Die S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“, an der mehr als 10 Fachdisziplinen und 97 Leitlinienautoren mitgewirkt haben, gliedert sich in die Versorgungsabschnitte „Präklinik“, „Schockraum“ und „erste OP-Phase“. Insgesamt umfasst diese Leitlinie 454 Textseiten mit 264 Kernaussagen und einem differenzierten Hintergrundtext. Drei Jahre nach Veröffentlichung der Leitlinie ist es auch weiterhin eine wesentliche Aufgabe, die Kerninhalte dieser Leitlinie „auf die Straße zu bringen“.

Hintergrund

Die S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) wurde 2002 publiziert. Nachfolgend wurden weitere Initiativen zur Optimierung der Versorgung von Unfallopfern unternommen und die Entscheidung zur Entwicklung einer interdisziplinären und evidenzbasierten Leitlinie getroffen. Nachdem Anforderungen und Ziele formuliert und beteiligte Fachgesellschaften kontaktiert wurden, konnte 2005 mit der Arbeit in verschiedenen Arbeitsgruppen begonnen werden. Letztlich wurden 2009/2010 in 5 Konsensuskonferenzen die Ergebnisse zusammengetragen und die Kernaussagen abgestimmt. Am 22. Juli 2011 erschien unter Federführung der DGU die interdisziplinäre und fachübergreifend erstellte S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ [54] und in 2012 die 2. Auflage des Weißbuch Schwerverletztenversorgung der DGU [14]. Aufgrund des Entwicklungsprozesses umfasst die S3-Leitlinie allerdings lediglich Literatur bis zum Jahr 2009. Der vorliegende Beitrag soll daher einerseits einige der wesentlichen Kernaussagen der S3-Leitlinie repetieren und andererseits einen Überblick über neuere wissenschaftliche Studien gegeben. Neben internationaler Literatur werden speziell auch Ergebnisse nationaler Arbeitsgruppen und des TraumaRegister DGU® vorgestellt. Die dargestellte Literatur erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellt eine selektionierte Auswahl dar.

Atemwegsmanagement

S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletztenversorgung“

In der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletztenversorgung“ [54] wurde detailliert auf das prähospitale und innerklinische Atemwegsmanagement eingegangen (Tab. 1; [1]).

Tab. 1 Kernaussagen der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ zum Atemwegsmanagement. (Nach [54])

In einer „Matched-pair“-Analyse [26] aus den Datensätzen des TraumaRegister DGU® der Jahrgänge 2005–2008 mit hochselektiven Auswahlkriterien [primär in einem Krankenhaus zur Aufnahme gekommen, Glasgow Coma Scale (GCS) zwischen 13 und 15 Punkte, maximaler Wert in der Abbreviated Injury Scale (AIS) ≤ 3, Alter ≥ 16 Jahre, keine Transfusion von Erythrozytenkonzentraten im Schockraum] wurden 2 Patientengruppen gebildet: einmal mit intubierten Patienten (n = 600) und einmal mit nichtintubieren Patienten (n = 600). Die Auswertung zeigte für intubierte vs. nichtintubierte Patienten eine längere Prähospitalphase (82 vs. 64 min, p ≤ 0,001), eine höhere Flüssigkeitssubstitution (1573 vs. 911 ml, p ≤ 0,001), deutlich reduzierte hämostaseologische Parameter [“prothrombin time“ 86 vs. 92 %, p ≤ 0,001; Hämoglobin(Hb)-Wert 7,45–8,06 mmol/l (12 vs. 13 mg/dl), p ≤ 0,001) sowie eine höhere Sepsis- (3,7 vs. 1,5 %, p ≤ 0,02) und Organversagensrate (23 vs. 9 %, p ≤ 0,001).

Fazit

Die endotracheale Intubation führt nicht zu einem besseren Behandlungsergebnis bei Traumapatienten, wenn keine klare Intubationsindikation vorliegt. Interessant an den oben genannten Auswahlkriterien war, dass keines gemäß den Empfehlungen der S 3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ eine Intubationsindikation darstellte. Es bleibt daher weiterhin unklar, ob die gerechtfertigte Intubation an sich zu einem schlechteren Behandlungsergebnis beim Traumapatienten führt.

Eastern Association for the Surgery of Trauma Practice Management Guidelines

Im Jahr 2012 wurde eine aktuelle Version der US-amerikanischen Leitlinie der Eastern Association for the Surgery of Trauma (EAST) Practice Management Guidelines (PMG) aus 2003 [16] zur Atemwegssicherung beim Traumapatienten publiziert [40]. Nachfolgend werden deren wesentliche Kernaussagen als Ergänzung zur S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ dargestellt: In Notfallsituationen soll eine Beurteilung des Atemwegs erfolgen, um potenzielle Risikofaktoren für Maskenbeatmung, Laryngoskopie und einen ggf. notwendigen chirurgischen Atemweg zu erkennen. Ein strukturiertes Beurteilungsinstrument kann hierbei Anwendung finden; vorgeschlagen wurde das „LEMON law“ (Tab. 2). Das LEMON law umfasst die Evaluation der vorliegenden Gesichtsphysiognomie (z. B. Gesichtsverletzungen, Bartträger), die „3-3-2 rule“ (Schneidezahnabstand, Hyoid-Mentale-Distanz und Thyroid-Mund-Abstand) als 3 etablierte Risikoparameter für eine erschwerte Einstellbarkeit der Stimmbandebene, den Mallampati-Score, die Beachtung von Atemwegsobstruktionen und das Vorliegen einer reduzierten Halswirbelsäulenmobilisation (z. B. anliegende HWS-Immobilisationsschiene). Es wurde empfohlen, dass bei signifikanten Hinweisen auf einen schwierigen Atemweg die Injektion von Muskelrelaxanzien mit Vorsicht zu erfolgen hat. Reserveoptionen und Equipment für den chirurgischen Atemweg sollen vorgehalten werden. Die endotracheale Intubation ist bei Traumapatienten mit folgenden Situationen indiziert: Atemwegsobstruktion, Hypoventilation, persistierende Hypoxämie [arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) ≤ 90 %] trotz O2-Gabe, schwere neurologische Beeinträchtigung [Glasgow Coma Scale (GCS) ≤ 8 Punkte], schwerer hämorrhagischer Schock und Herz-Kreislauf-Stillstand. Darüber hinaus kann die endotracheale Intubation bei Traumpatienten mit folgenden Situationen indiziert sein: Gesichts- oder Halsverletzungen mit Risiko für Atemwegsobstruktion, moderate neurologische Beeinträchtigung (GCS 9–12 Punkte), persistierende Abwehrbewegungen trotz pharmakologischer Therapie, Atemnot (ohne Hypoxie/Hypoventilation), präoperatives Management (z. B. schmerzhafte Verletzungen oder Prozeduren) und als frühzeitige Intubation bei Rückenmarkverletzungen mit respiratorischer Insuffizienz (C5 und darüber). Die endotracheale Intubation mithilfe der direkten Laryngoskopie (DL) wird als die Intubationstechnik der Wahl für Traumapatienten empfohlen. Auch in der EAST-Leitlinie wird die „rapid sequence induction“ (RSI) empfohlen, um eine adäquate Sedierung und Muskelrelaxation, Aufrechterhaltung einer hämodynamischen Stabilität, zerebralen Perfusion und adäquaten Oxygenierung, Prävention eines erhöhten intrazerebralen Drucks und Erbrechen bzw. Aspiration zu erreichen. Die Durchführung einer sicheren und effektiven RSI beinhaltet die Verfügbarkeit von erfahrenem Personal, Pulsoxymetrie, Aufrechterhaltung einer zervikalen Neutralstellung, Überprüfung der korrekten Tubuslage durch Auskultation und Kapnographie sowie die kontinuierliche Kapnographie bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma (SHT). Folgende Verfahren können helfen, wenn eine Intubation nicht durch eine DL erreicht werden kann: supraglottische Atemwegsalternativen (Larynxmaske, Combitubus, Larynxtubus), „gum-elastic bougie“, Videolaryngoskopie und chirurgische Krikothyreotomie. Die Krikothyreotomie wird als geeignet betrachtet, wenn eine Notfallintubation notwendig ist und nicht mithilfe der DL oder alternativen Techniken erreicht werden kann.

