Zusammenfassung
Das Hautarztverfahren ist ein zentrales Instrument, um berufsbedingte Kontaktekzeme frühzeitig zu erkennen, den Unfallversicherungsträgern zu melden und die Erkrankungen zu behandeln. Wenngleich es die originäre Pflicht des Arbeitgebers ist, Hautschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz umzusetzen, so kann es im berufsdermatologischen Einzelfall erforderlich sein, im Sinne der Individualprävention Hautschutzempfehlungen für den einzelnen Patienten auszusprechen bzw. anzupassen. Das patienteneigene Hautschutzverhalten trägt maßgeblich dazu bei, die Hautgesundheit wiederherzustellen und zu erhalten. Hierzu zählen die Anwendung von beruflichen Hautmitteln sowie insbesondere die richtige Verwendung von sachkundig ausgewählten Schutzhandschuhen. Diese stellen die wichtigste personenbezogene Schutzmaßnahme in der Prävention von Kontaktekzemen dar. Bei der Identifikation geeigneter Schutzmaßnahmen können Präventionsdienste, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und berufsdermatologische Schwerpunktzentren unterstützen. Mittlerweile existiert für (fast) jede berufliche Aufgabe und Exposition ein geeigneter Handschuhschutz. Gleichzeitig können Anwendungsfehler in der Praxis (z. B. falsch verwendete Handschuhe) zum Risikofaktor für die Haut werden. Daher ist es von großer Bedeutung, diese Anwendungsfehler zu identifizieren, Patienten zum Thema Hautschutz zu schulen und sie zu einem adäquaten Hautschutzverhalten zu motivieren. Mit besonderem Fokus auf den Bereich der Schutzhandschuhe wird in diesem Beitrag ein Überblick über verschiedene Handschuhtypen, -materialien sowie potenziell handschuhrelevante Allergene gegeben, es werden Strategien zur Minderung von Okklusionseffekten vorgestellt sowie einige typische Anwendungsfehler aus der Praxis und Lösungsstrategien diskutiert.
Abstract
The dermatologist’s procedure is a pivotal tool for early recognition of occupational contact dermatitis (OCD), for reporting OCD cases to the statutory accident insurance and for treating the diseases. The employer is in charge of implementing skin protection measures at the workplace. However, in terms of an individual prevention approach it may be necessary to propose targeted skin protection recommendations in specific patient cases. The patient’s own skin protection behavior significantly contributes to regenerating and maintaining healthy skin. This behavior includes the use of occupational skin products, and in particular the correct use of appropriately selected protective gloves. Protective gloves are the most important personal protective measure in the prevention of OCD. Prevention services, occupational health and safety specialists, occupational physicians and centers specialized in occupational dermatology can support the identification of suitable protective measures. Nowadays, suitable protective gloves exist for (almost) every occupational activity and exposure. However, improper use in practice can become a risk factor by itself for the skin (e. g., incorrectly used gloves). Therefore, it is of utmost importance to identify application errors, to educate patients in terms of skin protection and to motivate them to perform an appropriate skin protection behavior. With particular focus on protective gloves, this article gives an overview of various types, materials and potentially glove-related allergens, presents strategies for reducing occlusion effects and discusses some typical application errors and solutions.
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Kontaktekzeme zählen zu den häufigsten berufsbedingten Erkrankungen. Mit dem berufsgenossenschaftlichen (BG-lichen) Heilverfahren sind in Deutschland Strukturen geschaffen, um Berufsdermatosen frühzeitig zu erkennen und Betroffene im Sinne der Individualprävention stadienadaptiert zu versorgen. Das persönliche Hautschutzverhalten, z. B. die richtige Anwendung von sachkundig ausgewählten Schutzhandschuhen, trägt maßgeblich zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Hautgesundheit bei. Eine entsprechende Schulung und Beratung der Betroffenen sind daher ein zentrales Element im BG-lichen Heilverfahren.
Berufsgenossenschaftliches Heilverfahren
Im Jahr 2016 wurden den gewerblichen Berufsgenossenschaften und den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand zusammen 22.574 Verdachtsfälle auf das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der BKV (Berufskrankheiten-Verordnung) („Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“) gemeldet [11]. Im selben Jahr wurden jedoch lediglich 533 BKen nach Nr. 5101 der BKV – also 2,4 % aller Verdachtsfälle – anerkannt [11]. Dies ist maßgeblich auf die konsequente Umsetzung von Präventionsmaßnahmen inklusive Hautschutzschulungen zurückzuführen, durch die es gelingt, in der deutlichen Mehrzahl der gemeldeten Verdachtsfälle die konkrete Gefahr des Unterlassungszwanges – der eine besondere Anerkennungsvoraussetzung dieser BK darstellt – abzuwenden.
Prävention berufsbedingter Hauterkrankungen
Zur Prävention berufsbedingter Hauterkrankungen steht im Rahmen eines hierarchisch gegliederten Präventionskonzeptes (primäre, sekundäre und tertiäre Prävention) eine Reihe von Abhilfemaßnahmen zur Verfügung [14, 43].
Maßnahmen der Primärprävention dienen der Verhütung des Auftretens von Berufsdermatosen durch Elimination potenter Allergene, entsprechende Arbeitsschutzregularien und gesundheitspädagogische Aufklärung [14, 43].
