Zusammenfassung
Mit dem „Anaesthetic Conserving Device“ (ACD) können Isofluran und Sevofluran auch außerhalb klassischer Anästhesiearbeitsplätze eingesetzt werden. Ausgeatmetes Anästhetikum wird von einem Reflektor adsorbiert und bei der nächsten Einatmung wieder freigesetzt. Flüssiges Anästhetikum wird über eine Spritzenpumpe zugeführt. Das ACD findet zunehmende Verbreitung auf Intensivstationen in vielen Ländern Europas. Im normalen Betrieb reflektiert das ACD recht genau 90% des ausgeatmeten Anästhetikums. Werden jedoch mehr als 10 ml Anästhetikumdampf auf einmal ausgeatmet (z. B. >1 Vol.-% in 1000 ml Tidalvolumen), ist die Kapazität des Reflektors erschöpft, und relativ mehr Anästhetikum geht verloren. Dieses „spill over“ verringert die Effizienz des ACD bei hohen Konzentrationen, vermag aber auch extrem hohe Konzentrationen zu verhindern (Sicherheitsaspekt). Im Vergleich mit klassischen Anästhesiesystemen bietet die Kombination aus ACD und Intensivrespirator Vorteile: geringere Investitionskosten, kein Atemkalk, höherer Beatmungskomfort und sparsamer Anästhetikaverbrauch (vergleichbar einer „Low-flow“-Anästhesie) bei guter Steuerbarkeit durch Bolusgaben und Entfernen des ACD zum schnellen Abfluten. Andererseits sind die laufenden Kosten höher (Einmalgebrauch), und 100 ml Totraum kommen hinzu. Cave: Blasenbildung in der Spritze kann zu unkontrollierter Anästhetikazufuhr führen. Dieses „autopumping“ wird durch hydrostatische Sogwirkung bei hoher Spritzenlage, Hitze und Wiedererwärmen von zuvor gekühltem Anästhetikum ausgelöst. Bedingt durch atemzyklische Konzentrationsschwankungen (frühinspiratorische Spitze und endinspiratorisches Tal) zeigen klassische Gasmonitore die endtidale Konzentration geringfügig zu hoch an. Richtiges „handling“, ausreichend hohe Luftwechselraten und Anästhesiegas-“Scavenging“ helfen, Raumluftkontaminationen zu vermeiden. Die inhalative Sedierung bietet gegenüber einer intravenösen die Vorteile der besseren Steuerbarkeit, des Monitorings der endtidalen Konzentration, der fehlenden Akkumulation bei Nieren- sowie Leberinsuffizienz und einer Bronchodilatation. Mit verringerter Opioiddosis bleiben Spontanatmung und Darmmotilität gut erhalten. Ein Beatmungskonzept mit inhalativer Sedierung, wie es im katholischen Klinikum Bochum umgesetzt ist, wird vorgestellt.
Abstract
The new anaesthetic conserving device (ACD) allows the use of isoflurane and sevoflurane without classical anaesthesia workstations. Volatile anaesthetic exhaled by the patient is absorbed by a reflector and released to the patient during the next inspiration. Liquid anaesthetic is delivered via a syringe pump. Currently the use of the ACD is spreading among European intensive care units (ICU). This article focuses on the functioning of the device and on particularities which are important to consider. The ACD constantly reflects 90% of the exhaled anaesthetic back to the patient, but if one exhaled breath contains more than 10 ml of anaesthetic vapour (e.g. >1 vol% in 1,000 ml), the capacity of the reflector will be exceeded and relatively more anaesthetic will be lost to the patient. This spill over decreases efficiency but it also contributes to safety as very high concentrations are averted. Compared to classical anaesthesia systems the ACD used in conjunction with ICU ventilators offers advantages in the ICU setting: investment costs are low, carbon dioxide absorbent is not needed, breathing comfort is higher, anaesthetic consumption is low (equal to an anaesthesia circuit with a fresh gas flow of approximately 1 l/min) and anaesthetic concentrations can be controlled very quickly (increased by small boluses and decreased by removal of the ACD). On the other hand, case costs are higher (single patient use) and a dead space of 100 ml is added. There are pitfalls: by a process called auto-pumping, expansion of bubbles inside the syringe may lead to uncontrolled anaesthetic delivery. Auto-pumping is provoked by high positioning of the syringe pump, heat and prior cooling of the liquid anaesthetic. Inherent to the device is an early inspiratory concentration peak and an end-inspiratory dip which may mislead commonly used gas monitors. Workplace concentrations can be minimized by proper handling, a sufficient turnover of room air is important and gas from the expiration port of the ventilator should be scavenged. Inhalational compared to intravenous ICU sedation offers the advantages of better control of the sedation level, online drug monitoring, no accumulation in patients with renal or hepatic insufficiency and bronchodilation. With a lowered opioid dose spontaneous breathing and intestinal motility are well preserved. A clinical algorithm for the care of patients with respiratory insufficiency including inhalational sedation is proposed. Inhalational sedation with isoflurane has been widely used for more than 20 years in many countries and even for periods of up to several weeks. In the German S3 guidelines for the management of analgesia, sedation and delirium in intensive care (Martin et al. 2010), inhalational sedation is mentioned as an alternative sedation method for patients ventilated via an endotracheal tube or a tracheal cannula. Nevertheless, isoflurane is not officially licensed for ICU sedation and its use is under the responsibility of the prescribing physician.
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Das „Anaesthetic Conserving Device“ (ACD) ist ein neuartiges Medizinprodukt, das mit geringem Aufwand auch außerhalb klassischer Anästhesiearbeitsplätze eine effiziente Applikation volatiler Anästhetika erlaubt. Seine Verkaufszahlen schnellen exponentiell nach oben. Das Produkt wird mittlerweile in 12 europäischen Ländern vertrieben, und längst sind es nicht mehr nur Anästhesisten, die hiermit volatile Anästhetika verabreichen. Die Anästhetikaapplikation mit dem ACD bringt jedoch einige Aspekte mit sich, die sich von klassischen Narkosesystemen grundlegend unterscheiden. Daher soll dieser Beitrag Anästhesisten mit der Funktionsweise und den klinischen Besonderheiten der Anwendung des ACD vertraut machen und sie in die Lage versetzen, Patienten optimal zu behandeln und im Rahmen ihrer interdisziplinären Tätigkeit Kollegen anderer Fachrichtungen kompetent zu unterstützen.
