Die effektive Akutschmerztherapie ist eine grundlegende Pflicht im Rahmen der Patientenversorgung. Nicht nur diese, sondern auch die Arbeitssituation des Personals können durch eine Prozessoptimierung verbessert werden. Die Implementierung standardisierter Behandlungskonzepte und eines zentralen Schmerzmanagements sind dafür geeignete Instrumente, wie im Folgenden am Beispiel eines orthopädischen Krankenhauses dargestellt wird.

Hintergrund und Ziel der Untersuchung

Eine suffiziente Schmerztherapie ist nicht nur ethische Pflicht, sondern gleichzeitig ein wichtiger Faktor für die hochwertige und effiziente perioperative Versorgung insbesondere bei modernen operativen Konzepten wie der „Fast-Track-Chirurgie“ [14, 17]. Neben der Außenwirkung und Patientenakquise wird die Konkurrenzfähigkeit der Kliniken im Umfeld des zunehmenden Kosten- und Leistungsdrucks seit der Einführung der diagnosebezogenen Fallgruppen („diagnosis related groups“, DRG) durch Reduktion von Komplikationen und Liegetagen gestärkt [13, 39]. Zusätzlich steigt der Anspruch an die Qualität durch zunehmende Qualitätssicherungsverfahren, institutionalisierte Qualitätskontrollen und ein wachsendes öffentliches Qualitäts- und Anspruchsbewusstsein [2, 23]. Orthopädische Patienten haben eine hohe Prävalenz präoperativer oder chronischer Schmerzen und stellen damit besondere Ansprüche an die Therapieumsetzung [36]. Gerade in dieser Patientengruppe werden nicht nur Liegezeiten und Komplikationsraten beeinflusst, sondern in hohem Maße auch die Qualität des funktionell-operativen Ergebnisses, was vor dem Hintergrund der DRG einen weiteren Faktor im Wettbewerb der Dienstleister darstellt [4, 37]. Als Hauptgrund mangelhafter Schmerztherapie werden in der Literatur organisatorische Defizite und geringe Kenntnisse der Mitarbeiter angeführt [28, 41]. Medizinische Abteilungen sind klassischerweise autonom organisiert. Im Behandlungsprozess entstehen jedoch zahlreiche Schnittstellen zwischen Professionen, Abteilungen und Fachbereichen, die dazu führen, dass Patienten Verantwortlichkeits-, Therapie- und Strategiewechseln ausgesetzt sind. In diesem Kontext ist ein grundsätzlicher Wechsel vom funktionsorientierten zum prozessorientierten Ansatz hilfreich [33]. So verwundert es nicht, dass mehrfach gezeigt wurde, dass einfachste organisatorische Veränderungen die Versorgungssituation hinsichtlich der Schmerzintensität verbessern [11, 12, 38]. Ein relevantes Beispiel ist die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit des Pflegepersonals trotz der häufigen Abwesenheit des Stationsarztes auf chirurgischen Stationen [42]. Positive Effekte wurden meist durch Steuerung von Therapieprozessen, durch Standards oder Behandlungspfade erreicht. Behandlungspfade sind eine Sonderform der Standardisierung. Sie sind als „abteilungs-, berufsgruppen- und professionsübergreifende, medizinisch und ökonomisch abgestimmt Handlungsleitlinien für den gesamten Behandlungsablauf einer Gruppe homogener Behandlungsfälle“ [34] definiert und unterstützen die prozessorientierte Ressourcennutzung und die Verbesserung der Ergebnisqualität. Als qualitatives Merkmal solcher Behandlungspfade wurde überwiegend die Schmerzintensität erfasst und der Effekt anhand ihrer Reduktion belegt. Der Einfluss auf die Prozesse in der Akutschmerztherapie und die Arbeitssituation der Mitarbeiter blieb weitgehend unberücksichtigt. Diese Aspekte sollten bei der Prozessgestaltung eingehend Berücksichtigung finden und durch den Blick auf reine „Outcome“-Parameter nicht nur indirekt abgebildet werden [8, 9]. Ziel dieser Untersuchung war es, die Effekte der Einführung eines Schmerzmanagementsystems mit Behandlungspfad für Akutschmerzpatienten mit eingriffsbezogenen und allgemeinen Therapiestandards nicht nur am Ergebnisparameter Schmerzintensität zu messen, sondern anhand von Daten der Qualitätssicherung auch prozessbezogene Parameter und die Mitarbeitersicht darzustellen. Ausgehend von diesen Daten wird ein Modell zur kontinuierlichen Aufrechterhaltung, Anpassung und Steuerung von Prozessen in der Akutschmerztherapie eines Krankenhauses beschrieben und zur Diskussion gestellt.

Methode und Untersuchungsaufbau

Im Rahmen eines Zertifizierungsprozesses wurde an einer orthopädischen Universitätsklinik (220 Betten) ein abteilungs- und schnittstellenübergreifender Behandlungspfad zur Akutschmerztherapie eingeführt. Dieser beinhaltete standardisierte Behandlungskonzepte für die häufigsten Routineeingriffe, Interventionstrigger (Trigger für die Gabe der Akutmedikation nach Algorithmus, die Anpassung der Basismedikation, die chirurgische Reevaluation, eine Hinzuziehung des Akutschmerzdienstes und/oder Schmerztherapeuten). Des Weiteren wurde die Anordnungsverantwortlichkeit festgelegt, sodass die Pflegekräfte durchgehend handlungsfähig waren und keine Anordnungslücken an Schnittstellen, z. B. durch Verlegung in andere Arbeitsbereiche oder auf andere Stationen, entstehen konnten. Die Effekte dieser klinikweiten Steuerung von Therapieprozessen wurden mehrdimensional aus Patienten- und Mitarbeitersicht erfasst. Neben Schmerzintensität und Zufriedenheit als patientenbezogene Ergebnisparameter wurden Prozessmerkmale zum Umgang von Patienten und Mitarbeitern mit Schmerzen dargestellt (Aufklärung, Vertrauen im Umgang mit Schmerz, Einschätzungsvermögen und Handlungsfähigkeit). Der Fokus lag auf dem Prozess „Gabe einer Akutmedikation“, beginnend mit der Patientenmeldung, der Schmerzwahrnehmung (Schmerzmessung) durch die Mitarbeiter, der Gabe einer angeforderten Medikation und der Beurteilung der Effektivität der Interventionen.

