Lernziele

Nach der Lektüre des Beitrags

  • haben Sie einen Überblick über wesentliche genetische Einflussfaktoren, die für die Pathogenese des Lupus erythematodes relevant sind,

  • kennen Sie Beispiele für genetische Varianten, die für einen multifaktoriellen Lupus erythematodes prädisponieren,

  • kennen Sie seltene monogene Formen des Lupus erythematodes, insbesondere den familiären Chilblain-Lupus.

Einleitung

Der Lupus erythematodes ist eine Autoimmunerkrankung mit breitem klinischem Spektrum, die durch eine polygene genetische Prädisposition bestimmt wird. Genetische Varianten in zahlreichen verschiedenen Genen beeinflussen die komplexe Pathogenese und können jeweils das Erkrankungsrisiko erhöhen. Seltene monogene Formen des Lupus erythematodes hingegen basieren auf einer genetischen Veränderung in einem einzelnen Gen. Ihre Aufklärung ermöglicht ein besseres Verständnis neuer Pathomechanismen.

Das breite klinische Spektrum des Lupus erythematodes reicht von reiner Hautbeteiligung bis zur Systemerkrankung mit Beteiligung innerer Organe (systemischer Lupus erythematodes, SLE; [1]). Bevorzugt betroffen sind junge Frauen. Der kutane Lupus selbst weist wiederum eine hohe klinische Variabilität auf, die zur Einteilung in die Unterformen akuter und chronisch kutaner Lupus erythematodes führte. Akute Lupusveränderungen können bei allen Patienten auftreten und sind oft mit einer Systemerkrankung assoziiert. Chronisch kutane Formen kommen aber auch ohne nachweisbare Systembeteiligung vor. Sie sind bekannt als chronisch diskoider Lupus erythematodes, profunder Lupus erythematodes, Lupus tumidus und Chilblain-Lupus. Dem subakut kutanen Lupus erythematodes kommt insofern eine Sonderstellung zu, als die Hautveränderungen häufig mit Systemmanifestationen assoziiert sind bzw. diese Lupusform in einen SLE übergehen kann [2].

Diesem klinisch variablen Spektrum der Erkrankung liegt eine multifaktorielle Genese zugrunde. Die wesentliche Bedeutung der genetischen Prädisposition ist seit Langem durch die erhöhte Konkordanz bei eineiigen gegenüber zweieiigen Zwillingen und ein gehäuftes Vorkommen von Autoimmunerkrankungen in vielen Familien bekannt [3]. Die familiäre Prädisposition wird am besten durch ein polygenes Vererbungsmodell erklärt, demzufolge Mutationen in vielen verschiedenen Genen, die unterschiedliche pathogenetische Einflüsse haben, zur Entwicklung der Erkrankung führen können [3]. Vor allem genomweite Assoziationsstudien an sehr großen Patientenkollektiven haben in den letzten Jahren zahlreiche genetische Varianten identifiziert, die für die Entwicklung eines Lupus erythematodes prädisponieren. Dabei bedingt eine Mutation oft nur eine geringe Steigerung des Erkrankungsrisikos (Odds Ratio zwischen 1,15 und 2, Common-disease-common-variant-Hypothese; [4]). Einige dieser Polymorphismen sind nicht spezifisch für eine Lupuserkrankung, sondern erhöhen generell das Risiko einer Autoimmunität. Dies ist verständlich, da die pathogenetischen Grundlagen vieler Autoimmunerkrankungen oft ähnlich sind.

Genetische Veränderungen, die aufgrund ihres pathogenetischen Einflusses ein hohes Erkrankungsrisiko bedingen und zu monogenen Erkrankungen führen können, sind sehr selten und können aufgrund dieser Seltenheit oft nicht durch genomweite Assoziationsstudien identifiziert werden. Die Aufklärung der molekularbiologischen Auswirkung häufiger Genvarianten sowie seltener Gendefekte, die einen Lupus bedingen können, hat zu dem aktuellen Modell der Pathogenese des Lupus erythematodes geführt [1].