Das ACD wird in der Klinik der Autoren seit Anfang 2004 eingesetzt und findet zunehmende Verbreitung auf Intensivstationen in vielen Ländern Europas. Hier verhilft es dem Konzept der inhalativen Sedierung zum Durchbruch. In den S3-Leitlinien zu Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin wird die inhalative Sedierung als Alternative zur i.v.-Sedierung für Patienten, die über Trachealtubus oder -kanüle beatmet sind, explizit genannt [1]. Bis dato konnten in 7 randomisierten kontrollierten Studien deutlich kürzere Aufwach- und Erholungszeiten im Vergleich zu i.v.-Sedierungsregimen gezeigt werden (Tab. 1; [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8]. Auch nach Tagen und Wochen ist die Elimination volatiler Anästhetika, da unabhängig von Leber- und Nierenfunktion, vorhersagbar schnell und das Aufwachen selbst älterer Patienten planbar. Zudem ist unter inhalativer Sedierung mit reduzierter Opioiddosis die Spontanatmung sehr gut erhalten. Nach dem Beatmungskonzept mit inhalativer Sedierung werden Patienten mit akutem Lungenversagen im Katholischen Klinikum Bochum sehr früh im Krankheitsverlauf – auch bei noch hohen „Positive-end-expiratory-pressure“- (PEEP-)Werten – mit spontanatmungsunterstützenden Modi behandelt.
Begriffsbestimmung
Der Markenname AnaConDa® (Sedana Medical, Lundbyberg, Schweden) ist ein von der Bezeichnung „anesthetic conserving device“ abgeleitetes Silbenkurzwort. In der Fachliteratur ist die Abkürzung ACD gebräuchlich. Derzeit ist nur ein Medizinprodukt mit vergleichbaren Eigenschaften kommerziell erhältlich. Die AnaConDa® gibt es bislang lediglich in einer Ausführung.
Funktionskomponenten
Eine aufgeschnittene AnaConDa® mit allen Komponenten, aus denen das AnaConDa®-System besteht, wird in Abb. 1 gezeigt. Die wichtigsten Funktionskomponenten sind der Anästhetikaevaporator und der -reflektor.
Darüber hinaus werden benötigt:
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Isofluran oder Sevofluran in Flaschen mit Schraubverschluss,
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hierzu passender Fülladapter (Sedana Medical; Abb. 1),
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Spritzenpumpe,
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Intensivrespirator mit angeschlossenem Anästhesiegas-“Scavenging“ sowie
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Gasmonitor mit Zubehör (Wasserfalle, Gasproben- und Gasauslassschläuche).
Funktionsweise
Flüssiges Isofluran oder Sevofluran wird in die mitgelieferte Spritze aufgezogen und von einer Spritzenpumpe über die Wirkstoffzuleitung in den Evaporator gepumpt. Der Evaporator ist ein weißer, hohler Stab aus porösem Plastik. Durch die Poren sickern die volatilen Anästhetika auf die Oberfläche und verdunsten im Atemstrom.
Der Anästhetikareflektor besteht aus aktivierten Karbonfasern, die in den watteartigen Wärme- und Feuchtigkeitstauscher („heat and moisture exchanger“, HME) eingewoben sind. An ihrer großen Oberfläche lagern diese Karbonfasern Anästhetikamoleküle bei der Ausatmung an und geben sie bei der nächsten Einatmung wieder ab. Die Anästhetika werden folglich in ähnlicher Weise reflektiert wie Wasserdampf durch den HME (Abb. 2). Im normalen Betrieb werden 90% der ausgeatmeten Anästhetikamoleküle reflektiert; 10% gehen durch den Reflektor hindurch und müssen in der Folge durch die Infusion flüssigen Anästhetikums ersetzt werden. Lachgas und Ausatemluft passieren den Reflektor ungehindert.
Das ACD ermöglicht somit die Anwendung der volatilen Anästhetika Isofluran oder Sevofluran mit herkömmlichen Intensivrespiratoren – ohne Kreisteil, Atemkalk und Narkosemittelverdunster. Benötigt werden lediglich eine Spritzenpumpe, Gasmonitoring und Anästhesiegas-Scavenging.
Zuführeinheit: Spritzenpumpe und Evaporator
Die englumige Wirkstoffzuleitung fasst ein Volumen von 1,2 ml, der damit verbundene Evaporator weitere 0,2 ml, zusammen also 1,4 ml. Meist kann bereits nach 1,3 ml ein erstes Signal vom Gasmonitor erhalten werden. Das „Priming“-Volumen des ACD kann entweder durch eine anfangs höhere Infusionsrate (z. B. 25 ml/h über 3 min) oder durch Bolusgaben mit der Spritzenpumpe befüllt werden. Hier sind Spritzenpumpen mit programmierbarer Bolusfunktion von Vorteil.
Je nach Substanz ergibt 1 ml flüssiges volatiles Anästhetikum etwas mehr als 200 ml dampfförmiges Anästhetikum (Tab. 2). Wenn sich dieses in einem Residualvolumen von 2 l verteilt, entsteht eine Konzentration von mehr als 10 Vol.-%! Dieses Rechenbeispiel verdeutlicht, dass volatile Anästhetika sehr potente Medikamente sind. Im laufenden Betrieb genügen bereits Bolusgaben von 0,3 ml, um die Sedierung zu vertiefen. In der Regel führt die Gabe von 1 ml zu einer signifikanten Kreislaufdepression. Daraus ergibt sich auch, dass die Spritze immer zuerst in die Spritzenpumpe eingespannt werden sollte, bevor sie mit dem Patienten verbunden wird!