Für bereits an einer Berufsdermatose Erkrankte besteht ein Konzept zur Individualprävention, das sich je nach Schweregrad der Hauterkrankung modular in die sekundäre (ambulante hautärztliche Versorgung: Hautarztverfahren, ambulante Hautschutzseminare, Betriebsberatungen) und tertiäre Individualprävention (integrierte ambulant-stationäre gesundheitspädagogische und medizinische Versorgung bei schweren Berufsdermatosen, berufsdermatologische stationäre Rehabilitationsmaßnahmen) gliedert [14, 43]. Durch die mittlerweile sehr guten Präventionsmöglichkeiten in hautgefährdenden Berufen sind selbst vielen Atopikern hautbelastende Berufe nicht mehr grundsätzlich verschlossen [14, 43].
Hautarztverfahren
Die zentrale Plattform für die Interaktion zwischen Arzt und Unfallversicherungsträger stellt das Hautarztverfahren dar. Dieses wird eingeleitet, wenn bei gesetzlich Unfallversicherten mit krankhaften Hautveränderungen die Möglichkeit besteht, dass daraus eine Hauterkrankung im Sinne der BK Nr. 5101 durch eine berufliche Tätigkeit entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert [13]. Es wird unter Verwendung des Formtextes F6050 „Hautarztbericht – Einleitung Hautarztverfahren/Stellungnahme Prävention“ durch Hautärzte oder Werks- und Betriebsärzte eingeleitet. Voraussetzung ist das Einverständnis der Betroffenen. Die Erstattung des Hautarztberichts schließt Angaben zur Therapie und erforderlichen Prävention ein [13]. Falls erforderlich, kann durch den erstattenden Hautarzt mittels Hautarztbericht ein Behandlungsauftrag beantragt werden. Erst nach Erteilung des Behandlungsauftrags nach § 3 BKV kann die Therapie über den Unfallversicherungsträger nach dessen Vorgabe (Umfang und Dauer der Heilbehandlung) außerhalb des Budgets durchgeführt und abgerechnet werden [13].
Hautschutzschulungen in der Prävention von Berufsdermatosen
Parallel zur ambulanten hautärztlichen Versorgung nach § 3 BKV werden den Betroffenen von den Unfallversicherungsträgern Hautschutzschulungsmaßnahmen angeboten, zumeist in Form eines sog. SIP(sekundäre Individualprävention)-Seminars [44]. Diese maßgeblich von Gesundheitspädagogen gestalteten Schulungsangebote stehen bundesweit zur Verfügung; ihre Effektivität bezüglich einer Verbesserung des Hautschutzes am Arbeitsplatz und hieraus resultierend einer Minderung der Erkrankungsschwere und Ermöglichung des Berufsverbleibs konnte in einer Vielzahl von Untersuchungen belegt werden [44]. Bei hartnäckigen oder komplizierten berufsdermatologischen Fällen bietet die Unfallversicherung zudem die Teilnahme an stationären berufsgenossenschaftlichen Reha-Maßnahmen (sog. „TIP-Maßnahme“/tertiäre Individualprävention) in spezialisierten berufsdermatologischen Schwerpunktzentren zur Bündelung aller erforderlichen diagnostischen, therapeutischen und präventiven Maßnahmen an [45]. Gesundheitspädagogische Seminare, individuell arbeitsplatzbezogene Hautschutzschulungen und ergotherapeutische Übungen am individuellen Arbeitsplatzsimulationsmodell nehmen hierbei einen wesentlichen Umfang der TIP-Maßnahme ein. Durch dieses Programm gelingt es, langfristig bei über 80 % der Betroffenen auch mit schweren und komplexen beruflichen Hauterkrankungen eine Fortführung der beruflichen Tätigkeit bei wesentlicher Linderung der Erkrankungsschwere, deutlicher Reduktion von Arbeitsunfähigkeitszeiten und signifikanter Steigerung der Lebensqualität zu erzielen [45].
Rechtliche Grundlagen zum Hautschutz
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber, Gefährdungen am Arbeitsplatz zu ermitteln und geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen zu veranlassen. Dabei hat auch beim Hautschutz gemäß des „STOP-Prinzips“ Substitution (z. B. Ersatzstoffprüfung) Vorrang vor technischen, organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen [10]. Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, geeignete Hautschutzmaßnahmen (z. B. Handschuhe als Teil der persönlichen Schutzausrüstung) am Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die Beschäftigen in der korrekten Anwendung zu unterweisen. Gleichzeitig sind die Beschäftigten dazu verpflichtet, Schutzmaßnahmen bestimmungsgemäß zu verwenden.
Der Arbeitgeber muss geeignete Handschuhe bereitstellen
Bei der Gefährdungsbeurteilung und der Auswahl der Schutzmaßnahmen können Arbeitgeber Unterstützung von den Präventionsdiensten der Unfallversicherungsträger, den Fachkräften für Arbeitssicherheit oder auch Betriebsärzten erhalten. Dabei ist zu beachten, dass Schutzmaßnahmen, z. B. Handschuhe, nicht selbst zur Gefahr werden dürfen, z. B. bei der Arbeit an drehenden Teilen oder Maschinen (s. auch Tab. 3).
