Resultiert aus einer kolorektal durchgeführten endoskopischen Polypektomie, Mukosaresektion oder Submukosadissektion ein unklarer, randbildender oder definitiver R1-Resektionsstatus, indiziert diese Konstellation je nach zugrunde liegendem Befund (Frühkarzinom, High-grade-Neoplasie) und Lokalisation eine Sanierung mittels Segmentresektion, Resektion nach onkologischer Gesichtspunkten oder im Rektum, sofern technisch möglich, transanaler endoskopischer Mikrochirurgie oder minimal-invasiver Chirurgie (TEM, TAMIS). Das neue Full-Thickness-Resection-Device (FTRD, Ovesco, Germany) eröffnet dem interventionellen Endoskopiker die Möglichkeit, eine kolorektale Vollwandresektion kurativ oder als Voraussetzung für eine leitliniengerechte Weiterbehandlung bis zu einer Befundgröße von ca. 3 cm minimal-invasiv und unter Einsparung von Ressourcen durchzuführen.

Die Schlingenpolypektomie, die endoskopische Mukosaresektion mit Aufsatzkappe (EMR) oder die endoskopische Submukosadissektion (ESD) sind etablierte endoskopische Resektionsverfahren für kolorektale Polypen und Frühkarzinome des oberen und unteren Gastrointestinaltrakts. Dabei sind die Befundgröße und Abtragung mittels Piece-meal-Technik signifikant mit einem bis zu 27 %igen Rezidivrisiko assoziiert und indizieren engmaschige Verlaufskontrollen [1]. Von den benannten endoskopischen Methoden ist die ESD aufgrund ihrer En-bloc-Präparate und der damit verbundenen histologischen Aussagekraft in Bezug auf die Randbildung und Tiefenausdehnung des pathologischen Befundes zumindest im Kolon den anderen Verfahren zwar überlegen, aber besonders bei größeren Befunden technisch anspruchsvoll, material- und zeitaufwendig und gegenüber der EMR mit den erhöhten Risiken der Stenosierung, Nachblutung und mit 6,2 vs. 1,3 % insbesondere der Perforation behaftet [2].

Komplikationen dieser Art sind durch den Einsatz eines Over-The-Scope-Clips (Ovesco, Tübingen, Germany) mittlerweile mit guten Erfolgsraten beherrschbar [35], setzen aber die nötige Erfahrung des Untersuchers und ein entsprechendes Setting voraus.

In logischer Konsequenz sind an ein minimal-invasives Resektionsverfahren folgende Erwartungen und Anforderungen zu stellen:

  • eine einfache und ökonomische Anwenderumgebung

  • die für den Patienten notwendige primäre Sicherheit während des Eingriffs

  • eine geringe Komplikationsrate

  • einer im Gegensatz zur operativen Strategie mindestens vergleichbaren onkologischen Sicherheit

  • ein aussagekräftiges Vollwandresektat

Die vorgestellte Studie berichtet über unsere bisherigen Ergebnisse und Erfahrungen in der Anwendung des neuen endoskopisch anwendbaren Full-Thickness-Resection-Device (FTRD) bei 20 Patienten. Es handelt sich um die bislang größte Fallserie im Rektum und 9 weiteren Resektionen im Kolon nach der offiziellen Markteinführung im November 2014.

Methode und Patienten

Full-Thickness-Resektion-Device

Das FTRD (Abb. 1) steht seit November 2014 dem Anwender offiziell zur Verfügung und ähnelt im Aufbau, Funktionsprinzip und der Handhabung dem Over-The-Scope-Clip [6, 7]. Beide Verfahren basieren auf einem zirkulären Nitinol-Clip, der auf einer Applikationskappe sitzt, die auf das Gastro- oder Koloskop aufgesteckt wird.