Tab. 2 „LEMON law“. (Nach [40])

Fazit

Besonders bemerkenswert sind die in der EAST-Leitlinie inhaltlich sehr nahe an die S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ herankommenden Empfehlungen zum Atemwegsmanagement bei Traumapatienten. Es wird klar formuliert, dass es bei entsprechender Indikation nicht die Frage ist, „ob“, sondern „wann“ und „wie“ eine Atemwegssicherung durchgeführt wird [40]. Es wird konstatiert, dass Verzögerungen eines adäquaten Atemwegsmanagements zu schweren Konsequenzen führen können und als wesentliche Gründe für vermeidbare Todesfälle im prähospitalen oder frühen innerklinischem Setting erkannt wurden.

Qualifikationsanforderungen

Eine der Kernaussagen der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ im Atemwegsmanagement lautet [54]:

Notärztliches Personal soll regelmäßig in der Notfallnarkose, der endotrachealen Intubation und den alternativen Methoden zur Atemwegssicherung (Maskenbeatmung, supraglottische Atemwegshilfen, Notfallkoniotomie) trainiert werden.

Aktuelle Untersuchungen unterstützen diese Aussage eindrücklich: Rognas et al. [53] untersuchten 636 prähospitale Atemwegssicherungen in einem von routinierten Anästhesisten besetzten Notarztsystem in Dänemark und fanden eine Intubationserfolgsrate von 99,7 %. Der „first pass success“ (Erfolg im 1. Intubationsversuch) betrug 77,6 % bei allen Intubationsmanövern und 85,8 % nach RSI. Die Häufigkeit von Komplikationen betrug 22,0 % (z. B. Hypotension 7,3 %, Hypoxie 5,3 %). Die Untersuchung verdeutlicht, dass die Rate an periinterventionellen Komplikationen auch in hochspezialisierten notärztlichen Versorgungssystemen hoch ist, aber durch den prähospitalen Einsatz von hochqualifizierten Anwendern im Atemwegsmanagement eine sehr hohe Erfolgsrate und Patientensicherheit erreicht werden kann.

Die Handlungsempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) zum präklinischen Atemwegsmanagement greift viele wertvolle Aspekte auf und stellt insbesondere die persönliche Erfahrung und die eigenen Kenntnisse in Abhängigkeit eines avisierten Intubationserfolgs als wesentliche Entscheidungshilfe in den Vordergrund [61]. Der in dieser Handlungsempfehlung enthaltende Algorithmus kann für die prähospitale Versorgung eine große Hilfestellung bieten. Die DGAI-Handlungsempfehlung führt zu den Qualifikationsanforderungen aus, dass die endotracheale Intubation als Goldstandard betrachtet wird. Dies gilt aber nur, wenn von dem Anwender mindestens 100 endotracheale Intubationen an Patienten unter Aufsicht dokumentiert wurden und nachfolgend 10 endotracheale Intubationen/Jahr zum Erhalt der Kenntnisse durchgeführt werden. Für alternative Atemwegshilfen gilt, dass wenn die erstgenannten Anforderungen für die Intubation nicht erfüllt werden, die supraglottische Atemwegshilfe als primärer Zugang gewählt werden kann, wenn 10 Anwendungen (unabhängig vom Typ der supraglottischen Atemwegshilfe) unter Aufsicht dokumentiert angewendet wurden und mindestens 3 supraglottische Atemwegshilfen/Jahr zum Kenntniserhalt angelegt werden. Die Anwendung von supraglottischen Atemwegshilfsmitteln wird bei der schwierigen Intubation empfohlen.

Aktuelle Untersuchungen unterstützen diese Angaben der DGAI-Handlungsempfehlung: So stabilisiert sich in einer monozentrischen prospektiven Untersuchung der Intubationserfolg bei Berufseinsteigern in das Fachgebiet Anästhesiologie erst ab rund 100–150 endotrachealen Intubationen [5] und ab 40 Anwendungen einer ProSeal™-Larynxmaske [42]. Die Berücksichtigung der ermittelten Lernkurven kann helfen, das minimale Maß an notwendiger Vorbereitung und Training in diesen wichtigen invasiven Techniken zur Atemwegssicherung abzuschätzen. Der First pass success unterlag in dieser Untersuchung auch einer deutlichen Lernkurve und entwickelte sich von 67 % nach den ersten 25 Intubationen auf 83 % nach 200 durchgeführten Intubationen [5].

Fazit

Selbst in hochspezialisierten Notarztsystemen treten periinterventionelle Komplikationen bei der Atemwegssicherung auf und müssen durch das erfahrene Rettungsdienstteam erkannt sowie behandelt werden. Eine adäquate Ausbildung in der endotrachealen Intubation und alternativer Methoden zur Atemwegssicherung ist daher unumgänglich.

Potenzieller Nutzen der Videolaryngoskopie

Von besonderem Interesse ist, dass in der EAST-Leitlinie explizit und deutlich zur Videolaryngoskopie bei Traumapatienten Stellung bezogen wird [40]:

Die Videolaryngoskopie kann signifikante Vorteile gegenüber der direkten Laryngoskopie bieten durch:

- Eine bessere Sicht auf die Glottis (Cormack/Lehane I/II)

- Höhere Intubationserfolgsrate bei Patienten mit anatomisch-bedingtem schwierigem Atemweg, fettleibigen und HWS-immobilisierten Patienten

