Die perioperative Hypothermie ist mit vielen schwerwiegenden Nebenwirkungen für die betroffenen Patienten verbunden. Obwohl sich die intraoperative Wärmetherapie in den letzten Jahren fest etabliert hat, wird noch immer ein erheblicher Anteil an Patienten in der perioperativen Phase hypotherm. Mit der zusätzlichen Vorwärmung kann die perioperative Wärmetherapie deutlich verbessert werden.

Perioperative Hypothermie ist definiert als ein Abfall der Körperkerntemperatur < 36 °C. Sie stellt noch immer eine der häufigsten Nebenwirkungen einer Allgemeinanästhesie dar [3, 22, 38]. Folgende Nebenwirkungen der perioperativen Hypothermie sind in einer Vielzahl von großen prospektiven randomisierten Studien nachgewiesen worden [38]:

  • Bei kardialen Risikopatienten treten Ereignisse wie instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt, Herzstillstand, Myokardischämien und ventrikuläre Tachykardien vermehrt auf [16]. Dies ist von hoher klinischer Bedeutung, da kardiale Ereignisse wie Myokardinfarkte, akute Herzinsuffizienz, Myokardischämie und Herzrhythmusstörungen die führende Todesursache während und unmittelbar nach Narkose sind [12].

  • Die hypothermiebedingte Störung der Thrombozytenfunktion und der plasmatischen Gerinnung erhöht den intraoperativen Blutverlust und den Transfusionsbedarf [7, 25, 35, 36].

  • Postoperativ treten bei hypothermen Patienten vermehrt Wundheilungsstörungen und Wundinfektionen auf [25, 31].

  • Hypotherme Patienten haben eine verlängerte Aufenthaltsdauer im Aufwachraum [7, 27] und müssen häufiger ungeplant auf die Intensivstation aufgenommen werden [5].

  • Die Behandlungskosten werden durch die Folgen der perioperativen Hypothermie erhöht [33].

Ursächlich für die Entwicklung von perioperativer Hypothermie ist eine Vielzahl von prä- und intraoperativen Faktoren. Relevante patientenbezogene Faktoren sind z. B. die präoperative Körperkerntemperatur [3], das Patientenalter [9, 23] und das Körpergewicht [26]. Die Umgebungstemperatur im OP [9], das Ausmaß und die Dauer des operativen Eingriffs sowie der intraoperative Flüssigkeitsumsatz spielen ebenso eine relevante Rolle [3] wie auch das anästhesiologische Vorgehen. So gehen Allgemeinanästhesien und rückenmarknahe Narkoseverfahren zu einem großen Anteil mit perioperativer Hypothermie einher [9, 37, 39, 43], während das Risiko bei peripheren Nervenblockaden niedrig zu sein scheint.

Perioperative Hypothermie

Bei der Entstehung von perioperativer Hypothermie spielen folgende Faktoren eine Rolle:

  • das thermische Ungleichgewicht,

  • die normale Thermoregulation,

  • der Wärmegehalt in den thermischen Kompartimenten des Körpers,

  • die Körperkerntemperatur vor Narkoseeinleitung,

  • die Wirkung von präoperativ verabreichten Medikamenten und

  • die Wärmeumverteilung aus dem Körperkern in die Körperperipherie nach Narkoseeinleitung.

Thermisches Ungleichgewicht

Unter stabilen thermischen Bedingungen befindet sich der Wärmehaushalt des menschlichen Körpers in einem Fließgleichgewicht mit seiner Umgebung. Im Körperinneren erfolgt die Wärmeproduktion, die dann über die Körperperipherie und die äußere Isolation des Körpers an die Umgebung abgeführt wird.

Für minimal bekleidete Patienten muss die Raumtemperatur für ein stabiles thermisches Fließgleichgewicht zwischen 25 und 30 °C [17] betragen. Das heißt, dass bei allen Patienten im OP-Bereich die Wärmeabgabe die körpereigene Wärmeproduktion übersteigt. Dieses thermische Ungleichgewicht verursacht die kontinuierliche Auskühlung des Körpers und führt zur Aktivierung der normalen Thermoregulation.

Normale Thermoregulation

Die menschliche Körperkerntemperatur wird trotz wechselnder Umgebungstemperaturen mithilfe thermoregulatorischer Maßnahmen auf einem konstanten Niveau zwischen etwa 36,5 und 37,5 °C [17, 39] gehalten.