Abb. 1
figure 1

Full-Thickness-Resection-Device (FTRD) bestehend aus einer den Clip führenden und auf das Endoskop gesteckten Applikationskappe (a), dem durch den Arbeitskanal des Endoskops geführten Auslösefaden (b) und einer in der Applikationskappe integrierten Hochfrequenzschlinge (c). Diese wird innerhalb des Geräteüberzugs (d) neben dem Endoskop geführt. Das Handrad (e) zur Freisetzung des Clips mittels Auslösefaden wird auf den Arbeitskanal des Endoskops aufgesteckt (Mit freundlicher Genehmigung Ovesco Endoscopy AG, Tübingen)

Zuerst wird die zu entfernende Läsion zirkulär mit einer Koagulationssonde markiert. Nachdem das Gewebe mithilfe einer Fasszange in die Applikationskappe aufgenommen und die Basis der dadurch entstehenden Darmwandduplikatur per FTRD-Clip verschlossen wurde, wird das Gewebe mit der in der Applikationskappe integrierten Hochfrequenzschlinge reseziert. Das Hohlorgan bleibt auf diese Weise während der Vollwandresektion zu jeder Zeit verschlossen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

FTRD-Funktionsprinzip. a Identifikation der Läsion, b Greifen, c Aufnehmen, d Clippen der gedoppelten Hohlorganwand und e Resektion des Befundes

Die genaue Bemaßung des Applikationssystems ist in Abb. 3 dargestellt. Das gewebeaufnehmende Volumen der FTRD-Applikationskappe unterscheidet sich gegenüber der größten OTSC-Kappe für das Koloskop im Verhältnis 3 zu 0,9 cm3 deutlich.

Abb. 3
figure 3

FTRD-Applikationskappe mit aufsitzendem Clip und integrierter Hochfrequenzschlinge und Bemaßung (Mit freundlicher Genehmigung Ovesco Endoscopy AG, Tübingen). a Clip, b Schlinge, c Endoskopende, d Auslösefaden für Clip (verläuft durch den Arbeitskanal), e transparenter Geräteüberzug (zwischen diesem und dem Endoskop verläuft die Polypektomieschlinge)

Periinterventionelle Daten

Nach vorausgegangener Aufklärung über die Vorgehensweise und Risiken wurde der Eingriff unter stationären Bedingungen und Propofolsedierung mit einem nichtinvasiven Kreislaufmonitoring durchgeführt. Entsprechend unserer Vorgehensweise bei operativen Darmeingriffen wurde ein Single-shot-Regime mit Cefuroxim/Metronidazol durchgeführt und die ggf. bestehende Antikoagulation bzw. Thrombozytenaggregationshemmung leitliniengerecht umgestellt. Der lokalisierte Befund wurde zuerst mit einer der Packung beiliegenden Koagulationssonde zirkulär markiert. Die Markierung dient als Orientierung, ob während des Resektionsverfahrens bzw. danach der gesamte zu resezierende Befund in die Applikationskappe aufgenommen wird. Nach Bestückung des Koloskops mit dem FTRD-System wurde wie in Abb. 2 vorgegangen. Schlinge und Greifer werden dabei von einem Assistent unter klarer Kommunikation der notwendigen Arbeitsschritte bedient. Eine postinterventionelle endoskopische Kontrolle des Befundes noch während des stationären Aufenthaltes erfolgte grundsätzlich nicht. Wir empfehlen derzeit einen stationären Aufenthalt von mindestens 2 Tagen post interventionem.

Der Therapieerfolg wurde wie folgt definiert:

  • technischer Erfolg: komplett reibungsloser Ablauf der Clip-Resektionstechnik

  • klinischer Erfolg: R0-Status

  • histologischer bzw. Resektionserfolg: die komplette Resektion der anteiligen Darmwand, die den pathologischen Befund trägt (Vollwandresektion)

Ergebnisse

Zwischen November 2014 und Juni 2015 stellten wir in unserer interdisziplinären Endoskopie bei 20 Patienten (w:m/9:11, mittleres Alter 60,5 Jahre) die Indikation zu einer FTRD-Vollwandresektion. Abb. 4 demonstriert die Vorgehensweise im Rektum und Kolon in je 3 Sequenzen. Die mediane Eingriffszeit, inklusive Markierung, FTRD-Bestückung und Resektion, betrug 30 min (20–50 min). Die Eingriffe wurden von den zwei chirurgischen Vertretern des interdisziplinären Teams durchgeführt. Tab. 1 führt die Patientencharakteristika auf. Siebzehn Indikationen wurden sekundär, nach vorausgegangenen Biopsien oder randbildenden Resektionen, und drei Indikationen ohne primäre Histologie durchgeführt. Die mediane Resektionsfläche betrug 5 cm2 (1,6–12,9 cm2). Die mediane Dauer von der Erstdiagnose bis zur Durchführung der FTRD lag bei 89,5 Tagen (9–272 Tage). Das mediane Follow-up der bislang im Nachsorgeprogramm erfassten und nicht operierten Patienten (n = 10) betrug 61,5 Tage (32–188 Tage). Bei 7 dieser Patienten waren die FTRD-Clips bereits nach der ersten Follow-up-Endoskopie nicht mehr nachweisbar. Im Rektum einer Patientin zeigte sich der Clip nach 73 Tagen immer noch in situ. Der postinterventionelle stationäre Aufenthalt nach FTRD betrug 2, der mediane stationäre Aufenthalt der nachoperierten Patienten 8,5 Tage (6–18 Tage).

