Zusammenfassung
Aufgrund der demografischen Entwicklung wird sich der Anteil der über 80-Jährigen in Deutschland in den nächsten 30 Jahren von heute 4 Mio. auf ca. 10 Mio. mehr als verdoppeln. Dies wird zu einer Zunahme an multimorbiden, chronisch-kranken Patienten führen. Auch wenn ältere Menschen nicht von Erkrankungen betroffen sind, reagieren sie auf die perioperativen Veränderungen der Homöostase, die pharmakologischen Interventionen und die operativen Prozeduren viel empfindlicher als jüngere Patienten. Die Erholung nach einem operativen Eingriff ist oft verlängert und resultiert nicht immer in einer „Restitutio ad integrum“. In Teil 1 dieses Weiterbildungsbeitrags werden die Zusammenhänge zwischen Alter und Organfunktion dargestellt und zudem typische Erkrankungen besprochen, die perioperativ bei der Versorgung geriatrischer Patienten bedeutsam sind. Die Besonderheiten von Anästhetika und Anästhesieführung im Alter werden in Teil 2 dargestellt.
Abstract
Due to demographic changes in the population of industrial nations the number of elderly patients undergoing elective or emergency procedures will rise significantly in the coming years. Anesthesia for geriatric patients is challenging for the anesthesiologist in many ways: with increasing age numerous physiological changes occur which all lead to a subsequent reduction of physical performance and compensatory capacity of the organism, in many cases additionally aggravated by chronic illness. Subsequently, these age-dependent changes (with or without chronic illness) increase the risk for admission to intensive care units, perioperative death, treatment costs and a prolonged length of hospital stay. Therefore, subtle preoperative assessment and tailored anesthetic management are essential in elderly patients. Part 1 of this continuous education article covers the influence of age on organ functions and describes typical comorbidities which are of high relevance for the perioperative care of geriatric patients. The special features of anesthetic agents and anesthesia management in the elderly will be presented in part 2.
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Nachdem Sie diese Lerneinheit absolviert haben,
- wissen Sie, worauf Sie beim Monitoring eines geriatrischen Patienten mit kardiovaskulärer Multimedikation achten sollten,
- können Sie der Hypoxie- und Aspirationsgefahr beim geriatrischen Patienten durch eine optimale Anästhesieführung entgegensteuern,
- haben Sie die Bedeutung des Patientenalters als Risikofaktor für ein postoperatives Delir oder eine postoperative kognitive Dysfunktion verstanden,
- wissen Sie, welche Konsequenzen sich aus altersbedingten physiologischen Veränderungen für das perioperative anästhesiologische Management des geriatrischen Patienten ergeben,
- fühlen Sie sich sicher im optimalen perioperativen Thermomanagement des geriatrischen Patienten.
Hintergrund
Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Mitteleuropa ist seit dem 19. Jh. kontinuierlich angestiegen: Betrug die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland im Jahr 1900 rund 30 bis 40 Jahre, lag sie im Jahr 2007 bei 77 Jahren für Männer und bei 82 Jahren für Frauen [51]. Der Anteil der über 65-jährigen Menschen in Deutschland wird sich in den nächsten 30 Jahren ständig vergrößern, und der Anteil der über 80-Jährigen wird sich in diesem Zeitraum von heute etwa 4 Mio. auf ca. 10 Mio. mehr als verdoppeln [19]. Damit muss sich die Anästhesiologie intensiv mit den Besonderheiten und Problemen geriatrischer Patienten beschäftigen.
Definition der Altersbereiche
In Anlehnung an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) können folgende Altersbegriffe definiert werden:
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ältere Menschen: älter als 60 bis 75 Jahre,
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alte (betagte) Menschen: älter als 75 bis 90 Jahre und
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sehr alte (hochbetagte) Menschen: älter als 90 Jahre.
Daher wird im Folgenden das anästhesiologische Vorgehen bei Patienten, die älter als 75 Jahre sind, dargestellt und als geriatrische Anästhesie bezeichnet. Dabei orientiert sich diese Einteilung ausschließlich am chronologischen Alter, während das biologische und das funktionelle Alter bekanntermaßen von Patient zu Patient variieren können.
Alter, Organfunktion und Erkrankung
Der Zusammenhang zwischen Alterungsprozess und Organfunktion wird in Abb. 1 dargestellt. Die physiologische Abnahme der Organfunktionen mit zunehmendem Alter sowie die zusätzlichen negativen Einflüsse durch akute und/oder chronische Erkrankungen resultieren in einer Insuffizienz. Vereinfacht ausgedrückt kommt es mit zunehmendem Alter zu einem progredienten Verlust aller Organfunktionen, sodass beim geriatrischen Patienten schon geringe Störungen ausreichen, um ein Organversagen zu verursachen. Zu den chronischen Erkrankungen , die den Organfunktionsverlust über die Zeit weiter negativ beeinflussen können [45], gehören insbesondere die häufigsten Erkrankungen im Alter wie:
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koronare Herzkrankheit (KHK, [9]),
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arterielle Hypertonie,
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Herzinsuffizienz,
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chronisch-obstruktive Lungenerkrankung („chronic obstructive pulmonary disease“, COPD),
-
Nierenerkrankungen und
-
Diabetes mellitus.
