Die Peritonealkarzinose bei Patienten mit kolorektalen Karzinomen galt lange Zeit als terminale Krankheitsmanifestation und wurde palliativ behandelt. Im Zentrum der Behandlung stand die systemische Chemotherapie. Die Rolle der Chirurgie beschränkte sich auf palliative Eingriffe zur Prophylaxe oder Therapie tumorbedingter Komplikationen wie Stenosen oder Blutungen. Mit Einführung der zytoreduktiven Chirurgie in Verbindung mit der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie steht nun seit etwa einer Dekade ein neues Behandlungsregime zur Therapie des peritoneal metastasierten Kolonkarzinoms zur Verfügung, durch dessen Einsatz sich das Überleben betroffener Patienten weiter verbessern lässt.

Das kolorektale Karzinom ist die häufigste maligne Erkrankung des Gastrointestinaltraktes. Seine Inzidenz ist in den letzten 20 Jahren in Europa von 10–15 auf 15–25 pro 100.000 Einwohner gestiegen. Die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland wird für Männer und Frauen auf je etwas über 35.000 pro Jahr geschätzt. Darüber hinaus ist das kolorektale Karzinom mittlerweile für etwa 15% aller Krebstodesfälle verantwortlich und damit geschlechtsübergreifend die zweithäufigste Krebstodesursache (Robert-Koch-Institut, 2006). Trotz der Verbesserung von Diagnostik und Vorsorge zeigt ein nicht unerheblicher Teil der Patienten bereits bei Diagnosestellung ein fortgeschrittenes Tumorstadium.

Bei über 10% der Patienten mit kolorektalen Karzinomen findet sich bei der Erstdiagnose eine peritoneale Metastasierung.

Diese kann das erste Anzeichen einer Tumorprogression sein und ist im Gegensatz zur hämatogenen Metastasierung ätiologisch als regionale Tumorausbreitung einzuordnen [10]. Bei etwa 25% der Patienten mit Peritonealkarzinose lassen sich keine zusätzlichen Fernmetastasen nachweisen [21]. Der natürliche Verlauf geht mit einer schlechten Prognose einher. In der französischen EVOCAPE-I-Studie mit 370 Patienten lag die mittlere Überlebenszeit der 118 Patienten mit kolorektalen Karzinomen und Peritonealkarzinose bei 6,9 und das mediane Überleben bei 5,2 Monaten [22].

Die Standardtherapie peritoneal metastasierter Kolonkarzinome ist die systemische Chemotherapie. Durch die Einführung neuer Zytostatika und den Einsatz von Immun- und Kombinationschemotherapien konnte das Überleben betroffener Patienten auf bis zu 20 Monate verlängert werden [15, 20]. Die meisten eingeschlossenen Patienten hatten allerdings hämatogene Metastasen, so dass die tatsächliche Wirkung der Chemotherapie auf die peritonealen Metastasen unklar bleibt.

Der Stellenwert der Chirurgie beschränkt sich bisher auf palliative Eingriffe

Während die chirurgische Therapie resektabler hepatischer Metastasen längst Einzug in die Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit kolorektalen Karzinomen gehalten hat, beschränkt sich der Stellenwert der Chirurgie bei Peritonealkarzinose auf palliative Eingriffe zur Prävention oder Therapie tumorbedingter Komplikationen wie Blutungen oder Stenosen. Mit der Einführung der parietalen und viszeralen Peritonektomie im Sinne einer kompletten makroskopischen Zytoreduktion steht erstmals auch eine chirurgische Therapieoption für einen Teil der Patienten mit peritoneal metastasiertem kolorektalem Karzinom zur Verfügung [26]. In Kombination mit hyperthermer oder normothermer perioperativer intraperitonealer Chemotherapie konnten die Überlebensraten signifikant verbessert werden [3, 12, 27, 28]. Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz dieses aggressiven Therapieregimes im Rahmen eines interdisziplinären Behandlungskonzeptes ist allerdings eine konsequente präoperative Selektion geeigneter Patienten.

Am Klinikum der Universität Regensburg wurde zwischen März 2004 und Juli 2007 bei 178 Patienten mit diversen Tumorentitäten eine Peritonektomie mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie durchgeführt. Bei 40 Patienten lag der Peritonealkarzinose ein Kolonkarzinom zugrunde. In der vorliegenden Übersicht soll die komplette makroskopische Zytoreduktion mit intraperitonealer Chemotherapie als zentraler Bestandteil eines multimodalen Behandlungskonzeptes erläutert und das Patientenoutcome anhand der Literatur sowie anhand eigener Daten aufgezeigt werden.

