Die intraoperative Parathormonbestimmung (IOPTH) in der Chirurgie des primären Hyperparathyreoidismus (PHPT) dient dem Ausschluss einer vorliegenden Mehrdrüsenerkrankung. Bedeutung hat dies insbesondere für die minimal-invasiven Operationsverfahren und unilateralen Explorationen, bei denen auf die makroskopische Darstellung aller Nebenschilddrüsen (NSD) verzichtet wird. Der zusätzliche Gewinn der IOPTH-Anwendung hängt dabei im Einzelfall von der begleitenden Diagnostik ab. Im Fall konkordanter Nebenschilddrüsenadenom-Lokalisationsdiagnostik (Ultraschall und MIBI-SPECT-Szintigraphie) ist die Sicherheit der Differenzierung zwischen Ein- und Mehrdrüsenerkrankung durch IOPTH nur noch wenig zu erhöhen. Andererseits haben die Erfahrungen mit dem Einsatz der IOPTH gezeigt, dass Makroskopie und Funktionszustand der NSD durchaus divergieren können. Der routinemäßige Einsatz der IOPTH wird daher vor allem unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt diskutiert. Darüber hinaus existiert derzeit kein allgemeiner Konsens über das sogenannte Erfolgskriterium, d. h. das Absinken des intraoperativen PTH hinsichtlich des Zeitpunkts und des Ausmaßes bezogen auf den Basalwert vor Operationsbeginn bzw. vor Entnahme der hyperaktiven (vergrößerten) NSD. Das Erfolgskriterium des IOPTH zur Differenzierung zwischen Eindrüsen- und Mehrdrüsenerkrankung als „biochemischer Schnellschnitt“ steht damit derzeit im Mittelpunkt der Diskussion über den Einsatz dieser Methode beim PHPT.

Beim primären Hyperparathyreoidismus ist aufgrund zahlreicher Langzeituntersuchungen insbesondere infolge des kardiovaskulären Risikos der Hyperkalzämie nach allgemeinem Konsens nicht nur bei symptomatischen Formen, sondern auch bei Asymptomatik in der Regel die Indikation zur operativen Parathyreoidektomie (PTX) gegeben [2, 20, 29]. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass das Morbiditätsspektrum von Osteoporose, Knochenschmerz, Nephrolithiasis, eingeschränkter Nierenfunktion, Gastrointestinalulzera, Pankreatitis, Obstipation, arterioskleroseassoziierten Affektionen des Herz-Kreislauf-Systems, mnestischen Störungen sowie Ermüdbarkeit und Energieverlust durch die erfolgreiche Operation günstig beeinflusst wird [2, 18, 24, 29].

Die Diagnose der primären glandulären Überfunktion resultiert aus dem biochemischen Nachweis einer Hyperparathyrinämie und konsekutiven Hyperkalzämie bei normaler Nierenfunktion. Die biochemische Definition eines primären Hyperparathyreoidismus ist präziser als die morphologisch-makroskopische bzw. mikroskopische, da auch vergrößerte Nebenschilddrüsen zum Zeitpunkt der Operation eine normale Funktion aufweisen können [22]. Vor diesem Hintergrund hat die intraoperative Parathormonschnellbestimmung, eines Hormons mit nur ca. 4-minütiger Halbwertszeit, eine neue Dimension in der intraoperativen Definition des vorliegenden NSD-Funktionszustands eröffnet und damit vor allem den minimal-invasiven Operationsverfahren in Kombination mit der präoperativen Bildgebung zu weiter Verbreitung verholfen [9, 11, 12, 16, 17]. Dagegen ist die IOPTH ungeeignet, eine Langzeitaussage zur zukünftigen Funktion der verbliebenen NSD zu treffen, d. h. im Gegensatz zur PHPT-Persistenz kann die IOPTH ein PHPT-Rezidiv nicht prognostizieren.