Pathogenese des Lupus erythematodes

Wesentlich für die Ausprägung eines Lupus erythematodes ist ein Toleranzverlust des Immunsystems gegenüber körpereigenen Antigenen (Abb. 1). Durch Defekte in der Beseitigung apoptotischen oder nekrotischen Materials sind antigene Strukturen des Zellkerns länger für das Immunsystem zugänglich und können von antigenpräsentierenden Zellen aufgenommen werden. Diese induzieren eine spezifische Immunantwort und führen zur Autoantikörperbildung durch B-Zellen. Liegen Autoantikörper vor, kommt es zur Immunkomplexbildung. Diese Immunkomplexe können eine Vaskulitis auslösen, die zur Organschädigung führen kann. Immunkomplexe, die RNA oder DNA enthalten, werden auch über Fc-Rezeptoren von dendritischen Zellen aufgenommen und führen zu einer Toll-like-Rezeptor-abhängigen Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen. Plasmazytoide dendritische Zellen sezernieren besonders hohe Mengen des Zytokins Interferon-α, während myeloische dendritische Zellen und Monozyten Tumornekrosefaktor-αsezernieren können. Beide Zytokine sind wesentlich für die Aktivierung des Immunsystems und die Aufrechterhaltung der Entzündung. Neutrophile Granulozyten tragen durch eine spezifische Form der bakteriellen Abwehr, der Sekretion fibrillärer Netze , weiter zur Verstärkung des Entzündungskreislaufes bei. Die sezernierten Netze enthalten antimikrobielle Peptide und Chromatin. Nukleinsäuren in Kombination mit antimikrobiellen Peptiden sind wie Immunkomplexe sehr starke Stimuli, die zur Toll-like-Rezeptoraktivierung in antigenpräsentierenden Zellen führen (Abb. 1; [1]).

Abb. 1
figure 1

Pathogenetisches Modell des Lupus erythematodes (in Anlehnung an Liu et al. [1]). Der Lupus erythematodes beruht auf einem Toleranzverlust des Immunsystems gegenüber körpereigenen Antigenen. Dazu tragen eine gesteigerte Aktivierung des adaptiven Immunsystems (dendritische Zellen, T- und B-Zellen) und eine erhöhte Autoantikörperproduktion bei. Aufgrund assoziierter Defekte in der Beseitigung von Autoantigenen sind diese vermehrt zugängig. Immunkomplexe und Nukleinsäuren, die in den von neutrophilen Granulozyten sezernierten fibrillären Netzen (NET) gebunden sind, können über Rezeptoren des angeborenen Immunsystems (z. B. TLRs) dendritische Zellen stimulieren und diese zur Zytokinsekretion anregen. Unter der Vielzahl der Zytokine tragen vor allem Typ-I-Interferone, die in besonders hohen Mengen von plasmazytoiden dendritischen Zellen produziert werden, zur weiteren Stimulation des Immunsystems bei. Typ-I-Interferone können auch in Folge genetischer Defekte in der intrazellulären Signaltransduktion oder der intrazellulären Beseitigung von Autoantigenen vermehrt sezerniert werden und die Entstehung von Autoimmunität fördern. NET „neutrophil extracellular traps“, TNF Tumornekrosefaktor, FCR FC-Rezeptor, TLR Toll-like-Rezeptor, TCR T-Zell-Rezeptor, MHC „major histocompatibility complex“, pDC plasmazytoide dendritische Zelle, mDC myeloische dendritische Zelle, BAFF-R „B cell activating factor of the TNF-family-Rezeptor“, B B-Lymphozyt, T T-Lymphozyt

Genetik des multifaktoriellen Lupus erythematodes

Die Mutationen, die für einen Lupus erythematodes prädisponieren, beeinflussen meist einen dieser wesentlichen Pathomechanismen. Seit vielen Jahren ist die Assoziation bestimmter HLA-Subtypen, welche die Erkennung von Antigenen beeinflussen, mit der Ausprägung eines Lupus erythematodes beschrieben. Insbesondere DRB1*03:01, DQB1*02:01 oder DRB1*15:01, DQB1*06:02 sind bei über der Hälfte der kaukasischen SLE-Patienten nachweisbar [3]. HLA-DR3 ist mit der Ausprägung von Anti-Ro/SSA- oder Anti-La/SSB-Antikörpern assoziiert und bedingt dadurch ein besonderes Risiko für die Entwicklung eines subakut kutanen Lupus erythematodes. Andere SLE-typische Autoantikörper wie Anti-Sm oder Anti-RNP sind assoziiert mit HLA-DR4 [5].