Zytoreduktive Chirurgie

Das Ziel der chirurgischen Therapie beim peritoneal metastasierten kolorektalen Karzinom ist die komplette makroskopische Zytoreduktion. Grundlage ist die von Sugarbaker beschriebene parietale und viszerale Peritonektomie [26]. Aufgrund des häufig disseminierten Tumorbefalls muss die Operation je nach Verteilungsmuster bis hin zur ausgedehnten Multiviszeralresektion erweitert werden. Die notwendigen Eingriffe lassen sich nach Moran et al. wie folgt einteilen:

  • Hemikolektomie rechts, Omentektomie (Omentum majus/minus), Splenektomie,

  • diaphragmale Peritonektomie rechts/links,

  • Cholezystektomie und Resektion der Leberkapsel,

  • (partielle) Gastrektomie,

  • anteriore Rektumresektion, pelvine Peritonektomie, ggf. Hysterektomie und Adnektomie [17].

Der Eingriff wird in Steinschnittlage durchgeführt. Nach medianer Laparotomie erfolgt zunächst die Exploration des Abdomens und Reevaluation der Operabilität nach den in Tab. 1 aufgeführten Kriterien. Die eigentliche Resektion beginnt meist mit der Omentektomie des Omentum majus, das als so genannter „omental cake“ vollständig von Tumorzellen durchsetzt (Abb. 1) sein kann. In einigen Fällen muss aufgrund massiver Adhäsionen eine „En-bloc-Resektion“ mit dem Colon transversum erfolgen. Bei Milzbefall wird zusätzlich eine Splenektomie durchgeführt. Es folgt die schrittweise Abpräparation des Peritoneum parietale im linken Oberbauch bis zum Zwerchfellschenkel (Abb. 2 a). Gerota-Faszie und linke Nebenniere werden dargestellt, was durch die Mobilisation der linken Kolonflexur erleichtert wird. Selten ist bei Tumorinfiltration zusätzlich eine Zwerchfellteilresektion und anschließende Anlage einer Thoraxdrainage notwendig. Im Anschluss wird die Peritonektomie im rechten Oberbauch durchgeführt (Abb. 2 b). Hierzu ist die vollständige Mobilisation des rechten Leberlappens notwendig. Gegebenenfalls erfolgt auch auf der rechten Seite eine Zwerchfellteilresektion. Zudem müssen alle sichtbaren Tumorherde an der Leberoberfläche entfernt werden, was häufig mit einer Resektion großer Teile der Leberkapsel einhergeht. Es folgen Peritonektomie des Ligamentum hepatoduodenale unter Schonung des Leberhilus, Cholezystektomie sowie Resektion des Ligamentum falciforme und des Omentum minus.

Entscheidend für eine komplette Zytoreduktion ist die Exploration des Bereiches zwischen Lobus caudatus und Vena cava inferior.

Beim so genannten „Stripping“ der Bursa omenatlis werden ausgehend vom rechten Zwerchfellschenkel alle Tumorknoten einschließlich der vorderen Pankreaskapsel bis zur kleinen Magenkurvatur unter Schonung der A. gastrica sinistra reseziert. Je nach Tumordissemination kann eine (partielle) Gastrektomie mit anschließender Rekonstruktion der gastrointestinalen Passage notwendig sein (Abb. 2 c). Abschließend erfolgt die Peritonektomie im Bereich des kleinen Beckens. In einigen Fällen muss hierbei eine Blasendachresektion durchgeführt werden. Das Colon sigmoideum wird im mittleren Bereich durchtrennt, die A. mesenterica inferior ligiert und die Präparation unter Schonung der Ureteren komplettiert. Bei weiblichen Patientinnen kann bei Tumorinfiltration die Durchführung einer Hysterektomie und/oder Adnektomie notwendig sein. Das Rektum wird tief abgesetzt. Die Rekonstruktion durch maschinelle Deszendorektostomie erfolgt nach Abschluss der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC). Bei technisch schwierigen oder besonders tiefen Anastomosen wird ein protektives Loop-Ileostoma angelegt. Je nach Tumorbefall ist auch eine Resektion im Bereich des Douglas-Raumes unter Schonung des Rektums möglich (Abb. 2 d). Abschließend erfolgt die Einlage der Drainagen zur Durchführung der HIPEC. Diese dient der Zerstörung verbliebener, nicht sichtbarer Tumorzellen.