Im Rahmen des BG-lichen Heilverfahrens kann es notwendig sein, im Sinne der Individualprävention spezifische Hautschutzempfehlungen für einzelne Patienten auszusprechen, sofern dies für die individuelle Befundverbesserung zielführend erscheint, z. B. aufgrund einer individuell erhöhten Hautempfindlichkeit, einer individuell erhöhten Schwitzneigung, einer Sensibilisierung gegenüber einem Berufsstoff, Hautmittel und/oder Schutzhandschuh oder einem bislang fehlerhaften – oder gar hautschädigenden – Hautschutzverhalten. Vor dem oben genannten rechtlichen Hintergrund können diese Vorschläge nur empfehlenden Charakter haben und sind am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber hinsichtlich der Umsetzbarkeit zu prüfen.
Integrativer Hautschutz und berufliche Hautmittel
Zu den beruflichen Hautmitteln werden in Deutschland Hautschutz‑, Hautpflege- und Hautreinigungsmittel gezählt, die am Arbeitsplatz im Sinne eines „integrativen Hautschutzkonzeptes“ (auch: „Drei-Säulen-Modell“) zur Verfügung gestellt werden [17].
In Interventionsstudien hat sich die Summe der 3 Komponenten „Schutz“, „Pflege“ und „Reinigung“ gegenüber den auch paarweise angewendeten Einzelkomponenten als besonders wirksam erwiesen [33, 54]. In diesem Konzept sollen Hautschutzmittel vor Irritationen schützen, Hautreinigungsmittel möglichst schonend Schmutz oder andere Substanzen von der Haut entfernen und Hautpflegemittel die Regeneration der Hautbarrierefunktion nach hautbelastenden Tätigkeiten unterstützen [17]. Dabei ist u. a. zu beachten, dass bei bestehender Sensibilisierung gegenüber einem Berufsstoff ein Hautschutzprodukt im Regelfall keinen ausreichenden Schutz bietet. Gleiches gilt selbstverständlich für ätzende, mutagene oder kanzerogene Stoffe [17]. Hierfür sind in jedem Fall Schutzhandschuhe zu verwenden.
Hautschutzpräparate
Bei der Anwendung von Schutzpräparaten ist zu beachten, dass diese auf die saubere und trockene Haut aufgetragen werden, um die Penetration von Irritanzien in die Haut zu verhindern [17]. Vor der Anwendung ist durch den Arbeitgeber zu prüfen, ob bestimmte Präparate aus Gründen des Produktschutzes am Arbeitsplatz Verwendung finden dürfen, z. B. können Rückstände von Hautschutzcremes zu Produktionsfehlern führen. Zusammenfassend stellt somit die Analyse des Arbeitsplatzes eine zentrale Voraussetzung für die Auswahl beruflicher Hautmittel dar.
Hautreinigung und Händedesinfektion
Die Reinigung der Hände kann kontextabhängig mit Wasser und einem Reinigungsmittel oder/und mit einem Händedesinfektionsmittel erfolgen. Die Händewaschung sollte nur begründet und dosiert durchgeführt werden, z. B. vor und nach der Arbeit, nach Toilettengängen, bei sichtbaren Verschmutzungen und zum Entfernen von Proteinen und Sporen (Clostridium difficile) [28, 32].
Neben Verschmutzungen werden auch Hautlipide aus den obersten Hautschichten herausgelöst, wodurch die Hautbarrierefunktion geschädigt wird [26, 28]. Außerdem lagert sich Wasser in das Stratum corneum ein. Letzteres führt zu einer bis zu 8‑ bis 10-minütigen Hyperhydratation, die durch Verdünnungseffekte eine ggf. anschließende Händedesinfektion in ihrer Wirksamkeit abschwächen [26] oder auch die Irritabilität der Haut heraufsetzen kann [18, 47]. Zusatzstoffe wie Reibe- oder Lösemittel können die Haut zusätzlich reizen. Für den täglichen Gebrauch sollten pH-hautneutrale, duft-, konservierungs- und farbstofffreie Produkte verwendet werden [47].
Während einer Händedesinfektion werden Hautlipide herausgelöst und solubilisiert. Im Gegensatz zur Händewaschung verbleiben sie nach Verdunstung des Desinfektionsmittels auf der Haut, womit sich die bessere Hautverträglichkeit der Händedesinfektion gegenüber der Händewaschung begründet, vorausgesetzt sie wird richtig durchgeführt. Das Entfernen von noch flüssigem Desinfektionsmittel von der Hautoberfläche z. B. mit einem Reinigungsmittel oder einem Einwegpapiertuch führt durch die fettlöslichen Eigenschaften der Alkohole zu einer verstärkten Entfettung der Oberhaut [26], wodurch die Händedesinfektion weniger hautverträglich wird [47].
Hautpflege
Es besteht weitestgehend Konsens, dass der Stellenwert der regelmäßigen Anwendung von Hautpflegeprodukten nach der Arbeit sehr hoch ist. Im Einzelfall, bei einem sehr trockenen Hautzustand, kann erwogen werden, die Hautpflege durch Anwendung einer größeren Menge des Pflegeproduktes und einem darüber gezogenen Baumwollhandschuh (Abb. 4a) zu intensivieren („Handkur“), z. B. abends oder über Nacht.