Ältere Patienten reagieren perioperativ viel empfindlicher auf jegliche Veränderungen der Homöostase, pharmakologische Interventionen und den operativen Eingriff als junge Patienten, sodass die Erholung nach einem operativen Eingriff oft verzögert verläuft und nicht immer zu einer Restitutio ad integrum führt. So befinden sich geriatrische Patienten in einem ständigen labilen oder bestenfalls metastabilen Gleichgewicht (Metastabilität : schwache Form der Stabilität, also stabil gegen kleine Veränderungen, aber instabil gegenüber größeren Veränderungen). Minimale oder kleine Störungen können ausreichen, um bei Patienten im labilen Zustand vielfältige Probleme auszulösen (Abb. 2).
Physiologische Veränderungen und typische Erkrankungen im Alter
Das Altern ist ein progredienter Prozess: Ab dem 40. Lebensjahr reduziert sich die Leistungsfähigkeit der meisten Organsysteme/Jahr um ca. 0,5–1%, wodurch die körpereigene Leistungs- und Kompensationsbreite zunehmend eingeschränkt wird [12, 31]. Gesamtkörperwasser und Muskelmasse nehmen ab, während der Fettanteil zunimmt. Den Verlust der quergestreiften Muskelmasse bezeichnet man als Sarkopenie [41]. Typische physiologische Veränderungen bei geriatrischen Patienten sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Herz-Kreislauf-System
Die Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems im Alter (Abb. 3) sind interindividuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Generell kommt es zu einer progredienten Steifigkeit von Gefäßen und Myokard, bedingt durch die Zunahme des Kollagenanteils und durch den Verlust von elastischen Fasern in der endothelialen Matrix. Außerdem wird im Alter die Produktion von Stickstoffmonoxid verringert. Die verringerte „compliance“ der arteriellen Gefäße führt zum Anstieg des systolischen Blutdrucks und systemvaskulären Widerstands sowie in der Konsequenz zu einer Belastung des Myokards mit Linksherzhypertrophie [52]; in der Folge kann die Auswurffraktion sinken. Durch fibrotische Veränderungen im Bereich des Erregungsleitungssystems und aufgrund des progredienten Verlusts der „Schrittmacherzellen“ sind ältere Patienten zudem für die unterschiedlichen Herzrhythmusstörungen prädestiniert [20]. Eine altersbedingte Abnahme der Herzfrequenz und eine relative Herzfrequenzstarre tragen zusätzlich zu einem verminderten Herzzeitvolumen (HZV) bei; pro Jahr nimmt das HZV um 1% ab. Unter Belastung kann die Herzfrequenz nicht mehr gesteigert werden, und auch die Kontraktilität nimmt unter Druckbelastung weniger zu, sodass die linksventrikulären enddiastolischen Drücke ansteigen und der Ventrikel dilatiert. Dies führt oft zu einer latenten oder manifesten Herzinsuffizienz .
Das Alter beeinflusst auch das autonome Nervensystem . Im höheren Lebensalter ist die Herzfrequenzantwort auf eine Baroreflexstimulation bereits im Wachzustand vermindert. Anästhetika können die Reflexintensität auf einen Blutdruckabfall weiter dämpfen, sodass ältere Patienten in kritischen intraoperativen Situationen wie akuter Lagewechsel oder Blutverlust durch die eingeschränkten kardiovaskulären Kompensationsmechanismen gefährdet sind. Weiterhin sind Zahl und Stimulierbarkeit der kardialen β-Rezeptoren reduziert, sodass eine Steigerung des Sympathikotonus oder die Zufuhr exogener Katecholamine in einem geringeren Effekt resultiert als bei jungen Menschen.
Gleichzeitig sind geriatrische Patienten vermehrt von koronarer Herzerkrankung (KHK, [9]) sowie zerebralen Durchblutungsstörungen [29] betroffen und erhalten vielfach eine kardiovaskuläre Multimedikation , sodass insgesamt eine deutlich erhöhte Anfälligkeit für Blutdruckabfälle und myokardiale sowie zerebrale Ischämien vorliegt. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen für die Anästhesieführung:
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mehr Monitoring, in erster Linie häufigere invasive arterielle Druckmessung, ggf. zentraler Venendruck (ZVD), seltener auch Verfahren zur Abschätzung von HZV und evtl. Vorlast wie Pulskontur-HZV-Analyse, Echokardiographie u. a.
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Sicherstellung eines ausreichenden Perfusionsdrucks, meist durch den vermehrten intraoperativen Einsatz von Katecholaminen, v. a. Noradrenalin.