Liegen volatile Anästhetika als Flüssigkeiten vor, können sich in ihnen ihrerseits Gase wie Stickstoff oder Sauerstoff lösen. Bei Kälte ist die Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten erhöht. Werden Isofluran oder Sevofluran aus im Kühlschrank aufbewahrten Flaschen in die Spritze gefüllt, können hierin gelöste Gase beim Erwärmen wie in einer Sprudelflasche ausperlen. Aufgrund ihres hohen Dampfdrucks diffundieren die Anästhetika selbst in die Gasbläschen hinein, sodass diese rasch an Größe zunehmen. Durch die Volumenzunahme der Gasblasen wird flüssiges Anästhetikum unkontrolliert über die Wirkstoffzuleitung in den Evaporator gedrückt, woraus eine schwere Überdosierung resultieren kann. Dieser Effekt ist als „autopumping“ in der Fachliteratur beschrieben [9].
Nicht weniger bedeutend sind Schwerkrafteffekte: Flüssige volatile Anästhetika haben ein hohes spezifisches Gewicht (Tab. 2): Sie sind durchweg etwa 1,5-mal so schwer wie Wasser. Befindet sich die Spritzenpumpe 1 m über dem Niveau des ACD, entsteht in der Spritze eine Sogwirkung, die 150-cm-Wassersäule entspricht und ein Verdampfen der Anästhetika in der Spritze begünstigt. Auch hierdurch kann Autopumping ausgelöst werden. Achtet man hingegen darauf, die Spritzenpumpe unter Kopfniveau des Patienten zu befestigen, bietet die Schwerkraft einen wirksamen Schutz vor Autopumping.
Dies lässt sich durch einen einfachen Versuch eindrucksvoll veranschaulichen: Hält man die mit Anästhetikum gefüllte, verschlossene Spritze in der Hand, kann man durch mittelstarken Zug am Stempel einen Unterdruck erzeugen, der das Anästhetikum in der Spritze sieden lässt: Viele kleine Bläschen vereinigen sich schließlich zu einer großen Blase. Lässt man den Stempel los, bleibt die entstandene Blase zunächst größenkonstant. Übt man Druck auf den Stempel aus und schüttelt die Spritze gleichzeitig, um die große Blase zu zerteilen und die Oberfläche zu vergrößern, kann man die Blase wiederum ganz zum Verschwinden bringen (Abb. 3).
Auch hohe Umgebungstemperaturen können zum Autopumping führen. Dies ist in einem Bericht aus dem Irak eindrucksvoll beschrieben [10]. Es ergibt sich von selbst, dass Wärmequellen von der Spritzenpumpe ferngehalten werden müssen. Um Autopumping (Tab. 3) rasch zu erkennen, ist es wichtig, beim Befüllen der Spritze darauf zu achten, dass sich keine Blasen in der Spritze befinden. Cave: Bei Blasenbildung muss die Spritze vom Patienten diskonnektiert werden.
Effizienzsteigerung durch Reflektor
Die aktivierten Karbonfasern des Reflektors halten bei der Ausatmung Anästhetikamoleküle fest und stellen diese bei der nächsten Einatmung zu 90% wieder zur Verfügung. Mit anderen Worten: In jedem Atemzyklus gehen 10% des in einem Tidalvolumen enthaltenen Anästhetikums verloren und verschwinden mit dem ausgeatmeten Tidalvolumen über den Abluftport des Respirators (Abb. 2). Dieser verlorene Anteil muss durch die Infusion flüssigen Anästhetikums wieder ersetzt werden.
Hieraus ergibt sich: Die mittleren Anästhetikakonzentrationen auf der Respiratorseite des Reflektors und der Patientenseite (Patientenkonzentration) verhalten sich wie 1:10. Dies konnte durch Laborversuche bestätigt werden. Unabhängig von den Beatmungsparametern Atemfrequenz, Tidalvolumen und Atemminutenvolumen wurde der Quotient der respiratorseitigen Konzentration zur Patientenkonzentration konstant als 0,096 bestimmt. Hierbei fand sich kein Unterschied zwischen Isofluran und Sevofluran [11].
Bei hohen Patientenkonzentrationen und hohen Tidalvolumina verliert der Reflektor jedoch an Effizienz: Sind in einem Ausatemhub mehr als 10 ml Anästhetikumdampf enthalten, wird die Kapazität des Reflektors überschritten. In diesem Fall gehen mehr als 10% des ausgeatmeten Anästhetikums durch den Reflektor hindurch und sind somit für den Patienten verloren. Es entsprechen 10 ml Anästhetikumdampf z. B. 1 Vol.-% in 1 l Tidalvolumen, 2 Vol.-% in 500 ml Tidalvolumen oder 3,33 Vol.-% in 300 ml Tidalvolumen (Abb. 4). Ab diesem Dampfvolumen steigt die respiratorseitige Konzentration relativ zur Patientenkonzentration deutlich an. Dieser Effekt wurde als „spill over“ beschrieben (wörtlich: überschwappen; [11]).
An dieser Stelle soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sich im ACD keine Aktivkohle befindet, die zunächst durch Aufnahme größerer Mengen Anästhetikums aufgesättigt werden müsste. Im Gegensatz zur Aktivkohle lagern die Karbonfasern des Reflektors vergleichsweise wenige Anästhetikamoleküle auf ihrer großen Oberfläche locker an. Eine Aufsättigung des Reflektors im unidirektionalen „flow“ mit 1 Vol.-% Isofluran führt zur Adsorption von lediglich 0,7 ml flüssigem Isofluran (eigene unveröffentlichte Daten). Demgegenüber stellt der Organismus ein weitaus größeres Reservoir dar, das binnen kurzer Zeit mehr als die zehnfache Menge speichert.
Gasmonitoring: Vorsicht Falle
Klassische Gasmonitore zeigen bei Verwendung mit dem ACD eine endtidale Konzentration an, die stets höher liegt als die angezeigte inspiratorische Konzentration. Es ist offensichtlich, dass dies gerade während der Anflutungsphase eines Anästhetikums nicht zutreffend sein kann. Wie ist das zu erklären?