Abb. 4
figure 4

a Rektum, tubulovillöses Adenom mit „high grad“ intraepithelialer Neoplasie. Zirkuläre Markierung des Befundes. b Sicht durch die Applikationskappe und Aufnahme des Gewebes mit dem Greifer. c Makroskopisches Bild der Vollwandresektion mit Clipverschluss und perirektalem Fettgewebe (*). d Colon transversum, tubulovillöses Adenom, „low grade“ intraepitheliale Neoplasie, e in der Narrow-band-imaging(NBI)-Chromoendoskopie und f nach Resektion mit perikolischem Fettgewebe (*)

Tab. 1 Full-Thickness-Resection-Device: Patientencharakteristika, peri- und postinterventionelle Ergebnisse

Technischer Erfolg

Bei 75 % der Anwendungen war der Resektionsverlauf problemlos. Technische Defekte durch Schlingenbruch und Probleme am Handgriff der Schlinge wurden bei drei Einsätzen registriert (Patient Nr. 15, 18, 20). Diese führten in zwei Fällen zu einer konventionellen Polypektomie der duplizierten Darmwand über dem Clip und in einem Fall zu einer operativen Segmentresektion des betroffenen Kolonabschnitts (Patient Nr. 20), nachdem eine konventionelle Abtragung des Restgewebes lokalisationsbedingt nicht möglich war. Patient Nr. 18 entwickelte zwei Tage nach konventioneller Nachresektion eine thermische Spätperforation, die eine Segmentresektion des betroffenen Kolonabschnitts indizierte.

Während der Behandlung von Patient Nr. 6 kam es zur Dislokation der FTRD-Schlinge. Der Gewebeüberstand nach Applikation des FTRD-Clips erwies sich als zu gering. Auch ein zweiter FTRD-Versuch nach Entfernung des Clips mittels Laser scheiterte aufgrund des harten und wenig mobilisierbaren Gewebes. Der Patient wurde aufgrund des randbildenden Karzinombefundes einer anterioren Rektumresektion zugeführt. Die Anwendungen im Zökum gestalteten sich ebenfalls kompliziert. Bei Patient Nr. 15 ließ sich das duplizierte Gewebe nach o. g. Gerätedefekt nicht vollständig durchtrennen. Darüber hinaus konnte die Schlinge aus dem partiell resezierten Gewebe nicht mehr mobilisiert werden. Nach Durchtrennung der Schlinge am Handstück wurde das Koloskop ausgefädelt und die noch stehende Gewebebrücke oberhalb des FTRD-Clips konventionell abgesetzt. Resektat und FTRD-Schlinge konnten komplikationslos geborgen werden. Bei Patient Nr. 16 konnte die FTRD-Applikationskappe nicht korrekt über dem Befund positioniert werden, sodass die Resektion nicht möglich war.

Klinischer Erfolg

Insgesamt 80 % der Patienten wurden R0-reseziert. Im Falle der zwei konventionellen Restabtragungen nach Dysfunktion der Schlinge zeigte sich im jeweiligen Vollwandresektat ebenfalls ein R0-Status. Zwei Patienten wurden aufgrund von pT1-Frühkarzinomen und der inkompletten endoskopischen Vollwandresektion bzw. weiterhin bestehender R1-Situation onkologisch reseziert. In beiden Resektaten fanden sich histologisch jedoch keine Tumorzellen mehr. Im Falle der frustranen Einstellung des Zökalbefundes wurde auf eine Piece-meal-Technik konvertiert und die Therapie um eine Argonplasmakoagulation ergänzt.