Aktuelle Kontroversen und offene Fragen zum Einsatz von IOPTH beim PHPT sind:

  • Sollte IOPTH routinemäßig bei allen Operationsverfahren mit limitierter Exploration empfohlen werden?

  • Was hat sich beim Einsatz der IOPTH in der klinischen Praxis hinsichtlich Basalwert, Abnahmeort und Manipulationswert bewährt?

  • Welches IOPTH-Erfolgskriterium nach Adenomexstirpation ist für die klinische Praxis das praktikabelste?

  • Sollte die IOPTH auch bei konventionellen offenen Operationsverfahren routinemäßig angewendet werden?

Definitionen und technische Aspekte

In der Praxis werden zur intraoperativen Schnellbestimmung des Parathormons (PTH) unterschiedliche kommerzielle, in einigen Institutionen auch eigene Assays verwendet. Die verfahrenstechnischen Untersuchungen weisen hinsichtlich der Testqualitäten und Untersuchungsdauer vergleichbare Ergebnisse der verfügbaren PTH-Assays auf, sodass ökonomische und logistische Kriterien der jeweiligen Institutionen die Auswahl beeinflussen [4, 8, 24].

PTH-Basalwert

Die in der Literatur unterschiedlich definierten Begriffe zur IOPTH-Anwendung erschweren den Vergleich und die Empfehlungen für die klinische Praxis. Der sog. IOPTH-Basalwert oder -Ausgangswert wird z. B. definiert als präoperativer Wert am Vortag der Operation, am Operationstag nach Intubation und vor Operationsbeginn, zum Zeitpunkt des Operationsbeginns, nach Exposition des NSD-Adenoms (NSDA) und vor Exzision, zum Zeitpunkt der NSDA-Exzision sowie der jeweils höchste dieser PTH-Werte.

Jede chirurgische Manipulation kann einen PTH-Anstieg bewirken

Bei der Entscheidung für den Basalwert sollte berücksichtigt werden, dass jede chirurgische Manipulation potenziell einen artefiziellen, transienten PTH-Anstieg bewirken und die nachfolgenden IOPTH-Bestimmungen beeinflussen kann, und dass PTH-Werte vom Vortrag zum OP-Tag durchaus relevant divergieren können, sodass die Interpretation des PTH-Abfalls erschwert wird. Um manipulationsbedingte PTH-Erhöhungen zu vermeiden, ist daher als Basalwert die PTH-Bestimmung direkt vor dem Operationsbeginn („pre incision“ anstatt „pre excision“) zu empfehlen [1, 3, 13, 24, 27].

PTH-Abnahmeort

In der Wahl des PTH-Abnahmeortes wird ebenfalls unterschiedlich vorgegangen. Einige Anwender bevorzugen eine peripher venöse Blutabnahme, andere dagegen die Abnahme „zentral“ aus den Halsvenen. Für die zentrale PTH-Abnahme ist zu berücksichtigen, dass der Wert erst später zur Verfügung steht, Manipulationsartefakte entstehen können und die PTH-Werte deutlich höher liegen als peripher abgenommene. Die peripher venöse Blutentnahme zur IOPTH-Bestimmung wird daher von den meisten Anwendern bevorzugt [4, 8, 12, 14, 24].

Manipulationswert

Die Interpretation des IOPTH nach bereits eingetretener Manipulation, d. h. Präparation des infrage kommenden NSDA ist schwierig, da in der Regel ein PTH-Anstieg resultiert, der den Postexzisionsabfall des IOPTH verzögert und damit weitere (kostenträchtige) IOPTH-Bestimmungen erforderlich machen kann. Selten können aber auch niedrigere PTH-Werte verglichen mit dem „Pre-incision“-PTH resultieren, wenn bereits eine Devaskularisation des NSDA vorliegt. Aus den genannten Gründen ist der „Pre-incision“-PTH-Wert für den Vergleich mit dem Postexzisionswert besser geeignet, als der „Pre-excision“-PTH-Wert [3, 4, 7, 8, 13, 26].