Anders als beim klassischen Anästhesiesystem wird der Gasprobenstrom nicht am Y-Stück entnommen, sondern auf der Patientenseite des ACD, da auf der Respiratorseite eine viel niedrigere Konzentration angezeigt werden würde. Der untypische Messort befindet sich also zwischen dem Totraum des Patienten und dem Totraum des ACD, der 100 ml umfasst. Am Ende der Exspiration bleibt Kohlendioxid- (CO2-)haltige Ausatemluft im ACD zurück. Die Spritzenpumpe infundiert weiter Anästhetikum in den Evaporator. In der stehenden Ausatemluft bildet sich eine Wolke erhöhter Konzentration. Mit Beginn der nächsten Inspiration bewegt sich diese Wolke in Richtung Patient. Ein Teil der Wolke wird vom Gasmonitor angesaugt. Dort wird eine hohe Spitzenkonzentration gemessen. Da sich diese frühinspiratorische Spitzenkonzentration noch in CO2-haltiger (Ausatem-)Luft befindet, kurz bevor das CO2-Signal abbricht, wird dieser Wert vom Gasmonitor fälschlich als „endtidal“ angezeigt (Abb. 5). In Abb. 6 ist der Kurvenverlauf der Anästhetikakonzentration bei Verwendung des ACD noch einmal vergrößert dargestellt: Während der (nach der Flussrichtung definierten) Inspiration sieht man einen frühinspiratorischen Spitzen- und einen endinspiratorischen Talwert. Der „wahre“ endtidale Wert ließe sich anhand des exspiratorischen Plateaus einfach ermitteln. Allerdings zeigen die meisten Gasmonitore den Kurvenverlauf nicht an. Ihr Algorithmus zur Zuordnung der Anästhetikakonzentration zu den Atemphasen ist für die Verwendung mit ACD nicht angepasst.
Zu Beginn der Inspiration setzt der Reflektor also die zurückgehaltenen Anästhetikamoleküle zunächst in höherer, im weiteren Verlauf in immer niedrigerer Konzentration frei. Der endinspiratorische Talwert wird schließlich vom Gasmonitor als inspiratorische Konzentration angezeigt. Sinnvoll wäre jedoch eine Mittelung der inspiratorischen Konzentration, wenn schon – anders als beim Kreisteil – keine konstante Konzentration eingeatmet wird.
Gasmonitoring:
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frühinspiratorische Spitze → „endtidal“!?,
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endinspiratorisches Tal → „inspiratorisch“!?
In der klinischen Praxis weichen die beiden Werte um 0,2–0,4 Vol.-% voneinander ab. Diese Abweichung hängt von Spritzenpumpenrate, Aufsättigung des Organismus und Beatmungsparametern, wie Dauer der exspiratorischen Pause und inspiratorischem Flussprofil, ab. Da der „wahre“ endtidale Wert nur zwischen den angezeigten Werten liegen kann, hat es sich bei den Autoren eingebürgert, den endtidalen Wert durch die Mittelwertbildung abzuschätzen. Demgegenüber konnten Sturesson et al. [12] die frühinspiratorische Spitzenkonzentration nicht am Gasmessport des ACD, wohl aber durch eine patientennahe Messung im Endotrachealtubus erfassen; hier wurden während der gesamten Inspiration höhere Werte gemessen. Sturesson et al. gehen von einer ungleichmäßigen Durchmischung der Atemgase aus. Es ist denkbar, dass bei korrekter Positionierung des ACD (Reflektor und Gasmessport oben, Evaporator unten) und bei Beatmung mit einem langsamen konstanten Fluss die endexspiratorische Wolke unten bleibt und vom Gasmonitor nur teilweise erfasst wird, während frühinspiratorische Verwirbelungen durch den initial hohen Spitzenfluss bei druckkontrollierter Beatmung für eine stärkere Durchmischung der Gase sorgen.
Zur Überwachung der korrekten Funktion des Systems sollte auf jeden Fall ein Gasmonitor (Infobox 1) verwendet werden. Die Dosierung der Anästhetika sollte jedoch individuell erfolgen und sich nach dem klinischen Bild richten. Auf Gasmonitoren, die die Anästhetikakonzentration im Zeitverlauf grafisch darstellen, kann der endtidale Wert am exspiratorischen Plateau erkannt und exakt ermittelt werden. Gasmonitore mit einem für den ACD angepassten Algorithmus befinden sich in Entwicklung.
Der patientenseitige Entnahmeort der Gasprobe hat weitere Folgen: Wegen des hohen Wassereintrags sollten Gasmonitore mit Wasserfalle oder Gasprobenleitungen aus wasserdampfpermeablem Nafion verwendet werden. Da eine bakterielle Kontamination der Gasprobenleitung nicht ausgeschlossen werden kann, ist diese zwischen Patienten auszutauschen. Aus dem gleichen Grund sollte das Probengas nicht rück-, sondern dem Scavenging zugeführt werden.
Minimierung der Arbeitsplatzbelastung
Um Belastungen des Arbeitsplatzes mit volatilen Anästhetika zu vermeiden, sind in erster Linie geschicktes „handling“ beim Umgang mit den flüssigen Anästhetika und eine gute Raumbelüftung wichtig. Zusätzlich wird Anästhesiegas-Scavenging empfohlen, weil es sich technisch leicht realisieren lässt und um möglichst viele Eventualitäten auszuschließen. Bei hohen Patientenkonzentrationen, sehr hohen Tidalvolumina (Spill over) und beim Abfluten der Anästhetika nach Entfernen des ACD mag Scavenging sinnvoll erscheinen. Im laufenden Betrieb ist es jedoch nur von untergeordneter Bedeutung: Für eine inhalative Sedierung mit Isofluran genügen meist Patientenkonzentrationen von 0,3 Vol.-%. Da der Reflektor die meisten Moleküle reflektiert, beträgt die Konzentration im Atemgasgemisch, das den Respirator über den Abluftport verlässt, ein Zehntel der Patientenkonzentration, also lediglich 0,03 Vol.-% (300 ppm).