Histologischer Resektionsbefund

Im Rektum konnte bei 54,6 % der Patienten eine histologisch gesicherte Vollwandresektion erzielt werden (Abb. 5, Beispiel Patient Nr. 8). Wobei sich gerade das untere Rektumdrittel aufgrund seiner Wandstärke und Hüllfaszien eher nicht für eine Vollwandresektion mit dem System eignet. Der R0-Status betrug 91 %.

Abb. 5
figure 5

Ca. 18 mm langer Schnitt eines Vollwandresektats mit einem angeschnittenen ca. 4 mm langen Adenomrest (Patient Nr. 8). (© H.-J. Richter-Schrag, G. Kayser, Interdisziplinäre Endoskopie, Abteilung für Pathologie, Universitätsklinik Freiburg)

In 85,7 % der technisch realisierbaren FTRD-Resektionen im Kolon (n = 7), inklusive der zwei konventionellen Nachresektionen der duplizierten Darmwand oberhalb des FTRD-Clips, wurde eine Vollwandresektion erzielt.

Die Übereinstimmung der makroskopisch vermuteten zu den tatsächlichen kolorektalen Vollwandresektionen lag bei 90 %. Die gesamte R0-Rate von Rektum und Kolon betrug 80 % bei einer erzielten Vollwandresektion in 60 % der Fälle.

DRG-Erlös und abrechnungsrelevante Aspekte an drei Fallbeispielen

Entgegen dem unlängst eingeführten OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) -Code für den Over-The-Scope-Clip (OTSC, Ovesco, Deutschland) mit der Bezeichnung 5–449.s3: „Andere Operationen am Magen: Geweberaffung oder Gewebeverschluss durch einen auf ein Endoskop aufgesteckten ringförmigen Clip [OTSC]: Endoskopisch“, existiert für das FTRD-System zum Zeitpunkt der Publikation noch kein spezifischer OPS-Code. Resektionen im Rektum bzw. Kolon können derzeit u. a. mit den Schlüsseln 5–482.82: „Peranale lokale Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rektums: Vollwandexzision lokal: Endoskopisch-mikrochirurgisch“, bzw. 5–455.bx: „Partielle Resektion des Dickdarms: Resektion des Colon descendens und Colon sigmoideum: sonstige“ oder 5–455.xx: „Partielle Resektion des Dickdarms“ kodiert werden.

Hauptdiagnosen „gutartige, unsichere oder bösartige Neubildungen“ im Rektum, C. descendens oder z. B. C. transversum führen derzeit mit o. g. Schlüsseln in die DRG („diagnosis related groups“) Klassen G21B, G18B bzw. G18 C mit Erlösen von 3.768,33 EUR, 6.075,76 EUR bzw. 4.662,51 EUR für 2 Nächte (Patient Nr. 3, 17, 14). Zu berücksichtigen sind die Materialkosten, die mit 908,43 EUR zu Buche schlagen (FTRD, inklusive Koagulationssonde und Fasszange). Der Grouper-Status o. g. Beispiele erfolgte ohne relevante Nebendiagnosen. Es ist davon auszugehen, dass in Kürze eine Spezifizierung der auf das FTRD-System bezogenen DRG eingeführt wird.

Klinische Komplikationen

Patient Nr. 1 entwickelte zwölf Tage nach FTRD eine Blutung im unteren Gastrointestinaltrakt, die sich jedoch konventionell beherrschen ließ. Die FTRD gelang aufgrund des eingeschränkt mobilisierbaren Gewebes nur bis in die Submukosa. Vorausgegangen war eine erfolglose Blutstillung (Adrenalin, Tissucol-Baxter, Through-The-Scope-Clip-Olympus) aufgrund einer Nachblutung nach Polypektomie unter Dagibatran (Pradaxa). Im Sinne einer „Rescue-Blutstillung“ wurde ein OTSC gesetzt. Der Clip wurde im weiteren Verlauf mittels Nd-YAG-Laser entfernt, nachdem sich in der Histologie ein randbildendes pT1-Frühkarzinom zeigte. Daraufhin erfolgte der FTRD Versuch.

Patient Nr. 8 berichtete über ein einmalig auftretendes Schmerzereignis im Rahmen der Defäkation, begleitet von leichtem Blutabgang.