Respiratorisches System
Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer fortschreitenden Verschlechterung verschiedener Funktionen des respiratorischen Systems (Abb. 4), u. a. bedingt durch eine Atrophie der respiratorischen Muskulatur und durch einen Elastizitätsverlust des Bindegewebes.
Obere Atemwege
Durch Atrophien der hypopharyngealen und der genioglossalen Muskulatur kommt es bei älteren Menschen häufiger zur Obstruktion der oberen Atemwege; sie leiden in der Folge häufiger unter einem Schlaf-Apnoe-Syndrom [24]. Die protektiven Schluck- und Hustenreflexe sind deutlich abgeschwächt, zudem ist die mukoziliäre Clearance vermindert. Durch Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Schlaganfall werden Schluck- und Hustenreflexe zusätzlich abgeschwächt [13]; eine stille Aspiration wird so begünstigt.
Atemmechanik
Die Thoraxwand verliert im Alter ihre Elastizität – verursacht durch Veränderungen der vertebrokostalen Gelenke und Verengung der Zwischenwirbelräume [26]. Gleichzeitig reduziert sich die Muskelmasse und konsekutiv die Kraft der Atemmuskulatur. Diese Veränderungen führen zur Abflachung des Zwerchfells und zu einer Minderung des transdiaphragmatischen Drucks [26, 57]. Dadurch ermüdet das Diaphragma v. a. unter Belastung schneller, was dazu führen kann, dass ältere Patienten erschwert vom Respirator entwöhnt werden können [53].
Spirometrische Veränderungen
Forciertes Einsekundenvolumen (FEV1) und forcierte Vitalkapazität (FVC) nehmen bei Männern ab dem 27. Lebensjahr und bei Frauen ab dem 20. Lebensjahr um ca. 30 ml/Jahr ab. Dabei bleibt die totale Lungenkapazität (TLC) über die Jahre weitgehend unverändert, während das Residualvolumen ansteigt [26]. Die Schwächung der Atemmuskulatur zusammen mit dem verminderten FEV1 führt zu einem abgeschwächten Hustenstoß, wodurch postoperative pulmonale Komplikationen wie Atelektasen oder Pneumonie begünstigt werden. Dies kann zusätzlich durch eine postoperativ schmerzbedingte Schonatmung verstärkt werden.
Gasaustausch
Im Alter nehmen Gasaustauschfläche und Lungenkapillardurchblutung ab, während gleichzeitig die Permeabilität der alveolokapillären Membran schlechter wird [50]. In der Summe kommt es dadurch zu einem gesteigerten Rechts-links-Shunt und so zu einer physiologischen Abnahme des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks (paO2) im Alter, während der CO2-Partialdruck nahezu konstant bleibt [22, 42]. Die Veränderungen des paO2 mit dem Alter sind in Abb. 5 dargestellt und können anhand folgender Formel abgeschätzt werden:
Gleichzeitig sind geriatrische Patienten durch einen verminderten Atemantrieb bei Hyperkapnie oder Hypoxie gefährdet [18]. Aufgrund der vorgenannten Veränderungen des respiratorischen Systems mit verminderten laryngealen Schutzreflexen, reduzierter Husteneffizienz und häufigeren apnoischen Schlafphasen besteht bei geriatrischen Patienten eine erhöhte Hypoxie- und Aspirationsgefahr! Daraus ergeben sich für die Anästhesieführung folgende Konsequenzen:
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Beim Operationsende muss ein „Überhang“ von Prämedikation, Anästhetika, Opioiden oder Muskelrelaxanzien unbedingt vermieden werden.
-
Bei der postoperativen Schmerztherapie sollte möglichst – sofern machbar – auf Opioide verzichtet oder die erforderliche Opioidmenge reduziert werden, z. B. durch Verwendung von Nichtopioiden, durch periphere oder rückenmarknahe Regionalanästhesie oder durch Alternativkonzepte wie die i.v.-Gabe von Lidocain bei großen abdominalchirurgischen oder urologischen Eingriffen, wenn eine Periduralanalgesie nicht indiziert ist [23].
Steuerung der Beatmung
In früheren Jahren war es in der Anästhesiologie geübte Praxis, die intraoperative Beatmung so einzustellen, dass eine leichte Hyperventilation mit paCO2-Werten von 30–35 mmHg resultierte. Dabei blieb vielfach unbeachtet, dass Hyperventilation mit Hypokapnie per se ein Risiko darstellt. Hypokapnie reduziert den zerebralen Blutfluss, kann zu postoperativer kognitiver Dysfunktion führen und die Gewebeperfusion sowie -oxygenierung verschlechtern [33]. So konnten Wax et al. [56] zeigen, dass Hypokapnie (gemessen als endtidale CO2-Konzentration, etCO2, von im Median 31 mmHg) bei offenen und laparoskopischen Kolonoperationen und bei Hysterektomien mit einem längeren Krankenhausaufenthalt assoziiert ist. Hingegen scheint eine milde Hyperkapnie (paCO2 = 45–50 mmHg) die Gewebeperfusion und -oxygenierung zu verbessern [1, 21]. Auch wenn weitere Untersuchungen zu diesem Thema wünschenswert sind, kann für die intraoperative Beatmung geriatrischer Patienten Folgendes empfohlen werden:
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Hyperventilation mit Hypokapnie unbedingt vermeiden, stattdessen Normoventilation oder ggf. milde Hyperkapnie: paCO2 = 40–50 mmHg oder etCO2 = 40–45 mmHg.