In der S1-Leitlinie „Berufliche Hautmittel“ wird auf Kontroversen und zahlreiche offene Fragen in diesem Themenfeld verwiesen [17], z. B. zu Wirksamkeitsnachweisen von Hautmitteln, zur Überprüfung ausgelobter Eigenschaften (z. B. Schutz vor wässrigen Lösungen, antitranspirative oder auch hautreinigungserleichternde Wirkung von Hautschutzprodukten), zu in diesem Kontext eingesetzten In-vitro- und In-vivo-Verfahren, zur Abgrenzung zwischen Hautschutz- und Hautpflegepräparaten hinsichtlich Galenik und Wirkung oder auch zur kombinierten Verwendung von Hautmitteln und Schutzhandschuhen und möglicher Interaktionseffekte. Um letztgenannte Interaktionseffekte, die z. B. in einer herabgesetzten Schutzleistung des Handschuhs resultieren können, auszuschließen, sollten Handschuhe erst verwendet werden, wenn das Hautschutzmittel vollständig und rückstandslos in die Haut eingezogen ist (s. auch Tab. 3). Gleiches gilt auch für die Händedesinfektion vor dem Anlegen von Schutzhandschuhen. Das Händedesinfektionsmittel sollte rückstandslos verdunstet sein, bevor Handschuhe getragen werden [26].
Auswahl und Anwendung von Schutzhandschuhen
Mittlerweile existiert auf dem Markt eine sehr große Zahl verschiedener Handschuhtypen (Abb. 1). Nachfolgend wird ein Überblick über gängige Materialien sowie praxisrelevante Aspekte bei der Auswahl und Anwendung gegeben, die für die Individualprävention von Kontaktekzemen im BG-lichen Heilverfahren von Bedeutung sein können.
Materialien im Überblick
Handschuhe werden aus unterschiedlichen Materialien oder -kombinationen mit verschiedenen Eigenschaften hergestellt. Zu den Materialien zählen die „Elastomere“, umgangssprachlich auch als „Gummi“ oder „Kautschuk“ bezeichnet. Diese umfassen Handschuhe aus Naturkautschuk (Latex) sowie Synthesekautschuk. Auch „Thermoplaste“ werden als Materialien für Schutzhandschuhe („Plastikhandschuhe“) eingesetzt, wozu u. a. Polyvinylchlorid (PVC; Abb. 1h) und Polyethylen (PE; Abb. 1i) zählen [12, 56].
Naturkautschuk (Latex)
Handschuhe aus Naturkautschuk bzw. Latex, Naturlatex, Naturgummilatex oder Natural Rubber (NR) werden aus dem Milchsaft von Bäumen der Hevea-Arten hergestellt [42]. Es handelt sich um ein sehr dehnbares Handschuhmaterial, das Schwächen in der Beständigkeit gegenüber einigen Chemikalien sowie Ölen und Fetten aufweist [10, 22, 56].
Nitrilkautschuk
Bei Nitril handelt es sich um ein synthetisches Kautschukmaterial, das mittlerweile weit verbreitet ist. Nitril-Handschuhe stehen in verschiedensten Varianten zur Verfügung, z. B. mit unterschiedlichen Stulpenlängen, Schichtdicken, Farben oder Außenbeschichtungen (beispielsweise „glatt“ oder „griffsicher“). Handschuhe aus Nitril werden aus 2 Monomeren hergestellt. Die individuell eingesetzten Mengenverhältnisse, Produktionsverfahren und -bedingungen können zwischen verschiedenen Nitril-Handschuhen und Herstellern stark variieren, sodass sich Nitril-Handschuhe in ihren tatsächlichen (Schutz‑)Eigenschaften deutlich unterscheiden können, auch wenn sie sich optisch bzw. formal ähneln, z. B. hinsichtlich Farbe und Schichtstärke [10, 56].
Weitere Elastomere
Neben Naturlatex und Nitril werden Schutzhandschuhe aus anderen Elastomeren produziert, z. B. Polychloropren, Butylkautschuk oder Fluorkautschuk. Insbesondere Handschuhe aus den beiden letztgenannten Materialien weisen oft eine dicke Materialstärke auf und sind vergleichsweise hochpreisig, sodass der Einsatz in der Praxis gut abzuwägen ist und oft nur an ausgewählten Arbeitsplätzen mit speziellen, nicht substituierbaren Chemikalienexpositionen erfolgt.
Polyvinylchlorid
Polyvinylchlorid (PVC) zählt zu den Thermoplasten. PVC-Handschuhe sind praktisch nicht dehnbar und elastisch und passen sich daher der Handform des Trägers nicht an [19]. Für die Produktion von PVC-Handschuhen werden Weichmacher (v. a. Phthalate) verwendet, um eine gewisse Flexibilität des Materials zu erzielen [10, 22]. Von der Verwendung von PVC-Handschuhen im Umgang mit fettigen Lebensmitteln wird abgeraten, um eine Migration von Phthalaten zu vermeiden [6]. Der Einsatz von unsterilen PVC-Einmalhandschuhen im Gesundheitswesen („Vinyl-Handschuhe“) bzw. in klinischen Settings wird seit Jahren kritisch und kontrovers diskutiert, da Studien auf eine vergleichsweise hohe Perforationsquote bzw. Fehlerrate nach dem Tragen hindeuten, was die Schutzwirkung einschränken kann [5, 16, 31, 39].
Polyethylen
Auch Polyethylen (PE) zählt zu den Thermopolasten. PE-Handschuhe sind zweidimensional, da sie aus 2 Stücken hergestellt und verschweißt werden [51]. Sie passen sich der Handform nicht an, was den Tragekomfort reduziert. Speziell an den Schweißnähten treten gehäuft Löcher im Material auf, sodass Flüssigkeit in den Handschuh eindringen kann.
