Zusammenfassung
Operationsziel
Anatomische Reposition dislozierter intraartikulärer Kalkaneusfrakturen mit Wiederherstellung der Höhe, Achse und Gelenkflächen des Kalkaneus.
Indikationen
Intraartikuläre Kalkaneusfrakturen mit Höhenminderung, Achsenabweichung und Verwerfung der posterioren Gelenkfacette des Subtalargelenks.
Kontraindikationen
Fehlende Operations- bzw. Narkosefähigkeit, infizierte Weichteile, schwere periphere Durchblutungsstörung (pAVK ab Stadium III), neurogene Osteoarthropathie, fehlende Compliance (z. B. Drogenabhängigkeit).
Operationstechnik
Erweitert-lateraler Zugang in Seitenlage des Patienten, Reposition der anatomischen Form und der Gelenkflächen entsprechend der präoperativen CT-Planung. Reposition der medialen Wand und schrittweise Rekonstruktion der Gelenkfläche von medial nach lateral. Reposition von Tuber und Processus anterior gegen den Gelenkblock und temporäre Kirschner-Draht-Fixierung. Osteosynthese mit anatomischer lateraler Platte in konventioneller oder winkelstabiler Ausführung. Alternativ weniger invasive Osteosynthese mit Kalkaneusnagel und Sinus-tarsi-Zugang für einfachere Bruchformen.
Weiterbehandlung
Ruhigstellung in einer Unterschenkelschiene bis zur Wundheilung. Bewegungsübungen des oberen und unteren Sprunggelenks ab dem 2. postoperativen Tag. Mobilisation im eigenen Schuh unter Teilbelastung des betroffenen Beins mit 20 kg für 6–12 Wochen je nach Frakturschwere und Knochenqualität.
Ergebnisse
In einem Zeitraum von 4 Jahren wurden 163 Patienten mit 184 dislozierten intraartikulären Kalkaneusfrakturen mittels lateraler Plattenosteosynthese behandelt. Insgesamt 102 Patienten mit 116 Frakturen wurden durchschnittlich 8 Jahre nachuntersucht. Eine Revision wurde in 4 Fällen (3,4 %) aufgrund eines postoperativen Hämatoms, in 2 Fällen (1,7 %) aufgrund eines oberflächlichen Infekts und in 5 Fällen (4,3 %) aufgrund eines tiefen Infekts durchgeführt. Bei Letzteren wurde in 2 Fällen eine freie Lappendeckung erforderlich. Eine Kalkanektomie oder Amputation war in keinem Fall notwendig. Im Verlauf wurden aufgrund symptomatischer posttraumatischer Arthrosen 9 sekundäre subtalare Arthrodesen (7,8 %) durchgeführt. Bei der Nachuntersuchung betrugen der durchschnittliche AOFAS Hindfoot Score 70,2, der Foot Function Index 32,8, der 200-Punkte-Zwipp-Score 76,0 und die deutsche Version des SF-36 auf der körperlichen Skala 42,2. Signifikant schlechtere Ergebnisse mit einem oder mehreren Scores fanden sich bei zunehmender Verletzungsschwere gemessen mit den Sanders- und Zwipp-Frakturklassifikationen bei bilateralen Frakturen, offenen Frakturen und beim Vorliegen von Arbeitsunfällen. Bei weniger invasiver Osteosynthese mit Kalkaneusnagel wurden in 2 von 75 Fällen oberflächliche Wundrandnekrosen gesehen (2,7%).
Abstract
Objective
Anatomic reduction of displaced intra-articular calcaneal fractures with restoration of height, length, and axial alignment and reconstruction of the subtalar and calcaneocuboid joints.
Indications
Displaced intra-articular calcaneal fractures with incongruity of the posterior facet of the subtalar joint, loss of height, and axial malalignment.
Contraindications
High perioperative risk, soft tissue infection, advanced peripheral arterial disease (stage III), neurogenic osteoarthropathy, poor patient compliance (e. g., substance abuse).