Erfolgskriterium

Die Validität der IOPTH-Bestimmung beim PHPT wird daran gemessen, wie hoch die Übereinstimmung zwischen der intraoperativen und der postoperativen biochemischen Funktionsdiagnose ist. Dabei werden verschiedene Erfolgskriterien, in der Literatur benannt nach den Städte-bezogenen Arbeitsgruppen, verwendet, die sich nicht nur hinsichtlich des Abnahmezeitpunktes vor und nach Exzision des vermutlichen NSDA unterscheiden, sondern auch nach dem Gradienten, d. h. dem prozentualen Abfall des IOPTH nach der NSD-Entfernung [3, 6, 8, 10, 11, 15, 26, 27, 28] (Tab. 1).

Tab. 1 Erfolgskriterien der IOPTH-Bestimmung. (Mod. nach [8])

Ein ausführlicher Vergleich der gegenwärtig am Häufigsten verwendeten Erfolgskriterien liegt in den Arbeiten von Carneiro und Irvin, Carter und Howanitz sowie Chiu und De Vos vor [3, 4, 5, 6]. In der Praxis liegt der Vorteil eines standardisierten IOPTH-Erfolgskriteriums in der kalkulierbaren Interpretation und Zuverlässigkeit des gewählten Cut-off-Wertes. Andererseits gibt es Argumente, die dafür sprechen, im Einzelfall die zusätzlichen Informationen der präoperativen Bildgebung zu berücksichtigen, und einen strengeren bzw. weniger strengen Cut-off des IOPTH sinnvoll machen [13, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 24, 26, 27, 28, 29, 30, 31] (Tab. 1). Liegt eine konkordante Lokalisation bei typischen Befunden in Ultraschall und MIBI-SPECT-Szintigraphie vor, ergibt sich hieraus bereits eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Eindrüsenerkrankung. Ist dagegen die NSDA-Lokalisation in Ultraschall und MIBI-Szintigraphie negativ oder diskordant und damit die Wahrscheinlichkeit einer Mehrdrüsenerkrankung erhöht, kann ein strengeres IOPTH-Erfolgskriterium angezeigt sein. Bei Patienten mit deutlichem manipulationsbedingtem IOPTH-Anstieg bzw. geringem IOPTH-Ausgangswert und Einschränkung der Nierenfunktion kann ein IOPTH-Erfolgskriterium, das die individuelle Kinetik berücksichtigt, vorteilhafter sein.

Das „Halle-Kriterium“ weist hyperfunktionelles NSD-Gewebe am zuverlässigsten nach

Im eigenen Vorgehen wird die IOPTH-Bestimmung bei jeder HPT-Operation, sowohl beim PHPT als auch beim renalen HPT, angewendet [19]. Zum Einsatz kommt das vergleichsweise strenge IOPTH-Erfolgskriterium, sog. „Halle-Kriterium“, definiert als IOPTH-Abfall vom Basalwert (periphere venöse Blutentnahme nach Intubation, vorausgehend zum Hautschnitt) auf die Hälfte des oberen Normwertes (≤35 pg/ml, Referenzbereich 12–72 pg/ml) 15 min nachfolgend zur NSDA-Exstirpation. In der vergleichenden Analyse der eigenen Patienten zeigt sich, dass unter dem „Halle-Kriterium“ der Ausschluss nicht entfernten hyperfunktionellen NSD-Gewebes am zuverlässigsten gelingt, was am negativen Vorhersagewert sowohl bei Vorliegen einer Eindrüsen- als auch bei der Mehrdrüsenerkrankung deutlich wird. Nachteil dieses strengeren Kriteriums ist die gegenüber der 10-minütigen um 5 min verlängerte Wartezeit oder unnötige Konversion bei MIP-Verfahren bzw. unnötig erweiterte Exploration bei konventionell offener Parathyreoidektomie (Tab. 1).