Leder
Handschuhe aus tierischem Leder können – modellabhängig – vor mechanischen Belastungen, Stichen, Hitze/Funken oder Schnitten schützen, sofern sie gemäß der jeweiligen Norm geprüft und gekennzeichnet sind [12]. Leder ist nicht flüssigkeitsdicht und schützt daher nicht im Umgang mit wässrigen oder öligen Arbeitsstoffen oder anderen Chemikalien (z. B. Epoxidharzen, Reinigungsmitteln u. v. m.).
Textilien und Materialmixe
Neben den genannten Materialien gibt es Handschuhe aus Naturfasern (z. B. Baumwolle) oder Chemiefasern (z. B. Polyamid, Polyester). Abhängig vom jeweiligen Einsatzbereich werden in der Praxis die oben genannten Materialien zu unterschiedlichsten Handschuhen kombiniert. Oftmals handelt es sich um textile Trägermaterialien, die unterschiedlich beschichtet werden (z. B. mit Nitril oder Polyurethan) und damit verschiedene Schutz- und Trageeigenschaften aufweisen.
Auswahl der „richtigen“ Handschuhe
Sachgemäß ausgewählte und korrekt verwendete Schutzhandschuhe stellen eine zentrale Maßnahme der Individualprävention dar, um Patienten mit berufsbedingten Hauterkrankungen am Arbeitsplatz zu schützen. Oft werden verschiedene Anforderungen an den Handschuh gestellt, z. B. durch die berufliche Tätigkeit (Art und Dauer der hautbelastenden Exposition, Arbeitsabläufe etc.), rechtliche Rahmenbedingungen (Verordnungen, Normen etc.) und durch den individuellen Anwender selbst (Atmungsaktivität, Tragekomfort, Tastempfinden, Griffsicherheit, Größe, enthaltene Allergene etc.) [46]. Diese Anforderungen können sich untereinander widersprechen, z. B. wenn es notwendig ist, bei einer Tätigkeit flüssigkeitsdichte Handschuhe zu tragen, und der Wunsch nach „atmungsaktiven“ Handschuhen seitens des Anwenders besteht.
Kein Handschuhmaterial ist pauschal zu bevorzugen bzw. abzulehnen. Vielmehr sind Handschuhe auf die Risiken am Arbeitsplatz abzustimmen, zu denen chemische, biologische, mechanische, thermische oder elektrische Einwirkungen sowie Strahlung und/oder Vibration zählen können [12]. Am Anfang der Handschuhauswahl steht damit stets eine Beurteilung der Gefährdungen am Arbeitsplatz, eine Sichtung der Sicherheitsdatenblätter der verwendeten Berufsstoffe sowie eine Recherche bei Handschuhherstellern (s. auch Anlage 1 zu TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt“).
Abhängig von der Schutzwirkung werden Handschuhe mit verschiedenen Piktogrammen gekennzeichnet. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über den Schutz vor mechanischen Risiken sowie den Schutz vor Flüssigkeiten und Chemikalien gegeben.
Schutz vor mechanischer Belastung
Reibung, Druck, Schläge, Schnitte, Stiche, Abrieb oder auch Dehnung können die Haut mechanisch belasten [22]. Das „Hammer“-Piktogramm (Abb. 2a) zeigt an, dass der mechanische Schutz eines Handschuhs einer Prüfung unterzogen wurde. Mittlerweile geben bis zu 6 Zahlen und Buchstaben unter dem Piktogramm Aufschluss über die Prüfergebnisse eines Handschuhs zur Abriebfestigkeit, Schnittfestigkeit, Weiterreißfestigkeit, Durchstichfestigkeit und (optional) Schutz vor Stößen (Infobox 1). Je höher die angegebene Leistungsstufe, desto höher ist der Wert, der unter Laborbedingungen ermittelt wurde. In der Praxis sind für die Handschuhauswahl oft v. a. die Angaben zur Abriebfestigkeit und Schnittfestigkeit von Bedeutung, z. B. wenn Umgang mit scharfkantigen Werkstücken besteht. Cave: Die Schnittfestigkeit eines Handschuhs darf keinesfalls überschätzt und muss den Gegebenheiten und Arbeitsprozessen am Arbeitsplatz angepasst werden z. B. hinsichtlich Gewicht, Form und Schärfe von Werkstücken oder Klingen.
Infobox 1 Bedeutung der Zahlen und Buchstaben unter dem „Hammer“-Piktogramm
1. Zahl: Abriebfestigkeit/Leistungsstufen 1–4
2. Zahl: Schnittfestigkeit (alte Prüfung)/Leistungsstufen 0–5 (X = nicht getestet oder nicht anwendbar)
3. Zahl: Weiterreißfestigkeit/Leistungsstufen 1–4
4. Zahl: Durchstichfestigkeit/Leistungsstufen 1–4
5. Buchstabe: Schnittfestigkeit (neue Prüfung)/Leistungsstufen A–F
Optional: 6. Buchstabe P – Schutz vor Stoßeinwirkung
Abhängig von der Tätigkeit und den zu erwartenden Verschmutzungen können Handschuhe ohne Beschichtung, mit Noppen, mit einer Beschichtung an der Innenhand (Abb. 1d, e), mit einer ¾‑Beschichtung, die die Fingerrücken und Knöchel einschließt (z. B. Abb. 1c), oder mit einer Vollbeschichtung geeignet sein.
