Zusammenfassung
Das Problem
Dislozierte, intraartikuläre distale Radiusfrakturen werden mit dem Ziel der anatomischen Wiederherstellung der Gelenkfläche operativ versorgt. Im Falle komplexer distaler Radiusfrakturen mit Beteiligung multipler Gelenkfragmente ist eine alleinige Fixation mit winkelstabilen Platten technisch schwierig. Kleinere Fragmente, insbesondere die ulnopalmare Gelenklippe, können oftmals nicht gut kontrolliert werden.
Die Lösung
In diesen Fällen kann die zusätzliche Verwendung von Miniplatten aus der Mund, -Kiefer, -Gesichtschirurgie ein adäquates Instrument zur Reposition und Retention darstellen.
Ergebnis
Bei 4 klinischen Fällen haben wir diese Ergänzungsplattentechnik verwendet und beschreiben hier deren Anwendung sowie klinische und radiologische Ergebnisse im postoperativen Verlauf.
Abstract
The problem
Dislocated intra-articular fractures of the distal radius are operatively treated to achieve anatomical reconstruction of the joint. In complex distal radial fractures with multiple joint fragments, fixation with angular stable plates alone may be technically challenging. Smaller fragments, such as the lip of ulnopalmar joint, are often difficult to control.
The solution
The supplementary application of mini plates, as employed in maxillofacial surgery, is a helpful tool for reduction and fixation.
Result
In this article the operative technique, clinical and radiographic results of 4 complex distal intra-articular radial fractures are presented.
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Das Problem
Bei intraartikulären Frakturen des distalen Radius ist die anatomische Wiederherstellung der Gelenkfläche der entscheidende Faktor für ein gutes postoperatives Ergebnis [2]. Als Standardverfahren hat sich am distalen Radius die palmare Plattenosteosynthese etabliert [7]. Die Fixation mit winkelstabilen Platten stößt aber gerade bei komplexeren Frakturen mit multiplen Gelenkfragmenten an ihre Grenzen [1]. Geschlechtsspezifische und individuelle Unterschiede werden nicht von allen kommerziell erhältlichen Plattensystemen gleichermaßen berücksichtigt [5]. Multiple K‑Drähte, die als temporäre Repositions- und Fixationshilfe verwendet werden, können das Platzieren der Platte verhindern, oder eine Platte kann nicht alle Fragmente genügend retinieren. Kleinere Fragmente der Gelenkfläche, hier insbesondere die ulnopalmare Gelenklippe, lassen sich häufig schlecht kontrollieren und in Position halten [4].
Die Lösung
Die Verwendung von Miniplatten aus der Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie kann ein adäquates Instrument zur Reposition und Retention kleinerer Gelenkrandfragmente oder anderer schwer kontrollierbarer Fragmente sein. Damit wird eine erste Reposition und Fixierung möglich, ohne die folgende, definitive Stabilisierung durch ein herkömmliches Plattensystem zu kompromittieren.
Die Verwendung dieser Ergänzungsplattentechnik eignet sich bei dislozierten, mehrfragmentären distalen Radiusfrakturen mit Beteiligung der palmaren Gelenklippe (AO-Klassifikation 23-C3), Luxationsfrakturen sowie bei einfachen distalen Gelenkfrakturen mit mehrfragmentärer metaphysärer Trümmerzone (AO 23-C2; [3]). Keine Indikation für diese Technik besteht bei einfachen distalen Radiusfrakturen ohne Gelenkbeteiligung (AO 23 A1–3) sowie bei einfachen intraartikulären distalen Radiusfrakturen (AO 23 B2–3; [8]).
Wir verwenden ein Kleinfragmentinstrumentarium mit beispielsweise einer VA-LCP-2-Säulen-Radiusplatte, 2,4/2,7-mm-Kortikalisschrauben und 2,4-mm-Verriegelungsschrauben (Fa. DePuy-Synthes, Zuchwil, Schweiz). Optional können variable Winkelverriegelungsschrauben eingesetzt werden. Hinzu kommt das Miniplatteninstrumentarium aus der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie mit nichtwinkelstabilen Platten von 0,4 mm, 0,5 mm, und 0,7 mm Dicke sowie Schrauben von 1,5 und 1,8 mm Durchmesser (Abb. 1). Diese Platten wurden 2008 in Zusammenarbeit zwischen der Synthes GmbH und der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO) entwickelt.