Tab. 1 Selektionskriterien für zytoreduktive Chirurgie und hypertherme intraperitoneale Chemotherapiea
Abb. 1
figure 1

Omentum majus mit vollständiger Tumorinfiltration („omental cake“)

Abb. 2
figure 2

Intraoperativer Befund nach kompletter makroskopischer Zytoreduktion. a Rechter Oberbauch, b linker Oberbauch, c Lig. hepatoduodenale, d kleines Becken (Resektion des Douglas-Pouches unter Rektumerhalt)

Hypertherme intraperitoneale Chemotherapie

Der theoretische Vorteil der intraperitonealen Zytostatikaapplikation im Vergleich zur systemischen Chemotherapie liegt vorrangig in der erhöhten lokalen Wirkstoffkonzentration bei geringerer systemischer Toxizität. Durch Hyperthermie, 42–43°C, kann der zytostatische Effekt zumindest in vitro weiter verstärkt werden. So ist beispielsweise für Cisplatin eine bessere Gewebepenetration durch Hyperthermie experimentell nachgewiesen. Klinische Studien, die eine erhöhte intrazelluläre Zytostatikakonzentration belegen, liegen allerdings bisher nicht vor. In jedem Fall kommt es aber zu direkten zytotoxischen Effekten durch die Hyperthermie im Sinne von Proteindenaturierung, Apoptoseinduktion und Inhibition der Angiogenese.

Vorteil der intraperitonealen Zytostatikaapplikation ist die erhöhte lokale Wirkstoffkonzentration bei geringerer systemischer Toxizität

Die Applikation der intraperitonealen Chemotherapie erfolgt intraoperativ, früh postoperativ oder sowohl intraoperativ als auch früh postoperativ. Der Vorteil der intraoperativen Applikation liegt bei fehlenden Adhäsionen in einer homogenen intraabdominellen Zytostatikaverteilung. In den vorliegenden Studien kommen verschiedene Zytostatika zum Einsatz. Die häufigsten sind 5-Fluorouracil (5-FU) [16], Mitomycin C (MMC) [11, 23, 28] und die Kombination aus 5-FU und MMC [3, 14, 27]. In der von Kecmanovic et al. publizierten Studie wurde Floxuridin (FUDR) in Kombination mit Leukovorin (LV) eingesetzt [2]. Pilati et al. kombinierten in einer kleinen Serie mit 34 Patienten MMC mit Cisplatin [19]. In den meisten Fällen wurden die Zytostatika intraoperativ mit Hyperthermie [11, 14, 19, 23, 28] appliziert, in einigen Studien auch früh postoperativ ohne Hyperthermie [3, 16, 27]. In einer von Elias et al. publizierten prospektiven Phase-II-Studie wurde eine hypertherme intraperitoneale Chemotherapie mit Oxaliplatin und Irinotecan durchgeführt [6]. Dieses aggressivere Therapieregime ging allerdings mit einer deutlich erhöhten Morbiditätsrate (66%) einher. In einer weiteren Studie zeigte die HIPEC mit Oxaliplatin allein allerdings eine erhöhte Effizienz im Vergleich zu einer früh postoperativen normothermen intraperitonealen Chemotherapie (EPIC) mit MMC und 5-FU. Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug 54% in der HIPEC- und 28% in der EPIC-Gruppe. Die Morbiditätsraten waren vergleichbar [5]. Weitere Studien müssen zukünftig zeigen, mit welchem Protokoll die besten Langzeitergebnisse bei vertretbarer Morbidität und Mortalität erreicht werden.

Von unseren 40 Patienten mit peritoneal metastasierten Kolonkarzinomen erhielten 28 intraoperativ eine HIPEC (70%). Bei 9 Patienten wurde aufgrund inkompletter makroskopischer Zytoreduktion auf eine HIPEC verzichtet. Bei 2 weiteren Patienten wurde lediglich eine postoperative normotherme Chemotherapie durchgeführt. Im Wesentlichen kamen MMC und Doxorubicin (meist in Kombination) sowie Cisplatin zum Einsatz. Bei 14 Patienten wurde zusätzlich eine früh-postoperative normotherme intraperitoneale Chemotherapie durchgeführt. Entscheidungskriterium hierfür ist ein vollständig unauffälliger postoperativer Verlauf. Die vorliegenden Daten zeigen bereits, dass die Therapie weit von einer Standardisierung entfernt ist. Beim kolorektalen Karzinom kommen heute aber doch vorwiegend MMC und zunehmend auch Oxaliplatin zum Einsatz.