Bei Kältebelastung kommt es zunächst zu einer Verhaltensänderung. Typische Reaktionsweisen sind aktive körperliche Bewegung, das Aufsuchen einer wärmeren Umgebung oder das Anlegen besser isolierender Kleidung [17]. Diese Möglichkeiten der Verhaltensänderung haben anästhesierte Patienten nicht; daher kommt die thermoregulatorische Vasokonstriktion gegen den Wärmeverlust zum Tragen.

Thermoregulatorische Vasokonstriktion

Thermoregulatorische Vasokonstriktion begrenzt bei ihrer Aktivierung den Wärmeverlust über die Haut. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, hat die Hautdurchblutung neben einer nutritiven auch eine thermoregulatorische Komponente. Die thermoregulatorisch bedingten Änderungen der Hautdurchblutung finden zum größten Teil an arteriovenösen Shunts statt, die sich nur in der Lederhaut der Akren befinden (Finger, Zehen, Nase etc.; [17, 39]). In thermoneutraler Umgebung sind diese Shunts vollständig dilatiert. Der Blutfluss liegt deutlich über dem metabolischen Bedarf dieser Region, und die vermehrte Durchblutung dient der Wärmeabgabe. Bei niedrigeren Raumtemperaturen kommt es zur lokalen Noradrenalinfreisetzung und damit zur Vasokonstriktion. Die daraus resultierende Abnahme der peripheren Hautdurchblutung führt zu einer Abkühlung der Haut. Dadurch verringern sich der Temperaturgradient zwischen Haut und Umgebung sowie damit die Wärmeabgabe über die Haut [39].

Wärmegehalt in den thermischen Kompartimenten des Körpers

Der menschliche Körper kann unter thermoregulatorischen Aspekten in den Körperkern und die Körperperipherie aufgeteilt werden. Als Körperkern werden die inneren Gewebe des Körpers bezeichnet, deren Temperaturverhältnis untereinander nicht durch Anpassungen des Kreislaufs oder durch Wärmeverlust zur Umwelt beeinflusst wird [6]. Die Temperatur im Körperkern ist trotz wechselnder Umgebungstemperaturen sehr eng reguliert [39] und der Wärmegehalt im Körperkern annähernd konstant. Im Gegensatz dazu wird bei kälteren Umgebungsbedingungen die Köperperipherie weitgehend der Auskühlung preisgegeben. Die Änderung der Wärmemenge in der Körperperipherie kann bis zu 500 kJ betragen; dies entspricht ungefähr dem Ruheenergieumsatz von etwas mehr als 1,5 h [17].

Körperkerntemperatur vor Narkoseeinleitung

Die Körperkerntemperatur schwankt tagesrhythmisch. Die niedrigsten Körperkerntemperaturen finden sich gegen 3.00 Uhr nachts, die höchsten am frühen Nachmittag [17]. Betrachtet man den in Lehrbüchern angegebenen Tagesverlauf der Körperkerntemperatur, erwartet man bei Patienten, die vormittags operiert werden, eine präoperative Körperkerntemperatur zwischen 36,7 und 37 °C. Im Gegensatz zu dieser Annahme fanden Mitchell u. Kennedy [32] in einer prospektiven Untersuchung an 119 ambulanten und 327 stationären Patienten, dass der Median der präoperativen Körperkerntemperatur nur 36,4 °C betrug. Bei einigen Patienten war die Körperkerntemperatur schon vor Narkosebeginn < 36 °C (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Verteilung der Körperkerntemperaturen bei Patienten in der präoperativen Wartezone. (Mod. nach [32])

Präoperativ verabreichte Medikamente

Die übliche Prämedikation mit Benzodiazepinen resultiert in einem Abfall der Körperkerntemperatur in der Größenordnung um 0,6 °C [24]. Dabei ist die Reduktion der Körperkerntemperatur hauptsächlich von der erreichten Sedierungstiefe abhängig. Je tiefer die Patienten sediert sind, desto größer ist der Einfluss auf die Körperkerntemperatur [29].

Wärmeumverteilung

Während der Narkoseeinleitung kommt es durch den Einsatz von Hypnotika [37] und Opioiden [37] zu einer Verschiebung des Schwellenwerts für die thermoregulatorische Vasokonstriktion unter die aktuelle Körperkerntemperatur. Dadurch wird die vor Narkoseeinleitung aktivierte thermoregulatorische Vasokonstriktion aufgehoben. Demzufolge resultiert eine Umverteilung von Wärme aus dem Körperkern in die Körperperipherie [30].