Einige Hersteller bieten spezielle Handschuhe mit Beschichtungen an (z. B. aus „Nitril-Schaum“), die in öliger Arbeitsumgebung (z. B. im Umgang mit öligen Werkstücken) eine besondere Griffsicherheit bieten (Abb. 1c, d, g).
Im Trägermaterial können spezielle Fasern (z. B. Kevlar®, DuPont, Wilmington, USA, Dyneema®, Royal DSM N.V., Heerlen, Niederlande) für zusätzliche Schutzeigenschaften verarbeitet werden, z. B. Schnittfestigkeit (Abb. 1c) oder thermischen Schutz.
Bei bestimmten Hauterkrankungen, z. B. einer mechanisch geköbnerten Psoriasis vulgaris oder einem Kontaktekzem mit hyperkeratotisch-rhagadiformer Morphe, können Schutzhandschuhe erprobt werden, die an den betroffenen Hautarealen (z. B. Handinnenflächen) eine spezielle Polsterung aufweisen (Abb. 3).
Schutz vor Flüssigkeiten und Chemikalien
Wird mit flüssigen Arbeitsstoffen bzw. Chemikalien gearbeitet (z. B. Wasser, Kühlschmierstoffe, Reinigungsmittel, Spiritus etc.), muss ein Handschuh verwendet werden, der flüssigkeitsdicht und beständig gegenüber den eingesetzten Berufsstoffen ist. Bei der Wahl eines Handschuhs ist die Permeationszeit bzw. Durchbruchszeit zu beachten, d. h. die Zeit, in der ein Stoff ab dem ersten Chemikalienkontakt vom Handschuhmaterial auf molekularer Ebene aufgenommen wird, entlang des Konzentrationsgefälles durch das Material diffundiert und auf der Innenseite des Handschuhs abgegeben wird. Die Permeationszeit eines Handschuhs gegenüber einer Chemikalie wird unter Laborbedingungen ermittelt und der Handschuh einem Schutzindex für jede getestete Chemikalie zugeordnet (Tab. 1; [10, 55, 57]).
Seit 2016 wird einheitlich das Piktogramm „Erlenmeyer-Kolben“ (Abb. 2b) für die Kennzeichnung von flüssigkeitsdichten Chemikalienschutzhandschuhen verwendet; das vormals verwendete „Becherglas-Symbol“ entfällt. Für die Prüfung im Labor werden festgelegte 18 Prüfchemikalien verwendet. Abhängig von den ermittelten Durchbruchszeiten werden sie dem Typ A, B oder C zugeordnet (beispielsweise Typ C: Permeationszeit mindestens 10 min gegenüber 1 Prüfchemikalie; Typ A: Permeationszeit von mindestens 30 min gegenüber 6 Prüfchemikalien). Die Buchstaben unter dem Piktogramm geben Auskunft über die verwenden Prüfchemikalien.
Die Auswahl geeigneter Chemikalienschutzhandschuhe ist sehr komplex
Zu beachten ist, dass die Permeation einer Chemikalie ab dem ersten Kontakt mit dem Handschuh beginnt – völlig unabhängig davon, ob der Handschuh weiterhin getragen wird. Ein Handschuh mit einer angegebenen Permeationszeit von 60 min ist daher spätestens 1 h nach dem ersten Kontakt von der jeweiligen Chemikalie durchdrungen. Er darf in der Praxis daher beispielsweise nicht an 2 aufeinanderfolgenden Tagen für jeweils 30 min getragen werden.
Die Auswahl geeigneter Chemikalienschutzhandschuhe ist aus einer Vielzahl an Gründen sehr komplex und sollte durch fachkundige Personen erfolgen, z. B. da die tatsächliche Tragezeit in der Praxis deutlich kürzer als der im Labor ermittelte Wert sein sollte, in der Praxis häufig Stoffgemische und keine Einzelstoffe eingesetzt werden, Permeationszeiten für einzelne Handschuhmodelle individuell anzufragen sind, Sicherheitsdatenblätter zu berücksichtigen sind und die Anwendung von Chemikalien (z. B. Häufigkeit, Kontaktdauer) die Handschuhauswahl maßgeblich beeinflusst. Grundsätzlich gilt: Einen universellen Chemikalienschutzhandschuh gibt es nicht. An dieser Stelle sei daher auf weiterführende Literatur verwiesen ([8, 10, 46, 55, 56]; Infobox 2).
Infobox 2 Einige Online-Informationsquellen und Datenbanken zu Handschuhen
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WINGIS online (Gefahrstoff-Informationssystem der BG BAU): www.wingisonline.de
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GESTIS-Stoffdatenbank (Gefahrstoff-Informationssystem der DGUV): www.dguv.de/d11892
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GisChem (Gefahrstoff-Informationssystem der BG RCI und BGHM): www.gischem.de
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BASIS-Modul Hand- und Hautschutz der BG ETEM: www.basis-bgetem.de/hh
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Handschuhe für Epoxidharz-Umgang (BG BAU): www.bgbau.de, Suche nach Webcode: WCZmVm
Allergene in Schutzhandschuhen
Besteht der Verdacht einer allergischen Reaktion auf den verwendeten Schutzhandschuh, sollte das verursachende Einzelallergen identifiziert und es sollten adäquate Schutzhandschuhe ohne den betreffenden Stoff ausgewählt werden, z. B. mit Unterstützung des Betriebsarztes, des Unfallversicherungsträgers und/oder eines berufsdermatologischen Schwerpunktzentrums.