Prinzipiell kann die intraperitoneale Chemotherapie bei offenem und geschlossenem Abdomen durchgeführt werden. Aufgrund der geringeren Kontaminationsgefahr von Operateur und Operationssaal sowie der einfacheren Handhabung wird die geschlossene Methode meist bevorzugt. Hierzu wird die Haut oder Faszie und Haut verschlossen. Die Zytostatika werden über eine großlumige Inflow-Drainage intraabdominell appliziert. Der Abfluss erfolgt über 3 Outflow-Drainagen, die links und rechts subphrenisch sowie im Douglas-Raum platziert werden. Intraoperativ erfolgt die Applikation der hyperthermen Chemotherapie in 3,5–5 l Trägerlösung über ein Pumpensystem mit Wärmetauscher. Zunächst wird die kontinuierlich zirkulierende Trägerlösung erwärmt und das Zytostatikum schließlich bei einer Temperatur von 41°C zugesetzt. Je nach Protokoll dauert die Chemotherapie zwischen 30 und 120 min. In den meisten Zentren hat sich eine Anwendung über 60–90 min etabliert. Die Temperatur wird während dieser Zeit über mehrere Temperatursonden kontinuierlich überwacht.

Ziel ist es, eine intraabdominelle Temperatur von 41,5–42,5°C zu erreichen.

Niedrigere Temperaturen führen zu einer Verringerung des Hyperthermieeffektes, Temperaturen >45°C können zu Koagulationsnekrosen und Dünndarmleckagen führen. Abb. 3 zeigt den Temperaturverlauf während der intraperitonealen Applikation der hyperthermen Chemotherapie über die Drainage im Oberbauch.

Abb. 3
figure 3

Temperaturverlauf bei hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie. Inflow OB Temperatursonde im Oberbauch (Inflow-Drainage), Douglas Temperatursonde im Douglas-Raum

Morbidität und Mortalität

Die Morbiditätsraten nach zytoreduktiver Chirurgie und intraperitonealer Chemotherapie bei Patienten mit peritoneal metastasierten kolorektalen Karzinomen liegen in der Literatur zwischen 25% und 35%, die Mortalitätsraten zwischen 1,5% und 8% [7, 10, 13, 17, 25, 29] (Tab. 2). Im eigenen Patientengut lag die Morbidität bei 35% und die Mortalität bei 0%. Die Morbiditätsraten sind zum einen durch den ausgedehnten und häufig langen (bis zu 10 h) operativen Eingriff, zum anderen durch unerwünschte und toxische Zytostatikawirkungen bedingt. Hinzu kommen allgemeine peri- und postoperative Komplikationen. Zu den spezifischen operativen Komplikationen gehören enterale Fisteln und Anastomoseninsuffizienzen mit Abszessbildung, Peritonitis und Sepsis. Die Insuffizienzraten liegen in der Literatur zwischen 7 und 17% und sind mit denen anderer multiviszeraler Resektionen vergleichbar.

Eine weitere wichtige Komplikation ist angesichts der großen Wundfläche die Nachblutung.

Durch Einsatz der elektrovaporativen Chirurgie konnte der intraoperative Blutverlust allerdings erheblich gesenkt werden. Beim Stripping der Bursa omentalis besteht die Gefahr der Pankreasläsion und einer postoperativen Pankreatitis. Bei unseren Patienten war der postoperative Ileus (5 Patienten) die führende Komplikation, gefolgt von der Anastomoseninsuffizienz (4 Patienten). Zwei Patienten entwickelten intraabdominelle Abszesse und 2 Patienten eine Lungenembolie. Bei jeweils einem Patienten kam es zu einem Galleleck bzw. einer Pankreasfistel.

Tab. 2 Morbidität, Mortalität und Überleben nach zytoreduktiver Chirurgie

Nichtoperative Komplikationen betreffen nicht selten die Lunge. So kommt es postoperativ durch die Manipulation am Zwerchfell und den großen abdominellen Eingriff zu Pleuraergüssen, Atelektasen und Pneumonien. In unserem Kollektiv entwickelte ein Patient eine Pneumonie.