- Höhere Intubationserfolgsrate bei unerfahrenen Atemwegsanwendern

Zahlreiche weitere Studien unterstreichen aktuell den Nutzen der Videolaryngoskopie für das Atemwegsmanagement in Notfallsituationen: In einer prospektiven Observationsstudie [7] an 80 Notfallpatienten (darunter 45 Traumapatienten, 10 davon mit Gesichtsverletzungen) war im Median nach 20 s (Range 5–300 s) erfolgreich intubiert worden. Der First pass success betrug 79 %. In einer Untersuchung von Kory et al. [34] zeigten sich bei wenig erfahrenen Anwendern deutliche Vorteile der Videolaryngoskopie im Vergleich zur DL bei Notfallintubationen hinsichtlich des First pass success [Videolaryngoskopie (n = 78): 91 vs. DL (n = 50): 68 %, p < 0,01], der Rate an ≥ 3 Intubationsversuchen bis zur erfolgreichen Atemwegssicherung (4 vs. 20 %, p < 0,01), der ösophagealen Fehlintubationen (0 vs. 14 %, p < 0,01) und der durchschnittlichen Anzahl an Versuchen bis zur erfolgreichen Intubation (1,2 ± 0,6 vs. 1,7 ± 1,1, p < 0,01). De Jong et al. [11] fassten in einer systematischen Übersichtsarbeit randomisierte kontrollierte Untersuchungen mit prospektiven und retrospektiven Beobachtungsstudien zusammen: In 9 Untersuchungen wurden 2133 Patienten hinsichtlich DL (n = 1067) und Videolaryngoskopie (n = 1066) miteinander verglichen, mit Nachweis des verminderten Risikos einer erschwerten Intubation bei der Videolaryngoskopie [“odds ratio“ (OR) 0,29, 95 %-Konfidenzintervall (95 %-KI): 0,17–0,41, p < 0,001] und weniger ösophagealen Fehlintubationen. Darüber hinaus wurde durch Verwendung der Videolaryngoskopie der First pass success gesteigert (OR 2,07, 95 %-KI: 1,35–3,16, p < 0,001). Auch in einer anderen Untersuchung von De Jong et al. [12] zeigte sich eine Reduktion der schwierigen Laryngoskopie/Intubation durch Nutzung der Videolaryngoskopie [Videolaryngoskopie (n = 140): 4 % vs. DL (n = 70): 16 %, p = 0,01]. Noppens et al. [49] konnten in einer Untersuchung bei Patienten mit mindestens einem Prädiktor einer schwierigen Intubation für die Videolaryngoskopie im Vergleich zur DL einen höheren First pass success nachweisen [Videolaryngoskopie (n = 43): 79 % vs. DL (n = 38): 55 %, p = 0,03]. Im Rahmen der Videolaryngoskopie kam es weniger häufig zu Schwierigkeiten bei der Einstellung der Stimmbandebene (Cormack-Lehane-Grad 3/4 Videolaryngoskopie: 7 vs. DL: 20 %, p < 0,0001). Yeatts et al. [69] fanden hingegen in einer randomisierten und kontrollierten Untersuchung an Traumapatienten, die mithilfe der DL (n = 320) oder Videolaryngoskopie (n = 303) intubiert wurden, keinen Unterschied im First pass success (81 vs. 80 %, p = 0,46), aber geringgradig kürzere Zeitintervalle bis zum Intubationserfolg für die DL (Median 40 vs. 56 s, p < 0,001). Für Patienten mit SHT wurde ebenfalls ein längerer Zeitbedarf bis zur erfolgreichen Atemwegssicherung für die Videolaryngoskopie nachgewiesen (65 vs. 74 s, p < 0,003) und damit einhergehend eine höhere Desaturierungsrate (SaO2 < 80 %: 24 vs. 50 %, p = 0,004). In einer retrospektiven Analyse [49] wurden 750 endotracheale Intubationen in einer Notaufnahme untersucht, davon 255 mithilfe der Videolaryngoskopie und 495 mithilfe der DL. Der Intubationserfolg betrug bei der Videolaryngoskopie 97,3 % (95 %-KI: 94,4–98,9 %) im Vergleich zur DL mit 84,4 % (95 %-KI: 81,0–87,5 %). Der First pass success konnte durch Verwendung einer Videolaryngoskopie verdoppelt werden (OR 2,2; 95 %-KI: 1,2–3,8). Die Stimmbandebene konnte mithilfe der Videolaryngoskopie deutlich besser eingesehen werden als mit DL (Cormack-Lehane-Grad I/II: 93,6 vs. 82,8 %). In einer weiteren retrospektiven Analyse [45] prospektiv erhobener Daten wurden 772 endotracheale Intubationen in einer Notaufnahme untersucht, hierbei wurden 505 (65 %) mithilfe der DL und 267 (35 %) mithilfe der Videolaryngoskopie intubiert. Der First pass success für die DL betrug 68 % und für die Videolaryngoskopie 78 % (p = 0,007). Durch Einsatz der Videolaryngoskopie konnte der Intubationserfolg verdoppelt werden (OR 2,26; 95 %-KI: 1,17–3,72). Gerade beim Vorliegen mehrerer Prädiktoren für ein schwieriges Atemwegsmanagement gelang die Intubation mithilfe der Videolaryngoskopie deutlich häufiger im Vergleich zur DL (OR 3,07; 95 %-KI: 2,19–4,30). In einer prospektiven randomisierten Studie [32] konnte durch Anwendung der Videolaryngoskopie eine deutlich geringere Bewegung auf die Halswirbelsäule von narkotisierten Patienten im Vergleich zur DL festgestellt werden. Die Intubation mithilfe der Videolaryngoskopie reduziert damit verfahrensassoziierte Bewegungen an der potentiell verletzten HWS und kann daher nach Ansicht von Kill et al. [32] helfen, das Risiko von Sekundärverletzungen während der Notfallintubation zu minimieren.

Fazit

Mit der Videolaryngoskopie steht ein zukunftweisendes Verfahren zur Atemwegssicherung zur Verfügung, das – bei ausreichend trainiertem Anwender – den Erfolg der endotrachealen Intubation bei schwerverletzten Patienten verbessern kann.

Prähospitale Atemwegssicherung

Sollid et al. [59] analysierten die prospektiv erhobenen Registerdaten von Traumapatienten mit einem Score von 4–7 in der Klassifikation des National Advisory Committee for Aeronautics (NACA) eines norwegischen, durch Anästhesisten besetzten Luftrettungssystems von 1994–2005. Von den 1255 Traumapatienten wurde bei 240 (19 %) eine Atemwegssicherung vorgenommen, die in 238 Fällen (99,2 %) erfolgreich durch eine prähospitale endotracheale Intubation erfolgte. Weitere 47 Patienten (16 % aller intubierten Patienten) erhielten eine Atemwegssicherung unmittelbar nach Ankunft im Schockraum. Die erst im Schockraum intubierten Patienten wiesen einen höheren Median beim GCS [6 (4–8) vs. 3 (3–6) Punkte], aber kürzere prähospitale Versorgungszeiten (13 ± 14 vs. 22 ± 16 min) auf.

Fazit

Die Ergebnisse leiten zu einer in der Vergangenheit kritisch geführten Diskussion, ob die prähospitale Durchführung einer Atemwegssicherung und die Anlage einer Thoraxdrainage die prähospitale Versorgungszeit von schwerverletzten Patienten deutlich beeinflusst. Kürzlich hatte eine retrospektive Analyse der Daten des TraumaRegister DGU® an 15.103 Patienten (1993–2010) gezeigt, dass sich die durchschnittliche Zeit an der Einsatzstelle von 32 ± 19 min durch verschiedene Maßnahmen bzw. Interventionen verlängert (z. B. endotracheale Intubation 9 ± 1 min) und daher die jeweiligen besten Versorgungskonzepte „scoop and run“ vs. „stay and play“ kritisch überdacht werden sollten [68].