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Bei hämodynamisch stabilen Patienten gilt in etwa: paCO2 = etCO2 + 3–5 mmHg.
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Bei Patienten mit erheblicher Ventilation-Perfusion-Störung ist das etCO2 unzuverlässig, sodass hier der paCO2-Wert in der arteriellen Blutgasanalyse kontrolliert werden sollte.
Zentrales und peripheres Nervensystem
Mit zunehmendem Alter reduzieren sich Hirnmasse, Größe der Neuronen und Zahl der Synapsen [48]. Die größte Volumenreduktion betrifft den Kortex, der für Lernprozesse, Gedächtnis und Erinnerung zuständig ist [11, 44]. Dies führt zu einer Einschränkung der geistigen Fähigkeit, die als „age-related cognitive decline“ , ARCD) bezeichnet wird. Im peripheren Nervensystem sind überwiegend die myelinisierten Nervenfasern durch den Alterungsprozess betroffen; klinisch manifestiert sich dies in einer Reduktion der Reizschwelle und in einer geringeren Nervenleitgeschwindigkeit [19]. Zudem treten im Alter pathologische Prozesse häufiger auf: Die Prävalenz von Demenz beträgt bei 65-Jährigen 10–15% und steigt bei 85-Jährigen auf fast 50% [27].
Delir und postoperative kognitive Dysfunktion
Geriatrische Patienten sind besonders gefährdet, postoperativ ein Delir zu entwickeln bzw. eine postoperative kognitive Dysfunktion („postoperative cognitive dysfunction“, POCD) zu erleiden [8, 25, 46, 55]. Werden Bewusstsein, Wahrnehmung, Denken und Gedächtnis als verschiedene Leistungen des Organs „Gehirn“ betrachtet, wird verständlich, dass – in Analogie zu dem Organfunktionsmodell von Rivera u. Antognini ([45], Abb. 1) – mit zunehmendem Alter auch hier kleinere Störungen ausreichen können, um zu einem Organversagen zu führen – klinisch erkennbar als postoperatives Delir, bei anhaltender Beeinträchtigung der kognitiven Funktion als POCD. Dementsprechend ist Alter ein Risikofaktor für POCD [8] und wird auch beim postoperativen Delir als Einflussfaktor genannt [46, 55]. Die pathophysiologischen Vorgänge des Delirs und des POCD sind in letzter Konsequenz ungeklärt. Vermutet werden u. a. eine Neuroinflammation im Rahmen einer inflammatorischen Stressantwort und Neurotransmitterimbalancen , die durch patienten- und erkrankungsspezifische Faktoren bestimmt, aber eben auch durch metabolische Entgleisungen, Umfeld- und iatrogene Faktoren aggraviert werden können [8, 46, 55]. Für die Betreuung geriatrischer Patienten ergeben sich dadurch folgende Konsequenzen:
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Polypharmazie, insbesondere mit „psychotropen“ Substanzen, unbedingt vermeiden,
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Benzodiazepine, Psychopharmaka und anticholinerge Substanzen möglichst vermeiden,
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suffiziente Schmerztherapie sicherstellen,
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möglichst kurze Nüchternzeiten,
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Orientierungshilfen wie Brille, Hörgerät etc. postoperativ sofort wieder zur Verfügung stellen,
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Tag-Nacht-Rhythmus erhalten, Unruhe und Schlafentzug unbedingt vermeiden,
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Entzugsentwicklung vermeiden.
Gastrointestinaltrakt, Leber und Nieren
Die Verschlechterung des Zahnstatus, progrediente Mundtrockenheit sowie Abnahme der Geruchs- und Geschmacksempfindung können im Alter zu einer unzureichenden Nahrungsaufnahme führen, sodass ältere Patienten teilweise unterernährt sind [36]. Etwa zwei Drittel der 85-Jährigen haben Probleme bei Nahrungsaufnahme, Kauen oder Schlucken [14]. Weitere Probleme sind ein gastroösophagaler Reflux, Obstipation und Durchblutungsstörungen im Splanchnikusgebiet bei generalisierter Arteriosklerose.