Operationstechnik
Der Patient wird in Rückenlage mit Armbank gelagert und eine sterile Rolle zur Repositionshilfe unter das Handgelenk gelegt. Der Zugang erfolgt über einen erweiterten radiopalmaren Zugang nach Orbay [6].
Nach Darstellung der Fraktur werden die Fragmente unter direkter Sicht mittels Kirschner-Drähten, Repositionszangen und Miniplatten reponiert und retiniert (Abb. 2).
Nach Erreichen des gewünschten Repositionsergebnisses wird eine palmare Platte, hier eine „locking compression plate“ (LCP-)Radiusplatte, positioniert und winkelstabil verschraubt (Abb. 3).
Postoperative Behandlung
Postoperativ erfolgt die Ruhigstellung zunächst in einer palmaren Gipsschiene. Nach Abschwellung kann eine Handgelenkmanschette getragen werden. Bei hinreichend stabiler Fraktur ist eine frühfunktionelle physiotherapeutische Nachbehandlung aus der Manschette heraus möglich [8]. Bei unsicherer Stabilität ist die Ausbehandlung im zirkulären Unterarmgipsverband sinnvoller. Ist die Fraktur klinisch und radiologisch konsolidiert, folgt ebenfalls unter krankengymnastischer Anleitung der Belastungsaufbau.
Eine Entfernung des Osteosynthesematerials ist bei Beschwerden, z. B. durch Irritationen von Sehnen sinnvoll, jedoch frühestens 6 Monate postoperativ. Dabei können die kaum auftragenden Miniplatten belassen werden, zumal der Knochen diese nicht selten überbaut, was eine Entfernung erheblich erschwert.
Ergebnisse
In unserer Klinik wurden zwischen April 2014 und Juni 2015 bei 3 Patienten 4 distale Radiusfrakturen unter Zuhilfenahme von Miniplatten als Ergänzungsimplantate operativ versorgt (Tab. 1). Die Reposition erfolgte jeweils in der Technik nach Orbay durch Druck der Radiusgelenkfläche gegen die als Formvorlage dienende proximale Handwurzelreihe [6]. Knochentransplantate oder synthetische Knochenersatzstoffe zum Ausgleich von Knochendefekten waren nicht notwendig. Alle Frakturen waren nach 6 Wochen verheilt.
Die physiotherapeutisch assistierte funktionelle Nachbehandlung dauerte bei jedem Patienten mindestens 6 Wochen. Nachkontrollen erfolgten nach 6 Wochen, 3 und 6 Monaten sowie 1 Jahr postoperativ. Die Ergebnisse sind Tab. 1 zu entnehmen. In Abb. 4, 5, 6 und 7 ist Fall 1 beispielhaft dargestellt.
Literatur
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Knudsen R, Bahadirov Z, Damborg F (2014) High rate of complications following volar plating of distal radius fractures. Dan Med J 61(10):A4906
Oppermann J et al (2015) Distal radius: anatomical morphometric gender characteristics. Do anatomical pre-shaped plates pay attention on it? Arch Orthop Trauma Surg 135(1):133–139
Orbay J et al (2001) The extended flexor carpi radialis approach: a new persepective for the distal radius fracture. Tech Hand Up Extrem Surg 5(4):204–211
Pillukat T, Fuhrmann R, Windolf J, von Schoonhoven J (2016) Die palmare winkelstabile Plattenosteosynthese bei Extensionsfrakturen des distalen Radius. Oper Orthop Traumatol 28:47–64
Walenkamp MM et al (2015) Predictors of unstable distal radius fractures: a systematic review and meta-analysis. J Hand Surg Eur Vol 41(5):501–515. doi:10.1177/1753193415604795
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N. Diwersi, R. Babst und B.-C. Link geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Redaktion
F. Unglaub, Bad Rappenau
Zeichner
R. Himmelhan, Mannheim
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Diwersi, N., Babst, R. & Link, BC. Miniplatten als Ergänzungsimplantat bei der Osteosynthese komplexer distaler Radiusfrakturen. Oper Orthop Traumatol 28, 402–406 (2016). https://doi.org/10.1007/s00064-016-0469-1
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