Das Ausmaß der Wärmeumverteilung wird hauptsächlich durch den Wärmegehalt der Körperperipherie bestimmt. Ist die Körperperipherie nach längerer Kälteexposition sehr kalt, ist die Wärmeumverteilung sehr viel ausgeprägter, als wenn die Körperperipherie vor Narkoseeinleitung warm ist. Dies ist dadurch bedingt, dass Wärme grundsätzlich vom Ort der höheren Temperatur zu Orten mit niedrigerer Temperatur fließt. Die treibende Kraft hierfür ist der Temperaturgradient.

Pathophysiologische Aspekte der Vorwärmung

Aus der Betrachtung der oben genannten Faktoren ergibt sich, dass eine effektive aktive Wärmetherapie vor Narkoseeinleitung das thermische Ungleichgewicht verhindern und sogar eine positive Wärmebilanz erzeugen können müsste.

Dadurch würde der Wärmegehalt in den peripheren Kompartimenten des Körpers ansteigen und eine abgesunkene Körperkerntemperatur wieder angehoben werden. All dies müsste dazu beitragen, dass die Wärmeumverteilung aus dem Körperkern in die Körperperipherie nach Narkoseeinleitung erheblich reduziert wird. Das bedeutet, dass eine effektive aktive Wärmetherapie vor Narkoseeinleitung ein pathophysiologisch sinnvoll begründetes Vorgehen zur Vermeidung von perioperativer Hypothermie darstellt.

Eine solche aktive Wärmetherapie vor Narkoseeinleitung wird als Vorwärmung bezeichnet. Diese kann an verschiedenen Orten mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt werden (s. Abschn. „Praktische Umsetzungsmöglichkeiten“) und wird in aller Regel in einem Zeitraum von 120 min vor Narkoseeinleitung begonnen.

Effektivität

In Probandenstudien konnte gezeigt werden, dass durch Vorwärmung eine positive Wärmebilanz erzeugt wird [21] und der Wärmegehalt in den peripheren Kompartimenten des Körpers ansteigt [21, 40]. Die Körperkerntemperatur bleibt während der Vorwärmung konstant oder kann um bis zu 0,5 °C ansteigen [10, 20].

In einer aktuellen Metaanalyse von de Brito Poveda et al. [15] mit 14 analysierten prospektiven randomisierten Studien konnte belegt werden, dass Vorwärmung eine effektive Maßnahme ist, um die Häufigkeit von perioperativer Hypothermie zu reduzieren.

Trotz dieser Daten muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Vorwärmung die perioperative Hypothermie nicht bei allen Patienten sicher verhindern kann [8, 42]. Die Effektivität des Vorwärmverfahrens [8] und die Art des Eingriffs spielen hierbei ebenfalls wichtige Rollen [11]. Dennoch ist festzustellen, dass die Vorwärmung des Patienten nicht nur pathophysiologisch sinnvoll, sondern bei den allermeisten Eingriffen auch hocheffektiv ist.

Empfehlungen

In der Clinical Guideline 65 des National Institute for Health and Care Excellence (NICE, [33]) wird die Vorwärmung nur für bereits hypotherme Patienten empfohlen. Für alle anderen Patienten wird eine gute Isolation bis zum Einschleusen als ausreichend angesehen. In den Guidelines der American Society of PeriAnesthesia Nurses (ASPAN, [18]) wird empfohlen, eine Vorwärmung zu erwägen, da das Risiko für eine nachfolgende perioperative Hypothermie reduziert werden kann (schwache Empfehlung Klasse IIb, Level B).

Ursache für die in den Empfehlungen gewählten Formulierungen ist die Tatsache, dass es keine Studien zum Vergleich von Vorwärmung und intraoperativer Wärmung gegen alleinige intraoperative Wärmung in Bezug auf die Nebenwirkungen der perioperativen Hypothermie gibt, bei denen beide Therapiegruppen nach heutigem Kenntnisstand effektiv gestaltet sind. Diese Studien dürften auch in Zukunft nicht zu erwarten sein.

In Deutschland gibt es (noch) keine Leitlinie zur Prävention der perioperativen Hypothermie. Im § 23(3) des Infektionsschutzgesetzes (Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen) findet sich jedoch folgende Regelung:

Die Leiter folgender Einrichtungen haben sicherzustellen, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten …

  1. 1.

    Krankenhäuser,

  2. 2.