Behandlungspfad und medikamentöser Basisalgorithmus

Bei der Aufnahme erfolgt eine Therapiepfadzuordnung (konservativ/operativ). Hier dargestellt wird der operative Pfad. Zugeordnet sind die Verantwortlichkeiten für

  • die Schmerzanamnese,

  • die Patienteninformation,

  • die Aufklärung,

  • die Einweisung in die Schmerzmessung,

  • die Schmerzmessung,

  • die Anordnung und Medikamentengabe,

  • den Einbezug der Physiotherapeuten sowie

  • die Meldung bei Dosisgrenzen bzw. Problemen.

Abgesehen von Kontraindikationen gilt für alle Patienten bereichsübergreifend der in Abb. 1 dargestellte Basisalgorithmus, welcher Akut- und Basismedikation umfasst und prozedurenspezifisch ergänzt wird. Dieser wurde an das von Pogatzki-Zahn et al. [31] entwickelte „Oxycodonschema“ angelehnt und an hauseigene Bedürfnisse angepasst. Zur Überwindung der Schnittstellenproblematik im Behandlungsprozess mit wechselnden Therapieregimen ist dieses Konzept für alle Bereiche verbindlich (OP, Aufwachraum, Intensivstation, Normalstation). Die vom Anästhesisten im OP-Bereich angeordnete Analgesie gilt bereichsübergreifend für „24 h“, um Anordnungslücken bei Weiterverlegung insbesondere außerhalb der Kernarbeitszeiten zu verhindern. Der Anästhesist legt (abgesehen von Kontraindikationen) auf einem standardisierten Anordnungsprotokoll lediglich eine Startstufe im Therapiealgorithmus (Dosis der Bedarfsmedikation und Nichtopioid) fest. Die im OP begonnene Therapie geht fließend in den Algorithmus der nachfolgenden Stationen über und wird von den Stationsärzten fortgeführt. Die weitere Gabe der Bedarfsmedikation und die Anpassung der Basisanalgesie und ggf. weiterer spezialisierter Betreuung ergeben sich aus den Vorgaben des Algorithmus.

Abb. 1
figure 1

Medikamentöser Akutschmerzalgorithmus, angelehnt an Pogatzki-Zahn [31]

Interventionsgrenzen und Trigger

Für die Gabe einer Bedarfsmedikation wurde auf einer 11-stufigen numerischen Rating-Skala (NRS) von 0 bis 10 eine Schmerzintensität von „4“ als Trigger festgelegt, unabhängig von Ruhe oder Belastung. Die Pflegekräfte können diese dreimal im Abstand von jeweils einer Stunde bei entsprechender Schmerzintensität verabreichen. Spätestens mit der 3. Bedarfsmedikation (also spätestens nach 2 h) wird der Stationsarzt hinzugezogen. Die Anpassung der Basismedikation ist an die Bedarfsmedikation gekoppelt: Werden innerhalb von 24 h 3 Bedarfsmedikationen verabreicht, erfolgt nach Freigabe durch den Stations- oder Dienstarzt die Anhebung der Basismedikation um eine feste Dosis. Wird innerhalb von 24 h keine Akutmedikation verabreicht, wird die Basismedikation am nächsten Tag um eine vorgegebene Dosis reduziert. Es wurden Tages- bzw. im Aufwachraum Stundendosen des jeweiligen Opioids festgelegt, deren Überschreiten automatisch die weitere Mitbetreuung durch den Akutschmerzdienst veranlasst. Die Darstellung (Abb. 1) erfolgt wirkstoffneutral ohne Nennung, da die Autoren keine Priorisierung eines bestimmten stark wirksamen Opioidwirkstoffs vornehmen wollen.

Etablierung eines Schmerzmanagementsystems

Zur Aufrechterhaltung und Pflege dieses Systems wurde ein zentrales Schmerzmanagement implementiert, analog zu Strukturen der Hygieneüberwachung oder des Transfusionswesens. Die Kontrolle, Weiterentwicklung und Anpassung obliegt dabei dem Leiter der Schmerzkonferenz, der als „Schmerzbeauftragter“ (im Sinn eines Prozessverantwortlichen) das berufsgruppen- und abteilungsübergreifende Weisungs- und Implementierungsrecht für alle schmerzrelevanten Belange innerhalb der Klinik hat und diesbezüglich nur der Geschäftsführung verpflichtet ist. Ihm steht eine regelmäßig tagende, interdisziplinär besetzte Schmerzkonferenz zur Seite (Orthopäden, Anästhesisten, Schmerztherapeuten, Stations- und Funktionspflege, Physiotherapeuten), in der Probleme besprochen und Lösungswege erarbeitet werden. Um einen effektiven gegenläufigen Feedbackmechanismus sowohl zum Schmerzmanagement als auch zu den Arbeitsbereichen zu gewährleisten, gibt es dort speziell geschulte Mitarbeiter (im Sinn einer Insellösung), die als „Schmerzmanager“ vor Ort Ansprechpartner für ihre Kollegen sind. Das Schmerzmanagement wurde in das Qualitätsmanagementsystem des Hauses integriert.

