Die präklinische Sicherung der Atemwege ist häufig mit Komplikationen assoziiert [2]. Die Videolaryngoskopie oder die Intubationsendoskopie sind neben bereits bestehenden Verfahren und Instrumenten mögliche Alternativen, um eine Intubation bei einem erwarteten schwierigen Atemweg präklinisch durchzuführen. Im folgenden Fallbericht war aufgrund des Unfallhergangs eine Mitverletzung der Halswirbelsäule (HWS) nicht ausgeschlossen; daher wurde die eng anliegende Zervikalstütze bei der endotrachealen Intubation primär am Verletzten belassen. Infolgedessen lag ein schwieriger Atemweg vor, sodass ein Videolaryngoskop (McGrath®, Aircraft Medical Limited, UK) zur orotrachealen Intubation eingesetzt wurde.

Kasuistik

Anamnese

Ein 80-jähriger männlicher Patient stürzte bei Baumarbeiten in seinem Garten unbeobachtet aus ca. 4-m-Höhe von einer Leiter. Er wurde bewusstlos auf dem Boden liegend von seiner Ehefrau aufgefunden. Diese verständigte telefonisch den Rettungsdienst.

Befund

Der ersteintreffende Notarzt forderte bereits während der Erstversorgung des Patienten aufgrund des dringenden Verdachts auf ein schweres Schädel-Hirn-Trauma (SHT; Glascow Coma Scale: 3) mit Verletzung der HWS einen Rettungshubschrauber (RTH) an, um einen möglichst schnellen Transport in eine Klinik der Maximalversorgung zu gewährleisten.

Nach Eintreffen des RTH stellte der hinzugekommene Notarzt bei dem Patienten (Körpergröße ca. 165 cm; Gewicht ca. 60 kg) beidseits mittelweite, reaktionslose Pupillen und das Fehlen von Extremitätenbewegungen fest. Weiterhin imponierten eine deutliche Prellmarke am linksseitigen frontalen Schädel und ein Monokelhämatom. Die HWS war mithilfe einer Zervikalstütze (Ambu® Perfit ACE, eingestellt auf Größe 4, „short“) immobilisiert. Der Patient erlangte zu keinem Zeitpunkt der Versorgung das Bewusstsein, öffnete die Augen weder spontan noch auf Aufforderung oder auf Schmerzreize und zeigte keinerlei verbale oder motorische Reaktion (Glasgow Coma Scale: 3). Der Blutdruck nach Riva-Rocci (RR) betrug 121/70 mmHg, die Herzfrequenz (HF) 89/min, die Sauerstoffsättigung (SpO2) 93%, die Atemfrequenz (AF) 12/min und der Blutzuckerspiegel 6,44 mmol/l (116 mg/dl). Die orientierende körperliche Untersuchung zeigte keine weiteren Auffälligkeiten.

Diagnose

Aufgrund des neurologischen Befundes mit dem Verdacht auf ein schweres SHT entschied sich der behandelnde RTH-Notarzt für eine sofortige orale Intubation im RTW. Da aufgrund des Unfallhergangs eine Mitverletzung der HWS nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde die eng anliegende Zervikalstütze bei der endotrachealen Intubation primär belassen. Dies führte zu einer eingeschränkten Mundöffnung und einer aufgehobenen HWS-Beweglichkeit. Infolgedessen lag ein schwieriger Atemweg vor, sodass ein Videolaryngoskop (McGrath®, Aircraft Medical Limited, UK) zur orotrachealen Intubation eingesetzt wurde.

Therapie und weiterer Verlauf

Die Anästhesie wurde nach Präoxygenierung (15 l/min) mit 3 mg Midazolam, 0,4 mg Fentanyl und 12 mg Etomidat i.v. eingeleitet. Im Anschluss erfolgte eine neuromuskuläre Blockade mit 100 mg Succinylcholin, um bei vorliegendem schwerem SHT eine Hirndrucksteigerung durch Husten oder Pressen während der Intubation zu vermeiden. Zur endotrachealen Intubation konnte der Spatel des Videolaryngoskops trotz deutlich reduzierter Mundöffnung ohne Mühe eingeführt werden (Abb. 1). Auf dem Videomonitor konnten anschließend der Larynxeingang, einschließlich Epiglottis, und die Stimmbänder vollständig dargestellt werden (entspricht einem Cormack-Lehane-Grad (CL-)Grad I; [1]). Es erfolgte die problemlose Platzierung eines 8,5-mm-ID-Rüschelit®-Tubus mit eingelegtem Führungsstab unter indirekter Sicht (LCD-Monitor). Die korrekte Tubuslage konnte eindeutig verifiziert werden. So zeigte die angeschlossene Kapnometrie initial einen endtidalen Kohlendioxid- (CO2-)druck von 41 mmHg, und die nachfolgende Auskultation der Lunge erbrachte ein beidseitiges Atemgeräusch. Nach erfolgreicher endotrachealer Intubation wurden Fentanyl und Midazolam bolusweise zur Anästhesieaufrechterhaltung verabreicht. Vor dem Transport erfolgte die Relaxierung mit 8 mg Vecuronium.

