Zusammenfassung
Über die beste Operationstechnik zur Versorgung von Narbenhernien liegt eine Reihe von Publikationen vor mit Erfahrungsberichten auf der einen und randomisierten klinischen Studien auf der anderen Seite der Evidenzskala. Der ultimative Beweis für die beste Operationstechnik ist bisher jedoch nicht erbracht worden. In kaum einem anderen Bereich der Chirurgie sind die Variabilität und die daraus resultierenden potenziellen Therapieziele so groß. Aufgabe des Chirurgen ist es, dem Patienten aus holistischer Sicht die optimale Empfehlung aus dem „Katolog“ der Möglichkeiten zu geben. Der Beitrag beschreibt die Operationstechniken für Netze zur Verstärkung (in Kombination mit einer anatomiegerechten Rekonstruktion) und zum Ersatz der Bauchdecke (mit Überbrückung bzw. Bridging des Defektes).
Abstract
Many publications are available on the best surgical techniques and treatment of incisional hernias with reports of experiences and randomized clinical studies at the two extremes of the evidence scale. The ultimate proof of the best operative technique has, however, not yet been achieved. In practically no other field of surgery are the variability and the resulting potential aims of surgery so great. The aim of surgery is to provide patients with the optimal recommendation out of a catalogue of possibilities from a holistic perspective. This article describes the surgical techniques using meshes for strengthening (in combination with an anatomical reconstruction) and for replacement of the abdominal wall (with bridging of the defect).
Avoid common mistakes on your manuscript.
Lernziele
Nach der Lektüre dieses Beitrages …
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können Sie die wesentlichen Operationsschritte der verschiedenen Operationstechniken repetieren,
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haben Sie Kenntnis der besonderen Bedeutung des „fatty triangle“,
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werden Sie erkennen, dass es kein universelles Operationsverfahren für Narbenhernien geben kann und
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wissen Sie, dass die Patientenberatung eine zentrale Bedeutung bei der Wahl der individuellen Opertionstechnik einnimmt.
Hintergrund
In den vergangenen Jahren wurde viel über die beste Operationstechnik zur Versorgung von Narbenhernien diskutiert und publiziert. Erfahrungsberichte und „how-I-do-it“ auf der einen sowie randomisierte klinische Studien (RCTs) auf der anderen Seite der Evidenzskala boten mit all den möglichen Grauschattierungen Raum für rege Diskussionen. Doch der ultimative Beweis, der Konsens darüber, was nun wirklich das Beste ist, blieb bisher aus. In kaum einem anderen Bereich der Chirurgie ist die Variabilität so groß. Daraus resultieren mehrere potenzielle Therapieziele, die möglicherweise alle erwünscht, in der Realität jedoch nur bedingt erreichbar sind: Symptomtherapie (Schmerzen und Passageprobleme), Verbesserung der Lebensqualität, langfristige Wiederherstellung der Morphologie und Funktion der Bauchdecke sowie Kosmetik, jeweils gepaart mit einer niedrigen perioperativen Komplikationsrate und langem rezidivfreiem Intervall.
Konsens ist in der Literatur, dass die unterstützende Implantation von Netzen nötig ist: Sie bieten mechanischen Ausgleich und stabilisieren die natürliche Narbenschwäche durch chronologische Alterung des Gewebes. Von großer Bedeutung ist die anatomische Ebene , in der sie eingebracht werden. Die einfachsten Lösungen (Onlay-Netz, Inlay-Netz oder auch Fasziendoppelung nach Mayo) sind gemäß verfügbarer Evidenz und entsprechend konzeptionellen Überlegungen nicht haltbar. Auch wenn Onlay in Zukunft im Bereich der Narbenhernienprophylaxe eine mögliche Berechtigung erlangen sollte, ist es aus pathophysiologischen Gründen nicht zulässig, die Onlay-Technik auch auf Narbenhernien anzuwenden. Im Gegenteil, retromuskuläre (Sublay), subfasziale (Underlay) oder intraperitoneale (IPOM, intraperitoneales Onlay-Mesh) Positionen sind als Standard anzusehen und müssen von Hernienchirurgen beherrscht werden [1]. Ein bisher ungelöstes Problem bleibt die Schaffung von Evidenz bei der unüberschaubaren Anzahl verfügbarer Netze.
Zusammenfassend kann man die Anforderungen an Netze vereinfacht so formulieren:
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für die retromuskuläre und subfasziale Position sind großporige nichtresorbierbare Netze erforderlich [2];
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für intraperitoneale Position werden Netze benötigt, die zur einen Seite einen Adhäsionsschutz haben und zur anderen – der Bauchdecke zugewandten Seite – schnelle Inkorporation fördern.
Da die Netzinkorporation entscheidend in den ersten 4 bis 6 Tagen nach Implantation moduliert wird, sollte die parietale Seite bei IPOM weder kleinporig noch versiegelt sein.
Die Bedeutung der Vorbereitung des Patienten auf die Operation bzw. das Operationstrauma ist nicht zu unterschätzen. Beeinflussbare Risikofaktoren müssen bedient werden, darunter die Einstellung des Diabetes mellitus (am Hb1c gemessen), Unterlassung von Nikotinkonsum 4 Wochen vor der Operation (ggf. Cotinin-Messung im Urin), Bridging von Gerinnungshemmern und Gewichtsreduktion. Patienten mit Gerinnungsstörungen, schwerer chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Herzinsuffizienz sind in entsprechend ausgerüsteten Kliniken zu versorgen. Die perioperative Single-shot-Antibiotikaprophylaxe ist bei Narbenhernienoperationen mit Implantation großer Netze Standard.