Datenerfassung

Alle Patienten, die innerhalb eines Zeitraums von 4 Wochen zur Operation stationär aufgenommen wurden, sich freiwillig zur Teilnahme an der anonymen Befragung bereiterklärten, das 16. Lebensjahr vollendet hatten und geistig und sprachlich in der Lage waren, den Fragebogen ohne fremde Hilfe zu bearbeiten, wurden erfasst. Ausgeschlossen wurden Patienten, deren Aufenthalt kürzer als 3 Tage war, Patienten ohne hinreichende Deutschkenntnisse, Patienten mit geistiger Einschränkung und Kinder bis 15 Jahre sowie Patienten der Kinderstation). Die Befragung erfolgte am 3. postoperativen Tag, sodass sich der Großteil der Patienten bereits in der aus funktionellen Aspekten wichtigen, aber schmerzhaften Phase der Mobilisation befand. Die Befragung erfolgte durch eine vom Behandlungsprozess unabhängige Person anhand eines im Rahmen der Umstrukturierung selbst entwickelten Fragebogens. Das Eingriffsspektrum umfasste alle gängigen orthopädischen Operationen inkl. der Wirbelsäulenchirurgie. Im selben Zeitraum wurden in die Patientenversorgung involvierte Mitarbeiter (Ärzte, Pflegekräfte und Physiotherapeuten) ebenfalls anhand eines Fragebogens anonym befragt. Die Befragung erfolgte 3 Monate vor der Implementierung des Schmerzmanagementsystems und wurde 12 Monate danach wiederholt. Die Befragung wurde durch die Ethikkommission der Medizinischen Hochschule Hannover, die eigene Geschäftsleitung und die Mitarbeitervertretung genehmigt.

Patientenfragebogen

Patienten wurden zur durchschnittlichen minimalen und maximalen Schmerzintensität innerhalb der letzten 4 Wochen vor der Operation und am 3. postoperativen Tag zur minimalen und maximalen Schmerzintensität seit der Operation und der Zufriedenheit mit der Schmerztherapie anhand der elfstufigen NRS (0: kein Schmerz, 10: stärkster vorstellbarer Schmerz) befragt. Der Zeitraum, seit dem die Operation geplant war, wurde in Blöcken von „über 6 Monate“, „ca. 4–6 Monate“, „ca. 2–4 Monate“, „ca. 1–2 Monate“, „ca. 1 Monat“ und „unter 2 Wochen“ erfasst. Des Weiteren wurde erfragt, ob Schmerzen und deren Therapiemöglichkeiten vom Arzt oder vom Patienten vor der Operation angesprochen wurden bzw. ob der Patient mit den erhaltenen Informationen zufrieden war (Antwortmodus „ja“ und „nein“).

Die Patienten wurden gebeten, in Minuten anzugeben, wie lange es etwa gedauert hat, bis sie nach dem Klingeln bei Schmerzen ein Schmerzmittel bekommen haben. Dazu wurde anhand der Skala „nie“, „selten“, „meistens“ und „immer“ erfasst, wie oft die verabreichte Akutmedikation aus Sicht der Patienten ausreichend war, ob sie sich bezüglich ihrer Schmerzen vom Personal ernst genommen fühlten und wie oft sie sich bei Schmerzen gemeldet haben. Die Patienten sollten angeben, welche der sie betreuenden Berufsgruppen für sie Hauptansprechpartner wegen der Schmerzen war und anhand der 11-stufigen NRS (0: sehr schlecht, 10: sehr gut) beurteilen, wie gut die Mitarbeiter der Berufsgruppen die Schmerzen beurteilten. Als weitere Parameter wurden das Alter, das Geschlecht, das Operationsgebiet, ein Gelenkersatz und die Therapie mittels regionalem Katheterverfahren erfasst.

Mitarbeiterfragebogen

Die Mitarbeiter wurden anhand einer 11-stufigen NRS (0: sehr schlecht/gar nicht, 10; sehr gut/sehr zufrieden) zum eigenen Einschätzungsvermögen von Schmerzen, dem eigenen Wissens-/Ausbildungsstand zur Schmerztherapie, zur Zufriedenheit mit der postoperativen Schmerztherapie, deren Qualität im eigenen Arbeitsbereich und der eigenen Handlungsfähigkeit bei Schmerzen befragt. Sie wurden wie die Patienten zuvor aufgefordert, die Dauer bis zur Gabe einer Akutmedikation nach Patientenmeldung in Minuten anzugeben und anhand der Skala („nie“, „selten“, „meistens“, „immer“) anzugeben, wie oft diese ihrer Einschätzung nach die Schmerzen der Patienten erträglich machte.

Zur Erstellung des Mitarbeiterfragebogens wurden im Rahmen von offenen Interviews und Diskussionen der multidisziplinären Arbeitsgruppe organisatorische Aspekte zu Hauptproblemen der Schmerzversorgung und zu Lösungsansätzen erfasst (diese werden im Ergebnisteil dargestellt). Die Mitarbeiter wurden in beiden Befragungen aufgefordert, jeweils die 3 für sie wichtigsten Probleme und Ansatzpunkte für Verbesserungen zu benennen. Zur Einordnung wurde die Berufsgruppenzugehörigkeit erfasst.

Statistische Auswertung

Die statistische Analyse erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS Version 19. Signifikante Unterschiede bei Häufigkeitsverteilungen wurden anhand des χ2-Tests nach Pearson dargestellt. Der Stichprobenvergleich von Parametern, deren Wertung anhand der NRS (von 0 bis 10) erfolgte, wurde mit dem Mann-Whitney-U-Test vorgenommen. Aufgrund der geringen Zahl der so verglichenen Parameter (4) wurde keine Korrektur für Mehrfachvergleiche vorgenommen. Als Signifikanzniveau wurde p < 0,05 festgelegt.