Bei durchschnittlichen Infusionsraten von 2 ml/h Isofluran zur Aufrechterhaltung einer inhalativen Sedierung werden 400 ml Anästhetikumdampf/h eingesetzt, die sich ohne Anästhesiegas-Scavenging in etwa 50 m3 Raumluft (z. B. 4 m•5 m•2,5 m) verteilen. Unter der Annahme einer hermetischen Abriegelung des Raums ohne Luftaustausch würde sich im Verlauf einer Stunde eine Raumluftkonzentration von 8 ppm aufbauen (400 ml:50 Mio. ml). Diese liegt immer noch unter der vorgeschriebenen maximalen Arbeitsplatzkonzentration von 10 ppm. In Deutschland sind jedoch für Intensivstationen hohe Luftwechselraten vorgeschrieben (>10/h). So verwundert es nicht, dass in einer Studie sowohl mit als auch ohne Scavenging die gemessenen Konzentrationen unter 1 ppm lagen [13].
Zum Anästhesiegas-Scavenging kann eine Absaugung mit Reservoir oder ein Anästhesiegasfilter [Aktivkohlefilter verschiedener Firmen oder recyclebare Behälter mit Zeolith (Contrafluran®, Fa. Zeosys, Berlin)] an den Abluftport des Respirators angeschlossen werden. In beiden Fällen ist darauf zu achten, dass der Abluftport während der laufenden Beatmung weder blockiert noch unter Sog gesetzt wird.
Bei manchen Tätigkeiten wie Aufschrauben des Fülladapters auf die Flaschen, Befüllen und Konnektieren der Spritzen oder Diskonnektieren des Patienten vom Beatmungsgerät entstehen kurzfristige Spitzenkonzentrationen. Eine gute Raumbelüftung und geschicktes Handling helfen, diese zu minimieren (Infobox 3, Infobox 4).
Hierzu gehört auch, die Spritze nach Befüllen sofort zu verschließen und in die Spritzenpumpe einzuspannen. Aus Sicherheitsgründen erfolgen Konnektion und Starten der Spritzenpumpe erst ganz zum Schluss, wenn der Patient mit dem ACD beatmet ist und ein Kapnogramm angezeigt wird! Ausstellen der Spritzenpumpe und Diskonnektion der Spritze erfolgen als Erstes, wenn der Patient für längere Zeit vom ACD oder von der Beatmung diskonnektiert werden soll! Für den Transport des beatmeten Patienten empfehlen die Autoren, Spritzenpumpe und Gasmonitor zu diskonnektieren, das ACD jedoch am Patienten zu belassen. Hierdurch kann die Funktion des Reflektors weitergenutzt werden. Die Raumluftbelastung ist geringer, da der Patient das Anästhetikum nicht abatmet. Meist sind während des Transports keine i.v.-Boli eines Sedativums erforderlich.
Systemvergleich
Allgemein
Mit dem ACD werden Narkosemittelverdunster, Beatmungsbalg sowie CO2-Absorber nicht benötigt. Hieraus ergibt sich zunächst eine Investitionsersparnis: Ein einfacher Intensivrespirator und eine Spritzenpumpe sind wesentlich kostengünstiger und auch platzsparender als ein Anästhesierespirator (AR) mit Kreisteil. Anästhesiegasmonitoring und -Scavenging sind für beide Systeme erforderlich. Demgegenüber sind die laufenden Kosten vergleichsweise hoch, da es sich bei ACD um einen Einmalgebrauchsartikel handelt („single patient use“). Ähnlich wie bei HME empfiehlt der Hersteller die Verwendung über bis zu 24 h.
Durch den Wegfall von Kreisteil und Beatmungsbalg („bag in bottle“) sowie die Verwendung von Intensivrespiratoren können patientenkomfortablere Beatmungsmodi ausgewählt werden. Systembedingte Widerstände und Trigger-Latenzen entfallen; eine höhere Flow-Generierung ist möglich. Ebenso entfällt die Problematik des Atemkalks, wie Logistik der Beschaffung, Lagerung, Vermeidung der Austrocknung, chemische Reaktionen mit Anästhetika („compound A“, Kohlenmonoxid). Höherer Beatmungskomfort und Verzicht auf Atemkalk können für langzeitbeatmete Patienten einer Intensivstation als entscheidende Vorteile angesehen werden. Als Nachteil ist dagegen anzuführen, dass der Totraum der ACD mit ca. 100 ml gegenüber herkömmlichen HME mit ca. 50 ml erhöht ist. Für die Sedierung von Kindern wurde das ACD deshalb im Inspirationsschenkel eingesetzt – unter Ausnutzung nur des Evaporators, nicht des Reflektors [14]. Dieser nichtbestimmungsgemäße Gebrauch zieht natürlich einen erhöhten Verbrauch nach sich.
In einer anderen Untersuchung wurde eine moderate CO2-Retention beschrieben, die vermutlich durch CO2-Anlagerung an den Reflektor zustande kam und zu einer CO2-Rückatmung von 0,3 Vol.-% (2,2 mmHg) führte. In dieser Untersuchung lagen die arteriellen CO2-Partialdrücke um 20% höher als in der Kontrollgruppe, die mit gleichen körpergewichtsadaptierten Einstellungen beatmet wurde (abzüglich der Totraumdifferenz; [12]).
Effizienz
In der nachfolgenden Betrachtung sollen Patienten-Uptake und Leckagen (etwa bei Diskonnektionen oder beim endotrachealen Absaugen), die bei beiden Systemen den Narkosemittelverbrauch erhöhen, vernachlässigt werden, um nur die systembedingten Verluste im laufenden Betrieb zu beschreiben und zu vergleichen. Beim klassischen AR stellt der Frischgasfluss (FGF) die Hauptdeterminante der Effizienz dar. Der FGF durchspült das System, in dem er auf der einen Seite einfließt und dabei die am Narkosemittelverdunster eingestellte Konzentration mitbringt. Auf der anderen Seite verlässt der FGF das System wieder und spült dabei Anästhetikum aus. Im „steady state“ entspricht die mittlere Konzentration im Kreisteil etwa der vom Patienten ausgeatmeten Konzentration. Die systembedingten Anästhetikaverluste (V‘loss) können somit durch das Produkt aus FGF und Patientenkonzentration (cpat) beschrieben werden (Abb. 7, linke Seite).