Diesen Ergebnissen steht eine retrospektive multizentrische Analyse ebenfalls des TraumaRegister DGU® gegenüber [35], die ein anderes Licht auf diesen Prozess wirft. In dieser Studie wurden alle erwachsenen Traumapatienten der Jahre 2002–2007 mit einem Wert ≥ 9 im Injury Severity Score (ISS; primärversorgt in einem Traumazentrum, keine Sekundärverlegungen, definitive Atemwegssicherung und Anlage einer Thoraxdrainage) inkludiert. Das Patientenkollektiv wurde in 3 Gruppen unterteilt: Patienten mit prähospitaler Atemwegssicherung und prähospitaler Anlage einer Thoraxdrainage (n = 963), Patienten mit prähospitaler Atemwegssicherung und innerklinischer Anlage einer Thoraxdrainage (n = 1547) und Patienten, bei denen die Atemwegssicherung und Anlage einer Thoraxdrainage erst in der Klinik erfolgten (n = 640). Exkludiert wurden aufgrund der sich ergebenden geringen Gruppengröße diejenigen Patienten, die prähospital eine Thoraxdrainage erhalten hatten, aber innerklinisch endotracheal intubiert wurden. In dieser Analyse wurden die Versorgungszeit, die demografischen Daten, die Verletzungen, die Behandlung und das klinische Behandlungsergebnis verglichen. Die Versorgungszeit der 3 Gruppen betrug 80 ± 37 vs. 77 ± 44 vs. 65 ± 46 min (jeweils p < 0,01). Dabei wiesen die Patienten, die prähospital eine Atemwegssicherung erhalten hatten, eine deutlich höhere Verletzungsschwere im Vergleich zu Patienten, die erst innerhospital eine Atemwegssicherung erhielten, auf (ISS: 35 ± 15 vs. 38 ± 15 vs. 31 ± 12, p < 0,01). Ebenso waren die prähospitalen Vitalparameter bei Patienten, bei denen prähospital eine Atemwegssicherung durchgeführt wurde, deutlich schlechter im Vergleich zu den Patienten, bei denen die Atemwegssicherung erst in der Klinik vorgenommen wurde (Häufigkeit von Schock: 36 vs. 39 vs. 18 %). Als Hauptergebnis dieser Studie konnte gezeigt werden, dass sich die Gesamtversorgungszeit vom Unfalleintritt bis zum Ende des Schockraummanagements in allen 3 Gruppen nicht unterscheidet (152 ± 59 vs. 151 ± 62 vs. 148 ± 68 min, p = 0,07). Auch an den Trauma and Injury Severity Score (TRISS) adjustierte Letalität aller 3 Gruppen war vergleichbar [standardisierte Mortalitätsrate (SMR): 0,82 (95 %-KI: 0,67–0,95) vs. 0,80 (95 %-KI: 0,66–0,92) vs. 0,92 (95 %-KI: 0,67–1,18)].

Fazit

Die Untersuchung von Kulla et al. [35] belegt, dass die in das klinische Setting verlagerte Durchführung der Atemwegssicherung und Anlage einer Thoraxdrainage die Gesamtversorgungzeit nicht sicher reduziert. Prähospitale Versäumnisse (z. B. nichtdurchgeführte Intubation, nichtdurchgeführte Anlage einer Thoraxdrainage) verlängern vielmehr die innerklinische Schockraumversorgung, sodass sich insgesamt kein Zeitvorteil für die schwerverletzten Patienten ergibt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Datenlage müssen lebensbedrohliche Zustände prähospital behandelt und trotzdem das prähospitale Versorgungsintervall zeitlich so kurz wie möglich gehalten werden.

Etomidat

Die S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ nimmt hinsichtlich Etomidat im Atemwegsmanagement in folgender Kernaussage Stellung [54]:

Etomidat als Einleitungshypnotikum sollte aufgrund der assoziierten Nebenwirkungen auf die Nebennierenfunktion vermieden werden (Ketamin stellt hier meistens eine gute Alternative dar).

Die Empfehlung der S3-Leitlinie hinsichtlich der Zurückhaltung gegenüber Etomidat beim Trauma wird weiterhin kontrovers diskutiert [62]. Die EAST-Leitlinie sieht beispielsweise keine Evidenz gegeben, die den Verzicht auf Etomidat beim Traumapatienten rechtfertigen würde [40]. Weitere Untersuchungen haben die etomidatassoziierte Nebennierensuppression bestätigt [24], wobei jedoch die Auswirkungen auf die Letalität beim Trauma im Gegensatz zur Sepsis unklar bleiben [1]. Selbst in einer „Propensity-matched“-Studie im Vergleich von Etomidat (n = 2144) und Propofol (n = 5233) bei nichtkardiochirurgischen Eingriffen war Etomidat mit einem 2,5-fach höheren Risiko für die 30-Tage-Letalität, einer 1,5-fach höheren kardiovaskulären Morbidität und einem längeren Krankenhausaufenthalt assoziiert [33]. Ballow et al. [1] konnten unlängst in einer „Before-and-after“-Studie (n = 266 vs. n = 173) nach Einführung eines standardisierten Protokolls für eine ketaminbasierte RSI (Ketamin 2 mg/kgKG + Rocuronium 1 mg/kgKG oder Succinylcholin 1,5 mg/kgKG) zeigen, dass mit dem standardisierten ketaminbasierten RSI-Protokoll ein niedrigerer Anteil an Patienten eine Nachtitrierung der Narkosemedikamente benötigte (5,6 vs. 1,7 %, p < 0,05).

Fazit

Die entsprechende Untersuchung belegt die Sicherheit eines ketaminbasierten RSI-Protokolls für Traumapatienten. Die Komplikation anderer Einleitungsmedikamente (z. B. etomidatassoziierte Nebennierensuppression) können durch das beschriebene Konzept vermieden werden. Aus Sicht der Autoren kann daher auf Etomidat bei der prähospitalen Notfallnarkose des Traumapatienten verzichtet werden.

Kreislaufmanagement, Schock- und Gerinnungstherapie

Die Früherkennung von Schock und Gerinnungsstörungen sowie das adäquate Management bleiben eine große Herausforderung bei der Initialbehandlung polytraumatisierter Patienten (Abb. 1). Aus dem Jahresbericht 2013 des TraumaRegister DGU® geht hervor, dass von 97.101 Patienten mit einem durchschnittlichen ISS von 19 Punkten 21 % eine GCS < 9 Punkte aufwiesen, 13 % einen Schock mit systolischem Blutdruckwert < 90 mmHg hatten und 33 % endotracheal intubiert sowie 3 % kardiopulmonal reanimiert wurden [15].

Abb. 1
figure 1

Früherkennung von Schock und Gerinnungsstörungen sowie adäquates Management bleiben eine große Herausforderung bei der Initialbehandlung polytraumatisierter Patienten

Traumaassoziierter Herz-Kreislauf-Stillstand

In der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ wird bezüglich der Reanimation des Traumas u. a. folgende Kernaussage getätigt:

Bei definitiv vorliegendem Herz-Kreislauf-Stillstand, bei Unsicherheiten im Nachweis eines Pulses oder bei anderen klinischen Zeichen, die einen Herz-Kreislauf-Stillstand wahrscheinlich machen, soll unverzüglich mit den Interventionen der Reanimation begonnen werden.