    Einrichtungen für ambulantes Operieren …

Die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft auf diesem Gebiet wird vermutet, wenn jeweils die veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut … beachtet worden sind“.

Die aktuellen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts aus 2007 enthalten zum Thema Hypothermieprävention zur Reduktion von chirurgischen Wundinfektionen folgende Aussage: „Perioperativ soll der Zustand der Normothermie aufrechterhalten werden, sofern nicht aus therapeutischen Gründen eine Hypothermie erforderlich ist (Kategorie II).“

Eine Empfehlung der Kategorie II basierte 2007 [2] auf hinweisenden klinischen oder epidemiologischen Studien, teils auf nachvollziehbaren theoretischen Begründungen oder Studien, die in einigen, aber nicht allen Kliniken anzuwenden sind. Es sind also Empfehlungen zur Einführung bzw. Umsetzung in vielen Kliniken. Diese sehr zurückhaltende Einschätzung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut ist erstaunlich, da es zu diesem Zeitpunkt schon 2 bedeutende Studien zu diesem Thema gab.

Dies ist zum einen die große, prospektive randomisierte, kontrollierte Studie von Kurz et al. [25] im New England Journal of Medicine, die nach Aufnahme von 200 Patienten wegen einer klaren Reduktion von Wundinfektionen durch die Aufrechterhaltung einer Normothermie gestoppt werden musste (p = 0,009, „odds ratio“ 4,9). Diese Studie gehört zu den wichtigsten zum Einfluss der perioperativen Hypothermie auf das postoperative Outcome und wurde inzwischen über 900-mal zitiert. Eine 2. große, prospektive randomisierte, kontrollierte Studie von Melling et al. [31] mit 421 Patienten, die 2001 in Lancet veröffentlicht wurde, fand ebenfalls eindrücklich eine Reduktion von Wundinfektionen durch eine präoperative Wärmetherapie (p = 0,001). Auch diese Studie gehört zu den wichtigen zum Einfluss der perioperativen Hypothermie auf das postoperative Outcome.

Dennoch wurden beide Studien von der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut nur als hinweisende und nicht als gut konzipierte klinische Studien gewertet, sonst hätte die Empfehlung zur Aufrechterhaltung der Normothermie in diesem Kontext eine Kategorie-IA-Empfehlung sein müssen. Dann hätte seinerzeit eine nachdrückliche Empfehlung für alle Krankenhäuser ausgesprochen werden müssen [2].

Interessanterweise steht in den veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut auch: „Als die wirksamste Maßnahme zum Schutz vor Hypothermie wird die (aktive) präoperative Erwärmung eingeschätzt … selbstverständlich in Verbindung mit intraoperativer Hauterwärmung“ [1].

Auch wenn diese Aussage nicht mit einem Empfehlungsgrad versehen wurde, ist sie doch als sehr klar formulierter Hinweis zu verstehen, die Vorwärmung des Patienten einzusetzen, wenn perioperativ die Normothermie aufrechterhalten werden soll.

Zusätzliche Maßnahmen

Da eine effektive Vorwärmung den Wärmegehalt in den peripheren Kompartimenten des Körpers erhöht und die Wärmeumverteilung aus dem Körperkern in die Körperperipherie nach Narkoseeinleitung reduziert [21], kann die Frage gestellt werden, ob dies nicht auch als alleinige Wärmeprotektionsmaßnahme ausreichend ist. In mehreren Studien konnte für kurze Eingriffe bis zu 30–90 min gezeigt werden, dass dies tatsächlich der Fall ist [13, 20]. Da jedoch viele Verfahren, die zur Vorwärmung angewendet werden, intraoperativ problemlos weitergeführt werden können, erscheint es aus pragmatischen Gründen sinnvoll, dies auch zu tun, um die Effektivität der Wärmetherapie weiter zu erhöhen. Dies gilt insbesondere, da z. B. durch ungeplante Verlängerungen der Operationszeiten Patienten intraoperativ dennoch hypotherm werden können. Diese Ansicht entspricht auch den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut, die eine „(aktive) präoperative Erwärmung … selbstverständlich in Verbindung mit intraoperativer Hauterwärmung“ empfehlen [1].

Kontraindikationen

Es existieren bisher keine Daten, die relevante Gefahren einer Vorwärmung zeigen, sodass es keine Kontraindikation für das Verfahren gibt. Damit hat die Vorwärmung ein extrem günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis.