Bedingung für die zeitgemäße Narbenhernienchirurgie ist die Klassifikation des Befundes. Zwei ergänzende Klassifikationssysteme sind zu empfehlen: a) die Würzburger-Klassifikation wird präoperativ erhoben und ist für die Operationsplanung konzipiert [3, 4]; und b) die EHS-Klassifikation wird intraoperativ erhoben und dient zur Vergleichbarkeit der Daten [5]. Jeder Narbenhernienchirurg steht in der Verantwortung, durch pseudonymisierte Eingabe seiner Patienten in ein Register beizutragen, dass die Evidenzlage verbessert werden kann. Wir empfehlen das EuraHS-Narbenhernienregister (European Registry of Abdominal Wall Hernias) der Europäischen Herniengesellschaft (EHS), welches kostenfrei in deutscher Sprache über www.eurahs.eu nutzbar ist [6]. Eine weitere Möglichkeit ist in Deutschland das Register von Herniamed .
Aus den hier angesprochenen Gründen sind die nun nachfolgend beschriebenen Operationstechniken kein Katalog aus dem sich der Chirurg im „Entweder-Oder-Prinzip“ bedient, sondern aus dem heraus er dem Patienten, der konkret vor ihm sitzt, aus holistischer Sicht die optimale Empfehlung anbietet.
Netzreparationen werden in zwei Kategorien gegliedert:
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Netze zur Verstärkung (in Kombination mit einer anatomiegerechten Rekonstruktion) oder
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zum Ersatz der Bauchdecke (mit Überbrückung bzw. Bridging des Defektes).
Morphologische und funktionelle Rekonstruktion
Das Prinzip ist die Wiederherstellung der Anatomie und möglicherweise auch der Funktion [7, 8]. Eine gesunde Bauchdecke ist langfristig nicht zuletzt auch für die Entlastung der Wirbelsäule von großer Bedeutung. Zur morphologischen und funktionellen Rekonstruktion (MFR) gehört auch die Implantation eines Netzes (MFR plus Netz ). Bei der MFR kommt das Netz nicht in direkten Kontakt zu dem Darm, es wird zwischen die Schichten der Bauchdecke eingelegt. Berücksichtigt man das Altern unserer Bevölkerung, gewinnt die MFR plus Netz gerade auch bei jungen Patienten an Bedeutung: Der rekonstruktive Aspekt des Eingriffes mit extraperitonealem Netz wird spätere mögliche abdominelle Operationen im Laufe des Patientenlebens weniger behindern, als im Fall von intraperitonealen Netzen. Voraussetzung der MFR plus Netz sind ein hoher Präparationsaufwand (mit großflächigen Wunden) und die Notwendigkeit genauster Anatomie-Kenntnisse (besonders um die Innervation der Bauchdecke zu schonen, ohne welche langfristig das funktionelle Ziel nicht erreicht werden kann).
MFR plus Netz im Bereich der Medianlinie (Linea alba)
Das Rekonstruktionsprinzip des retromuskulären Netzes geht auf den französischen Chirurgen Jean Rives (1922–2012) aus Reims zurück und wurde in Deutschland durch hochwertige und vielseitige Arbeiten von Prof. Schumpelick aufgegriffen und akademisch begründet.
Operationstechnik
Bei der Planung der medianen MFR plus Netz ist auf mehrere Aspekte zu achten:
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die Breite der Narbenhernie,
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die Nähe des Oberrandes der Hernie zum Xiphoid,
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die Weite des sternokostalen Winkels,
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die Nähe des Unterrandes der Hernie zur Symphyse,
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der Nabel und
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die Qualität der Haut mitsamt Subkutangewebe.
Wenn die Narbenhernie über 10 cm breit ist, muss mit dem Patienten im Einwilligungsgespräch die Option der Erweiterung des Eingriffes als Komponentenseparation besprochen werden (siehe unter „MFR plus Netz der Medianlinie mit anteriorer Komponentenseparation“ und „Posteriore Komponentenseparation bei medianen Narbenhernien“).
Mit dem Stift wird das Ausmaß der Narbenresektion auf die Haut gezeichnet, transversale Linien dienen zur symmetrischen Hautnaht am Ende der Operation. Der Bruchsack wird dargestellt und eröffnet; dadurch wird der Einstieg zur Adhäsiolyse der Darmschlingen im Bereich der vorderen Bauchdecke ermöglicht. Die Medialisierung beider Recti wird bei adhärenten Darmschlingen unter Umständen nicht gelingen.
Es ist zwar gängige Praxis, den Bruchsack als Viszeroprotektion zur Auflage des Netzes zu belassen. Wir vertreten die Meinung, dass Narbengewebe keine ausreichende Haltefunktion für die Rekonstruktion bietet. Revisionseingriffe als Laparoskopie zeigen auch, dass diese Schicht im Langzeitverlauf nicht ihre Funktion erfüllt, es treten immer wieder Gitterbrüche der hinteren Rektusscheide mit konsekutiven Adhäsionen zwischen exponiertem Netz und Darm auf.