Surgical technique
Extended lateral approach with the patient placed on the uninjured side. Reduction of the anatomic shape and joint surfaces according to the preoperative CT-based planning. Reduction of the medial wall and step-wise reconstruction of the posterior facet from medial to lateral. Reduction of the tuberosity and anterior process fragments to the posterior joint block and temporary fixation with Kirschner wires. Internal fixation with an anatomic lateral plate in a locking or nonlocking mode. Alternatively less invasive internal fixation with a calcaneus nail over a sinus tarsi approach for less severe fracture types.
Postoperative management
The lower leg is immobilized in a brace until the wound is healed. Range of motion exercises of the ankle and subtalar joints are initiated on the second postoperative day. Patients are mobilized in their own shoe with partial weight bearing of 20 kg for 6–12 weeks depending on fracture severity and bone quality.
Results
Over a 4-year period, 163 patients with 184 displaced, intra-articular calcaneal fractures were treated with a lateral plate via an extended approach. In all, 102 patients with 116 fractures were followed for a mean of 8 years. A surgical revision was necessary in 4 cases (3.4 %) of postoperative hematoma, 2 (1.7 %) superficial and 5 (4.3 %) deep infections. Of the latter, 2 patients needed a free flap for definite wound coverage, no calcanectomy or amputation was needed. Secondary subtalar fusion for symptomatic posttraumatic arthritis was performed in 9 cases (7.8 %). At follow-up, the AOFAS Ankle/Hindfoot Score averaged 70.2, the Zwipp Score averaged 76.0, the German versions of the Foot Function Index and SF-36 physical component averaged 32.8 and 42.2, respectively. Scores were significantly lower with increasing fracture severity according to the Sanders and Zwipp classifications, bilateral fractures, open fractures, and with work-related injuries. With less invasive fixation using a calcaneal nail, superficial wound edge necrosis was seen in 2 of 75 cases (2.7%).
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Vorbemerkungen
Wie exemplarisch an der Schule Lorenz Böhlers zu beobachten [2], hat kaum eine andere Fraktur des menschlichen Körpers zu einem vergleichbar häufigen Wechsel therapeutischer Konzepte geführt wie der Gelenkbruch des Fersenbeins [24]. Trotz solider operativer Prinzipien, die in den letzten 25 Jahren etabliert wurden [1, 19, 23], stellen auch heute die schwere intraartikuläre Trümmerfraktur, die Luxationsfraktur und insbesondere der zweit- und drittgradig offene Bruch des Kalkaneus ein noch teilweise ungelöstes Problem dar [7, 14]. Kaum eine andere Verletzung zeigte in der Entwicklung der Therapie so deutlich, wie unabdingbar eng unser chirurgisches Handeln einerseits mit dem Erkennen, d. h. unseren diagnostischen Möglichkeiten mit Einführung der Computertomographie (CT) in den 1980er Jahren, verknüpft ist und wie stark andererseits das Schicksal der Fraktur von der Beherrschung des begleitenden Weichteilschadens abhängt [3, 24].
Kalkaneusfrakturen entstehen typischerweise durch axiale Stauchung beim Sturz aus der Höhe oder durch Dezelerationstraumata wie z. B. beim Verkehrsunfall. Aufgrund der seitlich zueinander versetzten Vertikalachsen von Talus und Kalkaneus kommt es bei axialer Einstauchung des Processus fibularis tali zu einer Scherfraktur zwischen dem Sustentaculum tali und der Tuberositas (Abb. 1). Bei fortdauernder Gewalteinwirkung entstehen sekundäre und tertiäre Frakturlinien, welche bis in den Proc. anterior reichen, sowie eine Absprengung der dünnwandigen lateralen Kortikalis („lateral bulge“). Zusätzlich werden das tuberositäre Fragment durch den Zug der Achillessehne sowie das Proc.-anterior-Fragment durch das Lig. bifurcatum und Lig. interosseum nach kranial disloziert. Über drei Viertel aller Kalkaneusfrakturen sind intraartikulär, davon weisen 97 % intraartikuläre Verwerfungen der posterioren Facette, 59 % zusätzlich des Kalkaneokuboidgelenks und 8 % der anterioren Facette auf [24]. In der CT lassen sich bis zu 5 relativ konstante Hauptfragmente nachweisen. In der eigenen Analyse von über 200 Frakturen wurden in 36 % 4 und in 58 % 5 Hauptfragmente gesehen [24]. Diese bilden die Grundlage der 12-Punkte-Frakturskala, welche zusätzlich die Anzahl der beteiligten Gelenkfacetten (maximal 3), den Weichteilschaden bei offenen und geschlossenen Frakturen (1–3 Punkte) sowie regionale Zusatzfrakturen oder Trümmerfrakturen eines der Hauptfragmente (Zusatzpunkt) mit einbezieht (Abb. 2).