Patienten, die ohne Analgosedierung in Lokalanästhesie oder mit einer peripheren Nervenblockade operiert werden, haben ein sehr geringes Risiko für die Entwicklung einer perioperativen Hypothermie, sodass bei diesen Patienten häufig keine aktive Wärmetherapie durchgeführt wird und die aktive Vorwärmung wahrscheinlich verzichtbar ist. Gleiches gilt für extrem kurze Eingriffe wie z. B. eine Abrasio. Daten hierzu sind jedoch nicht verfügbar. Bei Untersuchungen von Kindern im Magnetresonanztomographen (MRT) konnte ein Anstieg der Körperkerntemperatur durch die Untersuchung belegt werden [28], sodass hier die Vorwärmung nicht sinnvoll ist. Auch für Patienten mit Fieber ist auf den ersten Blick der Nutzen einer Vorwärmung nicht zu erkennen. Hierzu sind jedoch keine Daten verfügbar.

Kosten-Nutzen-Verhältnis

Die Einführung der Vorwärmung des Patienten erfordert die zusätzliche Anschaffung von Wärmegeräten, den Einsatz von hochwertigen Wärmedecken und die Schulung der Mitarbeiter. Dies ist jedoch bei jeder sinnvollen medizinischen Maßnahme der Fall.

Da durch die Vorwärmung jedoch eine Verringerung der Hypothermierate erreicht werden kann [15], reduzieren sich auch hypothermiebedingte Kosten [33] durch kardiale Ereignisse [16], Transfusionen [35], Wundheilungsstörungen und Wundinfektionen [25, 31], verlängerte Aufenthaltsdauer im Aufwachraum [27] sowie ungeplante Aufnahme auf Intensivstation [5]. Eine einzelne, präzise Studie mit einer belastbaren Kosten-Nutzen Rechnung existiert jedoch nicht [33].

Praktische Umsetzungsmöglichkeiten

Die Vorwärmung des Patienten kann mithilfe konduktiver Verfahren [44] oder konvektiver Luftwärmung [10, 19, 20, 41] durchgeführt werden. Die Vorwärmung erhöht den thermischen Komfort für Patienten, und nur wenige Patienten lehnen von sich aus die Vorwärmung ab oder brechen sie wegen Wärmeintoleranz ab (< 5 %, [10]).

Als optimale Dauer der Vorwärmung wurden bisher 30–60 min angegeben [40]. Die erfolgreiche Realisierung optimaler Vorwärmzeiten ist selbst mit einem suffizienten Operationsmanagement nicht einfach. Nach einer neuen Untersuchung von Horn et al. [20] sind aber auch deutlich kürzere Vorwärmzeiten von 10–20 min effektiv. Dies erleichtert die erfolgreiche Realisierung erheblich. Bei der Einführung der Vorwärmung muss darauf geachtet werden, dass diese in einen sinnvollen Organisationsablauf eingebettet wird. So sollte die Vorwärmung nicht zu Ineffizienzen im Prozessablauf führen, sondern kann bei optimaler Prozessplanung dazu beitragen, den präoperativen Vorlauf stabil und pünktlich zu gestalten.

Prinzipiell ist die Vorwärmung auf der Normalstation, in der Wartezone, im Narkoseeinleitungsraum des OP und im Kreißsaal möglich. Es ist nicht möglich, eine einzige der unten aufgeführten Strategien als Lösung für jede Klinik und jede Situation zu empfehlen. Die Vorwärmstrategie muss an die lokalen Gegebenheiten angepasst sein, damit sie sinnvoll funktioniert.

Bei allen Wärmesystemen, die schon vor Beginn der Einschleusung in den OP-Trakt genutzt werden, ist die Frage zu klären, ob diese dann im OP weitergenutzt werden dürfen. Grundsätzlich ist es in Abhängigkeit vom Umfang des Eingriffs nicht erforderlich, dass jeder Patient beim Einschleusen vollständig entkleidet wird. Die miteingeschleuste Bekleidung muss dann im OP selbst keimarm abgedeckt werden (z. B. Flügelhemd, Antithrombosestrümpfe, [1]). Eine solche Betrachtung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut kann auch auf die Nutzung eines Einwegwärmehemds übertragen werden, das dem Patienten kurz vor dem Eingriff auf der Normalstation oder in der Wartezone angezogen wird. Auch Wärmematten, die unter dem Patienten liegen, sind in diesem Zusammenhang als unkritische Medizinprodukte einzuschätzen. Im Folgenden werden einige der Möglichkeiten beschrieben.