Wir favorisieren bei einer Bruchlücke von bis zu 12 cm Breite die mediane Adaptation beider, der hinteren und der vorderen Rektusscheide. Am Rand der Bruchpforte wird zunächst auf der einen Seite die Rektusscheide so eröffnet, dass der Muskelkörper vom hinteren Faszienblatt gelöst werden kann; dabei muss auf die Durchblutung bzw. A. und V. epigastricae geachtet werden. Die Präparation sollte mindestens 6 cm nach lateral reichen. Proximal endet die Präparation der hinteren Rektusscheide 5–6 cm weiter kranial, um auch hier die nötige Überlappung des Netzes zu gewährleisten. Im subxiphoidalen Bereich entsteht dadurch wegen des Fettgewebes im Ligamentum falciforme das typische Bild des Fatty Triangles (Abb. 1; [9]). Im suprapubischen Bereich wird die Präparation wie auch bei TAPP (transabdominal präperitoneal)/TEP (total extraperitoneal) zwischen Harnblase und Symphyse ausgeweitet. Die Präparation erfolgt analog auch auf der Gegenseite.
Nach Zählung der Instrumente und Operationshilfsmaterialien wird nun die hintere Rektusscheide mit fortlaufender Naht (z. B. mittelfristig resorbierbarer monofiler Faden) verschlossen, wobei das Fatty Triangle nicht komplett verschlossen werden kann. Bei höherer Spannung oder großen Hernien sind alternativ Achternähte sinnvoll. Nun wird das zugeschnittene Netz auf die hintere Rektusscheide in retromuskulärer Lage positioniert; proximal und distal muss das Netz – ähnlich wie auch nach lateral – die versorgte Narbe um 5–6 cm unterfüttern. Verwendet werden nichtresorbierbare großporige Netze. Das ist ein Erfahrungswert der sich bewährt hat.
Nun wird das Netz radiär lateral durch die vordere Rektusscheide mit mehreren Einzelknopfnähten fixiert (z. B. mittelfristig resorbierbarer monofiler Faden). Wir nehmen zur Kenntnis, dass es Stimmen gibt, die die Nichtfixation des Netzes propagieren, vertreten jedoch bei fehlender Datenlage weiter die exakte Fixation des Netzes [10, 11]. Auf das Netz wird eine Redon-Drainage positioniert und dann die vordere Rektusscheide in analoger Nahttechnik verschlossen. Der Nabel wird reinseriert und die Haut über einer subkutanen Redon-Drainage verschlossen.
Vermeidung von Komplikationen
Zu Beginn der Operation ist auf den Einstieg ins Abdomen zu achten und der damit verbundenen Gefahr der Darmläsion bei Verwachsungen im Bruchsack. Häufigste Komplikationen sind die subfasziale oder epifasziale Nachblutung (ggf. auch wegen Ansaugen der Redon-Drainage an die Gefäße des M. rectus abdominis), epifasziale Serome, Hautnekrosen, und Wundheilungsstörungen am Nabel. Bei Nikotinkonsum ist das Wundheilungsrisiko um bis zu einem achtfachen erhöht [12]. Diabetes mellitus und Adipositas sowie Alter (Pergamenthaut) erhöhen das perioperative Komplikationsrisiko. Der bedeutendste unabhängige Risikofaktor für perioperative Komplikationen ist die Breite der Bruchpforte über 5 cm [4].
Nachbehandlung
Mobilisierung mithilfe der Pflege ist am ersten postoperativen Tag zu fördern. Es gibt keine Daten über die Sinnhaftigkeit des Tragens einer elastischen Bauchbinde; diese scheint nur in Einzelfällen – wenn z. B. das subkutane Gewebe breitflächig abgelöst wurde – sinnvoll zu sein. Der Kostaufbau hat in Abhängigkeit der Darmfunktion zu erfolgen, für ausreichende Analgesie ist zu sorgen. Die Drainagen werden gezogen, wenn die Fördermenge serös ist und weniger als ca. 20 ml/Tag beträgt (Erfahrungswert).
Es gibt keinen Konsens über die Zeit bis zur Rückkehr zur Arbeit; wir empfehlen für 3 Wochen das Vermeiden starker Belastung und danach erlauben wir den üblichen Alltag nach Maßgabe der Beschwerden; Leistungssport und starke körperliche Belastung sollten erst nach Erreichen einer stabilen Narbe nach ca. 3 Monaten empfohlen werden. Es gibt keine Evidenz zur historischen 5 kg Grenze, Belastung muss in Abhängigkeit der Biologie des Patienten im Individualfall definiert werden.
Aufklärungsgespräch
Im Aufklärungsgespräch ist der Patient über Folgendes zu informieren: Die Form der Bauchdecke wird besser, die Haut wird sich mit der Zeit neu anpassen müssen, fehlendes Subkutangewebe führt nach Rekonstruktion der Faszie zu fühlbaren Vertiefungen. Es besteht das Risiko der Bauchdeckenlähmung. Weiterhin besteht ein lebenslanges Rezidivrisiko bedingt durch fortschreitende Alterung sowie Wundheilungsstörungen und Komplikationen bedingt durch Komorbiditäten.