Bei einem der zwei Patienten, bei denen aufgrund des Schlingenbruchs eine konventionelle Restabtragung durchgeführt wurde, kam es zwei Tage später zu einer thermischen Spätperforation im Bereich der Abtragungsstelle, die eine Kolonsegmentresektion indizierte (Patient Nr. 18).

Diskussion

Mit der vorliegenden Arbeit berichten wir über unsere ersten Ergebnisse und Erfahrungen mit einer neuen endoskopisch minimal-invasiv anwendbaren Vollwandresektion für das Rektum und Kolon: das Full-Thickness-Resection-Device (FTRD, Ovesco, Germany). Unseres Wissens handelt es sich dabei um die bislang größte Fallserie seit der offiziellen Markteinführung des Systems im November 2014.

Die diagnostische Aussagekraft einer Vollwandresektion im Rektum mittels klassischer transanaler endoskopischer Mikrochirurgie (TEM) oder der „transanal minimal invasive surgery“ (TAMIS) ist einer endoskopischen Resektion (EMR, ESD) überlegen [8, 9]. Darüber hinaus gelingt auch mit der ESD eine diagnostisch zu fordernde En-bloc-Resektion zu Rand und Tiefe nicht immer; die Ergebnisse schwanken zwischen 62–88 %, mit Perforations- und relevanten Blutungsraten von bis zu 14 bzw. 2 % [2, 10]. Wenngleich die Indikationen der FTRD denen der ESD ähneln (Adenome mit „nonlifting lesion“, intramukosale Karzinome und geringe submukosale Invasion < 1000 µm ohne Lymphgefäßinvasion), besteht der Vorteil der FTRD in der möglichen Gewinnung eines Vollwandresektats. Darüber hinaus scheint die FTRD aus Gründen der Handhabung, der Operationszeit und des periinterventionellen Umfelds sowohl der kolorektalen ESD als auch der TEM im Rektum, unter Berücksichtigung der derzeit auf ca. 3 cm limitierten Befundgröße der Zielläsion, überlegen zu sein.

Andererseits eröffnet das FTRD im Vergleich zur TEM bzw. TAMIS die Möglichkeit, über das Rektum hinaus eine Vollwandresektion im gesamten Kolon durchzuführen. Mit der TAMIS beginnt sich jedoch seit 2010 ein einfaches transanales „Single-port-Verfahren“ zu etablieren und zu standardisieren, das in Handhabung, Ökonomie und reduziertem Equipment der TEM deutlich überlegen ist und zumindest in Bezug auf das Rektum gegenüber der FTRD sowohl eine Schnittmengenindikation als auch Resektionsvorteile aufweist [1113]. Aus diesen Gründen stellen wir die Vor- und Nachteile beider Verfahren kurz tabellarisch vor (Tab. 2).

Tab. 2 Die endoskopische und chirurgische Vollwandresektion im Vergleich

Die von Schmidt et al. jüngst publizierte Studie zur FTRD im Kolon weist mit 25 Patienten das bislang größte multizentrisch erhobene Kollektiv auf, das vor der offiziellen Markteinführung 2014 erfasst wurde [14]. Eine R0- bzw. Vollwandresektion wurde in 75 bzw. 87,5 % und in unserer Serie in 80 bzw. 60 % der Patienten erzielt.

Erfahrungen zur FTRD im Rektum bzw. im rektosigmoidalen Übergang beschränken sich hingegen auf wenige kleine Fallserien zwischen ein und zwei Patienten, wobei die vollständige Resektion der Rektumwand aufgrund ihrer Dicke und Anatomie nicht immer gelang [1416]. Unsere Ergebnisse zeigen die Tendenz einer zunehmend erfolgreichen Vollwandresektion im mittleren bis oberen Drittel, weisen aber mit 54 % aller behandelten Befunde in die gleiche Richtung.

Die Abweichungen von den histologisch eindeutigen Vollwandresektionen der Kollegen Schmidt et al. im Vergleich zu unserer Fallserie und bezogen auf das Gesamtkollektiv ist deshalb am ehesten auf ein Bias zurückzuführen, das sich in unserem Kollektiv durch die hohe Anzahl an Resektionen im Rektum (n = 11 vs. n = 2) begründet.