Normalstation

Ein Verfahren, das schon auf der Normalstation begonnen werden kann, ist die Vorwärmung mit einer Wärmedecke, in die Wärme-Pads mit einer Mischung aus Eisen-(II)-Pulver, Aktivkohle und Mineralien eingearbeitet sind. Die Wärmedecke wird vakuumverpackt geliefert und durch Öffnen der Verpackung aktiviert. Allerdings konnte dieses Verfahren keine Effektivität beweisen, sodass es aktuell nicht empfohlen werden kann ([8]; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Einfluss einer Wärmedecke mit Wärme-Pads als Vorwärmmaßnahme auf den Temperaturverlauf bei Patienten mit Hals-Nasen-Ohren-Eingriffen (Mittelwerte und Standardabweichung). (Daten mod. nach [8])

Ein 2. Verfahren ist die Vorwärmung mit einer Heizmatte, die unter den Rücken des Patienten platziert wird. In einer Studie von Wong et al. [44] mit 103 Patienten wurde die Interventionsgruppe 2 h vor einem intraabdominellen Eingriff durch die Heizmatte auf der Normalstation gewärmt. Die Patienten wurden dann mit ihrer Heizmatte in den OP gebracht. Die Patienten der Gruppe mit Vorwärmung waren wärmer und hatten perioperativ weniger Blutverlust und Komplikationen.

Ein 3. Verfahren ist die Vorwärmung mit einem speziellen Wärmehemd und konvektiver Luftwärmung. Dabei kann der Patient die gewünschte Temperatur selbst einstellen. Diese Möglichkeit geht mit einem hohen Patientenkomfort und hoher Patientenzufriedenheit einher [34]. Dieses Wärmehemd wurde z. B. in einer Studie von Andrzejowski et al. [4] bei Patienten mit Wirbelsäuleneingriffen eingesetzt. Die Inzidenz der intraoperativen Hypothermie sank von 57 auf 32 %.

Voraussetzungen

Damit die beiden letzten Verfahren funktionieren können, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Vorhandensein mehrerer konvektiver Luftwärmer und Wärmehemden oder Steuereinheiten und Heizmatten auf jeder operativen Normalstation, deren Patienten vorgewärmt werden sollen;

  • Vorhandensein von Lagerungsraum für dieses Material;

  • verlässliche OP-Organisation mit frühzeitiger Information der Normalstation über Abrufzeiten der Patienten;

  • primäre Lagerung des Patienten samt einer neuen Heizmatte oder mit seinem Wärmehemd auf dem OP-Tisch,

  • Vorhandensein passender konvektiven Luftwärmer oder Steuereinheiten im OP;

  • Information der Patienten über das Verfahren;

  • Schulung des pflegerischen und ärztlichen Personals auf der Normalstation über Vorwärmung als integralen Bestandteil der präoperativen Vorbereitung;

  • Versorgung der Patienten mit Wärmehemd und konvektivem Luftwärmer bzw. Heizmatte und Steuereinheit bei Gabe der Prämedikation;

  • Regelung der Zuständigkeit und Organisation von Reinigung und Transport der wieder verwendbaren Heizmatten.

Vorteile

Die auf der Normalstation beginnende Vorwärmung ist mit folgenden Vorteilen verbunden:

  • Die Patienten werden frühzeitig gewärmt.

  • Das Verfahren ist effektiv.

  • Bei Unterlassung kann auch noch eine Vorwärmung in der Wartezone oder im OP durchgeführt werden.

  • Das Wärmehemd oder die Heizmatte kann intraoperativ weitergenutzt werden. Dadurch entfallen oder reduzieren sich Kosten und Zeitaufwand für die intraoperative Wärmetherapie.

Nachteile

Nachteilig können sich die folgenden Aspekte auswirken:

  • Keine Kontrolle der Anästhesieabteilung über die Durchführung der Vorwärmung.

  • Bereits auf Normalstation muss beachtet werden, welche intraoperative Lagerung durchgeführt wird, da Prozeduren in Steinschnittlage oder auf dem Extensionstisch den Einsatz kürzerer Heizmatten erfordern. Wärmehemden sind im Gegensatz dazu sehr flexibel einsetzbar und können bei den meisten operativen Prozeduren genutzt werden.

  • Der Schulungsaufwand auf den betroffenen operativen Normalstationen ist groß.