Leber
Ab dem 50. Lebensjahr kommt es zu einer Verringerung der Lebermasse und zur Reduktion des hepatischen Blutflusses [45] mit der Folge, dass die hepatische Metabolisierung von Medikamenten reduziert sein kann. Die Aktivität der Phase-1-Reaktion (Oxidation, Reduktion, Hydrolyse) ist im Alter vermutlich vermindert, während die Phase-2-Reaktion (Acetylierung und Konjugation, z. B. an Glukuronsäure) unverändert bleibt [45]. Dies ist beispielsweise bei der Verwendung von Benzodiazepinen von großer Bedeutung: So werden Diazepam und Dikaliumclorazepat (z. B. Tranxilium®) erst einmal über 2 Phase-I-Reaktionen metabolisiert. Hierbei entsteht als Zwischenprodukt N-Desmethyldiazepam (Nordazepam), das selbst über eine sehr lange Halbwertszeit (bis zu 100 h) verfügt. Erst dann entsteht das „Abbauprodukt“ Oxazepam, das glukuronidiert wird (Abb. 6). Ist nun beim geriatrischen Patienten die Aktivität der Phase-I-Reaktionen vermindert, kann dies zu einer erheblichen Verlängerung der ohnehin schon langen klinischen Wirkdauer von Diazepam und Dikaliumclorazepat führen. Der verzögerte Abbau einiger Benzodiazepine im Alter pharmakokinetischer Effekt ) wird zusätzlich dadurch aggraviert, dass das geriatrische Gehirn auf Benzodiazepine auch noch empfindlich reagiert (pharmakodynamischer Effekt ).
Nieren
Der renale Blutfluss nimmt ab dem 50. Lebensjahr ca. 1%/Jahr ab; gleichzeitig sinkt das Nierengewicht von etwa 400 g auf ca. 300 g beim 90-Jährigen [15]. Die Zahl der funktionierenden Glomeruli ist deutlich vermindert [39]. Damit sinkt die glomeruläre Filtrationsrate von 125 ml/min beim gesunden jungen Menschen auf ca. 80 ml/min beim 60-Jährigen und weiter auf ca. 60 ml/min beim 80-Jährigen [50]. Da die Muskelmasse im Alter reduziert ist, führt die verringerte glomeruläre Filtrationsrate aber zu keinem Anstieg der Kreatininkonzentration in Serum. Schon eine geringgradige Erhöhung des Kreatininwerts kann daher auf eine relevante Einschränkung der Nierenfunktion hinweisen. Zur Ausscheidung der harnpflichtigen Substanzen sind zunehmend größere Urinvolumina notwendig. Gleichzeitig sind ältere Patienten für eine Volumenüberladung anfälliger. Nach Gabe von Röntgenkontrastmittel, „nonsteroidal anti-inflammatory drugs“ (NSAID) oder bei Hypovolämie sind die Kompensationsmöglichkeiten älterer Patienten deutlich vermindert, und es kann leicht zu einem perioperativen Nierenversagen kommen. Zudem ist eine „ältere“ Niere nicht in der Lage, die Urinkonzentration präzise zu steuern, weil sowohl die Fähigkeit zur Urinkonzentrierung als auch zur Urinverdünnung eingeschränkt ist.
Aufgrund der altersbedingten Veränderungen von Leber und Nieren sind Abbau und Ausscheidung einiger Medikamente relevant beeinträchtigt. Daraus ergeben sich für das perioperative anästhesiologische Management des geriatrischen Patienten folgende Konsequenzen:
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Vorsicht bei der Anwendung von Benzodiazepinen, insbesondere von Diazepam und Dikaliumclorazepat ( z. B. Tranxilium®). Besser Benzodiazepine bevorzugen, die nur noch glukuronidiert werden (z. B. Oxazepam, Lorazepam, Lormetazepam) oder ganz auf eine Prämedikation verzichten.
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Vorsicht bei der Anwendung von Medikamenten, die (oder deren aktive Abbauprodukte) renal eliminiert werden. Typische Beispiele sind Pancuronium, Morphin oder niedermolekulare Heparine. Niedermolekulare Heparine können bei eingeschränkter Nierenfunktion erheblich kumulieren und so zu einer scheinbar unerklärlichen intraoperativen Blutungsneigung führen. Dies muss auch vor Anlage einer rückenmarknahen Regionalanästhesie bedacht werden.
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Bei „systemic inflammatory response syndrome“ (SIRS)/Sepsis und altersbedingter Veränderung der Nierenfunktion muss eher mit einem akuten Nierenversagen gerechnet werden [30].