Wandstarke Organabschnitte (unteres Rektum) und durch Vorbehandlungen (inkomplette Polypektomie, endoskopische Injektionen aufgrund stattgehabter Blutungen) oder durch Entzündungen narbig bzw. fibrotisch verändertes Gewebe scheinen, entsprechend den Indikationen für den OTSC-Clip, Prädiktoren für die unvollständige Aufnahme des Gewebes in die Applikationskappe bzw. eine inkomplette Wandresektion zu sein [3, 14]. Dennoch sehen wir in diesen Fällen keine Kontraindikation in der Anwendung am Rektum, sofern eine ausreichende Resektionstiefe mit R0-Situation besteht und im Falle eines malignen Befundes, bei Überschreitung der für das FTRD-System maximal geeigneten Infiltrationstiefe, eine leitliniengerechte onkologische Therapie eingeleitet wird. Andererseits sind unsere guten R0-Ergebnisse aufgrund der hohen Rate an nachresezierten und primär randbildenden Befunden zu relativieren, da sich in den endgültigen FTRD-Resektaten häufig nur noch fibrotisches Gewebe diagnostizierten ließ (n = 8).

Limits und Komplikationen

Ein limitierender Faktor ist das ca. 3 cm3 fassende Volumen der Applikationskappe. Die erzielten Durchmesser bzw. Flächen der tierexperimentell gewonnenen Resektate werden in der Literatur mit 3,3 bzw. 16 cm2 [6, 17] angegeben und erweisen sich mit einem mittleren Durchmesser von 2,4 cm bei Humanpräparaten mit entsprechender Pathologie als deutlich kleiner [14].

Die mediane Befundgröße der Resektate unserer Fallserie beträgt 4,6 cm2. Im Rahmen des Verarbeitungsprozesses entstehen aus dreidimensionalen Präparaten zweidimensionale Schnitte, die sich auf Länge und Tiefe beschränken, wobei die Schnittlängen in der Literatur häufig als Durchmesser der Präparate herangezogen werden. Gerade im Hinblick auf die Art des zu resezierenden Befundes (bspw. primärer Befund: Vollwand mit flacher Neubildung oder sekundäre Nachresektion: Vollwand mit Reststiel nach Polypektomie etc.) ist keinesfalls immer von runden symmetrischen Präparaten auszugehen. Aus diesen Gründen geben wir zur besseren Aussagekraft das Flächenmaß an, das von unseren Pathologen vor dem Präparateschnitt erhoben wurde. Eine primäre FTRD eignet sich nicht für gestielte Polypen, deren Durchmesser den der Applikationskappe überschreiten sowie Polypen, die von ihrem Durchmesser zwar in die Applikationskappe passen, aber deren Länge die Kappe bereits ausfüllen würden, sodass für die Aufnahme von Rektum- bzw. Kolonwand nicht mehr genügend Platz bestünde. Exophytische Befunde dieser Art, die uns bspw. inkomplett polypektomiert vorgestellt werden, resezieren wir konventionell nach und stellen in Abhängigkeit der Polypenbasis die Indikation zur FTRD (Patient Nr. 7).

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass je nach Gewebeaufnahme (zentral/dezentral der Zielläsion) und Mobilität der Mukosa (insbesondere im Falle der Nachresektion eines Polypenstiels) die Gesamtresektionsfläche nicht per se einer Vollwandresektion gleichzusetzen ist. Das Präparat Nr. 14 unseres Kollektivs (Nachresektat, Stiel mit Vollwand) verdeutlicht diese Konstellation. In diesem Fall betrug das Verhältnis Gesamtresektionsfläche zur Fläche Vollwand 12,9 cm2:2,25 cm2.

Prinzipiell ist mit ähnlichen Komplikationen (Fehlplatzierung, Clipinsuffizienz, technisches Versagen eines oder mehrerer Arbeitsschritte, Lumenstenose oder Clipfixierung des Greifinstruments) wie sie bei der Anwendung des OTSC-Systems auftreten können, zu rechnen [35, 18]. Insbesondere eine Fehlplatzierung des Clips oder das Verrutschen der Applikationskappe bzw. die Neuaufnahme des bereits per Clip duplizierten Gewebes bei Verlust können, sofern unbemerkt, fatale Folgen haben. Zur Sicherheit ist die Basis der Zielläsion mit einer zirkulären oder semizirkulären Koagulationsmarkierung zu versehen. Diese kann anschließend, sofern der Befund zentral fixiert und aufgenommen wird, durch die transparente Applikationskappe zumeist einfach visuell kontrolliert werden. Ferner empfiehlt es sich während der Arbeitsschritte „Clipapplikation“ und „Resektion“ darauf zu achten, dass der Greifer über dem Arbeitskanal manuell fixiert und geschlossen bleibt, um das Gewebe fest in der Applikationskappe zu halten.