  • Der Zeitbedarf für die Durchführung der Vorwärmung liegt für die Stationspflege wahrscheinlich in der Größenordnung von 10 min. Dies führt zu einer Mehrbelastung auf der Normalstation.

  • Beim Einsatz der Heizmatte unter dem Rücken muss intraoperativ zusätzlich eine konvektive Wärmetherapie durchgeführt werden.

Wartezone

In der Wartezone vor dem OP kann die auf der Normalstation begonnene Vorwärmung fortgeführt werden. Es ist aber ebenso möglich, erst in der Wartezone mit der Vorwärmung zu beginnen [10, 20]. Da der Aufenthalt in der Wartezone häufig einige Zeit in Anspruch nimmt, kann diese Wartezeit sinnvoll zur Vorwärmung genutzt werden.

Voraussetzungen

Damit ein solches Verfahren funktionieren kann, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Vorhandensein einer ausreichend dimensionierten präoperativen Wartezone,

  • Vorhandensein mehrerer Steuereinheiten und Heizmatten bzw. konvektiver Luftwärmer und Wärmedecken/-hemden in der Wartezone,

  • Lagerungsraum für dieses Material,

  • verlässliche OP-Organisation mit Gewährleistung ausreichend langer Aufenthaltsdauer in der Wartezone,

  • Information der Patienten entweder während der Prämedikationsvisite oder in der Wartezone über das Verfahren,

  • Schulung des Pflegepersonals in der Wartezone über Vorwärmung als integralen Bestandteil der präoperativen Vorbereitung,

  • Beginn der Vorwärmung unmittelbar nach Ankunft in der Wartezone, damit auch Patienten mit unerwartet kurzer Aufenthaltsdauer in der Wartezone eine Vorwärmung erhalten.

Vorteile

Die Vorwärmung in der Wartezone ist mit folgenden Vorteilen verbunden:

  • Die Patienten werden rechtzeitig gewärmt.

  • Das Verfahren ist effektiv (Abb. 3).

  • Bei Versagen dieses Teils im Wärmemanagement kann auch noch eine Vorwärmung im OP durchgeführt werden.

  • Die anästhesiologische Abteilung hat Kontrolle über die Durchführung.

  • Der Schulungsaufwand für das Pflegepersonal in der Wartezone ist erheblich geringer als der Schulungsaufwand des pflegerischen und ärztlichen Personals auf den Normalstationen, da hier deutlich weniger Personen geschult werden müssen.

  • Es sind weniger Steuereinheiten und Heizmatten bzw. konvektive Luftwärmer erforderlich als bei der Vorwärmung auf Normalstation.

Abb. 3
figure 3

Vergleich der postoperativen Hypothermieraten in der eigenen Klinik. Alle Patienten – außer den Hals-Nasen-Ohren-Patienten – wurden intraoperativ mit konvektiver Luftwärmung gewärmt. HLM Herz-Lungen-Maschine, VATS videoassistierte Thorakoskopie

Nachteile

Der Zeitbedarf für die Durchführung der Vorwärmung liegt für die Pflege in der Wartezone in der Größenordnung von 10 min. Dies führt zu einer Mehrbelastung in der Wartezone.

Narkoseeinleitungsraum

Im Einleitungsraum kann eine schon begonnene Vorwärmung problemlos fortgeführt werden, wenn die passenden Gerätschaften vorhanden sind. Es ist aber auch gut möglich, erst zu diesem Zeitpunkt mit der Vorwärmung zu beginnen [41]. Dazu ist es erforderlich, dass die Patienten beim Einschleusen auf einer passenden Unterlegdecke positioniert werden. Nach Ankunft im Narkoseeinleitungsraum und der Begrüßung des Patienten wird unmittelbar die Wärmedecke in Betrieb genommen. Die danach erforderlichen Maßnahmen [Identitätsprüfung des Patienten, Überprüfung der Nüchternheit und der Vollständigkeit der Patientenunterlagen samt den erforderlichen Einwilligungen, Anschließen von Elektrokardiogramm (EKG), Pulsoxymetrie und nichtinvasiver Blutdruckmessung, Anlage eines i.v.-Zugangs] gewährleisten bis zum Ende der Präoxygenierung mindestens 10-min-Vorwärmung. Die Anlage eines thorakalen Periduralkatheters vor großen abdominellen oder thorakalen Eingriffen verlängert die Vorwärmdauer weiter (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Vorwärmung von Patienten im Narkoseeinleitungsraum. Bei Vorwärmung auf einer Unterlegdecke ist der konvektive Luftwärmer am Fußende des Patienten positioniert, sodass er bei keiner präoperativ erforderlichen Maßnahme stört (links). Auch während der Anlage eines thorakalen Periduralkatheters im Bett kann Vorwärmung problemlos durchgeführt werden (rechts)