MFR plus Netz der Medianlinie mit anteriorer Komponentenseparation
Bei großen Narbenhernien, mit einer Breite von über 12 cm gelingt die MFT oft nur durch die zusätzliche anteriore Komponentenseparation. Die anteriore Komponentenseparation wurde 1951 von Albanese in Argentinien beschrieben und ab 1990 von Ramirez in den USA bekannt gemacht. Im Prinzip geht es darum durch Schwächung der lateralen Bauchdeckenmuskulatur beide Rektuskompartimente suffizient zu medialisieren.
Bei der anterioren Komponentenseparation wird parallel zum lateralen Rand der Rektusscheide die Externusaponeurose inzidiert. Dadurch lässt sich auf jeder Seite eine Medialisierung der Bauchdecke von bis zu 8 cm erreichen. Proximal kann die Inzision bis zum Rippenbogenrand erfolgen, was besonders bei engem sternokostalen Winkel wichtig ist (Abb. 2). Die Einkerbung des M. obliquus externus abdominis bietet eine sichere Schicht, denn die Innervation des M. rectus abdominis kommt zwar segmental von lateral her, verläuft jedoch zwischen den Mm. obliquus internus und transversus abdominis.
Der Nachteil der anterioren Komponentenseparation ist sicher die breitflächige Ablösung des Subkutangewebes, welche das Risiko für Wundheilungsstörung durch Läsion der Perforansgefäße birgt, sowie die Rate an Hämatomen und Seromen erhöht. In einigen Zentren wird die minimalinvasive Komponentenseparation zur Minimierung des Gewebetraumas praktiziert: Der Vorgang ist zeitaufwendig, ermöglicht jedoch nicht den gleichen Gewinn an Medialisierung wie das offene Vorgehen. Hier sind noch weitere Daten abzuwarten. Die Schwächung des M. obliquus externus abdominis scheint im Langzeitverlauf keinen Nachteil für die Funktion und langfristige Stabilität der Bauchdecke zu haben.
Die Ergebnisse der Literatur favorisieren die gleichzeitige Implantation eines retromuskulären nichtresorbierbaren großporigen Netzes wie oben unter „ Operationstechnik der MFR plus Netz“ beschrieben [13].
Posteriore Komponentenseparation bei medianen Narbenhernien
Wir unterscheiden seit Krpata et al. die anteriore von der posterioren Komponentenseparation [14]. Die posteriore Komponentenseparation hat den Vorteil, weniger subkutane Präparationsfläche zu fordern. Allerdings wird mit ihr eine Medialisierung von maximal 5 cm auf jeder Seite erreicht, was bei größeren Befunden nicht ausreichend sein wird.
Der Einstieg zum lateralen Kompartiment erfolgt durch die Innenseite der Rektusscheide, wo am lateralen Rand Zugang mittels Durchtrennung des M. transversus abdominis geschaffen wird. Man bedenke, dass die Nerven zwischen den Mm. obliquus internus und transversus abdominis verlaufen. Als Ergebnis der Präparation kann das ergänzende retromuskuläre Netz breiter sein, denn die Rektusscheide ist nun nach lateral eröffnet und das Netz wird zwischen Peritoneum (bzw. Fascia transversalis) und M. transversus abdominis gelegt werden. Ein Vorteil eines Netzes, das die mediane Narbe über 6 cm überlappt, muss jedoch erst noch durch Studien gezeigt werden.
MFR plus Netz bei paramedianen und transversalen Narbenhernien
Lateral der Rektusscheide ist die MFR plus Netz ebenfalls durchführbar, sie stellt aber einige zusätzliche präparatorische Herausforderungen. Typische Befunde sind nach Stomarückverlagerung, nach offener Appendektomie, subkostale und transversale Hernien sowie lumbale bzw. nach inguinal reichende Hernien wie sie z. B. nach Nierentransplantation oder retroperitonealen Zugängen zur Aorta abdominalis auftreten. Bei queren Oberbauchschnitten ist zusätzlich zur lateralen Muskulatur auch das mediale Kompartiment der Rektusscheide betroffen.
Um den Nervenverlauf zu schonen, wird das laterale Kompartiment zwischen Mm. obliquus externus und internus abdominis präpariert. Grundsätzlich bilden somit die Mm. obliquus internus und transversus abdominis gemeinsam das „hintere Faszienblatt“, welches bei entsprechender Beteiligung des M. rectus abdominis in die hintere Rectusscheide übergeht (Lamina posterior) [15, 16].
Im Bereich der Linea alba stellt sich zusätzlich die Notwendigkeit der Präparation des Fatty Triangles dar, welches jedoch zweifach, nach proximal und nach distal präperiert wird (Abb. 3). In speziellen Situationen ist es hilfreich hier die Rekonstruktion des Überkreuzungspunkts ab der Medianlinie mit einer Achternaht zu adaptieren (Abb. 3) und dann zu beiden Seiten fortlaufend oder ebenfalls mit Achternähten die Faszie zu verschließen. Auch bei diesen Hernien wird das Netz mit einer Überlappung von mindestens 5–6 cm transfaszial und radiär durch die vordere Faszie wie oben beschrieben fixiert. Nach Auflegen einer Redon-Drainage wird der M. obliquus externus abdominis (gegebenenfalls übergehend in die vordere Rektusscheide) ebenfalls fortlaufend oder mit Achternähten verschlossen.