Abb. 1
figure 1

Präklinische Intubation mit dem McGrath®-Videolaryngoskop bei anliegender Zervikalstütze

Der Patient wurde anschließend ohne Besonderheiten per RTH in das nächstgelegene Klinikum der Maximalversorgung transportiert. Im Schockraum wurde ein hämodynamisch stabiler Patient (RR 121/65 mmHg, HF 55/min) mit kontrollierter Beatmung (inspiratorische Sauerstofffraktion, FIO2 0,5) und suffizienter Oxygenierung (SpO2 100%, endtidaler CO2-Druck 34 mmHg, AF 16/min) übergeben. Die durchgeführte Schockraumdiagnose erbrachte multilokuläre intrakranielle Kontusionen, eine massive traumatische Subarachnoidalblutung über beiden Hemisphären sowie Frakturen von Orbitawand und Orbitadach des linken Auges. Weitere Begleitverletzungen lagen nicht vor. In der 8 h nach Aufnahme durchgeführten Kontrollcomputertomographie zeigte sich eine ausgeprägte Zunahme der intrakraniellen Kontusionen. Aufgrund des massiven SHT mit schwerer Leitungs- und Funktionsstörung erfolgte nach Rücksprache mit den Angehörigen und unter Einbeziehung des mutmaßlichen Patientenwillens eine „therapia minima“. Der Patient verstarb zwei Tage nach Krankenhausaufnahme.

Diskussion

Der vorliegende Fallbericht zeigt, dass mit dem McGrath®-Videolaryngoskop präklinisch eine problemlose endotracheale Intubation mit vollständiger Darstellung der Glottisebene bei einem erwartet schwierigen Atemweg durch Immobilisation der HWS erreicht werden kann.

Neue Techniken wie die Videolaryngoskopie oder die Intubationsendoskopie (z. B. Intubationsfiberskop nach Bonfils, Airtraq®) sind neben bereits bestehenden Verfahren und Instrumenten mögliche Alternativen, um eine Intubation bei erwarteten schwierigen Atemwegen präklinisch durchzuführen. Die neuen Geräte sind viel versprechend, da eine lineare Ausrichtung der oralen, pharyngealen und trachealen Achse zur Darstellung der Glottis im Gegensatz zur direkten Laryngoskopie nicht notwendig ist.

Präklinische Atemwegssicherung

Komplikationen

Die präklinische Sicherung der Atemwege ist häufig mit Komplikationen assoziiert [2]. In 15–20% der Fälle sind unerwünschte Ereignisse oder Komplikationen im Rahmen der endotrachealen Intubation beschrieben [2, 3]. Hierbei waren die häufigsten Komplikationen das Auftreten von wiederholten Intubationsversuchen (14%), die Aspiration (5%) und die ösophageale Tubusfehllage (3%; [2]). Die Inzidenz für eine mangelhafte Sicht auf den Larynx ist in der Notfallmedizin im Vergleich zur klinischen Anästhesie erhöht (CL-Grad III: 13 vs. 5%, CL-Grad IV: 7 vs. 1%). Es besteht eine erhöhte Rate von Fehlintubationen (2 vs. 0,3%) und Mehrfachversuchen (4 vs. 2%) bei der präklinischen Atemwegssicherung. Als Gründe werden u. a. erschwerte Laryngoskopie (43%) und suboptimale Patientenpositionierung (49%) angeben [3].

Halswirbelsäulenverletzung

In 20–30% der Fälle findet sich bei polytraumatisierten Patienten auch eine Verletzung der Wirbelsäule [4]. Bei bewusstlosen Patienten muss deshalb grundsätzlich von einer möglichen Verletzung der Wirbelsäule ausgegangen werden [5]. Zur Vermeidung weiterer Verletzungen der HWS oder der Medulla spinalis sollte die HWS daher primär mit einer Zervikalstütze immobilisiert werden [6]. Diese Immobilisation erschwert allerdings die direkte Laryngoskopie und somit die Intubation. Bei anliegender Zervikalstütze ist die Mundöffnung von durchschnittlich 41 mm auf 26 mm reduziert [7]. Dies führt bei orotrachealer Intubation per direkter Laryngoskopie in bis zu 64% der Fälle zu einem CL-Grad III und IV [8].

