Sher liegt bei 53,8%. Es handelte sich damit bei den vorliegenden Daten um eine im Durchschnitt schwere OSA. Die Datenlage reicht aus, um eine generelle Wirksamkeit der Multi-Level-Chirurgie bei schwerer OSA anzunehmen (EBM-Empfehlungsgrad B). Dagegen kann derzeit noch nicht abgesehen werden, welche Kombination von Eingriffen überlegen ist.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Multi-Level-Chirurgie hinter den Ergebnissen der nasalen CPAP-Therapie zurückbleibt, weshalb die Beatmungstherapie als primäre Standardtherapie für die Behandlung der mittelschweren und der schweren OSA anzusehen ist.

Empfehlung

Die invasive Multi-Level-Chirurgie ist als sekundäre Therapie bei den Patienten, die einer Beatmungstherapie nicht oder nicht mehr zugänglich sind, wirksam und indiziert (EBM-Empfehlungsgrad B).

4.8 Larynx und Trachea

4.8.1 Laryngeale Chirurgie

Im Erwachsenenalter ist die isolierte laryngeale OSA selten. Mögliche Ursachen können in einer Malformation der Epiglottis begründet sein. Hierbei kann eine sog. „floppy epiglottis“ vorliegen, die fast aussschließlich beim älteren männlichen Erwachsenen beobachtet wird [229, 230, 231, 232]. Die Diagnose erfolgt endoskopisch, wobei sich die Schlafendoskopie im medikamentös induzierten Schlaf praktisch sehr bewährt hat. Der Kehldeckel ist in diesen Fällen weich, fällt bei der Inspiration dem Sog folgend nach hinten und verschließt (teilweise) den Kehlkopfeingang. Die „floppy epiglottis“ ist einer Beatmungstherapie nur bedingt zugänglich, da der CPAP-Druck das Problem der mangelnden Steifigkeit der Epiglottis bei Inspiration nicht lösen kann. Die Therapie besteht in der (laser)chirurgischen Teilresektion der Epiglottis bzw. Straffung des Ligaments der Plica glossoepiglottica mediana [232, 233]. Liegt eine V-förmige Epiglottis vor, die in sich kollabiert, ist eine Teilresektion einer Epiglottishälfte sinnvoll.

Weitere seltene Fälle einer laryngealen OSA des Erwachsen wurden in Zusammenhang mit folgenden Erkrankungen beschrieben: Tumorerkrankungen des oberen Aerodigestivtrakts [230, 233, 234, 235], nach perkutaner Radiotherapie [236, 237], Larynxtrauma [230], Sarkoidose [238, 239], Akromegalie [240], Mastzellpharyngitis [241], neurologischen Erkrankungen [242, 243] und Stimmbandparesen [240, 244, 245].

Empfehlung

Die isolierte laryngeale OSA ist selten. Die Therapie sollte sich differenziert nach dem laryngealen Kollapsmechanismus bzw. der vorliegenden Erkrankung des Larynx richten (EBM-Empfehlungsgrad D).

4.8.2 Tracheotomie

Die Tracheotomie war die erste erfolgreiche Behandlungsoption der OSA [246, 247, 248] und wird auch heute noch als Ultima ratio in ausgewählten Fällen eingesetzt. Leider gibt es nur wenige polysomnographische Daten über insgesamt 159 Patienten in der Literatur [249, 250, 251, 252]. Die meisten Studien können bei einer Erfolgsquote von 100% als „All-or-none-Studien“ entsprechend einem EBM-Level 1c angesehen werden.

Die durchschnittliche Erfolgsrate beträgt 96,2%. Die Nonresponder nach Tracheotomie in der Studie von Kim et al. [250] zeigten alle eine kardiopulmonale Dekompensation infolge der OSA. Thatcher u. Maisel [252] beobachteten ihre Patienten bis zu 13 Jahren nach und beschreiben 16 Tracheostomaverschlüsse (20,3%). Fünf Patienten entschieden sich für CPAP, 3 bekamen eine erfolgreiche UPPP, 3 tolerierten ihr Tracheostoma nicht länger, 2 konnten eine substanzielle Gewichtsreduktion erreichen und bei den restlichen 3 war der Grund der Dekanülierung unklar.

Empfehlung

Die Tracheotomie ist eine der erfolgreichsten chirurgischen Therapieoptionen bei allen Schweregraden der OSA (EBM-Empfehlungsgrad A). Wegen der mit ihr verbundenen Einbuße an Lebensqualität ist die Indikation jedoch streng zu stellen.