Ergebnisse der Patientenbefragung

Demographie und operativer Eingriff

Es wurden insgesamt 589 Patienten befragt (282 Ausgangsgruppe, 307 Folgebefragung), 59,6% Frauen und 40,4% Männer (Ausgangsgruppe: 58,5% Frauen, 41,5% Männer; Folgegruppe: 60,5% Frauen, 39,5% Männer). Die Patienten waren im Durchschnitt 61,1 Jahre alt (Ausgangsgruppe: 61,9 Jahre, Folgegruppe: 60,4 Jahre; mindestens 16, maximal 89 Jahre). In der Folgebefragung war, wie Tab. 1 darstellt, der Anteil an Becken- und Hüfteingriffen etwas größer und der Anteil der Knieeingriffe geringer, jedoch lag kein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Alters, des Geschlechts und der Lokalisation des operativen Eingriffs zwischen den Gruppen vor. Ebenfalls gab es keinen Unterschied im Anteil endoprothetischer Eingriffe (Gesamtanteil 60,5%), oder der Therapie mir peripheren oder periduralen Katheterverfahren (Gesamtanteil 35,1%; p > 0,05).

Tab. 1 Eingriffslokalisation und Katheterversorgung des Patientenkollektivs

Aufnahmesituation der Patienten

Die Schmerzintensität der Patienten der Ausgangsgruppe im Vierwochenzeitraum vor der Operation war geringfügig höher (maximaler Schmerz: Median 8 vs. 7, MW 7,23 vs. 6,74, 95%; Konfidenzintervall: Untergrenze 6,95 vs. 6,44, Obergrenze 7,51 vs. 7,04; minimaler Schmerzmedian 5 vs. 4, MW 5,0 vs. 4,14; 95%-Konfidenzintervall: Untergrenze 4,64 vs. 3,81, Obergrenze 5,35 vs. 4,47) als in der Folgebefragung (p = 0,025). Der Zeitrahmen, in dem die Patienten geplant hatten, sich operieren zu lassen, unterschied sich nicht (p > 0,05). Insgesamt planten 38,9% der Patienten ihre Operation bereits länger als 6 Monate.

Bereits im Vorfeld der Operation zeigte sich beim Aufklärungsprozess ein positiver Einfluss der Prozesslenkung in der Verbesserung der Aufklärung der Patienten. Obwohl der postoperative Schmerz nicht öfter zwischen Arzt und Patient thematisiert wurde (p > 0,05), wurden die Therapiemöglichkeiten häufiger durch den Arzt angesprochen (71,1% der Gespräche der Ausgangs- vs. 78,7% der Kontakte der Folgegruppe, p = 0,022), wobei sich der Anteil der Patienten, die angaben, selbst die Behandlungsmöglichkeiten dem Arzt gegenüber angesprochen zu haben, nicht unterschied (gesamt 54%, Ausgangsbefragung 54,7%, Folgebefragung 53,3%; p > 0,05). Der Anteil an subjektiv zufriedenstellend informierten Patienten stieg von 88,1% auf 92,7% (p = 0,038).

Versorgungssituation nach der Operation

Im Rahmen der Einführung der Prozesslenkung konnte keine Steigerung der bereits hohen Zufriedenheit der Patienten mit ihrer Schmerztherapie dargestellt werden (Ausgangs-/Folgebefragung Median jeweils 9 (p > 0,05). Die Intensität von Schmerzspitzen innerhalb der ersten 3 postoperativen Tage reduzierte sich nicht (Median jeweils 6; p > 0,05). Eine Verbesserung der postoperativen Schmerzen konnte für die Angabe zum geringsten Schmerz nach der Operation gezeigt werden: Sie reduzierte sich signifikant (p = 0,026; Median zur minimalen Schmerzintensität von 3 auf 2; Ausgangs-/Folgebefragung: Mittelwerte 3,3/2,6, 95%-Konfidenzintervall: Untergrenzen 2,8/2,3; Obergrenzen 3,4/2,9).

Bei der differenzierten Betrachtung von Patienten mit starken (maximalen) präoperativen Schmerzen (NRS ≥ 7) konnte diese in der Gesamtheit des Patientenkollektivs darstellbare signifikante Reduktion nicht gezeigt werden, auch keine Veränderung der Zufriedenheit mit der Therapie. Dabei gab es keine Unterschiede in der Bewertung der Effektivität der Medikation (p > 0,05). Ebenso zeigte sich keine signifikante Verbesserung der Schmerzintensität bei Patienten mit Katheterverfahren (p > 0,05). Die maximale Schmerzintensität war in der Folgegruppe der Patienten mit Katheterverfahren sogar höher (Ausgangsbefragung: Median 6, Folgebefragung Median 8). Dabei unterschied sich die Bewertung der Effektivität der Medikation von Patienten mit Katheterverfahren zwischen den Befragungen nicht (p > 0,05). Wenn man in der Auswertung alle Patienten mit Katheterverfahren und hohem präoperativem Schmerzniveau (maximaler Schmerz präoperativ ≥ 7) ausschloss, konnte auch die Reduktion der Intensität von Schmerzspitzen (stärkster Schmerz seit der Operation) dargestellt werden (Median: Ausgangsbefragung 6, Folgebefragung 4; p = 0,019). Entsprechend stieg der Anteil der Patienten ohne Katheterverfahren, denen die Bedarfsmedikation immer geholfen hat, von 44,2 auf 57,1% an (p = 0,012). Die bereits hohe Zufriedenheit (Median 9) und die minimale Schmerzintensität (Median 2) blieben ohne signifikante Veränderung (p > 0,05).