Im Rahmen der Chemotherapie sind u.a. zytostatikainduzierte Neutropenien beschrieben. Darüber hinaus kommt es zu additiven Effekten. In unserem Patientengut entwickelte ein Patient Herzrhythmusstörungen und 2 Patienten eine transiente Niereninsuffizienz. Insgesamt erscheinen Morbidität und Mortalität jedoch angesichts der signifikanten Überlebensvorteile vertretbar.

Langzeitergebnisse

Das Patientenoutcome wurde in zahlreichen Studien mit unterschiedlichem Evidenzniveau untersucht. Die meisten dieser Studien sind Beobachtungsstudien ohne Kontrollgruppen (Evidenzlevel 4) [4, 11, 12, 14, 19, 23]. Es liegen aber auch Ergebnisse von 2 randomisierten kontrollierten Studien (Evidenzlevel 1) [3, 28] und einer nicht randomisierten vergleichenden Studie (Evidenzlevel 3) [16] vor. Ein Teil der Ergebnisse dieser Studien ist in Tab. 2 zusammengefasst.

  • In der von Verwaal et al. publizierten randomisierten kontrollierten Studie mit 105 Patienten wurde eine Therapiegruppe mit Zytoreduktion und HIPEC mit Mitomycin C + Leukovorin und eine Kontrollgruppe mit palliativer Tumorresektion verglichen. Beide Patientengruppen erhielten eine postoperative systemische Chemotherapie mit 5-FU und Leukovorin. Da die Randomisierung präoperativ erfolgte, erhielten auch die Patienten mit inkompletter Zytoreduktion eine HIPEC. Die Patienten der HIPEC-Gruppe erreichten ein medianes Überleben von 22 Monaten im Vergleich zu 13 Monaten bei der Kontrollgruppe (p=0,03). Die Einjahresüberlebensraten betrugen 67% und 56%, die 2-Jahres-Überlebensraten 44% und 22% zugunsten der HIPEC-Gruppe [28].

  • In einer zweiten randomisierten, kontrollierten Studie wurde zytoreduktive Chirurgie mit und ohne früh-postoperative intraperitoneale Chemotherapie untersucht. Da innerhalb von 4 Jahren nur 35 Patienten eingeschlossen werden konnten, wurde die Studie vor Erreichen der geplanten Zahl von insgesamt 90 Patienten abgebrochen. Die 2-Jahres-Überlebensraten waren bis dahin mit 60% in beiden Patientengruppen identisch [3].

  • Mahteme et al. verglichen 18 Patienten mit Zytoreduktion und intraperitonealer Chemotherapie mit einer Kontrollgruppe (18 Patienten) mit alleiniger systemischer Chemotherapie. Das mediane Überleben lag bei 32 Monaten in der Therapiegruppe im Vergleich zu 14 Monaten in der Kontrollgruppe. Die 2-Jahres-Überlebensraten betrugen 60% und 10%, die 5-Jahres-Überlebensraten 28% und 5% [16].

Die Beobachtungsstudien zeigten mediane Überlebenszeiten zwischen 15 und 32 Monaten. Es fand sich jedoch in allen Studien ein signifikanter Vorteil für die Patienten, bei denen eine komplette makroskopische Zytoreduktion durchgeführt werden konnte. Die medianen Überlebenszeiten lagen hier zwischen 28 und 60 Monaten [4, 11, 12, 14, 19, 23].

Trotz eines aggressiven Therapieregimes mit kompletter Zytoreduktion und intraperitonealer Chemotherapie können etwa zwei Drittel der Patienten mit peritoneal metastasierten Kolonkarzinomen Rezidive entwickeln. In einer von Bijelic et al. publizierten Studie wurde dieses Phänomen genauer untersucht. Von 70 Patienten entwickelten 49 ein Rezidiv. Das mediane Überleben lag in dieser Gruppe bei 30 Monaten. Bei 26 Patienten wurde eine zweite Operation durchgeführt, was zu einer signifikanten Verlängerung des medianen Überlebens führte (39 vs. 20 Monate) [1]. Abhängig von der Lokalisation des Tumorrezidivs kann somit auch ein erneuter operativer Eingriff nach initialer zytoreduktiver Chirurgie und HIPEC bei ausgewählten Patienten sinnvoll sein.