Eine Sicherung der Atemwege wird bei Patienten mit Verdacht auf ein schweres SHT (Glasgow Coma Scale <8) empfohlen, um eine suffiziente Oxygenierung und Ventilation bei gleichzeitigem Aspirationsschutz sicherzustellen. Hierdurch kann einem sekundären Hirnschaden durch extrakranielle Ursachen wie Hypoxie vorgebeugt werden [5].

Techniken

Einen neuen Ansatz zur Sicherung des schwierigen Atemwegs bieten sowohl Videolaryngoskope (z. B. McGrath®, Glidescope® und Airwayscope®) als auch starre Optiken (z. B. Aitraq® und Bonfils®). Bei diesen Instrumenten kann auf die lineare Ausrichtung der oralen, pharyngealen und trachealen Achse verzichtet werden, um eine optimale Sicht auf den Larynx zu erhalten (Abb. 2; [9, 10, 11]).

Abb. 2
figure 2

Monitoransicht der Glottisebene

Die Sicht bei direkter, konventioneller Laryngoskopie ist unter manueller „In-line-Stabilisierung“ der HWS häufig besser als bei anliegender Zervikalstütze [8]. Allerdings kann bei Durchführung einer In-line-Stabilisierung eine wirksame Immobilisation der HWS nicht sichergestellt werden [12]. Im beschriebenen Fall wurde die Zervikalstütze belassen und trotz des dadurch schwierigen Atemwegs eine im ersten Versuch erfolgreiche Intubation mit dem McGrath®-Videolaryngoskop unter optimaler Glottisvisualisierung erreicht.

Die orotracheale Intubation mit dem McGrath®-Videolaryngoskop ist beim normalen Atemweg in 98% der Fälle im ersten Versuch erfolgreich. Bei 95% der Patienten wurde eine Sicht auf den Larynxeingang mit CL-Grad I erreicht [11]. Bei Patienten mit unerwartet schwierigem Atemweg (konventionelle, direkte Laryngoskopie: CL-Grad III und IV) war in allen Fällen eine erfolgreiche Intubation bei guter Sicht (CL-Grad I; [13]) möglich. Kontrollierte Studien zur präklinischen orotrachealen Intubation mit dem McGrath®-Videolaryngoskop bei anliegender Zervikalstütze stehen derzeit noch aus.

Durch die Verwendung des Videolaryngoskopes Glidescope® bei immobilisierter HWS konnte im Vergleich zur direkten Laryngoskopie die Sicht auf die Glottis verbessert werden [9, 14, 12]. Beim simulierten schwierigen Atemweg (Versteifung der HWS) konnte im Vergleich zur direkten Laryngoskopie eine bessere Darstellung der Stimmbänder durch Verwendung eines Videolaryngoskops (Glidescope®, McGrath®; [15, 16]) erreicht werden.

Der Einsatz eines Führungsstabes bei der Intubation mit einem Videolaryngoskop ist empfehlenswert. Im Gegensatz zur direkten Laryngoskopie besteht keine geradlinige Sicht. Daher muss der Tubus während der Intubation dem anatomischen Verlauf von oraler und pharyngealer Achse folgen. Dies macht seine entsprechende Vorbiegung notwendig. Eine Biegung der Tubusspitze von 90° (Hockeyschlägerform) scheint geeignet zu sein, um den Tubus sicher zu platzieren [17].

Ähnlich wie bei der Verwendung eines fiberoptischen Gerätes kann es auch bei dem McGrath®-Videolaryngoskop zu einem Beschlagen der Kameralinse während der Intubation kommen. Gute Erfahrungen konnten mit der Applikation eines Antibeschlagmittels auf die Linse gemacht werden. Andere Videolaryngoskope (z. B. Glidescope®) sind mit einer angewärmten Optik ausgestattet, die ein Beschlagen verhindert.