Tipps und Tricks

Eine Verletzung bzw. Resektion benachbarter und hinter der Zielläsion gelegener Strukturen, insbesondere dem Kolon anliegenden Dünndarmschlingen, ist in der Literatur bislang nicht beschrieben. Dennoch ist dieses Risiko aufgrund der Größe der Applikationskappe grundsätzlich in Betracht zu ziehen und lässt sich am ehesten vermeiden, indem die Zielläsion ausschließlich mit dem Greifer in die Applikationskappe aufgenommen und nicht primär angesaugt wird, wie das bspw. im Rahmen der Blutstillung mittels artverwandtem OTSC-Clip gängige Praxis ist.

Die primäre Entfernung des FTRD-Clips mithilfe eines Laser oder dem zwischenzeitlich kommerziell angebotenen DC-Cutter (Ovesco, Germany) ist im Falle einer akuten Fehlplatzierung und indizierten Neuanlage oder im Rahmen einer iatrogenen Perforation zur Vorbereitung eines endoskopischen Gewebeverschlusses relativ einfach möglich [19]. Sekundäre, nach längeren Intervallen vorzunehmende Clipentfernungen können sich mitunter als schwierig erweisen. Eine ausgeprägte Granulationsbildung kann die Identifikation der gegenüberliegenden Clipspangen beeinträchtigen, wodurch die Anwendung des Lasers oder DC-Cutters erschwert werden. Gerade bei letzterem müssen die gegenüberliegenden Clipspangen zwischen die relativ kurzen Elektroden des Instruments positioniert werden, um den Clip erfolgreich zu „sprengen“. Zudem ist bei einer Laseranwendung das Risiko eines thermischen Spätschadens zu beachten. Insgesamt dürfte die Indikation zur Clipentfernung jedoch sehr selten sein. Während wir Over-The-Scope-Clips teilweise noch 14 Monate nach Applikation nachweisen, lösen sich die FTRD-Clips nach wenigen Wochen bis Monaten von selbst. Unsere Erfahrungen beschränken sich in Bezug auf unser Gesamtkollektiv an OTSC/FTRD-Applikationen (n ≥ 140) auf drei Entfernungen, wovon eine primäre FTRD- und OTSC-Entfernung problemlos gelang (Patient Nr. 1, 6). Die Extraktion eines OTSC-Clips im Rektum gestaltete sich mit DC-Cutter und Laser hingegen frustran. Dieser wurde aufgrund einer F1a-Blutung nach Polypektomie gesetzt und sollte zur Vorbereitung für eine FTRD vier Wochen später wieder entfernt werden, nachdem sich in der Histologie ein T1-sm1-Karzinom zeigte. Der Patient wurde daraufhin operativ versorgt (dieser Patient ist dem FTRD-Kollektiv nicht zugeordnet).

In unserer Behandlungsserie registrierten wir drei schwere technische Versager. In zwei Fällen brach die Schlinge, ohne dass sich diese freisetzen ließ. In einem Fall konnte die Schlinge nicht vollständig ausgelöst werden, da sich die Schlingenlitze im Handstück verschoben hatte. In der daraufhin initiierten Fehleranalyse zeigte sich ein Missverhältnis in der Relation zu der am Schlingengriff aufzubringenden und der zur Schlingenfreisetzung tatsächlich benötigten Kraft um den Faktor 15. Diese Resultate veranlassten die Firma zu einer produktionstechnischen Optimierung des Schlingengriffs, der Schlingenlänge und Führung in der Applikationskappe, mit dem Resultat, dass nun eine spürbar reduzierte Kraft am Handgriff aufzuwenden ist, um die Schlinge im Rahmen der Geweberesektion in der Applikationskappe freizusetzen. Dennoch sollte der Schneidestrom erst nach Freisetzung der Schlinge betätigt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass die Schlinge in die Applikationskappe einbrennen kann.