Seit den 1990er-Jahren sind Latexproteine in Naturkautschukhandschuhen als Allergene bekannt, die Typ-I-Reaktionen (nach Coombs und Gell, Soforttyp) der Haut verursachen können, z. B. eine lokalisierte Kontakturtikaria (Stadium I nach Krogh und Maibach) [41, 42]. Dabei hat sich gezeigt, dass speziell die Kombination aus latexproteinreichen Handschuhen und Handschuhpuder ursächlich für viele Latexsensibilisierungen war. Mittlerweile dürfen Latexhandschuhe nicht mehr gepudert sein, was zu einem deutlichen Rückgang der Sensibilisierungshäufigkeit geführt hat [4, 42].
Zunehmend finden sich „akzeleratorenfreie“ Schutzhandschuhe
In diesem Zusammenhang sollte beachtet werden, dass Latex auch in den Fäden elastischer Bündchen einiger „Arbeits- bzw. Montagehandschuhe“ enthalten sein kann, was auf den ersten Blick nicht immer ersichtlich ist (Abb. 1c, d).
Die Tab. 2 gibt einen Überblick über verschiedene, potenziell in Handschuhen enthaltene Allergene, die ein allergisches Kontaktekzem (Typ-IV-Reaktion, Reaktion vom Spättyp gemäß Coombs und Gell) auslösen können. Am häufigsten beschrieben werden Sensibilisierungen gegenüber Vulkanisationsbeschleunigern (Akzeleratoren), die bei der Produktion vieler elastomerer Handschuhe aus natürlichem und synthetischem Kautschuk eingesetzt werden, um die Kreuzvernetzung der Molekülketten (Vulkanisation) zu beschleunigen [20, 22, 41, 55]. Aufgrund möglicher Kreuzreaktionen zwischen Dithiocarbamaten und Thiuramen sollten im Falle einer Sensibilisierung gegenüber einem Allergen der genannten Stoffgruppen Handschuhe ohne beide Allergengruppen verwendet werden [15, 20, 41].
Zunehmend finden sich auf dem Markt elastomere Schutzhandschuhe, die herstellerseits als „akzeleratorenfrei“ ausgelobt werden und insbesondere für bereits sensibilisierte Patienten eine gute Alternative darstellen können [9].
Neben den Vulkanisationsbeschleunigern finden sich in der Literatur z. B. als Kasuistiken weitere Allergene, die mit Kontaktekzemen gegenüber Handschuhmaterialien in Verbindung gebracht werden, z. B. Biozide, Antioxidanzien und Farbstoffe (Tab. 2).
Hersteller sind auskunftspflichtig
In der Praxis werden manche Handschuhe – vermutlich aus Marketinggründen – mit Auslobungen wie „allergenarm“, „allergengeprüft“, „für empfindliche Haut“, „für Allergiker geeignet“ etc. versehen. Patienten sind – insbesondere bei nachgewiesener Sensibilisierung – darüber zu informieren, dass diese Bezeichnungen keinesfalls ein ausreichendes Auswahlkriterium darstellen – auch „allergengeprüfte“ Handschuhe können selbstverständlich Allergene enthalten.
Bei Verdacht auf ein allergisches Kontaktekzem gegenüber einem oder mehreren Bestandteilen eines Schutzhandschuhs lohnt sich die Anfrage beim Handschuhhersteller. Hersteller (oder autorisierte Repräsentanten) unterliegen einer Auskunftspflicht (gemäß DIN EN 420), d. h. sie sind verpflichtet, über bekannte Allergene in ihren Handschuhen Auskunft zu geben. Einige Hersteller stellen Informationen zu bekannten Allergenen in ihren Handschuhen online zur Verfügung, z. B. in technischen Datenblättern. Weitere Informationsquellen können Internetdatenbanken (z. B. die GISBAU „Allergenliste nach Herstellern“ der BG Bau) und Allergenübersichten (z. B. DGUV Information 8584 „Achtung Allergiegefahr“) sein. Die Aktualität ist dabei kritisch zu prüfen, da sich Herstellungsverfahren, Zusammensetzungen und damit auch enthaltene Allergene ändern können.
Vermeidung von Okklusionseffekten
Werden flüssigkeitsundurchlässige Handschuhe (z. B. Abb. 1f–k) längere Zeit getragen, kommt es im Handschuh zu einem Feuchtigkeits- und Wärmestau (Okklusionseffekt). Diese Ansammlung von Schweiß führt zur Aufquellung und zur Erweichung der Hornschicht (Mazeration) [10, 46]. Dies erhöht die Durchlässigkeit der Hornschicht für Wasser (mögliche Folge: Austrocknung) und auch die Irritabilität gegenüber Fremdstoffen. Mazeration ist insbesondere in Kombination mit Irritanzien und Detergenzien besonders hautbelastend [10, 18, 46, 49]. So konnten Fartasch et al. nachweisen, dass die Haut unmittelbar nach vorherigem Wasserkontakt und Handschuhokklusion anfälliger für Irritationen mit Natriumlaurylsulfat war [18]. Somit sollte ungeschützter Hautkontakt zu Irritanzien unmittelbar nach dem Tragen okklusiver Handschuhe unbedingt vermieden werden.