Bauchdeckenersatz mit Netzprothese
Bei morphologisch komplexen oder kombinierten Narbenhernien, bei sehr großen Bruchlücken sowie nach ausgeheiltem offenem Abdomen (z. B. nach Meshgraft-Deckung des Darmes) ist die morphologische und funktionelle Rekonstruktion nicht oder nur mit sehr hohen Komplikationsrisiken durchführbar und der Bauchdeckenersatz eine sehr gute Lösung. Aber auch bei kleineren Befunden bei Patienten mit erhöhten Komplikationsrisiken und Komorbiditäten (Adipositas permagna mit einem Body-Mass-Index (BMI) > 30, Nikotinkonsum, Alter, schwer einstellbarer Diabetes mellitus, Langzeitantikoagulation, Immunsuppression u. a. m.) ist der Bauchdeckenersatz mit intraperitonealem Netz ein optimales Verfahren zur Symptomtherapie [17].
Wir unterscheiden zwei Verfahren: den offenen und den laparoskopischen Bauchdeckenersatz mit intraperitonealem Netz. Obwohl technisch meist einfach durchführbar, sollten IPOM-Verfahren nur mit besonderer Begründung angeboten werden, da das Netz langfristig auf dem Darm liegt und bei zunehmendem Alter der Bevölkerung mit netzunabhängigen Interventionen (Sigmadivertikulitis, Appendizitis, Cholezystitis, entzündliche Darmerkrankungen, Karzinome, Adhäsionsileus etc.) im Laufe des Lebens zu rechnen ist. Aber auch Komplikationen am Netz können im Langzeitverlauf auftreten, weshalb das IPOM gerade auch bei jüngeren Patienten nur als Ausnahme durchgeführt werden sollte [18, 19].
Offener Bauchdeckenersatz mit intraperitonealem Netz
Der offene Bauchdeckenersatz mit intraperitonealem Netz (offenes IPOM) ist für Fälle sehr großer Hernien bzw. sehr schwer versorgbarer kombinierter Befunde vorbehalten, bei denen ggf. auch eine ausgedehnte Adhäsiolyse zu erwarten ist. Der Eingriff ist technisch einfach.
Rippenbogenrand und Inzisionslinie werde mit dem Stift auf die Haut markiert. Die Hautnarbe wird ausgeschnitten und der Bruchsack eröffnet (cave: Darmläsion). Die Adhäsiolyse wird auf die gesamte vordere Bauchdecke ausgeweitet, um ausreichende Netzüberlappung zu ermöglichen. Die Netzüberlappung muss umso weiter sein, je größer die Bruchpforte ist [20]. Das Netz wird ggf. zugeschnitten, mit Stift an den Kardinalpunkten markiert und mit mittelfristig resorbierbaren monofilen Haltefäden versehen. Wir favorisieren mittelfristig resorbierbare Fäden, da transfasziale Nähte mit chronischen Schmerzen in Verbindung gebracht werden. Nicht-resorbierbare Netzfixation kann in Kombination mit Nahtwiderlagern in Einzelfällen sinnvoll sein: damit wird verhindert, dass bei hoher Spannung auf einzelne Fixationsnähte diese aus dem Gewebe ausreissen, was ein technisches Rezidiv zur Folge hätte. Wir verwenden großporige Netze aus geflochtenem Polyester mit Kollagenschutzfolie und benetzen es vor der Implantation mit Gentamicin , um eventuell intraoperative Keimkontamination zu verringern [21].
Die vorgelegten Fäden werden mit der Stich-Fass-Zange transparietokutan (durch Faszie und Haut) an den korrespondierenden mit Stift markierten Hautstellen ausgeleitet; erst nach Ausleitung aller Fäden und Kontrolle der optimalen Netzposition werden sie geknüpft. Der Abstand der Fixationsnähte muss so gewählt werden, dass das Hernieren von Darm zwischen Netz und Bauchdecke nicht möglich ist. Alternativ können Tacker zwischen den Haltefäden zur Anwendung kommen. Dieser Eingriff erfolgt mit geringer subkutaner Wundfläche. Je nach Befund kann die Bruchpforte über dem Netz verschlossen werden oder auch nicht. Wenn wir die Bruchlücke nicht verschließen, fixieren wir den Bruchlückenrand mit ergänzenden Einzelknopfnähten an das Netz (Abb. 4). Dadurch wird die Spannung auf die Fixationsnähte und das Netz flächiger verteilt. Die Hautnaht erfolgt über einer Redon-Drainage.
Laparoskopischer Bauchdeckenersatz mit intraperitonealem Netz
Die Technik des laparoskopischen Bauchdeckenersatzes mit intraperitonealem Netz (lap.-IPOMs) wurde erstmals 1993 von Karl LeBlanc beschrieben [22, 23]. Bei Patienten mit hohem Risikoprofil für Komplikationen wird man endoskopisch mit geringem Trauma eine langfristig sehr gute Symptomtherapie erreichen. Auch kombinierte Inzisionen, sehr dünne Hautverhältnisse, sehr adipöser Körperbau und Nikotinkonsum fallen in die Waagschale [4, 12, 17]. Zwei weitere Hernien werden bevorzugt mittels lap.-IPOM versorgt: parastomale Hernien und subxiphopidale Hernien (anteriore kostodiaphragmale Hernien wie Morgagni z. B. und Hernien nach medianer Sternotomie) [24]. Das laparoskopische Verfahren hat – anders als die MFR – die Symptomtherapie mit geringer perioperativer Morbidität zum Ziel. In den Leitlinien der International Endohernia Society (IEHS) werden die wichtigsten Aspekte und die Datenlage zum lap.-IPOM diskutiert [12].