Wärmehaushalt
Ältere Patienten sind von einer perioperativen Hypothermie besonders gefährdet, weil die thermoregulatorischen Mechanismen im Alter beeinträchtigt sind (Abb. 7). Die Muskelmasse ist bei geriatrischen Patienten häufig reduziert und auch die Wärmeproduktion aufgrund des im Alter abnehmenden Stoffwechsels geringer; gleichzeitig sind die Gegenmaßnahmen des Körpers bei Hypothermie (Vasokonstriktion und „shivering“) bei älteren Menschen deutlich abgeschwächt [28, 54] und setzen erst bei einem niedrigeren Schwellenwert ein [32]. Daher sind geriatrische Patienten erheblich mehr durch Hypothermie und ihre Folgen gefährdet [16], wie verzögerter Medikamentenabbau, längere Aufwachzeiten im Aufwachraum [35], erhöhte Inzidenz myokardialer Ischämien [17], erhöhte perioperative Blutverluste [43], schlechtere Wundheilung und mehr Wundinfektionen [32]. Daraus ergeben sich für das perioperative Thermomanagement folgende Konsequenzen:
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Großzügiger Einsatz des „prewarming“: Der geriatrische Patient wird schon vor Beginn der Anästhesieeinleitung gewärmt [38].
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Großzügiger Einsatz intraoperativer Wärmemaßnahmen wie Warmluftdecke, angewärmte Infusionen etc.
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Intraoperative Temperaturmessung, meist nasopharyngeal, ansonsten mit einem Blasendauerkatheter mit Thermoelement.
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Zieltemperaturbereich beträgt 36,5–37°C [5].
Typisches Erkrankungsprofil im Alter
Neben den altersbedingten physiologischen Veränderungen sind geriatrische Patienten durch die zunehmende Zahl chronischer Erkrankungen gefährdet. Die häufigsten Erkrankungen bei Patienten über 70 Jahre sind [2]:
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kardiovaskuläre Erkrankungen wie
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arterielle Hypertonie (45–50%),
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KHK (35%),
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Diabetes mellitus (12–15%) und
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COPD (9%).
Risikofaktoren für kardiale und zerebrovaskuläre Komplikationen
In einer aktuellen spanischen Studie wurden 3387 Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 67 Jahren (Median) untersucht, die sich einem nichtkardiochirurgischen Eingriff unterzogen. Davon erlitten insgesamt 146 Patienten (4,3%) mindestens eine schwere kardiale oder zerebrovaskuläre Komplikation (Angina pectoris, Herzinfarkt, akute Herzinsuffizienz, perioperative Herzrhythmusstörungen oder Schlaganfall, [47]). Hierbei wurden folgende 7 unabhängige Risikofaktoren identifiziert:
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KHK,
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Herzinsuffizienz,
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zerebrovaskuläre Vorerkrankungen,
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Niereninsuffizienz,
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präoperativer pathologischer EKG-Befund,
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intraoperative Hypotension: Abfall des mittleren arteriellen Drucks von ≥ 20 mmHg oder 20% für einen Dauer > 1 h und
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Notwendigkeit zur Bluttransfusion.
Betrachtet man allein die kardialen Risikofaktoren, findet sich eine hohe Übereinstimmung mit den typischen Risikobefunden, die im Alter gehäuft auftreten und die beispielsweise im Revised Cardiac Risk Index von Lee et al. [34] genannt sind. Aufgrund der erheblichen Bedeutung kardialer Risikofaktoren für das perioperative anästhesiologische Management haben die Deutschen Gesellschaften für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), für Chirurgie (DGCH) und für Innere Medizin (DGIM) Ende 2010 eine gemeinsame Empfehlung zur präoperativen Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nichtkardiochirurgischen und nichtlungenresezierenden Eingriffen veröffentlicht [58]. Hierin werden Risikostratifizierung und Vorgehen bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen detailliert dargestellt, sodass an dieser Stelle auf die aktuellen DGAI-Empfehlungen verwiesen werden soll.
Mit Blick auf die Versorgung geriatrischer Patienten sollen aber 2 Teilaspekte gesondert betrachtet werden, die in der oben genannten DGAI-Empfehlung nicht behandelt werden und für das praktische Vorgehen erhebliche Bedeutung besitzen:
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Blutdruckmanagement,
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Management des perioperativen Vorhofflimmerns.
Blutdruckmanagement
Ähnlich wie in der oben genannten spanischen Untersuchung konnte auch in der Perioperative Ischemic Evaluation (POISE) Study gezeigt werden, dass eine intra- oder postoperative Hypotonie (hier definiert als systolischer Blutdruck < 100 mmHg) mit einem 2-fach erhöhten Risiko für Schlaganfall und einem 1,33-fach erhöhten Risiko für Tod einhergeht [10]. Auch Bijker et al. [4] kamen bei einer Subgruppenanalyse geriatrischer Patienten zu dem Ergebnis, dass das Letalitätsrisiko steigt, wenn es intraoperativ zu einer länger dauernden Hypotonie kommt. Dabei ist offensichtlich neben dem absoluten Blutdruckwert auch die Dauer der Hypotonie von Bedeutung. Für das perioperative anästhesiologische Management bei geriatrischen Patienten gilt:
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Großzügigere Indikationsstellung zur invasiven arteriellen Druckmessung, ggf. auch zur Anlage eines zentralen Venenkatheters (ZVK, zur ZVD-Messung und Katecholamintherapie), um intra- und postoperative Hypotonien sofort erkennen und behandeln zu können.