Weitere Mutationen, die die Stimulation des Immunsystems betreffen, wurden in PTPN22 („protein tyrosine phosphatase, non-receptor type-22“) nachgewiesen und sind mit der Entwicklung von Autoimmunität assoziiert. PTPN22-Defizienz führt zu einer Überaktivierung von B-Zellen und zur vermehrten Reaktivität von Monozyten und Makrophagen auf Stimuli der Toll-like-Rezeptoren. Da PTPN22 eigentlich ein Inhibitor der T-Zell-Rezeptorübertragung ist, wird vermutet, dass Mutationen die T-Zell-Inhibition im humanen System verstärken. Zusätzlich wird ein Einfluss auf die Differenzierung im Thymus angenommen [6]. Ein anders inhibierendes Molekül ist der zur B7/CD28-Familie gehörige Rezeptor PD-1. Mutation in dem kodierenden Gen (PD-1 oder PDCD1) führen zur verstärkten T- und B-Zell-Aktivierung [4]. Eine stärkere Expression des kostimulatorischen Moleküls OX40L, das auf antigenpräsentierenden Zellen exprimiert wird und die T-Zell-Stimulation unterstützt, kann ebenfalls zur T-Zell-Überaktivierung und zu Toleranzverlust bei SLE-Patienten führen [4].

Weiterhin begünstigen Mutationen in Genen, welche die B-Zell-Aktivierung beeinflussen, die Entwicklung eines Lupus erythematodes. Dazu zählen das Adaptorprotein BANK1 („B cell scaffold protein with ankyrin repeats“) und die B-Zell-Tyrosinkinasen LYN und BLK. Die Gene beeinflussen die Entwicklung der B-Zellen, die Aktivierung und die Toleranzinduktion [4].

IL-10 ist ein bedeutendes immunregulatorisches Zytokin mit inhibierender Wirkung auf T-Zellen und antigenpräsentierende Zellen. Andererseits stimuliert es die B-Zell-Funktion. Mehrere Studien zeigten eine Assoziation von Polymorphismen im IL-10-Promotor mit dem SLE, die zu einer erhöhten Konzentration des Zytokins im Serum führten. Sie wurden mit einer stimulierenden Wirkung auf die B-Zellen in Verbindung gebracht [7].

Zu den ersten SLE-assoziierten Genen, die kurz nach der HLA-Assoziation identifiziert wurden, gehören die Komplementkomponenten C1q, C2 und C4. Die Mutationen bedingen, dass Reste abgestorbener Zellen nicht zügig und effektiv beseitigt werden können [3]. Eine ähnliche Wirkung haben Mutationen in Fc-Rezeptoren, die die Aufnahme von Immunkomplexen in die Zelle vermitteln und damit zu deren Elimination beitragen. Später wurde in genomweiten Assoziationsstudien eine Assoziation mit ITGAM gefunden, das für das Integrin CD11b kodiert. Gemeinsam mit CD18 bildet CD11b den Komplementrezeptor 3 (CR3). Das Molekül ist wesentlich für die Adhäsion und Migration von Leukozyten und deren Fähigkeit, Komplement zu binden. Einzelne Varianten bedingen einen Funktionsverlust in der Komplementbindungsfähigkeit des Moleküls und der nachfolgenden Phagozytose [8].

Der Lupus erythematodes ist mit einer Interferonsignatur assoziiert, womit die hohe Expression Typ-I-Interferon-induzierter Gene beschrieben wird. Diese Induktion ist primär ein Instrument des angeborenen Immunsystems zur Virusabwehr und führt zur Stimulation vielfältiger Effektorwege des Immunsystems wie der Aktivierung dendritischer Zellen, der Aktivierung von B-Zellen, die T-Zell-Stimulation und Zytokinsekretion. Genetische Varianten des angeborenen Immunsystems, die eine solche Aktivierung fördern, sind mit der Entwicklung eines Lupus erythematodes assoziiert. Dazu zählen Varianten in IRF5 („IFN regulatory factor 5“), die die Interferon-α-Produktion steigern und zu den am stärksten mit SLE assoziierten Genen außerhalb des MHC-Locus gehören [4].

Weitere Gene sind IRAK1 („interleukin-1 receptor associated kinase“), eine Proteinkinase, die in der Signaltransduktion der Toll-like- und IL-1-Rezeptoren bedeutsam ist, und STAT4 („signal transducer and activator of transcription 4“), das wesentlich für die Signaltransduktion des Interferonrezeptors ist und eine Th1-Differenzierung von T-Zellen fördert [4].

Varianten im RNA-Rezeptor Toll-like-Rezeptor 7 sind besonders bei Männern und Kindern mit einem erhöhten Risiko verbunden, an SLE zu erkranken [9].