Subjektive Wartezeiten auf ein Schmerzmittel nach Anforderung konnten im Median der maximalen Wartezeiten zwischen den beiden Befragungen von 10 auf 5 min verringert werden (p = 0,018). Außerdem bewerteten Patienten der Folgegruppe die Effektivität der erhaltenen Medikation besser als in der Ausgangsbefragung: Der Anteil aller Patienten, denen die erhaltenen Medikamente immer geholfen hatte, stieg von 45,7 auf 53,7% an (p = 0,015). In der Folgebefragung stellte sich ein offenerer Umgang mit dem Thema Schmerz bei den Patienten ein. Patienten gaben häufiger an, sich bei Schmerzen zu melden und fühlten sich von den Mitarbeitern dabei ernster genommen als vorher. Der Anteil der Patienten, die sich wegen ihrer Schmerzen immer ernst genommen fühlten, stieg von 67,6 auf 81,5% (p = 0,002).

Pflegekräfte waren für die Patienten die Hauptansprechpartner bei Schmerzen. In der Ausgangsgruppe fiel diese Rolle in 83,6% der Fälle den Pflegekräften zu. Die Bedeutung als Hauptansprechpartner stieg nach Einführung des Therapiealgorithmus sogar auf 94% (p < 0,0001), wohingegen Ärzte nur noch von 5,3% der Patienten angeführt wurden. Dem Stationsarzt kam dabei eine geringere Rolle zu als dem Operateur. Keinen Unterschied gab es in der Beurteilung, welche Berufsgruppe die Schmerzen am besten einschätzen könne. Patienten bewerten das Einschätzungsvermögen der Berufsgruppen nahezu gleich gut (Median für alle Berufsgruppen und Befragungszeitpunkte von 9; p > 0,05).

Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung

In der Ausgangsbefragung wurden 149 und in der Folgebefragung 119 Mitarbeiter, davon insgesamt 21,3% Ärzte (Orthopädie, Anästhesiologie und Intensivmedizin), 63,7% Pflegekräfte und 15% Physiotherapeuten über beide Befragungen erfasst. Die Verteilung der Berufsgruppen innerhalb der Befragungsgruppen unterschied sich nicht (p > 0,05). Es wurden durchschnittlich jeweils 57% der befragten ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter im Rücklauf erfasst und 85% der physiotherapeutischen Mitarbeiter.

Die Angaben zum Einschätzungsvermögen von Schmerzen unterschieden sich zwischen den Befragungsgruppen nicht (p > 0,05). Die Mitarbeiter waren jedoch in der Folgebefragung mit dem Schmerzniveau ihrer Patienten zufriedener als in der Ausgangsbefragung (p = 0,001). Diese Gruppe bewertete auch die Qualität der Schmerzversorgung in Ihren Arbeitsbereichen (p = 0,004) und ihre Handlungsfähigkeit besser (p = 0,018) und gaben einen besseren Wissens- und Ausbildungsstand an (p = 0,001). Hierzu gibt Tab. 2 eine Übersicht.

Tab. 2 Beurteilung der Schmerzversorgung aus Mitarbeitersicht auf der numerischen Rating-Skala (NRS: 0–10). Vor dem Querstrich Angaben der Ausgangsbefragung, hinter dem Querstrich Angaben der Folgebefragung

Obwohl die Patienten die Akutmedikation in der Folgebefragung effektiver bewerteten, ergab sich bei den Mitarbeitern bezogen auf die Effektivität kein Unterschied zwischen den Befragungen (p > 0,05).

Defizitanalyse

Aus Interviews und Fachgesprächen vor der Fragebogenerstellung wurden aus Sicht der Mitarbeiter die in Tab. 3 dargestellten patienten- und mitarbeiterbezogenen Aspekte als Hauptprobleme der Schmerzversorgung herausgearbeitet und in den Befragungen eine Priorisierung vorgenommen (die Angaben in Klammern geben jeweils die prozentuale Häufigkeit der Nennungshäufigkeit in der Ausgangs-/Folgebefragung bei jeweils 3 möglichen Angaben pro Mitarbeiter an).

Tab. 3 Probleme der Schmerzversorgung und Angriffspunkte für Lösungsansätze aus Mitarbeitersicht. Vor dem Querstrich Angaben der Ausgangsbefragung, hinter dem Querstrich Angaben der Folgebefragung

Die beschriebenen positiven Effekte, die in der Mitarbeiterbefragung dargestellt werden konnten, spiegelten sich in der Priorisierung von Problemen und Lösungsansätzen statistisch nicht wieder (p > 0,05). Es zeigte sich eine leichte Verschiebung von strukturellen Aspekten zu patientenbezogenen Aspekten in der Folgebefragung. Organisatorische Aspekte wie unzureichende Anordnungen wurden in der Folge als Problem geringer gewichtet. Die Angaben stehen, wie bereits bei der Beurteilung der Effektivität der Therapie, im Widerspruch zu den Patientenangaben. So wurden in der Folgebefragung von Mitarbeitern die Patientenmeldung und der Umgang der Patienten mit den Schmerzen als Problem stärker gewichtet, wohingegen sich aus Patientensicht gerade hierin eine Besserung abzeichnete. Es mag sich hierin auch ein Phänomen der Aufmerksamkeitslenkung bei den Mitarbeitern widerspiegeln, da besonders Aspekte wie beispielsweise die Einschätzung der Schmerzen durch Mitarbeiter, die vor Einführung des Schmerzstandards unsystematisch und ohne einheitliche Methode erfolgte, nun in ihrer Bedeutung den Mitarbeitern bewusster war und somit häufiger in der Folgebefragung genannt wurden.