IOPTH-Bestimmung

Bei fokussierten, minimal-invasiven und unilateralen Parathyreoidektomien

Es existiert heute ein breites Spektrum limitierter Operationsverfahren für den PHPT, das minimal-invasive, voll endoskopische und Hybridverfahren sowie offene fokussierte und unilaterale Zugangs- und Explorationsarten umfasst. Für die fokussierten Verfahren ist eine Lokalisationsdiagnostik erforderlich, um bei positiver Lokalisation durch Ultraschall und/oder MIBI-Szintigraphie Patienten für ein limitiertes Operationsverfahren auswählen zu können. [7, 9, 10, 11, 16, 17, 18, 24, 30, 31, 32]. Die positive NSD-Adenom-Lokalisation macht das Vorliegen einer Eindrüsenerkrankung sehr wahrscheinlich [7, 18, 31]. Bei dieser Konstellation stellt die IOPTH-Bestimmung eine wichtige Bestätigung dar, dass kein weiteres hyperfunktionelles Nebenschilddrüsengewebe vorliegt. Riss et al. konnten zeigen, dass die routinemäßige IOPTH-Bestimmung bei lokalisiertem PHPT in 99,1% gegenüber 95% ohne IOPTH eine PHPT-Persistenz ausschließen konnte [23].

Im eigenen Vorgehen wird bei biochemischem Nachweis eines PHPT und typischem Ultraschallbefund eines NSDA keine weitere Bildgebung durchgeführt. Liegt eine MIBI-Szintigraphie vor und sind die Befunde zur Lokalisation konkordant, so wird individuell befundabhängig (z. B. synchrone Schilddrüsenresektion) eine minimal-invasive videoassistierte Parathyreoidektomie (MIVAP) oder MIP-Verfahren geplant. Gelingt sonographisch keine Lokalisation und es besteht keine Indikation zum begleitenden Schilddrüseneingriff, so wird zum Ausschluss eines ektopen NSDA und Ermöglichung eines fokussierten Vorgehens eine MIBI-Szintigraphie durchgeführt.

Intraoperativ wird gemäß dem „Halle“-Erfolgskriterium bei adäquatem Abfall auf ≤35 pg/ml 15 min nach NSDA-Exstirpation der Eingriff beendet. Erreicht das IOPTH lediglich den Normbereich, so erfolgt eine weitere IOPTH-Kontrolle. Bei weiterem PTH-Abfall kann der Eingriff beendet werden, bleibt dieser aus oder zeigt das PTH gar einen erneuten Anstieg, so wird die Exploration fortgesetzt (bilaterale MIP- bzw. MIVAP oder Zervikotomie und konventionell bilaterale Exploration). Bei ausbleibender Lokalisation der gesuchten hyperaktiven Nebenschildrüse(n) erfolgt im eigenen Vorgehen vor weiterer Exploration entsprechend des embryologischen Deszensus oder Thyreoidektomie eine bilaterale Jugularvenenblutentnahme zur PTH-Bestimmung in Kombination mit der Peripherblutentnahme. Bei weiterhin negativer Exploration und ausbleibendem PTH-Abfall wird der Eingriff zugunsten einer erneuten bzw. erweiterten NSDA-Lokalisationsdiagnostik beendet (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

IOPTH-Algorithmus beim PHPT und MIP-/fokussiertem Vorgehen. CT Computertomographie, MIBI Sestamibiszintigraphie, min Minuten, MIP minimal-invasive offene (fokussierte) Parathyreoidektomie, MIVAP minimal-invasive videoassistierte Parathyreoidektomie, MRT Magnetresonanztomographie, NSDA Nebenschilddrüsenadenom, PHPT primärer Hyperparathyreoidismus, PTX Parathyreoidektomie, IOPTH intraoperative Parathormonbestimmung, US Ultraschall, VJI-BE Vena-jugularis-interna-Venenblutentnahme

Das Ziel der IOPTH-Bestimmung bei den fokussierten Operationsverfahren ist vorrangig die Differenzierung zwischen Ein- und Mehrdrüsenerkrankung zum Zeitpunkt der Operation.