Der Arm des Patienten wird auf der Seite des Operateurs ausgelagert. Von links lateral lässt sich am besten arbeiten. Wenn immer von der Morphologie der Hernie her möglich, ist ein offener Zugang lateral der linken Rektusscheide in halber Distanz zwischen Rippenbogenrand und Spina iliaca anterior superior anzulegen. In diesem Bereich sind selten Verwachsungen durch die ursprüngliche Laparotomie zu erwarten. Wegen des Risikos der Darmverletzung bei Verwachsungen raten wir von der Verress-Nadel ab [18]. Erst durch diesen betont lateralen Einstieg ist die anschließende ipsilaterale Netzpositionierung ausreichend möglich. Wir legen bereits zu diesem Zeitpunkt die Nähte für den späteren Faszienverschluss vor.
Der erste Arbeitstrokar wird rechts der Optik eingeführt (5 mm). Mit der rechten Hand erreicht der Operateur sämtliche Bereiche des Abdomens. Beim liegenden Patienten hat das Abdomen thorakalwärts seinen größten anteroposterioren Durchmesser, was dem Arbeiten mit der rechten Hand von der linken Patientenseite her entgegenkommt. Im Fall eines Zugangs von rechts (z. B. bei parastomaler Hernie links) wird auch bevorzugt ein kranialer, thoraxnaher 5 mm Arbeitstrokar gesetzt, nur muss der Chirurg dann überwiegend mit der linken Hand arbeiten. Arbeitstrokare, die distal des Optiktrokars in Nähe der Spina iliaca bzw. im Unterbauch gesetzt werden, ergeben nur selten einen echten zusätzlichen Bewegungsfreiraum für das laparoskopische Arbeiten, denn Oberschenkel und geringer anteroposteriorer Durchmesser auf Beckenniveau ergeben einen sehr begrenzten Freiheitsradius für das zweite Instrument. Die Adhäsiolyse, Präparation am Bruchsack und Parietalisierung der vorderen Bauchdecke können meistens suffizient mit der rechten Hand durchgeführt werden, ohne Notwendigkeit eines zweiten Arbeitstrokars, denn die Strukturen hängen kulissenartig an der Bauchdecke. Wir verwenden den zweiten Arbeitstrokar wenn wir intrakorporal nähen (z. B. Netzbruchlückenrand) oder übernähen müssen (z. B. Deserosierungen; [18, 25]).
Es ist Standard, die Adhäsiolyse der vollständigen Narbe – auch der nicht betroffenen Bereiche – zu fordern [11]. Ferner muss das Netz auf ein stabiles, tragfähiges und inkorporationsgünstiges Substrat an der Bauchdecke angebracht werden. Hierzu ist es Bedingung, dass sämtliches Fettgewebe der vorderen Bauchdecke abgelöst wird. Im medialen Bereich verlaufen das Ligamentum falciforme und die infraumbilikalen Plicae; diese Strukturen müssen für die Aufnahme des Netzes abgelöst werden, was wir Parietalisierung nennen. Seitdem wir wissen, dass die Spannungskräfte am Netz proportional zur Größe der Bruchpforte sind, wissen wir auch, dass wir nicht auf einen stabilen Untergrund zur Überlappung und Inkorporation verzichten können [20, 22]. Ein Netz, das auf Fettgewebe als Unterlage „schwimmt“, kann keine langfristige Stabilität bieten. Daher ist der Schritt der Parietalisierung, wenn immer nötig, zu fordern.
Ob die Bruchlücke verschlossen werden muss oder nicht ist kontrovers [26, 27]. Wichtig ist bei lap.-IPOM, den Patienten im Informationsgespräch auf die Wahrscheinlichkeit des Bulgings (Vorwölbung des Netzes über den Bruchrand hinaus) und der Bildung eines Seroms aufmerksam zu machen, welche oft als Rezidiv fehlinterpretiert werden [28]. Neben dem Bruchlückenverschluss [27] kann auch eine Saumnaht der Bruchränder (Spider-net-Saumnaht) das Bulging-Risiko verringern. Daten gibt es zu letzterem noch keine.
Die Netzpositionierung erfolgt (wie auch schon für das offene IPOM beschrieben) mit transparietokutanen Nähten mit monofilem, mittelfristig resorbierbarem Nahtmaterial. Wie bereiten das Netz mit 2 medianen, einer kontralateralen und 3 ipsilateralen Nähten vor (Abb. 5). Je nach Größe des Netzes muss der 5-mm-Arbeitstrokar gegen einen 12-mm-Trokar ausgetauscht werden, kleinere Netze werden über den Optiktrokar eingeführt. Wir verwenden wie auch bei dem offenen IPOM ein großporiges Polyesternetz mit Kollagenschutzfolie und benetzen es in bakterizider Intention vor der Einführung ins Abdomen mit Gentamicin [21]. Die Bauchdecke erweitert sich unter einem Druck von 12-mmHg-Pneumoperitoneum im Bereich der Linea alba um ca. 30 %. Bevor das laparoskopische Netz fixiert wird, wird der Druck des Pneumoperitoneums auf ca. 8 mmHg reduziert. Wenn der Druck später vollständig entlastet wird, muss sich das fixierte Netz entsprechend an die kleinere Bauchdecke anpassen.