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Dies gilt insbesondere, wenn die geriatrischen Patienten eine antihypertensive Multimedikation einnehmen, keinen Sinusrhythmus aufweisen (sondern beispielsweise Vorhofflimmern) oder während der Operation anders als in Rückenlage gelagert werden, also beispielsweise in Bauchlage oder Oberkörperhochlage.
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Zur Blutdruckstabilisierung sollte eine Normovolämie, keinesfalls aber eine Hypervolämie angestrebt werden.
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Häufig ist der zusätzliche Einsatz von Vasopressoren erforderlich, z. B. von Akrinor® (Cafedrin und Theodrenalin) oder von Noradrenalin.
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Als Zielblutdruckwert wird der auf der Normalstation oder in der Prämedikationsambulanz gemessene Blutdruckwert herangezogen. Leider gibt es keine klare Definition für die intra- oder perioperative Hypotension [3].
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Als grobe Regel kann gelten: Bei geriatrischen Patienten sollten Abfälle des systolischen Blutdrucks <100 mmHg oder von mehr als 20–30% höchstens für wenige Minuten toleriert und sofort behandelt werden.
Management des perioperativen Vorhofflimmerns
Geriatrische Patienten sind in erhöhtem Maß durch perioperative Herzrhythmusstörungen gefährdet, meist Vorhofflimmern und Vorhofflattern. Diese führen durch die fehlende Vorhofkontraktion zu einer Abnahme des HZV von etwa 15% und zu thrombembolischen Ereignissen , beispielsweise zum Schlaganfall. Darüber hinaus ist bei Patienten mit Vorhofflimmern das perioperative Letalitätsrisiko erhöht; dies resultiert in mehr Aufnahmen auf der Intensivstation und in einer längeren Krankenhausliegedauer [7, 47]. Die Häufigkeit postoperativ neu aufgetretener supraventrikulärer Herzrhythmusstörungen beträgt nach kardiochirurgischen Operationen 16–46%, nach thorakalen, aber nichtkardiochirurgischen Operationen 3–30% und nach allen anderen Eingriffen bis zu 8% [37]. Heute wird vermutet, dass (perioperative) Inflammationsprozesse eine wesentliche Bedeutung für die Entstehung von Vorhofflimmern haben, wobei es situative Risikofaktoren gibt wie Störungen des Flüssigkeitshaushalts und Dyselektrolytämien, v. a. die Hypokaliämie [6, 49]. Daher gilt für das Management bei geriatrischen Patienten:
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Fortsetzen einer vorbestehenden antiarrhythmischen Therapie,
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ausgeglichene perioperative Volumenbilanz anstreben,
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Vermeiden einer perioperativen Dyselektrolytämie, insbesondere Kaliumsubstitution bei Serumkaliumwerten < 4 mmol/l und
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rasche Behandlung postoperativer Komplikationen, insbesondere von Infektionen.
Fazit für die Praxis
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Geriatrische Patienten reagieren in nahezu allen Teilaspekten der Anästhesiologie und der perioperativen Betreuung (viel) empfindlicher als junge Patienten; gleichzeitig sind die körpereigenen Kompensationsmaßnahmen (deutlich) eingeschränkt. Daher befinden sich geriatrische Patienten in einem ständigen labilen oder bestenfalls metastabilen Gleichgewicht.
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Beim perioperativen anästhesiologischen Management müssen – mit Beginn der Prämedikationsvisite – alle Maßnahmen ergriffen werden, um die Homöostase dieser Patienten zu erhalten bzw. bei kleinsten Störungen sofort alle erforderlichen Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
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Dies setzt eine hohe und ständige Vigilanz voraus und kann, grob vereinfachend, folgendermaßen zusammengefasst werden: mehr Monitoring, Behandlung in engen Grenzwerten sowie Probleme antizipieren und möglichst präventiv handeln.
─── CME-Fragebogen
Welche Aussage zu den hämodynamischen Veränderungen im Alter ist falsch ?
Die Auswurffraktion im Alter ist unverändert oder vermindert.
Die maximale Herzfrequenz im Alter ist vermindert.
Die Barorezeptorenantwort ist gesteigert.
Die Inzidenz für KHK nimmt mit dem Alter zu.
Im Alter nehmen mehr Patienten eine kardiovaskuläre Multimedikation ein.
Welche Aussage zu den Veränderungen der Atemmechanik im Alter ist falsch ?
Der Atemantrieb durch Hyperkapnie sinkt im Alter.
Die laryngealen Schutzreflexe sind im Alter gesteigert.
Die Husteneffizienz ist im Alter vermindert.
Die mukoziliäre „clearance“ ist im Alter vermindert.
Der Atemantrieb durch Hypoxie ist im Alter vermindert.