Sie ermöglicht es, nach der Nebenschilddrüsenadenomexstirpation mit größtmöglicher Sicherheit eine PHPT-Persistenz auszuschließen und den Eingriff zu beenden. Dagegen eignet sich die IOPTH-Bestimmung methodenspezifisch explizit nicht, vorab der Parathyreoidektomie zwischen einer Ein- oder einer Mehrdrüsenerkrankung zu unterscheiden oder die Entwicklung eines PHPT-Rezidivs zu prognostizieren, da die IOPTH-Bestimmung lediglich geeignet ist, den Funktionsstatus der Nebenschilddrüsen zum Zeitpunkt der Operation zu reflektieren. Damit kann mithilfe von IOPTH im Sinne eines biochemischen Schnellschnittes in der Regel die histopathologische Schnellschnittuntersuchung mit der Fragestellung nach Adenom vs. Hyperplasie der Nebenschilddrüsen, die erfahrungsgemäß auch in der Hand erfahrener Pathologen nicht adäquat beantwortet werden kann, ersetzt werden.

Bei konventionell offener Parathyreoidektomie und bilateraler Exploration

Der Nutzen der IOPTH-Bestimmung bei geplant bilateraler Exploration wird meist unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt diskutiert. Grundlage einer solchen ökonomischen Kalkulation ist die bereits hohe Erfolgsrate (>95%) bilateraler Explorationen ohne IOPTH, die auf der Darstellung aller 4 Nebenschilddrüsen und ihrer funktionellen Kategorisierung anhand der Größe und ggf. struktureller Auffälligkeiten beruht [1, 3, 13, 15, 22, 29]. Diese Argumentation lässt außer Betracht, dass es bei der Parathyreoidektomie beim PHPT intraoperativ nicht nur um den Nachweis hyperaktiver NSD vor, sondern auch den Ausschluss weiterer hyperaktiver NSD nach erfolgter Parathyreoidektomie geht. Gerade letzter ist mit der IOPTH-Bestimmung sehr viel sicherer, als dies je eine operative Exploration erlaubt.

Der Nutzen der IOPTH-Bestimmung liegt somit nicht nur in der (eher bestätigenden) Verifizierung eines NSDA, sondern im Ausschluss bzw. Nachweis einer Mehrdrüsenerkrankung, wenn nach initialer NSD-Entfernung PTH den Normbereich erreicht bzw. dies nicht erfolgt. Nur bei letzterer Situation ist dann eine weitere, ggf. aufwendige Zervikalexploration angezeigt (Abb. 2). Hieraus resultiert, dass die IOPTH-Bestimmung nicht nur bei fokussiertem, sondern auch konventionell-offenem Vorgehen ihre Berechtigung hat.

Abb. 2
figure 2

IOPTH-Algorithmus beim PHPT und KOP oder Rezidiv-/Persistenzoperation. CT Computertomographie, KOP konventionelle offene Parathyreoidektomie, MIBI Sestamibiszintigraphie, min Minuten, MRT Magnetresonanztomographie, PHPT primärer Hyperparathyreoidismus, PTX Parathyreoidektomie, IOPTH intraoperative Parathormonbestimmung, SVK selektiver venöser Parathormonstufenkatheter, US Ultraschall, VJI-BE Vena-jugularis-interna-Blutentnahme

Bei Rezidivoperationen

In der Rezidivsituation der PHPT-Operation wegen Persistenz oder Rezidiv ist der Nutzen der präoperativen NSD-Bildgebung ebenso wie auch der IOPTH-Bestimmung gut belegt [4, 8, 11, 18, 20, 29]. Bei negativer Bildgebung kann darüber hinaus die präoperative, oder wie oben dargelegt, intraoperative PTH-Bestimmung aus dem bilateralen Jugularvenenblut die Seitenlokalisation der gesuchten hyperaktiven Nebenschilddrüsen(n) ermöglichen [12, 14] (Abb. 2).