In Abhängigkeit der Lokalisation der Zielläsion, Identifikation sowie Lage bzw. dem Winkel des FTRD-Clips zur Darmwand ist nach einer erfolgreichen Clipapplikation, aber frustranen FTRD-Resektion eine sichere konventionelle Schlingenpositionierung oberhalb des Clips nicht immer möglich. Nach unseren Erfahrungen und einem zu verzeichnenden thermischen Spätschaden mit nachfolgender Kolonsegmentresektion raten wir in diesen Fällen anstatt einer konventionellen Polypektomie eine kontrollierte operative Revision in Erwägung zu ziehen.

Wir sind dazu übergegangen, im Vorfeld mithilfe einer auf das Endoskop aufsteckbaren Abstandskappe den Mobilisierungsgrad der zu resezierenden Zielläsion zu überprüfen. Mittlerweile werden von der Firma Ovesco aufsteckbare Abstandskappen zur Verfügung gestellt, die den genauen Dimensionen der FTRD-Resektionskappen entsprechen. Auf diese Weise gewinnt der Untersucher bereits im Rahmen der Screeningkoloskopie wertvolle Informationen über Gewebemobilität, Abschätzung der zu resezierenden Fläche, Zeitaufwand und ggf. durch präformierte Stenosen zu erwartende Schwierigkeiten.

Zusammenfassend wurde mit dem neuen FTRD-System nach unseren ersten Ergebnissen eine effektive endoskopische Technik entwickelt, mit der sich kolorektale Vollwandresektionen bis zu einer limitierten Größe bei verschiedenen Indikationen minimal-invasiv, sicher und mit gutem R0-Ergebnis realisieren lassen. Eine prospektive Multicenterstudie zur Verifizierung der Praktikabilität und Effektivität ist initiiert.

Fazit für die Praxis

  • Das Full-Thickness-Resection-Device (FTRD) ist eine für den erfahrenen interventionellen Endoskopiker schnell erlernbare Methode zur Vollwandresektion im Kolon und Rektum. Die Indikationen reichen dabei von Adenomen mit „nonlifiting lesions“ und inkomplett abgetragenen Neubildungen, über unklare subepitheliale Befunde, neuroendokrine Tumoren primär oder nach unvollständiger Abtragung, Adenome im Bereich der Appendixbasis, an oder in Divertikeln bis hin zu Karzinomen mit einer Eindringtiefe von < 1000 µm ohne Lymphgefäßinvasion.

  • Limitierende Faktoren sehen wir in der empfohlenen resezierbaren Größe (≤ 3 cm) der Zielläsion, der eingeschränkten Vollwandpräparation in Organabschnitten mit dicker Wandung (tiefes Rektum), Gewebefibrosierung und die derzeitige Anwendungsbeschränkung auf den unteren Gastrointestinaltrakt. Kolonstenosen sollten primär identifiziert werden und das Vorspiegeln in das hohe Kolon gestaltet sich mit dem FTRD-Aufsatz anspruchsvoll. Darüber hinaus können bereits kleinere Stuhlverunreinigungen die Sicht außerordentlich erschweren und die Befunde sollten entgegen der bei der OTSC-Anwendung durchaus erlaubten Saugtechnik aufgrund der Größe der FTRD-Kappe nur mit der Zange gefasst werden, um außerhalb des Kolons liegende Strukturen nicht zu verletzen.

  • Wir sehen die für die OTSC-Anwendung beschriebenen Prädiktoren für eine inkomplette Abtragung analog auf das FTRD-System übertragbar. Insbesondere mehrfach vorbehandelte bzw. inkomplett resezierte oder aufgrund von Blutungskomplikationen nachbehandelte Befunde, insbesondere im Rektum, können aufgrund des reduzierten Mobilisierungsgrades und der schlechteren Fixierung des Gewebes mit der Fasszange das Risiko einer unvollständigen oder frustranen Resektion erhöhen.

  • Aus Gründen der Sicherheit, Ökonomie und Indikationsprüfung, inwiefern sich zumindest im Rektum nicht andere minimal-invasive Verfahren besser eignen könnten (TAMIS), empfehlen wir eine vorausgehende Simulation mittels gleichdimensionierter Aufsatzkappe.