4.8.3 Tracheostomaverschluss

Der operative Verschluss eines Tracheostomas gehört nicht zu den Therapieoptionen der OSA. Nichtsdestoweniger gibt es erste Hinweise, dass eine OSA vermehrt nach Verschluss eines passageren Tracheostomas neu auftritt [253, 254]. Insofern profitiert ein Risikopatient vor Tracheostomaverschluss von einer Polygraphie oder Polysomnographie mit abgeklebtem Tracheostoma. Bei positivem Befund sollte mit dem Patienten besprochen werden, ob das Tracheostoma offen gelassen werden soll oder postoperativ eine CPAP-Therapie angestrebt werden sollte.

Empfehlung

Beim Vorliegen entsprechender Risikofaktoren wird vor einem Tracheostomaverschluss eine schlafmedizinische Diagnostik mit abgeklebtem Tracheostoma empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad C).

4.9 Adipositaschirurgie

Neben Pathologien im oberen Luftweg stellt das Übergewicht den wesentlichen Kofaktor in der Pathogenese der OSA dar. Insbesondere bei krankhaftem Übergewicht (BMI >35 kg/m2) kommen außer einer Tracheotomie operative Methoden am oberen Atemweg zur Behandlung der OSA wegen des erhöhten intra- und perioperativen Risikos [255] praktisch nicht mehr in Betracht. Die Langzeiterfolgsrate einer rein diätischen Körpergewichtsnormalisierung sind ernüchternd [256]. Hier gewinnt ein neues operatives Feld an Bedeutung, nämlich die chirurgische Therapie zur Gewichtsreduktion. Verwendet werden Verkleinerungen des Magenvolumens entweder durch die endoskopische Einlage von Ballons oder durch ein Magenband von außen. Bei höhergradigem Übergewicht hilft i. d. R. aber nur die Verkürzung der Resorptionsstrecke z. B. durch einen Roux-Y-Bypass des Magens (Übersicht bei [257]). Erste polysomnographische Ergebnisse liegen in 14 Studien mit insgesamt 331 Patienten vor [258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 269, 270, 271]. Der BMI sinkt von durchschnittlich 54,5 kg/m2 auf postoperativ 38,4 kg/m2. Der AHI wurde von 57,9 auf 14,8 gesenkt. Die Nachbeobachtungsintervalle sind überwiegend noch kurz, lassen aber das Potenzial dieser Behandlungsmethode durchaus erkennen. Einschränkend muss hervorgehoben werden, dass die eingesetzten Operationstechniken sehr unterschiedlich sind. Möglicherweise hängt die Art der zu empfehlenden Chirurgie vom Ausgangs-BMI ab.

Empfehlung

Bei krankhaftem Übergewicht und Adipositas ist eine Beratung des Patienten durch einen Adipositaschirurgen angezeigt. Allerdings bringt dieses Patientengut aufgrund der häufig vorhandenen Komorbiditäten ein erhebliches perioperatives Risiko mit, weshalb die Op.-Indikation in Absprache der behandelnden Ärzte sorgfältig gestellt werden muss. Grundsätzlich kann die Adipositaschirurgie bei entsprechendem Übergewicht empfohlen werden (EBM-Empfehlungsgrad C).

5 Nachsorge

In jedem Fall bedarf eine Therapie der OSA einer Kontrolle des Therapieeffekts mit schlafmedizinischen Methoden, also zumindest mit einer ambulanten Polygraphie. Dazu gehört auch die Erfassung des subjektiven Therapieerfolgs mit entsprechenden Fragebögen. Diese Therapiekontrolle sollte insbesondere nach operativer Therapie erst nach Abschluss der Wundheilung, also frühestens 8 Wochen postoperativ, durchgeführt werden.

Darüber hinaus sollte ein besonderes Augenmerk auf Nebenwirkungen bzw. Komplikationen der durchgeführten Therapien gelegt werden. Für den Fall eines sich als erfolglos erweisenden Verfahrens kann in diesen Fällen ein Alternativkonzept erarbeitet werden.

Empfehlung

Jede Therapie der OSA bedarf der Überprüfung ihrer Effektivität mit schlafmedizinischen Mitteln. Nach Operationen sollte die Wundheilung abgewartet werden (EBM-Empfehlungsgrad D).

Fazit für die Praxis

Aus den in dieser Leitlinie zusammengestellten Daten lassen sich folgende Indikationsgebiete für operative Maßnahmen zur Behandlung der OSA ableiten.

  1. 1.

    Die Verbesserung der Nasenluftpassage vereinfacht bzw. ermöglicht eine notwendige Ventilationstherapie und wird als Therapiemaßnahme bei bestehender Nasenatmungsbehinderung empfohlen (EBM-Empfehlungsgrad B). In Bezug auf die OSA besteht eine adjuvante Op.-Indikation.

  2. 2.

    Minimalinvasive Operationsverfahren sind, sofern sie nicht mit anderen Operationsverfahren kombiniert werden, nur für die Behandlung der leichten OSA (AHI <20) indiziert. Sie können bei leichter OSA als primäre Therapieoption eingesetzt werden (EBM-Empfehlungsgrad B).