Ein weiterer wesentlicher Risikofaktor ist die reduzierte Terminierung einer NFκB-vermittelten Entzündung durch genetische Varianten in dem für das Ubiquitin editierende Zinkfingerprotein A20-kodierende Gen TNFAIP3 („tumor necrosis factor-a-induced-protein 3“). Es kommt dadurch zu einer verlängerten Wirksamkeit der durch die Rezeptoren des angeborenen Immunsystems induzierten Zytokinkaskade (Tab. 1; [4]).

Tab. 1 Gene mit Assoziation zum systemischen Lupus erythematodes und deren pathogenetische Bedeutung [1, 10]

Monogener Lupus erythematodes

Die ersten Beschreibungen familiärer Lupusformen gingen auf Mutationen in den Komplementkomponenten C1q, C2 oder C4 zurück [11]. Die höchste Assoziation besteht für eine C1q-Defizienz. Das Krankheitsbild beginnt in früher Kindheit mit Haut-, Nieren-, Gelenk- und ZNS-Beteiligung. Zudem leiden die Patienten an wiederkehrenden bakteriellen Infektionen (Tab. 2; [12]).

Tab. 2 Monogene Formen des Lupus erythematodes

Im Jahr 2006 wurde erstmals der familiäre Chilblain-Lupus als monogene Erkrankung beschrieben [13]. Im Gegensatz zum sporadischen Chilblain-Lupus, einer Unterform des chronisch kutanen Lupus erythematodes, tritt der familiäre Chilblain-Lupus bereits in früher Kindheit auf. Er manifestiert sich mit den für einen Chilblain-Lupus typischen kälteinduzierten livid roten Infiltraten an den Akren. Diese Läsionen können stark schmerzen und sekundär ulzerieren. Die chronisch rezidivierende Entzündung der Akren kann zu Osteolysen und Teilamputation der Finger, Nase oder Ohren führen. Vernarbungen treten als Folge der chronischen Entzündung häufig auf (Abb. 2). Das klinische Bild ist bei unterschiedlichen Familien sehr ähnlich und charakteristisch. Die Hautbeteiligung ist zumeist deutlich stärker als bei Patienten mit sporadischem Chilblain-Lupus ausgeprägt [14].

Abb. 2
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a Klinisches Bild des familiären Chilblain-Lupus mit Vernarbung und b Mutilation des Endglieds des linken fünften Fingers nach Ulzeration und kälteinduzierten Infiltraten seit früher Kindheit

Der familiäre Chilblain-Lupus wird autosomal-dominant vererbt [13, 15]. Die zugrunde liegenden heterozygoten Mutationen betreffen zumeist die intrazelluläre DNAse TREX1 („three prime exonuclease 1“) oder die Triphosphohydrolase SAMHD1 („SAM domain and HD domain containing protein 1“; [15, 16]; Tab. 3). TREX1 ist eine intrazelluläre DNA-Exonuklease mit Spezifität für einzelsträngige DNA. Eine TREX1-Defizienz führt zur Akkumulation von DNA, die von DNA-Sensoren des angeborenen Immunsystems, wie beispielsweise der zyklischen GMP-AMP-Synthase (cGAS), fälschlicherweise als Gefahrensignal erkannt wird und zur Induktion von Typ-1-Interferon führt, das die Entwicklung von Autoimmunität begünstigt [17, 18, 19]. SAMHD1 ist eine dGTP-abhängige Triphosphohydrolase, die durch Spaltung von Desoxyribonucleotidtriphosphaten in das Desoxynucleosid und das Triphosphat den Desoxyribonucleotidpool der Zelle zellzyklusabhängig reguliert [20]. Zudem verfügt das Enzym über eine Exonukleasefunktion mit Spezifität für einzelsträngige DNA und RNA [21]. Ähnlich wie die TREX1-Defizienz führt eine SAMHD1-Defizienz zu einer Störung im Nukleinsäurestoffwechsel und zur Aktivierung des Immunsystems durch fehlerhaft akkumulierende Nukleinsäuren [20].