Diskussion

Organisatorische Prozessoptimierung

Klare Verantwortlichkeiten, die Überwindung der Schnittstellenproblematik und die systematische Verhinderung von Versorgungslücken im Behandlungsprozess sind wichtige Voraussetzungen für eine effektive und prozessorientierte Akutschmerztherapie [34]. Mit der Einführung und Einbindung von Therapiestandards in einen Behandlungspfad zur Akutschmerztherapie konnte die Versorgung der Patienten verbessert werden. Dies galt insbesondere für „einfache“ Patienten, die keine starken präoperativen Schmerzen angaben oder mit einem speziellen Katheterverfahren behandelt wurden. Pflegekräfte waren innerhalb fester Grenzen handlungsfähiger und Patienten erhielten schneller ein effektives Analgetikum. Die Schmerztherapie wurde unabhängiger von individueller Einschätzung und Erfahrung sowie der Präsenz eines Stationsarztes [42]. Jedoch zeigten sich in der vorliegenden Untersuchung gerade bei den „komplexeren“ Patienten auch negative Effekte.

Bereits 1989 zeigte Gould [12], dass durch einfachste organisatorische Veränderungen die Schmerzintensität der Patienten reduziert werden kann. Tryba [11] konnte positive Effekte von organisatorischen Veränderungen im Rahmen eines Zertifizierungsvorhabens darstellen. Auch für spezielle Therapiebereiche (hier: Transplantationsmedizin oder Herzchirurgie) wurde gezeigt, dass Akutschmerztherapie – prozedurenspezifisch in Behandlungspfade integriert – eine Outcome-Verbesserung nicht nur hinsichtlich der Schmerzen, sondern auch in Begleiteffekten wie einer besseren Schlafqualität mit Reduktion schlafanstoßender Medikamente oder der Verringerung von Nebenwirkungen erzielen kann [6, 38]. Im Rahmen dieser Projekte boten Elemente des Qualitätsmanagements die Grundlage für den Verbesserungsprozess (im besten Fall eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Rahmen des „PDCA-Zyklus“): Nach Klärung der Anforderungen (gesetzliche Auflagen, Leitlinien, Richtlinien, Kunden/Patienten, andere Abteilungen, Mitarbeiter, Zuweiser usw.) sollte dabei zunächst die Aufbau- und Ablauforganisation an diese Anforderungen angepasst werden. Die aktuelle Leitlinie zur „Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen“, welche letztendlich auch die Grundlage für Anforderungen verfügbarer Zertifikate der Akutschmerztherapie darstellt, geht auf Aspekte der Prozessgestaltung nur allgemein ein, obwohl gerade in der Anpassung der Prozesse das größte Optimierungspotenzial besteht [20, 21].

Verbesserung der Versorgungsqualität durch Therapiestandard

Die Darstellung eines Verbesserungspotenzials hängt von den gewählten Indikatoren ab, wobei gerade darin die Schwierigkeit im Bereich der Akutschmerztherapie liegt [25]. So zeigen die vorliegenden Ergebnisse eine hohe Zufriedenheit auch bei Patienten mit stärksten Schmerzen. Hierbei lässt sich diskutieren, inwieweit die Zufriedenheit innerhalb einer kleineren Stichprobe einer Art Deckeneffekt unterliegt bzw. diese von zahlreichen Nebeneffekten beeinflusst wird. Die Reduktion der Schmerzintensität und Wartezeit auf eine Bedarfsmedikation sowie deren Effektivität, die bessere Aufklärung, der offenere Umgang mit dem Thema Schmerz und die häufigere Schmerzmeldung der Patienten führten nicht dazu, die (insgesamt hohe) Zufriedenheit der Patienten signifikant zu verbessern [5]. Dagegen konnte eine Zunahme der Zufriedenheit bei den Mitarbeitern nicht nur hinsichtlich der beobachteten Schmerzintensität, sondern auch bei Wissen und Handlungsfähigkeit durch die organisatorischen Veränderungen dargestellt werden. Der Aufwand von Mitarbeiterschulungen stellt sich als besonders effektiv dar, denn obwohl dieser minimal war (1 h pro Mitarbeiter), zeigte sich in der Wahrnehmung der Mitarbeiter ein deutlich positiver Effekt.

Der stichprobenartige Vergleich der Schmerzintensität mit den Routinemessungen aus den Patientenkurven lässt vermuten, dass die Angaben am 3. postoperativen Tag zur Erfassung des maximalen und minimalen Schmerzes seit der Operation bereits durch Verarbeitungsmechanismen oder ein Bias der Patienten beeinflusst wird. Die eigene stichprobenartige Kontrolle im Rahmen der Implementierung unseres Standards bei 50 Patienten mit den jeweils schlechtesten Routinemessungen innerhalb der ersten 3 postoperativen Tage zeigte eine stärkere Reduktion der Schmerzen (durchschnittliche Schmerzspitzen von 5,9 auf 4,8, minimaler bzw. durchschnittlicher Ruheschmerz von 3,1 auf 1,7; [1]). Die Ergebnisse lassen den Schluss zu – wie auch von anderen Studien belegt –, dass bei der Beurteilung von Schmerzen und der Wirksamkeit der Medikation zwischen Patienten und Mitarbeitern eine erhebliche Diskrepanz besteht [10, 40]. Die Mitarbeiter scheinen von der Effektivität ihrer gewohnten Methoden bereits vor Einführung des standardisierten Vorgehens überzeugt zu sein, denn trotz der aus Patientensicht darstellbaren Effektivitätssteigerung und trotz subjektiver Steigerung der Handlungsfähigkeit aus Mitarbeitersicht gab es im Gegensatz zur Patientenbewertung bei der Frage, wie oft die verabreichte Medikation wirksam war, in der allgemeinen Beurteilung der Wirksamkeit der analgetischen Medikation keinen signifikanten Unterschied zur Vorbefragung. Bei der Gewichtung von Problemen stellt sich eine widersprüchliche Sicht der Mitarbeiter in sich dar. Trotz wahrgenommener Steigerung von Behandlungsqualität, Reduktion des Schmerzniveaus, Verbesserung von Handlungsfähigkeit und Wissensstand werden gerade Aspekte im Rahmen engerer Vorgaben eher problematischer gesehen – insbesondere auch patientenassoziierte Faktoren wie die Patientenmeldungen bzw. indirekt deren Compliance.