Für die genaue Analyse der Fraktur und Operationsplanung ist eine CT erforderlich, welche auch die Grundlage für die wesentlichen Frakturklassifikationen bildet. Die international am häufigsten angewandte Klassifikation ist die von Sanders [19], welche die Anzahl der Frakturlinien in der posterioren Gelenkfacette im koronaren CT-Schnitt zugrunde legt:
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Typ I: undisloziert
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Typ II: eine Frakturlinie
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Typ III: zwei Frakturlinien
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Typ IV: drei und mehr Frakturlinien
Die AO/ICI-Frakturklassifikation (Abb. 2 b) unterteilt in
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extraartikuläre,
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intraartikuläre,
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Luxationsfrakturen und
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reine Luxationsformen [25].
Untergruppen von 1–3 bezeichnen die Frakturschwere, so z. B. bei den B-Frakturen die Anzahl der betroffenen Gelenkfacetten. Die Belegung der einzelnen Gelenkfacetten mit kleinen lateinischen Lettern, die exakte Beschreibung der Frakturform und des Dislokationsgrads in weiteren Subgruppen sowie der Dislokationsrichtung mit griechischen Buchstaben dient der exakten Verschlüsselung der Fraktur für wissenschaftliche Zwecke.
Operationsprinzip und -ziel
Ziel der operativen Versorgung dislozierter Kalkaneusfrakturen ist die exakte anatomische Wiederherstellung der korrekten Höhen- und Achsenverhältnisse des Rückfußes sowie der Gelenkkongruenz.
Vorteile
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Wiederherstellung des Rückfußhebels und der äußeren Form der Ferse durch die Reposition des Tuber calcanei
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Aufrichtung des Talus und Vermeidung eines vorderen tibiotalaren Impingements durch Korrektur der Höhenminderung und Achsenabweichung des Kalkaneus
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Vermeidung eines fibulokalkanearen Anstoßens („Abutment“) durch die Korrektur der lateralen Fersenbeinwand
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Verringerung des Arthroserisikos durch anatomische Reposition der Gelenkflächen
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Möglichkeit der funktionellen Nachbehandlung bei stabiler, nicht gelenkübergreifender Osteosynthese
Nachteile
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Technisch anspruchsvolle Operation mit flacher Lernkurve
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Vulnerable Weichteilbedeckung über der lateralen Fersenbeinwand mit dem Risiko der Entstehung von Wundheilungsstörungen
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Primärer Knorpelschaden durch die axiale Gewalteinwirkung und somit Gefahr der posttraumatischen Arthrose trotz anatomischer Reposition
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Evtl. prominentes Osteosynthesematerial mit der Notwendigkeit einer Implantatentfernung und Arthrolyse sowie Tenolyse der Peronealsehnen
Indikationen
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Intraartikuläre Frakturen mit einer Gelenkverwerfung von mehr als 1 mm der posterioren oder medialen Facette, von mehr als 2 mm der kuboidalen Gelenkfacette
Notfallmäßige Indikation zum offen Vorgehen und interner Stabilisierung:
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Isolierte, 2–3°-ig offene Kalkaneusfraktur
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Akutes assoziiertes Kompartmentsyndrom
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Frakturen, die aufgrund dislozierter Fragmente einen erheblichen Druck von innen gegenüber der Haut bedingen
Beim polytraumatisierten Patienten besteht die notfallmäßige Operation bei offener Fraktur im Débridement, beim assoziierten akuten Kompartmentsyndrom in der medialen oder dorsomedianen Fasziotomie kombiniert jeweils mit temporärer Kunsthautdeckung und Anlage eines medialen 3-Punkt-Fixateur-externe [14]. Dislozierte extraartikuläre Frakturen (Typ A, Sanders I und IIC), einfache intraartikuläre Frakturen (Typ B, Sanders IIA und IIB) können mittels perkutaner Repositionstechniken unter Bildwandlerkontrolle, bei Gelenkbeteiligung unter arthroskopischer Sicht, einer perkutanen Schraubenosteosynthese zugeführt werden [15], alternativ auch mit minimal-invasiver Nagelung des Kalkaneus [6]. Zur Osteosynthese der Frakturen des Sustenataculum tali und des Proc. anterior calcanei wird auf die speziellen Artikel in diesem Themenheft verwiesen.