  3. 3.

    Die Therapiecompliance der Ventilationstherapie nimmt ab, je niedriger der AHI und die begleitende Tagessymptomatik sind. Gleichzeitig steigt die chirurgische Erfolgsrate mit sinkendem AHI. Deshalb besteht bei leichter und mit Einschränkung bei der mittelschweren OSA eine Indikation für die invasive Chirurgie sowohl als primärer wie auch als sekundärer Therapieansatz (EBM-Empfehlungsgrad A–D, je nach Operationstechnik). Die Auswahl der geeigneten Verfahren richtet sich nach der Pathoanatomie des oberen Luftwegs und den in dieser Leitlinie abgegeben Empfehlungen.

  4. 4.

    Oberhalb eines AHI von 30 sollten operative Verfahren nur dann erfolgen, wenn eine CPAP-Therapie nicht möglich ist, nicht erfolgreich ist oder vom Patienten nicht akzeptiert wird. Bei diesen Patienten hat die Multi-Level-Chirurgie ihre Indikation als sekundäre Therapieoption (EBM-Empfehlungsgrad B).

  5. 5.

    Bei krankhaftem Übergewicht und Adipositas permagna ist eine Beratung des Patienten durch einen Adipositaschirurgen angezeigt. Grundsätzlich kann die Adipositaschirurgie bei entsprechendem Übergewicht empfohlen werden (EBM-Empfehlungsgrad C).

  6. 6.

    Die Tracheotomie ist eine der erfolgreichsten chirurgischen Therapieoptionen bei allen Schweregraden der OSA (EBM-Empfehlungsgrad A). Wegen der mit ihr verbundenen Einbuße an Lebensqualität ist die Indikation jedoch streng zu stellen.

Für die Indikationsgebiete 2–4 gelten Übergewicht und die Schwere der OSA als negative Prädiktoren für einen chirurgisch erzielbaren Behandlungserfolg. Bei kardiovaskulären Begleiterkrankungen, die mit einem erhöhten operativen Risiko einhergehen, sollte der Ventilationstherapie auch unterhalb eines AHI von 30 der Vorzug gegeben werden. Oberhalb eines BMI von 32 kg/m2 sinken die chirurgischen Erfolgszahlen mit Ausnahme der Tracheotomie und der Tonsillektomie bei substanzieller Tonsillenhyperplasie ab, sodass die Indikation für operative Maßnahmen am oberen Luftweg bei OSA oberhalb eines BMI von 32 kg/m2 zurückhaltender gestellt werden sollte. Bei Adipositas kommt der Gewichtsreduktion auch unter Verwendung der Adipositaschirurgie eine zunehmende Bedeutung zu.

Zwischenzeitlich gibt es eine breite Palette an Verfahren zur Therapie der OSA. Keine Indikation bei OSA gibt es nach den vorgestellten Daten für die medikamentöse Therapie, die Elektrostimulationstherapie, die schleimhautresezierenden Weichgaumenverfahren ohne plastische Nähte (z. B. laserassistierte Uvulopalatoplastik), die Uvulakappung und für die „injection snoreplasty“.

Für folgende Therapieverfahren ist mangels fehlender wissenschaftlicher Daten für die Anwendung bei OSA bei Erwachsenen keine Empfehlung möglich: Eingriffe am Nasenrachenraum, „cautery assisted palatal stiffening operation“ (CAPSO) und das isolierte Genioglossus-Advancement. Dies gilt das auch für die interstitielle RFT der Tonsillen und die Distraktionsosteoneogenese. Für Erstere konnten bereits eine erhebliche Volumenreduktion und gute Ergebnisse bei Kindern gezeigt werden. Letztere unterscheidet sich nur unwesentlich von der maxillomandibulären Umstellungsosteotomie, sodass die Autoren im Sinne einer Expertenmeinung (EBM-Empfehlungsgrad D) von einer Wirksamkeit bei OSA ausgehen.

Im Bereich des Weichgaumens ist die Wirksamkeit der UPPP in einer Vielzahl von Studien gut dokumentiert und kann heute als gesichert angesehen werden. Grundsätzlich muss aber mit einem Nachlassen der Wirksamkeit mit wachsender Nachbeobachtungszeit gerechnet werden. Letzteres scheint für alle verwendeten Verfahren am Weichgaumen zu gelten. Demgegenüber scheinen die Ergebnisse nach Operationen in anderen anatomischen Regionen über die Zeit konstant zu bleiben.

Folgende Therapieverfahren vereinfachen die weitere Therapie der OSA, ohne allein für sich ausreichend wirksam zu sein (adjuvante Therapieoptionen): Gewichtsreduktion, die Vermeidung der Rückenlage, Optimierung der Schlafhygiene, nasale Hilfsmittel und operative Verbesserung der Nasenluftpassage.