Hier lässt sich diskutieren, inwieweit die Ergebnisse von Effekten wie z. B. dem Hawthorne-Effekt beeinflusst werden. Denkbar ist auch, dass die Verbesserung der Schmerztherapie zwar wahrgenommen wird, jedoch andere Gründe (z. B. Unzufriedenheit hinsichtlich der Therapieeinschränkung oder der Arbeitsplatzsituation) widersprüchliche Einschätzungen hervorrufen.

Derartige Phänomene wurden bereits von anderen Autoren beschrieben, denn obwohl die positiven Effekte hinreichend belegt sind, werden Standards und Leitlinien im Krankenhaus oft als „0815-“ oder „Kochbuchmedizin“ negiert und als Einschnitt in die Therapiefreiheit empfunden [3, 32]. Dabei schafft die Standardisierung als vereinheitlichende Anpassung und schriftliche Festlegung von Prozessabläufen Transparenz bei allen Beteiligten. Dies bietet besondere Chancen bei Behandlungsprozessen, die sowohl räumlich als auch aufgrund zahlreicher Akteure komplex und unübersichtlich sind. Standards ersetzen nicht die Qualifikation der Mitarbeiter, ermöglichen aber eine geringere Abhängigkeit vom Individuum, eine leitliniengerechte Therapie nach aktuellem Stand der medizinischen Wissenschaft und eine Qualitätssteuerung anhand von Kriterien und Zielen [34]. Es verwundert in Anbetracht der negativen Haltung gegenüber Standardisierung nicht, dass es teils Jahrzehnte dauert, bis sich die Inhalte aus der aktuellen Wissenschaft über Leitlinien in den medizinischen Alltag integriert haben [22].

Steuerung von Therapieprozessen

Die Ergebnisse des Projekts „Schmerzfreies Krankenhaus“ von Maier et al. [23] zeigten, dass besonders Patienten mit vermeintlich kleinen Eingriffen, für die keine speziellen Therapieregime oder eine Betreuung durch den Akutschmerzdienst vorgesehen sind, eine unzureichende postoperative Schmerzbehandlung erhalten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit von Konzepten einer systematischen analgetischen Versorgung im Rahmen von Standards und Algorithmen. Doch mit der Einführung solcher Konzepte ist es nicht getan. Langfristig werden die Kliniken vermutlich nur davon profitieren, wenn es gelingt, diese Konzepte in den Klinikalltag zu integrieren und zu pflegen [35]. Hierzu bedarf es der Regelung der Zuständigkeit und Umsetzungskontrolle. In Anbetracht der klassischerweise abteilungsbezogenen Organisationsstrukturen in Krankenhäusern stellen wir den Ansatz eines Schmerzmanagementsystems mit einem „Schmerzbeauftragten“ als Verantwortlichem zur Diskussion [33].

Die Implementierung des Schmerzmanagementsystems umfasste neben den Festlegungen der Verantwortung im klinischen Ablauf auch die Verantwortlichkeit und Struktur zur Weiterentwicklung und Pflege des Systems. Dazu wurden personelle Verantwortlichkeiten über alle Ebenen festgelegt. Das Implementierungsrecht des „Schmerzbeauftragten“ als Prozessverantwortlichem („process owner“) und die interprofessionelle Besetzung der Lenkungsgruppe wurde bei der Umsetzung grundsätzlich als sehr nützlich empfunden, um Abteilungsgrenzen zu überwinden und prozessorientierte abteilungsunabhängige Abläufe umzusetzen und anzupassen [16, 19]. Nach Meinung der Autoren müssen derartige abteilungsübergreifende Therapieprozesse auch übergreifend gesteuert werden und sollten nicht funktionsbezogenen, abteilungsintern begrenzten „Kleinstaatenlösungen“ zum Opfer fallen und damit Schnittstellenprobleme forcieren [19, 33]. Ergänzt wird dies durch die in diesem System enthaltene Verbindlichkeit für alle Beteiligten des klinischen Behandlungsprozesses. Sowohl im klinischen Algorithmus als auch in der Steuerung der Therapieprozesse wird durch Feedbackmechanismen die Verbindlichkeit gestärkt und die schnelle Identifikation von Umsetzungsschwierigkeiten sowie die schnelle „Top-down“-Information bei Anpassungen ermöglicht. Neben den Feedbackmechanismen sind die regelmäßige Ergebniskontrolle und auch ein vergleichendes Benchmarking für das System – wie am Beispiel von QUIPS aufgezeigt –, aber auch die vorgeschriebene Reevaluation der Schmerzen und der Therapieeffektivität innerhalb des Algorithmus von grundlegender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass die in den Standards festgelegte Therapie nicht nur auf dem Papier fixiert ist, sondern auch beim Patienten ankommt [7, 27].

Kritische Aspekte des Therapiealgorithmus

Die Gabe von Opioidanalgetika sollte nicht „liberalisiert“, sondern die gezielte Verfügbarkeit verbessert werden. Dass ein Patient ein Analgetikum bekommt, sollte nicht von der Erfahrung oder Verfügbarkeit eines Arztes abhängig sein. Außerdem sollten klare Vorgaben gemacht werden, wann ein Analgetikum gegeben wird. Obwohl zunächst die „neue Handlungsfähigkeit“ bei den Pflegekräften Sorgen hinsichtlich der Verantwortung und Entscheidungskompetenz aufwarf, bietet ein solches Modell eine exaktere Anordnung und weniger Entscheidungsnotwendigkeit bei der Pflegekraft als bei der reinen Vorgabe „bei Bedarf“. Dabei bleibt zunächst rein formal die Orientierung an Triggern, z. B. auf der NRS, um eine anordnungskonforme Umsetzung zu ermöglichen, auch wenn diese einer hohen Streuung unterworfen ist und damit nur ein ungeliebtes Mittel zum Zweck bleiben sollte. Zur Therapiesteuerung sollten analog zur Beurteilung der Therapie bei chronischen Schmerzpatienten auch in der Akutschmerztherapie funktionelle Aspekte überwiegen. Sie haben hier aber den Nachteil, bisher in einem allgemeinen Algorithmus nicht numerisch abgebildet werden zu können [17, 29]. Die Reduktion der Schmerzintensität spiegelte sich nicht bei den maximalen Schmerzen wieder, da diese vermutlich bei Bewegung, Mobilisation oder Verbandwechsel erlebt wurden und analog dem Algorithmus erst im Nachgang des Ereignisses eine Therapiekonsequenz nach sich zogen.