Aufgrund der angenommen schlechten Prognose wird die kardiopulmonale Reanimation des traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstands kritisch diskutiert. Bei primärer Asystolie wird sogar infrage gestellt, ob überhaupt noch mit einer kardiopulmonalen Reanimation begonnen werden sollte. Seit Publikation der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ ist von Gräsner et al. [18] eine zusammenführende Untersuchung des TraumaRegister DGU® mit dem Deutschen Reanimationsregister erschienen. In 3 % aller im Deutschen Reanimationsregister dokumentierten Fälle (368/13.329) lag ein traumaassoziierter Herz-Kreislauf-Stillstand vor. Interessanterweise konnte bei 29 % (107 von 368) der traumaassoziierten Reanimationssituationen noch prähospital eine spontane Kreislauffunktion erreicht und 25,8 % der Patienten (95 von 368) lebend in die Klinik gebracht werden. Letztendlich zeigt die Analyse des TraumaRegister DGU® zur traumaassoziierten Reanimation dann aber ernüchternde Ergebnisse mit einer 24-h-Überlebensrate von 13 % und einer Krankenhausentlassungsrate von 7 %; lediglich in 2 % der Fälle wurde ein gutes neurologisches Ergebnis dokumentiert. Trotz dieser ernüchternden Reanimationsergebnisse sehen die Autoren eine liberale Indikationsstellung zum Beginn einer kardiopulmonalen Reanimation nach traumaassoziiertem Herz-Kreislauf-Stillstand [18]. Auch eine spanische Kohortenstudie zeigt nach traumaassoziiertem Herz-Kreislauf-Stillstand erstaunlich ermutigende Ergebnis: Von 167 Patienten mit traumatisch-bedingtem Herz-Kreislauf-Stillstand erreichten 49 % einen Spontankreislauf, und 7 % überlebten mit gutem neurologischem Ergebnis [37]. In einer weiteren retrospektiven Analyse von 150 Kindern mit präklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand waren 50 % traumaassoziiert, 8 % (n = 12) überlebten länger als 72 h, und 3 % (n = 4) konnten schließlich nach Hause entlassen werden. Als Verletzungsmuster dominierten SHT und HWS-Verletzungen, wobei abdominelle Traumen mit dem besten Ergebnis und thorakale Verletzungen mit dem schlechtesten Ergebnis einhergingen [10].

Fazit

Die Ergebnisse der jüngsten Untersuchungen zur Behandlung des traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstands belegen, dass die früher übliche Zurückhaltung gegenüber einer kardiopulmonalen Reanimation beim Traumapatienten möglicherweise ungerechtfertigt ist. Die Überlebensraten in diesem speziellen Patientenkollektiv sind zwar nicht überwältigend, aber existent.

Zur Ergänzung der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ zum Thema Reanimation können neben den genannten noch insbesondere 2 aktuelle Arbeiten herangezogen werden, die sich inhaltlich mit der Abarbeitung eines traumassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstands beschäftigen: Kleber et al. [31] untersuchten in einem 2-geteilten Ansatz zum einen mithilfe der Autopsie die Patienten, die einen traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstand mit prähospitaler Reanimation nicht überlebten (n = 101) und zum anderen über einen Sechsjahreszeitraum die Patienten mit traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillständen, die nach Wiedererreichen eines spontanen Kreislaufs in ein Traumzentrum aufgenommen werden konnten (n = 52). Die 101 Patienten aus dem Autopsiegut stellten mit 23 % eine Selektion aller traumaassoziierten Todesfälle in Berlin dar, 74 % der Patienten, bei denen Reanimationsmaßnahmen unternommen worden waren, verstarben noch prähospital, 26 % wurden einer Klinik zugeführt. Die 52 Patienten der 2. Gruppe erhielten zu 46 % eine prähospitale Reanimation und zu 81 % eine Reanimation im Schockraum. Eine spontane Kreislauffunktion konnte in 79 % der prähospital reanimierten Patienten und bei 53 % der innerklinisch reanimierten Patienten erreicht werden. Die Überlebensrate in dieser Untersuchung betrug 29 %; mit gutem neurologischem Ergebnis in 27 % der Fälle. Die Autoren präsentierten einen prähospitalen Algorithmus für die Reanimation beim traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstand [31].

Auch Lockey et al. [40] stellen in ihrer aktuellen Arbeit einen Algorithmus zur prähospitalen Behandlung des traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstands vor. In diesem Algorithmus werden auch die Notwendigkeit einer Notfallthorakotomie beim penetrierenden Trauma, das Atemwegsmanagement, die Oxygenierung, Therapie der Hypovolämie und die Dekompression eines Spannungspneumothorax diskutiert [40].

Fazit

Wesentliches Ziel der kardiopulmonalen Reanimation beim Traumapatienten sollten die standardisierte Abarbeitung der reversiblen Ursachen eines Herz-Kreislauf-Stillstands nach einem Reanimationsalgorithmus für Traumapatienten sein.

Schockkriterien des Advanced Trauma Life Support/Prehospital Trauma Life Support

Wesentliche Ursache für einen Schock beim Traumapatienten ist die hämorrhagisch-bedingte Hypovolämie. Im Rahmen der Ausbildungskonzepte Prehospital Trauma Life Support (PHTLS) und Advanced Trauma Life Support (ATLS) kommen der Beurteilung verschiedener Parameter zur Schockklassifikation zentrale Rollen zu (z. B. Herzfrequenz, Blutdruck, Bewusstseinslage; Tab. 3). Die Validität der ATLS-Kriterien zur Schockklassifikation wurden seit Erscheinen der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ teilweise positiv [36], teilweise aber auch kontrovers und kritisch diskutiert: Guly et al. [20] untersuchten anhand der Datenbank des Trauma Audit and Research Network (TARN) alle 4 ATLS-Schockklassen mit den jeweiligen zugrunde liegenden Parametern Herzfrequenz, systolischer Blutdruck, Atemfrequenz und GCS. Darüber hinaus wurden die Patienten gemäß dem Verletzungsmechanismus in Gruppen mit penetrierendem und stumpfem Traumata unterteilt. In dieser Untersuchung konnte eine leichte Beeinflussung der 4 Parameter untereinander festgestellt werden, aber nicht in dem Ausmaß, wie es durch die ATLS-Schock-Klassifikation suggeriert wird [20].

Tab. 3 Klassifikation des hypovolämischen Schocks gemäß Advanced Trauma Life Support und Prehospital Trauma Life Support. (Nach [46, 47])

Die Ergebnisse wurden in einer 2. Untersuchung von Guly et al. [21], ebenfalls am TARN, noch einmal bestätigt: Die Herzfrequenz stieg im Median von 82/min in der Schockklasse 1 auf 95/min in Schockklasse 4 an (Tab. 3). Der systolische Blutdruck hingegen fiel im Median von 135 mmHg in Schockklasse 1 auf 120 mmHg in Schockklasse 4 ab. Keine signifikanten Veränderungen fanden sich jedoch für die Atemfrequenz und den GCS. Erneut kamen die Autoren zu dem Schluss, dass es abhängig von den Schockklassen zwar eine Steigerung der Herzfrequenz und einen Abfall des systolischen Blutdrucks gab. Diese waren aber bei Weitem nicht so ausgeprägt, wie durch die ATLS-Klassifikation suggeriert [21].