Welche Angabe stimmt zur Abhängigkeit des p a O 2 unter Raumluft vom Alter?
paO2 = 102 − Alter/3
paO2 = 60 − 1/3 • Alter
paO2 = paCO2
paO2 = 102 + 1/3 • Alter
paO2 = 2 • paCO2
Welche Aussage zur perioperativen Beatmungsstrategie ist falsch ?
Hypokapnie reduziert den zerebralen Blutfluss und kann zu postoperativer kognitiver Dysfunktion führen.
Eine milde Hyperkapnie (paCO2 = 45–50 mmHg) kann die Gewebeperfusion verbessern.
Bei erheblicher Ventilation-Perfusion-Störung ist der Rückschluss vom endtidalen CO2-Wert (etCO2) auf den arteriellen CO2-Wert (paCO2) beeinträchtigt.
Bei hämodynamisch stabilen Patienten gilt in etwa: paCO2 = etCO2 + 3–5 mmHg.
Eine Hyperventilation zur Vermeidung von Atelektasen ist empfehlenswert.
Welche Aussage zur Veränderung der Leberfunktion im Alter ist richtig?
Ab dem 50. Lebensjahr steigt der hepatische Blutfluss jährlich um 10% an.
Die hepatische Metabolisierung von Medikamenten nimmt mit zunehmendem Alter eher ab.
Die Aktivität von Phase-I-Reaktionen (Oxidation, Reduktion, Hydrolyse) ist im Alter erhöht.
Die Aktivität von Phase-II-Reaktionen (Acetylierung, Konjugation) ist im Alter vermindert.
Der hepatische Abbau von Benzodiazepinen ist im Alter beschleunigt.
Welche Aussage zur Prophylaxe des postoperativen Delirs ist falsch ?
Benzodiazepine, Psychopharmaka und anticholinerge Substanzen möglichst meiden.
Einhaltung möglichst langer Nüchternzeiten.
Sicherstellung eines Tag-Nacht-Rhythmus.
Rasche postoperative Verfügbarkeit von Orientierungshilfen wie Brille, Hörgeräte herbeiführen.
Sicherstellung einer suffizienten, altersgerechten Schmerztherapie.
Welche Aussage zum Themenkomplex „perioperative Hypothermie“ ist falsch ?
Bei hypothermen Patienten ist mit mehr Wundinfektionen zu rechnen.
Durch Hypothermie steigt die Inzidenz myokardialer Ischämien.
Die Wärmeproduktion ist aufgrund des abnehmenden Stoffwechsels im Alter geringer.
Im Alter sind die Gegenmaßnahmen des Körpers bei Hypothermie wie Vasokonstriktion und „shivering“ geringer ausgeprägt als bei jungen Menschen.
Die Temperaturschwelle körpereigener Regulationsmechanismen gegen Wärmeverlust ist im Alter erhöht.
Welche Aussage ist falsch ?
Unabhängige Risikofaktoren für perioperative kardiovaskuläre Komplikationen sind:
Koronare Herzkrankheit
β-Rezeptoren-Blockertherapie
Niereninsuffizienz
Zerebrovaskuläre Vorerkrankungen
Intraoperative Hypotension
Welche Aussage zum Blutdruckmanagement ist falsch ?
Sowohl die Dauer einer Hypotonie als auch der absolute Blutdruckwert können auf das perioperative Letalitätsrisiko Einfluss nehmen.
Zur Erkennung intraoperativer Hypotonien kann ein invasives Monitoring, v. a. bei fehlendem Sinusrhythmus oder intraoperativen Lageänderungen, hilfreich sein.
Blutdruckabfälle von mehr als 20–30% sollten bei geriatrischen Patienten möglichst rasch korrigiert werden.
Der Einsatz von Vasopressoren zur Blutdruckstabilisierung ist bei alten Patienten nicht zu empfehlen.
Zur Blutdruckstabilisierung sollte eine Normovolämie angestrebt werden.
Welche Aussage zu perioperativem Vorhofflimmern ist falsch ?
Durch die fehlende Vorhofkontraktion sinkt das HZV um ca. 15%.
Eine perioperative Hypervolämie ist anzustreben.
Hypokaliämien sollten vermieden werden.
Eine vorbestehende antiarrhythmische Therapie soll fortgesetzt werden.
Auch perioperative Inflammationsprozesse triggern die Entstehung von Vorhofflimmern.
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Interessenkonflikt
Die Autoren weisen auf folgende Beziehungen hin: A.H. und S.L. haben keine Industriekontakte mit potenziellem Interessenkonflikt. W.W. hat für die Firmen Aspect, AstraZeneca, Baxter, B. Braun Melsungen, Dräger, Essex Pharma, Fresenius, GlaxoSmithKline, Narcotrend Monitortechnik, Storz, Transmed u. a. Vorträge gehalten und/oder Consulting durchgeführt.
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Herminghaus, A., Löser, S. & Wilhelm, W. Anästhesie bei geriatrischen Patienten. Anaesthesist 61, 163–176 (2012). https://doi.org/10.1007/s00101-012-1978-4
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