Klassischer Anästhesierespirator:
Beim ACD ist letztlich das Atemminutenvolumen (MV) des Patienten für den Anästhetikaauswasch verantwortlich. Allerdings spült es das Anästhetikum nicht in der Konzentration aus, die der Patient ausatmet, sondern – dank der Eigenschaften des Reflektors – nur mit etwa einem Zehntel dieser Konzentration, wie oben beschrieben. Die Anästhetikaverluste können somit durch das Produkt aus Minutenvolumen und einem Zehntel der Patientenkonzentration berechnet werden (Abb. 7, rechte Seite).
Anaesthetic conserving device:
Bei einem angenommenen MV zwischen 5 und 10 l/min ergibt sich somit ein Narkosemittelverbrauch, der dem eines AR mit einem FGF von 0,5–1 l/min, also einer Niedrigflussanästhesie, äquivalent ist. Dies gilt zumindest so lange, wie die Kapazität des Reflektors von 10 ml Anästhetikumdampf/Ausatemhub nicht überschritten wird.
In klinischen Studien wurde für kurz dauernde Anästhesien mit dem ACD ein Sevofluranverbrauch von 6 ml/h gemessen. Dies war äquivalent zu FGF von 1,5 l/min in den Kontrollgruppen [15, 16]. Das ACD schnitt also etwas schlechter ab als erwartet. Dies hängt mit dem Priming-Volumen von 1,4 ml flüssigem Anästhetikum zusammen. Diese Menge verbleibt im ACD und wird nach dem Einsatz mit diesem entsorgt, während der Narkosemittelverdunster mit dem dort verbliebenen Anästhetikum dem nächsten Patienten zur Verfügung steht. In einer Studie zur inhalativen Sedierung wurde der mittlere Isofluranverbrauch hingegen lediglich mit 2,1 ml/h angegeben [13]. Die höhere Potenz von Isofluran, niedrigere Konzentrationen für die Sedierung und die abnehmende Bedeutung des Priming-Volumens bei länger dauernder Anwendung erklären den niedrigeren Verbrauch.
Steuerbarkeit
Wie sieht es demgegenüber mit der Steuerbarkeit der Anästhetikakonzentration aus? Beim AR mit Kreisteil gibt es eine Divergenz zwischen dem gewünschten niedrigen Narkosemittelverbrauch bei niedrigen Frischgasflüssen und der ebenfalls gewünschten guten Steuerbarkeit bei hohen Frischgasflüssen. Es gilt: Niedrige FGF minimieren den Verbrauch, verschlechtern aber die Steuerbarkeit (Abb. 8). Häufig wird man deshalb während einer Anästhesie den FGF verändern. Bei der quantitativen Anästhesie mit dem ACD gibt es dieses Dilemma nicht: Der Narkosemittelverbrauch entspricht dem einer Niedrigflussanästhesie, die Steuerbarkeit ist jedoch sogar noch besser als beim Kreisteil mit hohem Frischgasfluss: Durch Bolusgaben kann die Anästhetikakonzentration bei Bedarf sehr rasch erhöht werden. Bei Entfernen des ACD aus dem Atemsystem ist der Auswasch schneller als beim Kreisteil mit hohem Fluss.
In einer jüngsten Studie wurde die Einwaschkinetik des ACD mit einem AR ohne Rückatmung (!) verglichen [12]: Um eine Zielkonzentration von 1 Vol.-% Sevofluran zu erreichen, wurde der Narkosemittelverdunster auf 1,2 Vol.-% eingestellt (und so belassen); beim ACD wurde die Infusionsrate wie vom Hersteller empfohlen für die ersten 10 min höher und danach niedriger eingestellt nach einem klinisch evaluierten Dosierungsschema [17]. In der ACD-Gruppe wurde die Zielkonzentration nach 10 min erreicht, in der AR-Gruppe dagegen erst nach 20 min.
Letztlich wird mit dem ACD eine quantitative Anästhesie durchgeführt: Die Anästhetika werden nicht nach Konzentration, sondern analog der Gabe von i.v.-Medikamenten quantitativ als Dosis oder Dosisrate zugeführt. Daher ist es nahe liegend, auch Boli einzusetzen, um rasch eine Wirkungsverstärkung bzw. eine Konzentrationssteigerung zu erzielen. Cave: Aufgrund der hohen Potenz dürfen Boli jedoch nicht mit der Spritze in der Hand verabreicht werden. Empfehlenswert sind programmierbare Spritzenpumpen, mit denen Bolusdosis und -rate voreingestellt werden können. Meist genügt ein Bolus von 0,3 ml Isofluran (0,5 ml Sevofluran), der sehr rasch zum gewünschten klinischen Resultat führt, da die Applikation – anders als bei i.v.-Boli – direkt in die Lungen erfolgt und somit V. cava, rechtes Herz und Lungenarterien übersprungen werden.
Die für viele Anästhesisten ungewohnte Art der quantitativen Medikamentenapplikation führte anfänglich in Verbindung mit der „black box“ des Anästhetikareflektors zu Ängsten und Unsicherheiten bei der Dosierung. Mittlerweile gibt es 2 klinische Studien, die belegen, dass durch einfache Dosierungsmodelle die endtidalen Konzentrationen weitaus genauer vorhergesagt werden können als die Serumkonzentrationen bei klassischen weit verbreiteten Dosierungsalgorithmen der „target controlled infusion“ etwa für Propofol oder Remifentanil [17, 18]. Zudem erlaubt das Onlinemonitoring der endtidalen Konzentration – mit den oben gemachten Einschränkungen – eine Abschätzung der effektiven Konzentration am Wirkort Gehirn, wie sie bei i.v.-Medikamenten nicht zur Verfügung steht.