Ergänzend kommen Tacker zum Einsatz. Wir bevorzugen resorbierbare Tacker mit Widerhaken bei gleichzeitiger Verankerungsmöglichkeit des Netzes an der Gerätespitze bei großporigen Netzen und benötigen bei oben beschriebener Technik keine kontralateralen Trokare zur Netzfixation. Die Tacker werden in Ergänzung zu den Fixationsnähten in zweifacher Reihe als Double-Crown an den Netzrand und an den Rand der Bruchpforte angebracht [11, 29].
Netze, die nicht einwachsen (z. B. aus Polytetrafluorethen, PTFE), bedürfen einer permanenten Fixation. Die Datenlage zeigt keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Fixationsmethoden und dem Auftreten chronischer Schmerzen [30]. Ist der subkutane Bruchsack sehr groß, macht es durchaus Sinn ihn mit einer Redon-Drainage zu versehen.
Zur Vermeidung von Komplikationen sollte dieser Eingriff durch erfahrene Chirurgen erfolgen. In einer frühen Phase der Lernkurve sind Darmläsionen häufiger. Blutungskomplikationen durch transfasziale Nähte oder Tacker sind die häufigste intraoperative Komplikation, gefolgt von Deserosierungen im Rahmen der Adhäsiolyse. Parietale Blutungen werden transfaszial umstochen, Deserosierungen intrakorporal übernäht [18, 25].
Fazit für die Praxis
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Der Narbenhernienpatient muss individuell beraten werden. Es gibt keine ideale Universaloperation.
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Bei der Beratung müssen das Therapieziel und das Risikoprofil der Patienten berücksichtigt werden. Um eine solche Beratung kompetent zu leisten, muss der Operateur auch alle Verfahren beherrschen oder zumindest kennen.
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Bei jungen, schlanken Patienten ohne Risikofaktoren favorisieren wir die MFR plus Netz.
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Zur Symptomtherapie empfehlen wir bei erhöhtem perioperativem Risikoprofil das laparoskopische IPOM.
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Patienten mit sehr großen medianen Hernien und wenig Risikofaktoren profitieren von der Komponentenseparation mit Netz.
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Patienten mit kombinierten medianen und lateralen Narben sowie monströsen Bruchpforten profitieren vom offenen IPOM.
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Interessenskonflikt
U. A. Dietz und F. Muysoms sind Vorstandsmitglieder von EuraHS, dem Hernienregister der Europäischen Herniengesellschaft. C.T. Germer und A. Wiegering geben an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Welche Behauptung zur Narbenhernienchirurgie ist richtig?
Die Komplikationsrate ist unter den aktuellen technischen Fortschritten für alle Patientengruppen verschwindend gering.
Klassifikationssysteme sind in der klinischen Praxis redundant und nur für die Forschung von Bedeutung.
Der Hernienchirurg sollte alle seine Patienten mit dem einen Operationsverfahren operieren, das er am besten kann.
Es gibt keine Standardoperationsmethode, die für alle Narbenhernienpatienten gleich gut ist.
Netze werden wegen der hohen Infektionsrate nur bei größeren Hernien und bei älteren Patienten verwendet.
Eine der folgenden Behauptungen zu Narbenhernienchirurgie ist falsch:
Die Mayo-Fasziendoppelung ist obsolet.
Die einfachsten Rekonstruktionslösungen mit Onlay- und Inlay-Netz sind nach verfügbarer Evidenzlage nicht indiziert.
Die Underlay-Netzlage entspricht der subfaszialen Schicht.
Mikroporöse PTFE-Netze eignen sich für die retromuskuäre (Sublay-)Position.
Diabetes mellitus und Nikotinkonsum sind beeinflussbare Risikofaktoren für perioperative Komplikationen.
Das Fatty Triangle hat sich als hilfreiche anatomische Leitstruktur für die Versorgung von Narbenhernien mit morphologischer und funktioneller Rekonstruktion erwiesen. Eine der folgenden Behauptungen zum Fatty Triangle ist falsch:
Es ist präparatorische Bedingung für die ausreichende Netzunterfütterung medianer Narbenhernien.
Es wird durch die subxiphoidale Einkerbung der anterioren Rektusscheide dargestellt.
Bei transversalen Narbenhernien – die über die Linea alba hinausreichen – werden zwei Fatty Triangles präpariert.
Das subxiphoidale Fatty Triangle legt Teile des Fettgewebes aus dem Ligamentum falciforme frei.
Das Fatty Triangle wird bei der Rekonstruktion nicht vollständig vernäht.
Zur morphologischen und funktionellen Rekonstruktion (MFR) ist eine der folgenden Aussagen richtig:
Zur morphologischen und funktionellen Rekonstruktion gehört auch die Implantation eines Netzes (MFR plus Netz).
Die MFR hat einen geringen Präparationsaufwand.
Bei der MFR plus Netz ist der Umgang mit der Innervation unbedenklich.
Bei der MFR plus Netz reicht es, eine der beiden Rektusscheiden zu nähen.