In einer weiteren Untersuchung gingen Mutschler et al. [46] derselben Fragestellung anhand der Daten des TraumaRegister DGU® nach. Ausgehend von 36.504 Patienten konnten aber nur 3411 klar einem Grad der ATLS-Schock-Klassifikation zugewiesen werden. Wurden die Patienten nach der Herzfrequenz gruppiert, ergab sich lediglich eine geringgradige Reduktion des Blutdrucks mit einer Tachykardie assoziiert. Wurden die Patienten nach dem systolischen Blutdruck gruppiert, fiel der GCS von 13 auf 3 Punkte, ohne dass jedoch eine relevante Tachykardie detektiert werden konnte. Die Autoren schlussfolgerten daher aus ihren Ergebnissen, dass die ATLS-Klassifikation für den hypovolämischen Schock die Realität nicht adäquat reflektieren würde [46].

Die gleiche Arbeitsgruppe von Mutschler et al. [47] bestätigte ihre Ergebnisse unlängst mit der gleichen Methode an den Daten von 12.432 Patienten des TraumaRegister DGU® für die PHTLS-Schock-Klassifikation (Tab. 3) und kam zu dem Schluss, dass die PHTLS-Schock-Klassifikation ein substanzielles Defizit in der adäquaten Risikoabschätzung für Traumapatienten aufweist.

Interessanterweise gingen Mutschler et al. [48] in einer weiteren Analyse aus dem TraumaRegister DGU® der Bedeutung des Basendefizits bei Aufnahme von Traumapatienten in den Schockraum nach und konnten eine schrittweise Assoziation zwischen zunehmenden Basendefizit und Verletzungsschwere belegen (Basendefizit ≤ 2 mmol/l: ISS 19 ± 12 Punkte und Massivtransfusion 5 % vs. Basendefizit > 10 mmol/l: ISS 37 ± 18 Punkte und Massivtransfusion 52 %). Damit kann das Basendefizit nach Angabe der Autoren als Kriterium zur Identifikation eines hypovolämischen Schocks und Indikator zur frühzeitigen Gabe von Blutprodukten diskutiert werden (Tab. 4). Das Ergebnis der Arbeit führte die Autoren sogar dazu, im empathischen Titel der Publikation von einer Renaissance des Basendefizits in der initialen Beurteilung von Traumapatienten zu sprechen.

Tab. 4 Basendefizitbasierte Schockklassifikation. (Nach [48])

Eine weitere Analyse des TraumaRegister DGU® an Patienten (ISS > 24 Punkte) mit laborchemisch nachgewiesenem hämorrhagischem Schock (Basendefizit und Quick-Wert < 70 %) konnte darüber hinaus zeigen, dass der Schockzustand als C-Problem (C: „circulation and hemorrhage control“) in der Initialphase zwischen Schockraum und Intensivstation nur in 26–36 % der Fälle beseitigt wurde [50]. In einer großen Anzahl an Fällen befanden sich die Patienten bei Aufnahme auf die Intensivstation immer noch im Schockzustand [50].

Als ein wesentlicher Faktor wurden in diesem Zusammenhang und zur Wertung des Stabilisationsprozesses die Laktatkonzentration und die Laktat-Clearance bei Traumapatienten erfasst [28]. In einer Studie an 586 Traumapatienten fand sich ein Zusammenhang zwischen der Laktat-Clearance binnen 2 h nach Aufnahme und verschiedenen Parametern im Behandlungsergebnis [z. B. Letalität, Frühletalität (binnen 24 h), Verletzungsschwere, Intensivstationsaufenthaltsdauer, schwere Blutung; [51]].

Fazit

Die ATLS-/PHTLS-Schock-Kriterien sollten aktuell nicht mehr zur Klassifikation des Schocks beim Traumapatienten herangezogen werden. Als günstigere Surrogatparameter haben sich an dieser Stelle das Basendefizit und die Laktat-Clearance herausgestellt.

Prähospitale Volumentherapie

Folge einer Hämorrhagie beim Trauma ist häufig ein intravasaler Volumenverlust. Die richtige Strategie zum Volumenersatz ist kontinuierlicher Bestandteil der Diskussion im Traumamanagement. Hampton et al. [22] frischen nun diese Diskussion mit einer aktuellen Untersuchung auf: Anhand einer Subgruppenanalyse von im Rahmen der Prospective Observation Multicenter Transfusion (PROMMIT) Study erhobenen Daten an 10 US-amerikanischen Traumazentren wurde der Effekt einer Volumentherapie mit Kristalloiden an 1200 Traumapatienten evaluiert. Prähospital erhielten 1009 Patienten eine Volumentherapie [ISS 25 Punkte, GCS 13 Punkte, Intubation: 38 %; Median 700 ml, „interquartile range“ (IQR): 300–1300 ml], und 191 Traumapatienten (ISS 25 Punkte, GCS 15 Punkte, Intubation: 14 %) erhielten keine Volumentherapie. Der prähospitale Blutdruckwert war bei den mit Volumen behandelten Traumapatienten niedriger (100 vs. 110 mmHg, p < 0,04), stieg aber bis zum Erreichen des Schockraums auch nicht an (105 vs. 110 mmHg, p = 0,05). Hämoglobin (7,20–7,76 mmol/l, 11,6 vs. 12,5 mg/l), Fibrinogen (2,11 vs. 2,58g/l), und Thrombozytenzahl (223 vs. 238 K/dl) waren in der mit Volumen behandelten Gruppe signifikant geringer. Die Häufigkeit einer Massivtransfusion war bei Patienten mit und ohne prähospitale Volumentherapie vergleichbar (34 vs. 32 %). In einer Cox-Regression zeigte sich, dass die Volumentherapie mit einem signifikanten Anstieg im Überleben assoziiert war [“hazard ratio“ (HR): 0,84, 95 %-KI: 0,72–0,98, p = 0,03]. Die Autoren schlussfolgerten, dass eine Volumentherapie bei dem untersuchten Patientenkollektiv den Blutdruck zwar nicht signifikant steigerte, aber zu einer signifikanten Letalitätsreduktion führte.

Fazit

Die Diskussion darum, die richtige Menge dem richtigen Patienten zur richtigen Zeit nach schwerem Trauma zu geben, ist auch nach der vorliegenden Studie von Hampton et al. [22] noch nicht beantwortet. Entgegen früherer Arbeiten weist diese Studie nun erstmals wieder auf einen positiven Einfluss einer prähospitalen Volumentherapie beim Schwerverletzten hin.