Kontraindikationen
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Schwere Allgemeinerkrankungen mit erhöhtem Narkoserisiko
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Schlecht geführter insulinpflichtiger Diabetes mellitus, insbesondere bei Neuropathie
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Immundefiziente Patienten (manifeste HIV-Infektion, Chemotherapie, hohe Steroidgaben)
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Fehlende Compliance (chronischer Alkohol- oder Drogenabusus)
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Periphere arterielle Verschlusskrankheit mit relevanter Ischämie (> IIa)
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Sekundär superinfizierte und infektgefährdende Weichteilsituationen
Patientenaufklärung
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Allgemeine Operationsrisiken: Thrombose, Embolie, Infektion, Schwellneigung, Gefäß-, Nerven- und Sehnenverletzung, Lagerungsschäden
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Risiko der Wundheilungsstörung bei ausgedehntem Zugang
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Hohe Wahrscheinlichkeit einer posttraumatischen Arthrose aufgrund des primären Knorpelschadens (diese wird nicht immer symptomatisch)
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Avaskuläre Nekrose oder Pseudarthrose (selten)
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Notwendigkeit der Implantatentfernung bei Prominenz/Irritation der Peronealsehnen
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Implantatversagen, Repositionsverlust (insbesondere Nachsinterung der posterioren Gelenkfacette mit sekundärer Inkongruenz und Höhenminderung)
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Funktionseinschränkung (Bewegungseinschränkung, verminderte Belastbarkeit, Beschwerden auf unebenem Gelände)
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Dauer bis zur vollständigen Rehabilitation 4–6 Monate
Operationsvorbereitungen
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Klinische Evaluierung der Weichteilverhältnisse (Hautfältelung)
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Röntgenaufnahmen (Kalkaneus seitlich, ggf. auch axial, dorsoplantare Aufnahme des Fußes mit 30° nach kaudal gekippter Röhre)
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CT mit multiplanaren Rekonstruktionen (Abb. 2 b)
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Dopplersonographie bei kritischer Durchblutung
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Präoperative Fußreinigung (Fußbad bzw. Lavage bei starker Kontamination)
Instrumentarium
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Grundinstrumentarium für die Knochen- und Weichteilchirurgie
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Raspatorium, Elevatorium, Stößel
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Schanz-Schraube (6,5 mm) mit T-Griff
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Kirschner-Drähte, ggf. resorbierbare Stifte
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Kalkaneusplatte (ggf. winkelstabil) oder Kalkaneusnagel mit entsprechendem Zubehör
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Fixateur externe zur temporären Transfixation bei schwerem Weichteilschaden
Anästhesie und Lagerung
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Intubationsnarkose oder Spinalanästhesie
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Lagerung auf der unverletzten Seite (Abb. 3), verletztes Bein auf einem (Tunnel-)Kissen
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Unterfütterung der verletzten Ferse mit einem flachen Polsterkeil oder nach steriler Abdeckung mit einem sterilen Polster
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Blutsperre am Oberschenkel mit 100–150 mmHg über dem systolischen Blutdruck (nur für den Zugang und die Gelenkrekonstruktion)
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Bewegliche Abdeckung des Fußes und Unterschenkels
Postoperative Behandlung
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Unterschenkelschiene (oder Unterschenkelspaltgips) in Neutralstellung des Fußes bis zur Wundheilung; der Patient presst ab dem 1. postoperativen Tag den Fuß aktiv gegen die Sohle von Schiene oder Gips