Wegen des chirurgischen Traumas wird bei der MFT plus Netz nur der Bereich der Narbe versorgt, der auch eine Hernie hat.
Zur Komponentenseparation ist eine Antwort richtig:
Die anteriore Komponentenseparation ermöglicht die beliebige Medialisierung der Rektusmuskulatur.
Die Komponentenseparation ist eine Weiterentwicklung der Majo-Technik und bedarf keiner Netzverstärkung.
Bei der posterioren Komponentenseparation wird zwischen den Mm. obliquus internus und transversus abdominis präpariert.
Die Nerven der lateralen Bauchdecke verlaufen zwischen den Mm. obliquus internus und transversus abdominis und werden bei der anterioren Komponentenseparation geschont.
Bei der anterioren Komponentenseparation ist der Umgang mit den Perforansgefäßen unbedenklich.
Aus folgender Liste von Themen für das Patientengespräch über den postoperativen Verlauf nach Narbenhernienoperationen ist eine Aussage falsch:
Es gibt keine Evidenz zur postoperativen Belastungseinschränkung von 5 kg.
Das Ausmaß der erlaubten postoperativen Belastung muss in Abwägung des Operationsverfahrens, der Patientenbiologie und der Beschwerden im Individualfall entschieden werden.
Die Weite der Bruchpforte > 5 cm ist der bedeutendste unabhängige Faktor für perioperative Komplikationen.
Es gibt keinen Konsens über den richtigen Zeitpunkt für die Rückkehr zur Arbeit.
Die Netzimplantation eliminiert das Rezidivrisiko.
Welche der folgenden Aussagen zum offenen IPOM-Verfahren ist falsch?
Die Darmschlingen und ggf. das Omentum majus müssen für die Netzeinlage breitflächig von der Bauchdecke adhäsiolysiert werden.
Radiäre transparietokutane Nähte ermöglichen eine geringere subkutane Präparationsfläche.
Ist bei großen und kombinierten Bruchlücken kontraindiziert.
Die Netzfixation muss das Hernieren von Darmschlingen zwischen Netz und Bauchdecke ausreichend verhindern.
Die ergänzende Fixation des Bruchlückenrandes an das Netz verringert die Zugspannungen, die auf die einzelnen Fixationspunkte zukommen.
Eine der folgenden Aussagen zu IPOM-Verfahren ist falsch:
Der Bauchdeckenersatz ist ein Verfahren zur Symptomtherapie.
Auch wenn IPOM-Netze gut eingeheilt sind, kann man nicht ausschließen, dass sie im Langzeitverlauf keine Probleme mehr verursachen werden.
IPOM-Netze sollten aus grundsätzlichen Überlegungen bei jüngeren Patienten und anderer Therapieoption vermieden werden.
Das offene IPOM ist ein technisch einfacher Eingriff.
Die Netzüberlappung ist bei der IPOM-Technik von zweitrangiger Bedeutung.
Welche Aussage zum laparoskopischen IPOM ist falsch?
Die Parietalisierung der vorderen Bauchdecke ist Zwecks optimaler Netzinkorporation als Standard zu fordern.
Anteriore kostodiaphragmale und subxiphoidale Hernien nach medianer Sternotomie werden bevorzugt als laparoskopisches IPOM versorgt.
Das Anlegen des Pneumoperitoneums und die Positionierung der Trokare erfolgen bevorzugt links-lateral.
Die Tackerfixation verursacht weniger postoperative Schmerzen.
In der frühen Phase der Lernkurve sind Darmläsionen häufiger.
Ein 30-jähriger Mann wurde vor ein Jahr wegen Morbus Crohn zunächst explorativ laparoskopiert und dann wegen eines großen inflammatorischen Konglomerattumors laparotomiert und ileozökal reseziert. Aktuell stellt er sich mit einer größenprogredienten Narbenhernie vor, die ihn besonders auf der Arbeit als Schreiner, aber auch beim Sport beeinträchtigt. Seit der Operation ist der Morbus Crohn in Remission. Die inzisionale Hernie ist morphologisch median, die Bruchpforte ist 8 cm lang und 4 cm breit, der Patient raucht (6 pack-years) und hat einen BMI von 24. Welche Überlegung zur Operation ist falsch:
Es ist eine morphologische und funktionelle Rekonstruktion mit Netz (MFT plus Netz) anzustreben.
Ein laparoskopisches IPOM-Verfahren ist die erste Option: weniger Komplikationen, sichere antiadhäsive Netzbarriere, optimales funktionelles Ergebnis, kurzer Arbeitsausfall.
Der Patient wird bei bekanntem M. Crohn von einem extraperitonealen Netz (z. B. Sublay) profitieren, da dieses nicht auf dem Darm liegt (kein Risiko einer enteroprothetischen Fistel).
Das Komplikationsrisiko der MFT plus Netz ist im aktuellen Remissionsstatus und bei normwertigem BMI vertretbar.
Der Patient soll jedoch mindestens 4 Wochen vor der Operation mit dem Rauchen aufhören, um das Risiko der Wundheilungsstörung zu minimieren.
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Dietz, U.A., Muysoms, F.E., Germer, C.T. et al. Technische Prinzipien der Narbenhernienchirurgie. Chirurg 87, 355–368 (2016). https://doi.org/10.1007/s00104-016-0158-5
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00104-016-0158-5