In der eigenen Klinik führte diese Art der Vorwärmung zu einem erheblichen Rückgang der perioperativen Hypothermie bei Lungeneingriffen (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Körperkerntemperaturen von Patienten mit Thorakotomie oder videoassistierter Thorakoskopie (VATS) vor und nach Einführung von Vorwärmung

Voraussetzungen

Damit das Verfahren funktionieren kann, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Vorhandensein eines Narkoseeinleitungsraums;

  • Vorhandensein eines konvektiven Luftwärmers sowohl im OP selbst als auch im Narkoseeinleitungsraum. Die Geräte müssen permanent eingesteckt und so platziert sein, dass kein Arbeitsschritt behindert wird;

  • verlässliche OP-Organisation zur Ermöglichung der rechtzeitigen Bereitstellung der Patienten in den Narkoseeinleitungsraum;

  • Lagerung der Patienten auf die richtige Decke während des Einschleusens (dazu müssen einfache Standardanweisungen vorliegen, z. B. Lagerung von Patienten, die in Steinschnittlage operiert werden, auf einer kurzen Unterlegdecke statt auf einer Ganzkörperunterlegdecke);

  • flexible Decken mit mehreren Einlässen für das Gebläse;

  • Information der Patienten entweder während der Prämedikationsvisite oder im Narkoseeinleitungsraum über das Verfahren;

  • Schulung des Anästhesiepflegepersonals über die Vorwärmung als integralen Bestandteil der präoperativen Vorbereitung;

  • Beginn der Vorwärmung unmittelbar nach Ankunft im Narkoseeinleitungsraum, da die Zeit für Vorwärmung bei dieser Variante sehr begrenzt ist.

Vorteile

Folgende Aspekte wirken sich günstig aus:

  • Die Patienten werden vor Narkoseeinleitung gewärmt.

  • Das Verfahren ist effektiv.

  • Die Patienten werden nicht nur vorgewärmt, sondern bei langen Narkoseeinleitungszeiten während der Narkoseeinleitung weitergewärmt. Diese Zeit wird häufig unterschätzt, insbesondere wenn überlappende Einleitungen stattfinden. Gerade in diesem Szenario entfaltet Vorwärmung im Narkoseeinleitungsraum eine hohe Wirksamkeit.

  • Die anästhesiologische Abteilung hat Kontrolle über die Durchführung.

  • Der Schulungsaufwand für das Anästhesiepflegepersonal ist relativ gering.

  • Der Zeitbedarf für die Durchführung der Vorwärmung liegt für die Anästhesiepflege in der Größenordnung von weniger als einer Minute.

Nachteile

Bei Versagen dieses Teils im Wärmemanagement kann keine Vorwärmung mehr durchgeführt werden.

Kreißsaal

Auch im Kreißsaal ist eine Vorwärmung vor elektiver Sectio in Spinal- [14] oder Periduralanästhesie [19] effektiv und sinnvoll. Das Vorgehen dazu kann analog zur Vorwärmung auf der Normalstation oder zur Vorwärmung im Narkoseeinleitungsraum erfolgen.

Fazit für die Praxis

Die Vorwärmung des Patienten vor einem operativen Eingriff stellt ein pathophysiologisch gut begründetes und effektives Verfahren zur Verbesserung des perioperativen Wärmemanagements dar. Durch den §23(3) des Infektionsschutzgesetzes und die Stellungnahmen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut wird die Vorwärmung klar empfohlen. Flächendeckende Konzepte zur Implementierung der Vorwärmung sind erforderlich und sollten umgesetzt werden. Es ist inzwischen ein großes Angebot an praktikablen und technisch ausgereiften Lösungen verfügbar. Die Einführung der Vorwärmung erfordert eine Anschaffung von Wärmegeräten, den Einsatz von hochwertigen Wärmedecken und die Schulung von Mitarbeitern. Durch die Einführung im Rahmen eines lokal angepassten Konzepts führt die Vorwärmung nicht zu Zeitverlusten, sondern kann bei optimaler Prozessplanung sogar dazu beitragen, den präoperativen Vorlauf stabil und pünktlich zu gestalten.