Die vorliegenden Daten zeigen bereits, dass das Langzeitüberleben entscheidend durch die Radikalität des operativen Eingriffs beeinflusst wird. Die Überlebenszeiten nach kompletter Zytoreduktion (CCR0) liegen zwischen 17,8 und 39 Monaten, nach Resektion mit makroskopischen Residuen bis maximal 5 mm zwischen 12,5 und 24 Monaten und nach Resektion mit größeren makroskopischen Residuen nur noch zwischen 5 und 12 Monaten (s. auch Tab. 2) [3, 11, 12, 23, 27, 28, 29]. Letztere sind mit Überlebenszeiten ohne zytoreduktive Chirurgie vergleichbar.

Die Ergebnisse einer vergleichenden Studie mit 104 Patienten von Pestieau et al. legen darüber hinaus nahe, dass die besten Resultate bei Patienten mit synchroner Peritonealkarzinose erzielt werden. Bei 5 der 104 Patienten (5%) wurde die Peritonektomie und intraperitoneale Chemotherapie im Rahmen der Primäroperation durchgeführt. Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug bei diesen Patienten 100%. Bei den übrigen 99 Patienten mit metachroner peritonealer Metastasierung war die mediane Überlebenszeit 24 Monate nach kompletter (44 Patienten) und nur 12 Monate nach inkompletter Zytoreduktion (55 Patienten) [18]. Erste Auswertungen im eigenen Patientengut zeigen vergleichbare Ergebnisse. Für 20 Patienten liegen entsprechende Follow-up-Daten vor. Die Einjahresüberlebensrate betrug hier insgesamt 75%, für die Gruppe der Patienten mit kompletter Zytoreduktion 95% (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Einjahresüberlebensrate der Patienten mit peritoneal metastasierten Kolonkarzinomen nach zytoreduktiver Chirurgie und hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie, n=20

Darüber hinaus nehmen weitere Faktoren Einfluss auf die Überlebensrate (Tab. 3). So gehen weibliches Geschlecht und jüngeres Lebensalter [12] ebenso mit einer besseren Prognose einher wie ein guter präoperativer Allgemeinzustand [23]. Zudem korrelieren auch intestinale Obstruktion, Vorhandensein von Aszites sowie Vorhandensein oder Resektion von Leberfiliae mit schlechteren Überlebensraten.

Tab. 3 Prognostische Faktoren für das Überleben bei Peritonealkarzinose

Verwaal et al. konnten in einem Patientenkollektiv von 102 Patienten zeigen, dass das mediane Überleben auch von der Lokalisation des Primärtumors beeinflusst wird. Das mediane Überleben der 5 Patienten mit Rektumkarzinom betrug 16 Monate, das der 82 Patienten mit Tumorlokalisation im übrigen Kolon 21,6 Monate [28]. Ähnliche Ergebnisse wurden von Culliford et al. publiziert [2]. Wenngleich sich diese Unterschiede nicht in allen publizierten Serien nachweisen ließen [12], wurden die Rektumkarzinome bei der Auswertung der eigenen Daten bewusst ausgenommen. Nach Erreichen signifikanter Zahlen sind eine separate Auswertung dieser Patientengruppe und ein Vergleich mit den Kolonkarzinompatienten vorgesehen. Es ist allerdings zu vermuten, dass nicht die Lokalisation des Primärtumors allein, sondern auch weitere begleitende pathologische Faktoren eine wichtige Rolle spielen.

Patientenselektion

Entscheidend für den Therapieerfolg ist die Selektion geeigneter Patienten. Die Überlebensdaten zeigen, dass insbesondere Patienten mit kompletter makroskopischer Zytoreduktion von dem kombinierten Therapieregime mit intraperitonealer Chemotherapie profitieren. Eine konsequente präoperative Diagnostik inklusive Computertomographie (Abb. 5) des Thorax, Abdomens und Beckens mit oraler und intravenöser Kontrastierung sowie kompletter Koloskopie hat daher das Ziel, diese Patienten zu selektionieren. Bei unklarer extraabdomineller Metastasierung sollte ggf. weitere Diagnostik, z. B. PET, erfolgen [8].

Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang auch der Staginglaparoskopie zu, da mit ihrer Hilfe zum einen die Ausdehnung des peritonealen Befalls quantifiziert und zum anderen die Diagnose histologisch gesichert werden kann [9]. Dies gilt vor allem auch für die Fragestellung eines erneuten operativen Eingriffs bei peritonealem Rezidiv nach zytoreduktiver Chirurgie und HIPEC.