Die Entwicklung eines späteren PHPT-Rezidivs kann nicht ausgeschlossen werden

Das Ziel der präoperativen Bildgebung und des Stufenkatheters beim persistierenden oder rezidivierenden PHPT ist vor allem der Ausschluss bzw. Nachweis eines von zervikal nicht erreichbaren mediastinal gelegenen NSD-Fokus, der heute in vielen Fällen durch thorakoskopischen Zugang ohne Sternotomie erreicht und beseitigt werden kann [24]. Gerade beim Rezidiveingriff eines PHPT kommt bezüglich der Frage der IOPTH-Bestimmung das Argument zum Tragen, nach Entfernung des fraglich hyperaktiven Nebenschilddrüsengewebes Sicherheit zu erlangen, dass keine weitere Quelle hyperaktiven NSD-Gewebes vorliegt. Die größte Sicherheit liegt hier – verglichen mit der Sicherheit der chirurgischen Exploration – ganz eindeutig auf Seiten der IOPTH-Bestimmung.

Fazit für die Praxis

Die IOPTH-Bestimmung hat die intraoperative Entscheidungsfindung beim primären Hyperparathyreoidismus in mehrfacher Hinsicht sicherer gemacht: Sie ist nicht nur besser geeignet als die intraoperative Schnellschnitthistologie, zu verifizieren, dass hyperaktives Nebenschilddrüsengewebe entfernt wurde, sie ist darüber hinaus geeignet, mit hinreichender Verlässlichkeit festzustellen, wenn weiterhin hyperaktives NSD-Gewebe vorliegt, somit eine Mehrdrüsenerkrankung (MDE) besteht. Da die MDE der größte Risikofaktor für eine nicht erfolgreiche Exploration beim PHPT ist und weder Makroskopie noch Mikroskopie eine MDE verlässlich nachweisen oder ausschließen können, kommt der IOPTH-Bestimmung prinzipiell bei jeder PHPT-Operation ein besonderer Stellenwert zu. Nicht ausschließen kann jedoch die IOPTH-Bestimmung die Entwicklung eines späteren PHPT-Rezidivs.

Für die Praxis der IOPTH-Bestimmung ist entscheidend, dass definierte Standards hinsichtlich des verwendeten Erfolgskriteriums eingehalten werden. Je strenger das Kriterium, desto zuverlässiger die Voraussage einer Mehrdüsenerkrankung, aber desto größer das Risiko einer unnötig erweiterten Exploration, einer Zugangskonversion bei minimal-invasiver Technik mit entsprechend verlängerter Operationszeit. Deuten die Befunde auf eine Eindrüsenerkrankung hin (positive Bildgebung, kein diagnostischer oder anamnestischer Hinweis auf Mehrdrüsenerkrankung), so ist das praktikabelste Erfolgskriterium zur Wahrung eines fokussierten Vorgehens bei guter Erfolgsprognose das Miami-Kriterium. Sind die Befunde weniger zuverlässig oder unsicher, so wird der sicherere Nachweis bzw. Ausschluss einer Mehrdrüsenerkrankung durch den Cut-off-Wert des Wien- oder Halle-Kriteriums erreicht.

Bei der Güterabwägung des Einsatzes der IOPTH-Bestimmung bzw. der Wahl des Erfolgskriteriums sind im Einzelfall Vorteile (bessere Erkennung der Mehrdrüsenerkrankung) und Nachteile (höhere Rate unnötiger erweiterter Explorationen) sorgfältig abzuwägen. Entscheidend bleibt, wie in der Ära vor Einführung der IOPTH-Bestimmung, die chirurgische Erfahrung in der Nebenschilddrüsenchirurgie und der Einsatz einer Methodenwahl, die bestmöglich erfolglose Explorationen, aber auch persistierende Hyperkalzämien bei primär nicht erkannter Mehrdrüsenerkrankung vermeidet.