Die starre Intubationsoptik Airtraq® scheint ebenfalls geeignet zu sein, um die Atemwege bei Verdacht auf eine HWS-Verletzung schonend zu sichern. Bei diesem Einweggerät wird der Tubus über eine Führungsschiene unter direkter Sicht durch die Stimmritze geführt. Im Vergleich zur konventionellen Laryngoskopie kann eine bis zu 44% geringere Mobilisierung der HWS erreicht werden [18]. Bei Patienten mit immobilisierter HWS konnten unter kontrollierten Bedingungen eine schnellere Sicherung der Atemwege (13 vs. 20 s) und eine bessere Sicht mit dem Airtraq® im Vergleich zum Macintosh-Spatel erzielt werden [19]. Der Umgang mit diesem Gerät ist am Atemwegssimulator im Vergleich zur konventionellen Intubation schneller erlernbar und wird insgesamt als leichter eingestuft [20].

Das starre Fiberskop nach Bonfils® eignet sich ebenfalls zur Sicherung des schwierigen Atemwegs bei eingeschränkter HWS-Beweglichkeit und verringerter Mundöffnung. Bei anliegender Zervikalstütze ist eine Intubation mit dem Fiberskop nach Bonfils® erfolgreicher als mit direkter Laryngoskopie (82% vs. 40%; [21]). Des Weiteren kann die Anwendung des Bonfils®-Fiberskops zur Intubation eine Bewegung der HWS deutlich verringern [22] Das Erlernen der Bonfils-Technik ist jedoch relativ aufwendig: So sind 20–25 Intubationen notwendig, um eine sichere Anwendung zu gewährleisten [23]. Der Umgang mit einem Videolaryngoskop scheint dagegen schneller erlernbar zu sein. Hier sind ca. 8 Intubationen notwendig [24].

Ein ebenfalls neues, bisher in Deutschland noch nicht weit verbreitetes Videolaryngoskop ist das Airwayscope® [25]. Im Unterschied zu anderen Videolaryngoskopen wird der Tubus hier über eine Gleitschiene am Gerät unter Sicht in der Trachea platziert. Mit diesem Gerät gelingt eine Sicherung der Atemwege bei immobilisierter HWS im Vergleich zur konventionellen Laryngoskopie häufiger (100 vs. 89%) mit verbesserter Sicht auf die Glottis [26].

Eine mögliche Limitation der meisten indirekten Intubationsverfahren scheint das Einführen des Tubus bzw. der starren Optik durch die Mundhöhle zu sein. Das Einbringen geschieht meistens nicht unter direkter Sicht, sodass Verletzungen der oberen Atemwege nicht sicher ausgeschlossen werden können [27, 28].

Vorteile des McGrath®-Videolaryngoskops in der präklinischen Situation

Das McGrath®-Videolaryngoskop ist ein ultraportables System zur endotrachealen Intubation. Durch den kompakten Aufbau und das geringe Gewicht kann es bequem in ein vorhandenes Notfallset integriert werden. Der hoch auflösende LCD-Monitor ist direkt am Griff des Gerätes angebracht (Abb. 3). Das Gerät wird mit einer Batterie bzw. einem Akku (1,5-V-Mignon) betrieben, der ebenfalls im Griff untergebracht ist. Nach Erfahrung der Autoren beträgt die Akkuleistung (2700 mA, 1,5 V) bei Dauerbetrieb bis zu 60 min und ist ausreichend für ca. 30 endotracheale Intubationen. Ein schneller Wechsel der Batterie ist durch den einfachen Zugang zum Batteriefach gut möglich. Bei normalen Raumlichtverhältnissen sind die Auflösung und die Kontraststärke des Monitors sehr gut. Es liegen bisher noch keine ausreichenden Erfahrungen zur Anwendung des Gerätes unter direkter Sonneneinstrahlung vor. Durch die Verwendung von Einwegspateln entfällt eine Sterilisation bzw. Desinfektion. Nach einer Wischreinigung des Griffes und dem Tausch des Einmalspatels ist das Gerät erneut einsatzbereit.

Abb. 3
figure 3

McGrath®-Videolaryngoskop mit aufgesetztem Einmalspatel

Fazit für die Praxis

Das McGrath®-Videolaryngoskop wurde erfolgreich präklinisch zur Sicherung der Atemwege bei vollständiger Immobilisation der HWS durch eine Zervikalstütze angewendet. Die Bauart und der viel versprechende Ansatz dieser Technik machen das McGrath®-Videolaryngoskop zu einer potenziellen Alternative bei der Sicherung des präklinischen Atemwegs. Kontrollierte, randomisierte Studien sind zwingend erforderlich, um die Bedeutung der Videolaryngoskopie für die präklinische Atemwegssicherung zu evaluieren.