Die in Tab. 1 aufgeführten acht klinischen und radiologischen Variablen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer kompletten makroskopischen Zytoreduktion und dienen somit als präoperative Selektionskriterien [8].

Abb. 5
figure 5

Prä- und postoperative Computertomographie eines 40-jährigen Patienten mit peritoneal metastasiertem Kolonkarzinom, präoperativ: große intraabdominelle Tumormassen, postoperativ: Aszites, keine Tumorresiduen

Lernkurve

Wie bereits dargestellt, handelt es sich bei dem multimodalen Konzept zur Behandlung der Peritonealkarzinose gastrointestinaler Tumoren um eine sehr aufwendige Therapie, die nicht nur die Operation selbst umfasst, sondern auch alle weiteren beteiligten Fachdisziplinen von der präoperativen radiologischen Diagnostik bis hin zur onkologisch spezialisierten Rehabilitationsklinik. Naturgemäß ist im Rahmen der Etablierung dieses Therapieregimes mit einer Lernkurve zu rechnen, die sich allerdings nur schwer quantifizieren lässt. Im National Cancer Institute in Amsterdam wurden innerhalb einer Dekade 323 Eingriffe durchgeführt. Nach Einschätzung der Kollegen beträgt die Lernkurve 130 Zytoreduktionen mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie [24]. Weitere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Die Gruppe um Sugarbaker erreichte eine Reduktion der Mortalität von 5% auf 1,5% und der Morbidität von 35% auf 27% innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren [13, 25]. Moran et al. konnten Morbidität und Mortalität im Verlauf der ersten 100 Eingriffe ebenfalls signifikant senken [17]. Yan et al. verglichen bei 140 konsekutiven Eingriffen im Zeitraum von 1997 bis 2006 die ersten 70 mit den folgenden 70 bezüglich Mortalität und Morbidität. Die Morbiditätsrate konnte von 30% auf 10% reduziert werden. Die Mortalität sank von 7% in Gruppe I auf 1,4% in Gruppe II [30].

Die sichere Durchführung von zytoreduktiver Chirurgie und HIPEC ist an spezialisierte Zentren gebunden

Trotz der vergleichsweise geringen Patientenzahl zeigen sich bei der Auswertung der Patienten mit Kolonkarzinomen auch im eigenen Patientengut signifikante Unterschiede zwischen den ersten 20 (bis April 2006) und den folgenden 20 Eingriffen (ab Mai 2006). Die Morbiditätsrate ging von 45% auf 25% zurück. Insgesamt wurden bis April 2006 etwa 70 Peritonektomien bei diversen Tumorentitäten am Klinikum der Universität Regensburg durchgeführt, also eine mit den Daten von Yan et al. vergleichbare Anzahl. Eine detaillierte Auswertung der Gesamtmorbidität bei allen Tumorentitäten liegt noch nicht vor. Es ist aber zu erwarten, dass sich die für die Kolonkarzinompatienten gezeigte Reduktion der Morbiditätsrate auch im Gesamtkollektiv nachvollziehen lässt. Die Gesamtmortalität im eigenen Patientengut liegt derzeit bei 1,1%.

Diese Zahlen zeigen bereits, dass die sichere Durchführung des komplexen kombinierten Therapieregimes mit zytoreduktiver Chirurgie und HIPEC nicht zuletzt aufgrund der langen Lernkurve an spezialisierte Zentren gebunden ist.

Perspektiven

Die zytoreduktive Chirurgie in Kombination mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie war nach den ersten Erfahrungen mit einer erhöhten Morbidität und Letalität verbunden. Nachdem die Selektionskriterien für die Indikationsstellung herausgearbeitet werden konnten und in großen Zentren über 100 Patienten in dieser Art und Weise behandelt wurden, verbesserten sich die Ergebnisse so, dass die Behandlung inzwischen in Zentren mit einer verhältnismäßig niedrigen Letalität und einer vertretbaren Morbidität durchgeführt werden kann. Fallserien mit insgesamt über 1000 Patienten wurden weltweit publiziert und auch im Rahmen einer prospektiv randomisierten Studie die prognostischen Vorteile für ein hoch selektioniertes Patientengut dargestellt. Bei ca. 3% aller Patienten mit Peritonealkarzinose eines kolorektalen Karzinoms kann die Behandlung in der dargestellten Form erfolgen. Dies würde also allein in Deutschland 2000 Prozeduren pro Jahr bedeuten. Derzeit werden dennoch jährlich maximal 200 Patienten bundesweit mit zytoreduktiver Chirurgie und intraperitonealer Chemotherapie behandelt. Die Therapie wird in vielerlei Hinsicht kritisch betrachtet. Zum einen liegen lediglich Daten einer einzigen Phase-III-Studie vor, zum anderen ist die präoperative Selektion trotz CT, MRT und Laparoskopie noch unbefriedigend. Insbesondere für die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie gibt es bisher keine Standardisierung bezüglich der eingesetzten Substanzen auf Grundlage der vorhandenen experimentellen Daten und vor allem keine Phase-III-Studie, die diesen Behandlungsteil gezielt untersucht hat.