Tab. 3 Publizierte Familien mit familiärem Chilblain-Lupus

Biallelische Mutationen in TREX1 oder SAMHD1 führen zur Ausprägung eines Aicardi-Goutiéres-Syndroms [22]. Das Krankheitsbild ist sehr selten und kann zusätzlich durch Mutationen in 5 weiteren Genen [„ribonuclease H2A–C (RNASEH2 A-C)“, „RNA-specific adenosine deaminase 1“ (ADAR1), „melanoma differentiation-associated protein 5“ (MDA5), auch bezeichnet als „interferon-induced Helicase C domain 1“ (IFIH1)] induziert werden [20, 23, 24, 25]. Es zeigt sich eine in utero oder in den ersten Lebensmonaten beginnende Enzephalopathie mit kranialen Verkalkungen, die zu motorischer und geistiger Retardierung führt. Die Erkrankung ähnelt klinisch einer in utero erworbenen Infektion. Ein viraler Erreger wird jedoch nie nachgewiesen. Zusätzlich leiden viele dieser Kinder unter Autoimmunität, die serologisch durch antinukleäre Autoantikörper und teilweise Doppelstrang-DNA-Antikörper charakterisiert ist [26]. Im Liquor werden erhöhte Konzentrationen von Typ-I-Interferon gefunden. Hinzu kommen Arthritis und kutane Chilblain-Läsionen an den Akren. Das Krankheitsbild kann als Form eines SLE und Modellerkrankung für systemische Autoimmunität aufgefasst werden [20].

Interessanterweise konnte bei heterozygoten Eltern der Kinder mit Aicardi-Goutiéres-Syndrom eine erhöhte Prävalenz autoimmun bedingter Erkrankungen festgestellt werden [27]. Heterozygote Mutationen in TREX1 erhöhen zudem das Risiko, an einem SLE zu erkranken [28].

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass Patienten mit familiärem Chilblain-Lupus sehr häufig klinische Symptome eines SLE aufweisen. Insbesondere finden sich Blutbildveränderungen (Lymphopenie, Anämie), Autoantikörper und eine Arthritis [28]. Dies zeigt die systemische Auswirkung der Mutation und weist auf eine gemeinsame Pathogenese des SLE und des familiären Chilblain-Lupus hin.

In den letzten Jahren wurden 2 weitere monogene Formen des SLE mit frühem Beginn in der Kindheit beschrieben, die jeweils eine autosomal-rezessive Vererbung zeigen (Tab. 2). Eine Mutation betrifft eine DNA-Nuklease, die DNASE1L3, die Spezifität für einzel- und doppelsträngige DNA hat und für die Elimination von DNA im Extrazellulärraum verantwortlich ist [29]. Die betroffenen Patienten sind durch einen frühen Beginn des Lupus, antinukleäre Autoantikörper und Doppelstrang-DNA-Antikörper gekennzeichnet.

Die zweite Mutation wurde in PKCδ (Proteinkinase Cδ) nachgewiesen [30]. Sie führt zu einer reduzierten Expression und Funktion des Enzyms in B-Zellen. Dies bewirkt eine erhöhte B-Zell-Proliferation und Resistenz gegenüber einer B-Zell-Rezeptor-vermittelten Apoptose. Die betroffenen Kinder zeigten ebenfalls einen frühen Beginn der Erkrankung mit Haut- und Organmanifestation.

Obwohl diese monogenen Formen des Lupus erythematodes insgesamt sehr selten sind und nicht die Mehrheit der Erkrankungsfälle in der Bevölkerung erklären, hat die Aufklärung der zugrunde liegenden kausalen Zusammenhänge einen wichtigen Beitrag für unser Verständnis der Pathogenese des Lupus erythematodes geleistet.

Fazit für die Praxis

  • Der Lupus erythematodes hat meist eine polygene Prädisposition. Dadurch werden wesentliche Mechanismen der Elimination extrazellulärer Antigene und der Aktivierung des angeborenen und adaptiven Immunsystems so beeinflusst, dass es zu Toleranzverlust und inadäquater Immunstimulation mit Spezifität für körpereigene Antigene kommt.

  • Monogene Erkrankungsformen sind extrem selten. Ihre Aufklärung kann aber sehr wichtig für den Nachweis der pathogenetischen Zusammenhänge einer komplexen Erkrankung wie dem Lupus erythematodes sein.

  • Der familiäre Chilblain-Lupus ist eine monogene Form des Lupus erythematodes, die durch Mutation in TREX1 oder SAMHD1 ausgelöst wird. Sie kann durch den frühen Beginn kälteinduzierter Infiltrate an den Akren, die zu Ulzeration neigen, und den autosomal-dominanten Erbgang klinisch identifiziert werden.