Tranexamsäure

Das Transfusions- und Gerinnungsmanagement ist elementarer Bestandteil der Versorgung polytraumatisierter Patienten [39]. Dabei wurde zuletzt insbesondere die Gabe des Antifibrinolytikums Tranexamsäure (TXA) sehr intensiv untersucht und als neue Therapieoption gewertet [38]. Die „randomized controlled trial“ (RCT) Clinical Randomisation of an Antifibrinolytic in Significant Haemorrhage (CRASH-2, [6]) zeigte mit 10.060 Patienten in der TXA-Gruppe (1 g TXA als Bolus über 10 min, gefolgt von 1 g TXA als Infusion über 8 h) und 10.067 Patienten in der Placebogruppe eine deutlich reduzierte Letalität nach TXA-Gabe (14,5 vs. 16,0 %, p = 0,0035) und eine Reduktion von Tod durch Verbluten (4,9 vs. 5,7 %, p = 0,0077). In einer 2. Analyse der CRASH-2 [7] wurde herausgearbeitet, dass insbesondere die frühe Gabe von TXA (< 3 h) das Risiko für Tod durch Verbluten reduzierte. Eine Subgruppenanalyse beschäftigte sich mit der Gabe von TXA bei SHT [8]; dabei konnten weder vorteilhafte noch nachteilige Effekte der TXA-Gabe eruiert werden. Eine weitere Subgruppenanalyse [52] zusammen mit dem TARN konnten keine Zunahme schwerwiegender Komplikationen nach TXA-Applikation bei deutlicher Letalitätsreduktion feststellen. Die Autoren der CRASH-2-Subgruppenanalyse empfehlen daher, die TXA-Gabe nicht nur auf schwerstverletzte Patienten zu begrenzen.

Fazit

Das Antifibrinolytikum TXA nimmt einen immer wichtigeren Stellenwert bei akut blutenden Traumapatienten ein, und die Applikation geht mit einer Letalitätsreduktion einher.

Fibrinogen

In der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ wird „eine Substitution von Fibrinogen … bei Werten von < 1,5 g/l (150 mg/dl)“ empfohlen [54].

Erworbene Fibrinogenmangelzustände sind eine typische Erscheinung, die im Rahmen eines schweren Traumas zu erheblichen Blutungen beitragen kann. Da neben Verlust auch Verbrauch und Dilution wichtige pathophysiologische Mechanismen einer Hypofibrinogenämie darstellen, könnte auch bei Traumapatienten mit akuter Blutung eine Reduktion des Blutverlusts und des Transfusionsbedarfs durch den Einsatz von Fibrinogen erwartet werden, so wie es in anderen Patientengruppen in randomisierten Studien gezeigt werden konnte [41]. Wie in einer kürzlich publizierten Metaanalyse dargestellt wurde, kann dieser Effekt aber bei Traumapatienten nicht durch belastbare Daten belegt werden [43]. Auch wenn bisher kein Einfluss auf die Letalität durch die Gabe von Fibrinogen bei Traumapatienten nachgewiesen werden konnte, wird der Einsatz in einer aktuellen europäischen Leitlinie bei Traumapatienten mit signifikanter Blutung zusätzlich zur Gabe von „fresh frozen plasma“ (FFP, [60]) empfohlen. Eine entsprechende Empfehlung findet sich auch in einer neuen Handlungsempfehlung der DGAI zum Umgang mit Massivblutungen und assoziierten perioperativen Gerinnungsstörungen [19]. Eine lesenswerte Übersichtsarbeit dazu wurde kürzlich von von Heymann u. Kaufner [64] publiziert.

Fazit

Die Gabe von Fibrinogen sollte bei Vorliegen einer signifikanten Blutung bei Traumapatienten erfolgen. Zielwerte sind 1,5–2,0 g/l; die empfohlene Initialdosis beträgt 3–4 g.

Ganzkörpercomputertomographie im Rahmen der Schockraumdiagnostik

In der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ besteht keine eigene Kernaussage zum Thema „Ganzkörpercomputertomographie“. Fasst man die Empfehlungen zur Diagnostik einzelner Körpersysteme aber zusammen, kann daraus geschlossen werden, dass die Ganzkörpercomputertomographie bei einem adäquaten Traumamechanismus und einer vermuteten schwerwiegenden Verletzung des Patienten notwendig ist [54].

Vorteile

Die Vorteile einer Ganzkörpercomputertomographie liegen auf der Hand: In einer Metaanalyse und einem systematischen Review an insgesamt 5470 Patienten aus 4 nichtrandomisierten Kohortenstudien konnte eine Reduktion der Letalitätsraten und Versorgungszeit im Schockraum durch die Ganzkörpercomputertomographie im Vergleich zu konventionellen radiologischen Untersuchungen und selektiver CT-Diagnostik nachgewiesen werden [56]. Andere Untersuchungen bestätigen diese Ergebnisse [27, 29, 30, 58, 66]. Die Ganzkörpercomputertomographie bringt in 66 % der Fälle nichterwartete Befunde zutage und weist in 73 % der Fälle Ergebnisse auf, die sich von der klinischen Untersuchung unterscheiden [63]. Dabei gibt es auch zu einem bestimmten Anteil Zufallsbefunde, die aktuell einer weiteren Untersuchung zugeführt werden [57].

Selektionskriterien

Aufgrund der Strahlenbelastung durch die Ganzkörpercomputertomographie wird zunehmend diskutiert, welcher Patient dieses bildgebende Verfahren wirklich benötigt [67]. Hierzu führten Hsiao et al. [23] eine prospektive Kohortenstudie an 660 Patienten durch (Ganzkörpercomputertomographie: n = 98 vs. selektive Computertomographie: n = 562) und konnten mithilfe geeigneter statistischer Testverfahren folgende Parameter als Risikofaktoren einer Mehrfachverletzung (Ganzkörpercomputertomographie: 31 von 98; 32 % vs. selektives Computertomographie: 31 von 562; 5,5 %) extrahieren: GCS < 9 Punkte, Aktivierung des kompletten Traumateams, Sturz > 5 m und Unfall als Fahrradfahrer.

Fazit

Obwohl weiterhin klare Selektionskriterien für eine Ganzkörpercomputertomographie beim vermutlich mehrfachverletzten Patienten fehlen, können die Bewusstseinslage, ein Sturz aus großer Höhe und Unfälle als Fahrradfahrer bereits jetzt als Indikationskriterien für ein Ganzkörpercomputertomographie betrachtet werden.

Hämodynamisch instabiler Patient

Im ATLS wurde bisher die Durchführung einer Computertomographie als nichtgeeignetes Diagnostikum im Management instabiler Patienten angesehen:

CT is a time consuming procedure that should be used only in patients with no haemodynamic abnormalities.

Huber-Wagner et al. [25] konnten nun in einer retrospektiven multizentrischen Kohortenanalyse an 16.719 Patienten mit stumpfem Trauma auf dem Boden des TraumaRegisters DGU® den Vorteil einer Diagnostik mithilfe der Ganzkörpercomputertomographie im Vergleich mit einer Diagnostik ohne Ganzkörpercomputertomographie auch bei hämodynamisch instabilen Patienten auf die Frühletalität (Ganzkörpercomputertomographie vs. keine Ganzkörpercomputertomographie: Blutdruckwert > 110 mmHg: 4,9 vs. 8,8 %, p < 0,001; Blutdruckwert 90–110 mmHg: 8,7 vs. 11,2 %, p = 0,005; Blutdruckwert < 90 mmHg: 31,1 vs. 46 %, p < 0,001) und Gesamtletalität (Ganzkörpercomputertomographie vs. keine Ganzkörpercomputertomographie: Blutdruckwert > 110 mmHg: 12,6 vs. 15,6 %, p < 0,01; Blutdruckwert 90–110 mmHg: 18,1 vs. 22,6 %, p < 0,001; Blutdruckwert < 90 mmHg: 42,1 vs. 54,9 %, p < 0,001) erfassen.