An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass der im Abschn. „Effizienzsteigerung durch Reflektor“ beschriebene Spill-over-Effekt bei Dosierungsfehlern, wie irrtümlich hohen Infusionsraten, eine gewisse Schutzfunktion ausüben kann. In einem In-vitro-Modell kam es bei Verzehnfachung der Infusionsrate (von 5 ml/h auf 50 ml/h) lediglich zu einer Verdoppelung der im Gleichgewichtszustand erreichten Sevoflurankonzentration (von 1,8 auf 3,6 Vol.-%). Diese Schutzfunktion war allerdings erst bei großen Tidalvolumina frappant, im geschilderten Fall von 1000 ml. Für die Zukunft eröffnet sich also die Möglichkeit, durch Dimensionierung des Reflektors das ACD an bestimmte Patientengruppen anzupassen.
Die Dosierung der Anästhetika mit dem ACD sollte – wie auch vom Hersteller empfohlen – anhand des MV des Patienten erfolgen. Dies ergibt sich bereits aus der obigen Gleichung über die systembedingten Anästhetikaverluste, die bereits nach kurzer Zeit den Patienten-Uptake überwiegen. Ein hohes Atemminutenvolumen führt zu hohen Anästhetikaverlusten über den Reflektor. Daher muss die Infusionsrate bei einer Zunahme des MV erhöht werden, wenn die Patientenkonzentration konstant gehalten werden soll. Hierzu können die Nomogramme der Packungsbeilage hinzugezogen werden. Für genauere Rechenmodelle wird an dieser Stelle auf die Fachliteratur verwiesen [11, 17].
Um das Abfluten der Anästhetika zu beschleunigen, empfiehlt es sich, das ACD aus dem Schlauchsystem zu entfernen und ggf. durch einen Befeuchtungs- oder Bakterienfilter zu ersetzen. Abgesehen von dem Nachteil der kurzfristigen Diskonnektion erhält man so eine maximale Auswaschgeschwindigkeit wie bei einem Nichtrückatemsystem. In klinischen Studien konnte so ein schnelleres Abfluten als bei Verwendung eines AR mit einem FGF von 8 l/min gezeigt werden [16].
Zusammenfassend kann man kann festhalten, dass das ACD in puncto Steuerbarkeit einem klassischen AR mit Kreisteil überlegen ist, wenn man Bolusgaben und Entfernen des ACD zum schnelleren Abfluten der volatilen Anästhetika akzeptiert. Das Dilemma – hoher FGF mit guter Steuerbarkeit, aber hohem Narkosemittelverbrauch vs. niedriger FGF mit niedrigem Verbrauch, aber schlechter Steuerbarkeit, wird dabei umgangen (Abb. 8)
Inhalative Sedierung
Wissenschaftliche Evidenz
Bis dato belegen 7 randomisierte kontrollierte Studien Durchführbarkeit, Effektivität und Sicherheit der inhalativen Sedierung (Tab. 1; [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8]). In allen Studien wurden deutlich kürzere Aufwach- und Erholungszeiten nach inhalativer vs. intravenöser Intensivsedierung beschrieben. Drei Studien benutzten das ACD; 4 Studien untersuchten Isofluran, 1 Studie Sevofluran, 1 Studie Desfluran und 1 Studie Xenon. Die beiden letztgenannten Anästhetika können mit dem ACD nicht eingesetzt werden. Eine Sedierung mit Sevofluran wird nur bis 24 h empfohlen, da die Fluoridspiegel im Serum kontinuierlich ansteigen.
Daneben gibt es zahlreiche publizierte Fallberichte, Fallserien und nichtrandomisierte Studien, die eine inhalative Sedierung mit Isofluran z. T. über mehrere Wochen seit über 25 Jahren in 12 Ländern und 5 Kontinenten belegen. Diese Publikationen berichten über mehr als 300 mit Isofluran sedierte Patienten. Ernsthafte Komplikationen und Nebenwirkungen wurden nicht beschrieben. Somit kann der Einsatz von Isofluran auch zur Langzeitsedierung als sicher eingestuft werden. Aufgrund dieser Evidenz wurde in den S3-Leitlinien zu Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin die inhalative Sedierung als Alternative zur intravenösen Sedierung für Patienten, die über Trachealtubus oder -kanüle beatmet werden, als „Kann-Empfehlung“ explizit genannt [1].
„Off label use“
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es sich um einen „off label use“ handelt, da Isofluran für die Indikation Langzeitsedierung keine Zulassung besitzt. Die Verantwortung für den Einsatz liegt damit in der Hand des durchführenden Arztes.
Beatmungskonzept
Aufgrund der bronchodilatierenden Wirkung wurden volatile Anästhetika gerade bei Asthma bronchiale [19, 20, 21, 22, 23, 24], bei chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung [25] und zum „weaning“ von der Beatmung [26] eingesetzt. Hier leistet das ACD einen entscheidenden Beitrag, da es die Verwendung moderner Intensivrespiratoren mit der Möglichkeit spontanatmungsunterstützender (augmentierender) Beatmungsmodi erlaubt.
In zahlreichen Publikationen wird auf die Bedeutung eines frühzeitigen Weaning von der maschinellen Beatmung hingewiesen. Zum einen werden Weaning-Protokolle mit Spontanatmungsversuch am T-Stück empfohlen [27, 28]. Andere Arbeiten legen nah, möglichst früh im Krankheitsverlauf augmentierte Spontanatmung einzusetzen [29, 30]. Die Vorteile der Spontanatmung gegenüber maschineller Beatmung in Bezug auf Hämodynamik und Gasaustausch wurden durch tierexperimentelle und klinische Studien bestätigt [30, 31, 32]. Voraussetzung für augmentierende Modi wie „pressure support“ (PS) oder „proportional assist ventilation“ (PAV, alternativ „volume assist“ und „flow assist“) ist jedoch das Vorhandensein von Atemantrieb, der unter inhalativer Sedierung mit reduzierter Opioiddosis erhalten bleibt.