Für die HIPEC gibt es keine Standardisierung bez. der eingesetzten Substanzen

Die Peritoneal Surface Oncology Group bemüht sich seit Jahren entsprechende Studien zu initiieren. Auch die deutsche Gruppe im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für Viszeralchirurgie (DGVC) hat in den letzten 1 ½ Jahren versucht, Phase-III-Studien zur Beurteilung der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie bei Peritonealkarzinose und Kolonkarzinom zu initiieren. Es wären jedoch nach Durchführung der Fallzahlkalkulationen mindestens 350 Patienten pro Arm notwendig gewesen. Diese Zahl ist innerhalb von 2 Jahren derzeit nicht realisierbar. Eine ähnliche Studie versuchen die Kollegen des Institute Gustave Roussy in Paris zu initiieren. Eine holländische vergleichende Phase-III-Studie soll die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie mit Oxaliplatin oder Mitomycin untersuchen. In den USA wird an einem Protokoll gearbeitet, welches die niederländische Studie diesmal um eine verbesserte systemische Chemotherapie und die Möglichkeit des Cross-over zwischen den beiden Therapiearmen bei Therapieversagen ergänzt.

In Zusammenarbeit mit der AIO ist von der Arbeitsgemeinschaft Chirurgische Onkologie der DGVC ein Protokoll einer randomisierten Phase-II-Studie erstellt worden, welche die Wertigkeit der systemischen Therapie einschließlich Kombinationschemotherapie und monoklonaler Antikörper im Rahmen des multimodalen Behandlungskonzeptes untersuchen soll. Die Genehmigung der beantragten Finanzierung der Studie steht noch aus.

Es bleibt somit abzuwarten, inwiefern die oben genannten klinischen Studienprojekte, aber auch experimentelle Untersuchungen insbesondere hinsichtlich der intraperitonealen Chemotherapie einzelne Komponenten des Behandlungskonzeptes bestätigen und/oder modifizieren werden.

Fazit für die Praxis

Die zytoreduktive Chirurgie mit HIPEC ist ein innovatives Therapieregime für einen hoch selektionierten Teil von Patienten mit peritoneal metastasiertem kolorektalem Karzinom im Rahmen interdisziplinärer Behandlungskonzepte. Die aufgrund des aggressiven Vorgehens nicht unerheblichen Morbiditätsraten erscheinen ebenso wie die Mortalitätsraten aufgrund des in zahlreichen Studien belegten signifikanten Überlebensvorteils der Patienten durchaus vertretbar. Zudem können Morbidität und Mortalität nach Abschluss der Lernkurve signifikant gesenkt werden. Entscheidend für den Erfolg der Therapie ist eine komplette makroskopische Zytoreduktion. Es muss daher eine konsequente präoperative Diagnostik und Selektion geeigneter Patienten anhand der genannten Kriterien erfolgen. Hierbei spielt die Optimierung und Weiterentwicklung bildgebender Verfahren eine wichtige Rolle. Zudem sollte in unklaren Fällen immer die Möglichkeit einer Staginglaparoskopie mit Biopsieentnahme in Erwägung gezogen werden. Aufgrund der Komplexität des Eingriffes, der langen Lernkurve, der Notwendigkeit einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit und des nicht unerheblichen technischen Aufwandes erscheint eine Konzentration der Therapie an spezialisierten Zentren sinnvoll. Darüber hinaus müssen zukünftige prospektiv randomisierte Studien zeigen, inwieweit sich das Therapieregime durch den Einsatz diverser Zytostatika und die Integration in multimodale Behandlungskonzepte weiter verbessern und bei einer größeren Gruppe von Patienten anwenden lässt.