Verschiedene Strategien können zur Minderung von Okklusionseffekten erprobt werden. Zunächst sollte die Tragezeit flüssigkeitsdichter Handschuhe arbeitsorganisatorisch auf das notwendige Minimum begrenzt werden und sich mit handschuhfreien Intervallen („Trockenarbeit“) abwechseln [10].
Mazerierte Haut ist irritierbarer
Einige flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe weisen ein textiles Innenfutter auf, das Schwitzwasser aufnimmt. Sie sollten bei Durchfeuchtung gegen ein trockenes Paar ersetzt und vor einer möglichen Wiederverwendung zum Trocknen mit der Öffnung nach oben aufgehängt werden.
Textile Unterziehhandschuhe
Zudem hat sich in vielen Berufen die zusätzliche Verwendung textiler Unterziehhandschuhe, v. a. aus Baumwolle (Abb. 4a–e), als vorteilhaft erwiesen, da diese die entstehende Feuchtigkeit aufnehmen und Okklusionseffekte der Hornschicht mindern können [10, 25, 37, 46]. In einer aktuellen Machbarkeitsstudie mit Pflegekräften und Therapeuten hat sich gezeigt, dass die Compliance und Akzeptanz der Anwender sehr gut war [25]. Die Baumwollhandschuhe müssen regelmäßig bei Sättigung bzw. Durchfeuchtung gewechselt und gegen ein trockenes Paar ersetzt werden. Die Wechselhäufigkeit hängt dabei von der individuellen Schwitzneigung ab, z. B. nach 20–30 min (oder auch deutlich eher oder später) [46]. Um einen regelmäßigen Wechsel zu ermöglichen, ist eine ausreichende Menge an Unterziehhandschuhen bereitzustellen. Auch die Verwendungshäufigkeit (z. B. Mehrfachverwendung mit/ohne zwischenzeitliche Reinigung) sowie die Art und Dauer der Wiederaufbereitung sind dabei zu prüfen und zu berücksichtigen, z. B. sind Baumwollunterziehhandschuhe im medizinisch-pflegerischen Kontext mit dem Einweghandschuh abzuwerfen und der Wiederaufbereitung als Krankenhauswäsche im klinischen Setting zuzuführen [25].
Baumwollunterziehhandschuhe können sich nachteilig auf das Tastempfinden auswirken [46]. Ist ein hohes „Fingerspitzengefühl“ notwendig, können Unterziehhandschuhe ohne Nähte an den Fingerkuppen (Abb. 4a und b), ohne Fingerkuppen oder gänzlich fingerlose Modelle erprobt werden (Abb. 4c–e).
Als sehr vielversprechend haben sich semipermeable Unterziehhandschuhe (z. B. aus Sympatex®, Sympatex Technologies GmbH, Unterföhring, Deutschland, Abb. 4f; zurzeit noch nicht auf dem Markt erhältlich) für die zukünftige Versorgung von Patienten mit berufsbedingten Hautveränderungen erwiesen, da sie sich als Unterziehhandschuh der Handform sehr gut anpassen, die Feuchtigkeit v. a. bei langen Tragezeiten flüssigkeitsdichter Handschuhe von der Haut ableiten (wohingegen die Aufnahmekapazität von Baumwollunterziehhandschuhen begrenzt ist), in der Anwendung die Taktilität weniger als Baumwollunterziehhandschuhe einschränken [24] und sogar über ein hautregeneratives Potenzial verfügen [23].
Handschuhe richtig tragen
Falsch verwendete Handschuhe bieten keinen Schutz und können mehr Schaden als Nutzen herbeiführen, z. B. wenn die Exposition gegenüber Irritanzien und Allergenen durch den Handschuh verstärkt wird (Abb. 6a, b). In der Praxis ist es daher notwendig, Anwendungsfehler zu identifizieren und Patienten im Rahmen der Individualprävention im Umgang mit Schutzhandschuhen zu schulen. Die Tab. 3 fasst einige Anwendungsfehler und Praxisempfehlungen zusammen.
Fazit für die Praxis
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Das individuelle Hautschutzverhalten eines Patienten ist wichtig für die Hautgesundheit.
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Der Arbeitgeber ist in der Pflicht, Hautschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz umzusetzen.
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Hautschutz muss auf den individuellen Arbeitsplatz (z. B. Chemikalien, Arbeitsabläufe) abgestimmt sein.
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Im BG-lichen Heilverfahren können spezifische Hautschutzempfehlungen im berufsdermatologischen Einzelfall indiziert sein.
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Schutzhandschuhe sind die wichtigste personenbezogene Schutzmaßnahme in der Prävention von Kontaktekzemen.
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Falsch ausgewählte Handschuhe können zum „Hautrisikofaktor“ werden. Anwendungsfehler sollten durch die „richtigen“ Fragen an den Patienten identifiziert und vermieden werden.
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Im BG-lichen Heilverfahren sollten Patienten für die adäquate Anwendung von Hautschutzmaßnahmen geschult und beraten werden.
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Bei der Identifikation geeigneter Schutzmaßnahmen können Präventionsdienste, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und berufsdermatologische Schwerpunktzentren unterstützen.
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Wilke, A., Skudlik, C. & Sonsmann, F.K. Individualprävention beruflicher Kontaktekzeme: Schutzhandschuhe und Hautschutzempfehlungen im berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren. Hautarzt 69, 449–461 (2018). https://doi.org/10.1007/s00105-018-4170-1
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