Dieses Ergebnis könnte nahelegen, dass zur Verlaufsbeurteilung des Akutschmerzmanagements der Ruhe- oder Basalschmerz ein geeigneter und womöglich sensibler Parameter ist. Dies steht jedoch im Widerspruch zu der in einem Editorial von Kehlet [18] geäußerten Expertenmeinung, dass gerade die Reduktion von Schmerzspitzen der am besten geeignete Parameter in der Qualitätsfrage sei. Einschränkend hinsichtlich der Vergleichbarkeit der vorliegenden Ergebnisse ist dabei sicherlich der gewählte Fragemodus mit geringstem und stärkstem Schmerz seit der Operation und nicht mit Ruhe- und Belastungsschmerz. Die negativen Ergebnisse unserer Untersuchung in Bezug auf die Patienten mit stärkeren präoperativen Schmerzen und Katheterverfahren wären hiermit ggf. auch zu erklären. Andererseits war der primäre Fokus dieser Untersuchung nicht eine validierte Beurteilung der Qualität der Intervention, sondern ein Vorher-Nachher-Vergleich des Prozessablaufs bezüglich der Gabe einer Bedarfsmedikation. Es wäre alternativ auch möglich, dass der sich in der Schmerzintensität nur schwach abzeichnende Effekt letztendlich durch die in der Ausgangsbefragung stärker ausgeprägten präoperativen Schmerzen generiert wurde [15].

Dabei spiegelt sich insgesamt das Dilemma des Fehlens geeigneter Qualitätsindikatoren aus der Routineversorgung wieder. Meißner [26] rief kürzlich in einem Editorial zu einem Paradigmenwechsel auf. Er fordert den Wandel von der eindimensionalen, schmerzintensitätsbezogenen Qualitätsbeurteilung hin zu einem „breiter angelegten Qualitätsziel, das verschiedene Aspekte der postoperativen Rehabilitation erfasst“ [26]. So gibt es bereits einen etablierten und gangbaren Weg im QUIPS-Modul, welches letztendlich entsprechend dem Vorbild der Beurteilung in der chronischen Schmerztherapie zwar die Schmerzintensität erfasst, aber funktionelle Aspekte umfassend berücksichtigt [24].

Die Ergebnisse zeigen analog zu der Hypothese, dass besonders Eingriffe außerhalb der Betreuung des Akutschmerzdienstes spezieller Therapiekonzepte bedürfen, dass nur in dieser Gruppe eine Verbesserung hinsichtlich der Schmerzintensität dargestellt werden konnte. Es zeigte sich außerdem, dass Patienten mit hohen präoperativen Schmerzintensitäten weniger von der standardisierten Therapie profitierten. Als besondere Herausforderung für die Zukunft sollten die Bedürfnisse und klinischen Verläufe gerade der Patientengruppe mit chronischen Schmerzen und ausgeprägten präoperativen Schmerzen, welche bereits als Prädiktor für erschwerte Verläufe identifiziert wurden, besser erfasst und analysiert werden. Es ist zu vermuten, dass anhaltende Defizite in der Qualität der Akutschmerztherapie unter anderem auf fehlende Konzepte für diese anspruchsvollen Patienten zurückzuführen sind und Akutschmerz zu häufig von Mitarbeitern „rationalisiert“ wird und somit schmerzrelevante Komorbidität zu wenig im Stationsalltag und in Konzepten Berücksichtigung finden [14, 15, 23, 30].

Fazit

  • Durch die Einführung von Standards können Versorgungsqualität und Prozessabläufe der postoperativen Schmerztherapie verbessert werden. Die Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Pflegekräfte in definierten Grenzen verringert die Abhängigkeit vom Stationsarzt.

  • Durch Festlegung von Interventionstriggern erhalten Patienten schneller und effektiver Analgetika und das Schmerzniveau wird reduziert. Für Patientengruppen wie Patienten mit starken präoperativen Schmerzen oder mit Katheterverfahren konnten keine Verbesserungen aufgezeigt werden. Hier besteht ein Bedarf, differenziertere Konzepte zu entwickeln.

  • Diese Ergebnisse sollten Anreiz sein, über die Organisation der eigenen postoperativen Schmerztherapie erneut nachzudenken, da durch einfachste und kostengünstige Mechanismen die Qualität der postoperativen Versorgung für einen Großteil der Patienten, mit allen ihren bekannten medizinischen und ökonomischen Vorteilen, optimiert werden kann.

  • Die Ergebnisse zeigen jedoch auch die Schwierigkeit geeigneter Qualitätsindikatoren in der Akutschmerztherapie auf. Sie sind dahingehend auch sehr kritisch zu sehen, da sie in sich teils widersprüchlich, von zahlreichen nicht erfassten Interaktionen beeinflusst werden.

  • Die meist abteilungsübergreifenden Therapieprozesse der postoperativen Schmerztherapie müssen übergreifend gesteuert werden, um Schnittstellenprobleme zu vermeiden und nicht funktionsbezogenen und abteilungsintern begrenzten „Kleinstaatenlösungen“ zum Opfer zu fallen.