Fazit

Die Untersuchung von Huber-Wagner et al. [25] passt sich hervorragend in die bestehende Datenlage zur bildgebenden Diagnostik beim vermutlich schwerverletzten Patienten ein und bestätigt die vorangegangenen Ergebnisse [65]. Die Ganzkörpercomputertomographie sollte, wann immer vertretbar, als das diagnostische Instrument in der bildgebenden Abklärung des schwerverletzten Patienten herangezogen werden.

Transportlogistik und Zielklinik

In der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ wird konstatiert [54]:

Die primäre Luftrettung kann zur präklinischen Versorgung Schwerverletzter eingesetzt werden, da insbesondere bei mittlerer bis hoher Verletzungsschwere ein Überlebensvorteil resultieren kann.

Und

Schwerverletzte Patienten sollten primär in ein Traumazentrum eingeliefert werden.

Diesen Kernaussagen der S3-Leitlinie ist zu entnehmen, dass Traumapatienten bei geeigneter Indikation und Einsatzsituation am besten luftgestützt in ein Traumazentrum transportiert werden. Neuere Untersuchungen bestätigen nun diese Empfehlungen und könnten zukünftig zu einer weiteren Stärkung der entsprechenden Empfehlungsgrade in der S3-Leitlinie führen. Galvagno et al. [17] konnten in einer retrospektiven Kohortenstudie an 223.475 Patienten der American College of Surgeons National Trauma Data Bank deutliche Vorteile für einen luftgestützten Transport von Traumapatienten belegen, die in ein Level-I-Traumazentrum (OR: 1,16, 95 %-KI: 1,14–1,17, p < 0,001) oder Level-II-Traumazentrum (OR: 1,15, 95 %-KI: 1,13–1,17, p < 0,01) gebracht wurden.

Eine weitere Untersuchung von Andruszkow et al. [2] anhand der Daten des TraumaRegister DGU® mit einer Analyse von 13.220 Patienten [ISS ≥ 9 Punkte, Aufnahme in 2007–2009, Luftrettung („helicopter emergency medical service“, HEMS: n = 8231, 62,3 %, ISS 26 Punkte) vs. bodengebundene Rettung („ground emergency medical services“, GEMS: n = 4989, 37,7 %, ISS 24 Punkte)] bestätigen diese Ergebnisse. Dabei wiesen die in der Luftrettung versorgten Patienten eine intensivere Therapie im Sinne einer höheren Rate an endotrachealen Intubationen, Thoraxdrainagenanlagen und Katecholaminapplikationen sowie eine längere prähospitale Versorgungszeit (40 ± 21 vs. 29 ± 16 min, p < 0,001) auf. Die SMR gemäß TRISS (HEMS: 0,647 vs. GEMS: 0,815; P = 0,002) und Revised Injury Severity Classification (RISC) Score (HEMS: 0,772 vs. GEMS: 0,864; P = 0,045) war in der Luftrettungsgruppe reduziert. In einer sehr ähnlichen Untersuchung von Desmettre et al. [13] an 1958 Patienten (GEMS: 26 %, ISS: 26 vs. HEMS: 74 %, ISS: 25) war das Risiko für Tod in der HEMS-Gruppe geringer als in der GEMS-Gruppe (OR: 0,68, 95 %-KI: 0,47–0,98, p = 0,035).

Fazit

Auch wenn vorliegende Daten einen Vorteil durch Luftrettung sichtbar machen, bleibt unklar, ob dies durch eine bessere bzw. umfangreichere Versorgung oder durch Transportzielkompetent begründet werden kann. Eine differenzierte Bewertung der Luftrettung ist dadurch nicht sicher möglich.

Fazit für Praxis

  • Die in der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“ bestehenden Empfehlungen zum Atemwegsmanagement sind weiterhin aktuell.

  • Ergänzt werden sollten Empfehlungen zu strukturierten Instrumenten für die Beurteilung eines schwierigen Atemwegs (z. B. LEMON-Law).

  • Zukünftig werden sich die Maßnahmen im Atemwegsmanagement an der Optimierung des First pass success (Intubationserfolg im 1. Versuch) als Qualitätsmarker messen lassen müssen.

  • Die Videolaryngoskopie optimiert den First pass success und stellt ein wesentliches und zukunftsweisendes Instrument im Rahmen des normalen und schwierigen Atemwegsmanagements dar.

  • Der Vergleich der DGAI-Handlungsempfehlung zum prähospitalen Atemwegsmanagement zeigt keine Diskrepanz zu den Empfehlungen der S3 Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung“.

  • Aktuell ermittelte Lernkurven zu den Techniken der Atemwegssicherung (z. B. endotracheale Intubation und supraglottische Atemwege) sollten bei der Erstellung von Qualifikationsanforderungen des prähospital und innerklinisch tätigen Personals berücksichtigt werden.

  • Prähospital lebensrettende invasive Maßnahmen (z. B. endotracheale Intubation, Thoraxdrainage) müssen auch prähospital durchgeführt werden und verlängern nicht die Gesamtversorgungsdauer schwerverletzter Patienten bis zum Abschluss der Schockraumphase.

  • Etomidat sollte bei weiterhin eingeschränkter Datenlage zur Einleitung einer Notfallnarkose bei traumatisierten Patienten vermieden werden.

  • Die Behandlungsergebnisse bei traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillständen sind besser als erwartet. Vorlagen für etablierbare Reanimationsalgorithmen von Traumapatienten wurden entwickelt.

  • Die PHTLS/ATLS-Schockkriterien haben sich als nichtrealitätsnah herausgestellt; neuere Untersuchungen schlagen daher die Beachtung der Laktatkonzentration, der Laktat-Clearance und des Basendefizits für die Schockevaluation im Schockraum vor.

  • Im Gerinnungsmanagement hat sich TXA als einfach zu applizierende, sichere, nebenwirkungsarme und effektive antifibrinolytische Substanz herausgestellt, deren Einsatz nicht nur bei den am schwersten verletzten Patienten empfohlen wird.

  • Aktuelle Empfehlungen unterstützen die Aussage der S3-Leitlinen zur Gabe von Fibrinogen bei Traumapatienten mit signifikanter Blutung.

  • Zahlreiche Arbeiten legen einen positiven Effekt der Ganzkörpercomputertomographie zur Abklärung von traumatologischen Schockraumpatienten nahe. Ungeklärt sind hierbei die Indikatoren, die die Durchführung einer Ganzkörpercomputertomographie rechtfertigen.

  • Untersuchungen unterstützen die Einschätzung eines positiven Effekts der Luftrettung und Direktzuweisung von Traumapatienten in ein Traumazentrum.