Die Autoren beatmen Patienten, die wegen akuten Lungenversagens beispielsweise bei Sepsis intubiert werden müssen, zunächst maschinell druckkontrolliert mit niedrigen Tidalvolumina (6 ml/kgKG) und in 30°-Oberkörperhochlagerung (Abb. 9). Das erste Ziel ist, durch Blähmanöver und sukzessive Erhöhung des PEEP die Oxygenierung zu verbessern. Gelingt es nicht, die inspiratorische Sauerstofffraktion (FIO2) unter 0,5 zu senken, wird eine Bauch- oder 135°-Seitlagerung durchgeführt. Ist am nächsten Morgen absehbar, dass der Patient längere Zeit sediert und beatmet bleiben muss, wird auf inhalative Sedierung mit Isofluran umgestellt. Gleichzeitig wird das zweite Ziel angesteuert: Auch bei hohen PEEP-Werten wird versucht, eine augmentierte Spontanatmung herzustellen. Hierzu werden die Beatmungsmodi PAV oder PS eingesetzt. Zuerst wird die maschinelle Atemfrequenz reduziert, um Atemantrieb zu generieren. Dabei werden Werte des arteriellen Kohlendioxidpartialdrucks (paCO2) bis 60 mmHg toleriert. Genügt dies nicht, wird die Opioidzufuhr reduziert oder vorübergehend pausiert. In vielen Fällen ist somit auch im schweren Lungenversagen am ersten Tag die augmentierte Spontanatmung möglich. Erneute Verschlechterungen der Oxygenierung werden sofort durch Blähmanöver und Erhöhung des PEEP behandelt. Manchmal sind unter augmentierter Spontanatmung höhere PEEP-Werte erforderlich, um die Oxygenierung, bei jedoch reduzierten Atemwegsmitteldrücken, aufrechtzuerhalten. Die Indikationen zu Sedierung und Beatmung werden täglich überprüft. In der Regel werden die Patienten über enterale Sonden ernährt und am vierten Beatmungstag tracheotomiert. Danach ist häufig eine kontinuierliche Sedierung nicht mehr erforderlich. Bei erschwertem Weaning, etwa bei Patienten mit chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung, werden nach einem individuellen Plan Trainings- und Erholungsphasen festgelegt. Falls erforderlich können die Patienten während der Erholungsphasen, insbesondere nachts, weiterhin inhalativ sediert werden.
Durch dieses Vorgehen ist es möglich, das Weaning vorzuverlegen und bereits in der akuten Phase der Erkrankung beginnen zu lassen. Nach der Erfahrung der Autoren ist die Spontanatemaktivität unter inhalativer Sedierung regelmäßig; Patient-Respirator-Dyssynchronien und Pressen gegen die Beatmung sind ausgesprochen selten zu beobachten. Zunächst sind die Patienten noch sediert und abgeschirmt. Bessert sich der kritische Zustand (Reduktion der Katecholamindosen, Besserung der Entzündungsparameter und Oxygenierung), können die Patienten dank der guten Steuerbarkeit der inhalativen Sedierung und des Vorliegens von Spontanatmung häufig rasch extubiert oder nach längerem Krankheitsverlauf mit Tracheostoma mobilisiert werden.
Das rasche Aufwachen der Patienten erleichtert die Logistik der Arbeitsabläufe: Auch in Zeiten von Personalknappheit muss die Sedierung nicht früh morgens ausgestellt und der Patient sich selbst überlassen bleiben. Stattdessen wird die Sedierung dann beendet, wenn Zeit ist, den Patienten intensiv zu betreuen. Selbstredend ist es von großer Bedeutung, dem Patienten, sobald er aufwacht, seine Situation zu erklären und auf seine Bedürfnisse einzugehen.
Auch der bedarfsgerechte Einsatz von Analgetika ist erleichtert. Während der inhalativen Sedierung kann die Opioiddosis anhand der spontanen Atemfrequenz justiert werden. Bei Beendigung der Sedierung wird die Opioiddosierung zunächst unverändert fortgeführt. Bei intermittierender Sedierung werden die Patienten während der Wachphasen nach Schmerzen befragt und ggf. behandelt.
Fazit für die Praxis
In der Intensivmedizin breitet sich der Gebrauch des ACD zurzeit rasant aus. Gute Steuerbarkeit, gut erhaltene Darmfunktion und Spontanatemaktivität werden von vielen Klinikern als Vorteile angesehen. Gerade in Zeiten wirtschaftlichen Drucks bietet die gute Steuerbarkeit der inhalativen Sedierung die Möglichkeit der gezielten Zuwendung zum Patienten in der Phase des Aufwachens. Bedarfsadaptierte Analgesie, Vermeidung von Sedierungsüberhängen, früher Beginn des Weaning und rasche Mobilisierung kommen den Patienten zugute und helfen gleichzeitig, die knappe Ressource Intensivmedizin optimal zu nutzen. Um diese Vorteile auch wissenschaftlich zu untermauern, sind Interventionsstudien gefragt, die nicht nur die Wirkung einzelner Medikamente, sondern Konzepte und deren Umsetzbarkeit im Rahmen klinischer Versorgungsforschung untersuchen. Gleichzeitig muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Anwendung volatiler Anästhestika zur Intensivsedierung um einen Off label use handelt, der in der Verantwortung des durchführenden Arztes liegt. Einige Sicherheitsaspekte des verwendeten Medizinprodukts sind noch nicht optimal gelöst. Folglich ist die Beachtung der wichtigen Punkte obligat, auf die in diesem Beitrag ausführlich eingegangen wurde.
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Meiser, A., Bellgardt, M., Vogelsang, H. et al. Funktionsweise des „Anaesthetic Conserving Device“. Anaesthesist 59, 1029–1040 (2010). https://doi.org/10.1007/s00101-010-1779-6
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