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Bei erheblichem Weichteiltrauma, z. B. nach notwendiger Fasziotomie bei Kompartmentsyndrom, temporäre Ruhigstellung im tibiometatarsalen Fixateur externe bis zur Weichteilkonsolidierung
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Hochlagerung des Beins in einer Braun-Schiene
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Verbandwechsel und Entfernung der eingebrachten Drainage am 2. postoperativen Tag
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Ab dem 2. postoperativen Tag passive Durchbewegung auf der Motorschiene beginnend mit Streckung und Beugung im oberem Sprunggelenk von 0/0/30° sowie Pro- und Supination im unterem Sprunggelenk von 10/0/10° unter schrittweiser Steigerung zum normalen Bewegungsumfang innerhalb von 10 Tagen
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Ab dem 3. postoperativen Tag aktive Beübung von oberem und unterem Sprunggelenk (z. B. Kreiselübung mit der Großzehe bei fixiertem Unterschenkel, [24])
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Nach Wundheilung Mobilisation im eigenen Schuh, ambulante Gangschulung, aktive Bewegungsübungen und manuelle Mobilisation der Fußwurzelgelenke
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Teilbelastung des verletzten Fußes mit 20 kg an 2 Unterarmgehstützen für 6–12 Wochen je nach Verletzungsschwere und Knochenqualität
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Sportfähigkeit und körperlich schwere Tätigkeiten nach 4–6 Monaten
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Implantatentfernung nur bei prominentem Osteosynthesematerial oder erheblicher Bewegungseinschränkung im Subtalargelenk, dann in Kombination mit einer offenen und arthroskopischen Arthrolyse des Subtalargelenks [13]
Fehler, Gefahren, Komplikationen
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Ungenügende Reposition: Beim Verdacht im postoperativen Röntgenbild und unvollständiger intraoperativer Kontrolle großzügige Durchführung einer postoperativen CT und bei relevanter Fehlstellung oder Implantatfehllage operative Revision
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Hämatom, Nachblutung: Operative Entlastung, Lavage
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Wundheilungsstörung, Wundrandnekrose: Lokale antiseptische Wundbehandlung
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Infekt: Revision, Lavage, Débridement, ggf. Entfernung der Osteosyntheseplatte und Verfahrenswechsel auf Schrauben
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Bewegungseinschränkung, Arthrofibrose: Implantatentfernung, extra- und intraartikuläres Débridement mit Arthrolyse, ggf. arthroskopisch gestützt [13], Osteophytenabtragung, Tenolyse der Peronealsehnen
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Manifeste knöcherne Fehlheilung: Nach CT-Analyse Korrekturarthrodese [14, 27], bei früher Diagnosestellung und fehlenden Arthrosezeichen alternativ gelenkerhaltende Korrekturosteotomie [16]
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Posttraumatische Arthrose: Implantatentfernung, Arthrodese zumeist des Subtalargelenks
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Pseudarthrose: Operative Resektion der fibrösen Pseudarthrose, Spongiosaplastik, Reosteosynthese oder Arthrodese [27]
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Osteonekrose (selten): Nekrektomie, Implantatentfernung, Defektauffüllung bei Infektfreiheit mit kortikospongiösem Span, bei Gelenkbefall Arthrodese
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Chronische Osteitis: Radikales Débridement, temporäre Einlage von Antibiotikaketten, Transfixierung im Fixateur externe, bei Infektfreiheit nach ggf. mehrfachen Débridements Arthrodese mit Defektauffüllung (Beckenkammspäne oder allogenes Material, z. B. Hüftkopf); bei Unmöglichkeit der Infektsanierung (sub-)totale Kalkanektomie
Ergebnisse
Vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2003 wurden 163 Patienten mit 184 dislozierten intraartikulären Kalkaneusfrakturen mit einer Plattenosteosynthese über einen ausgedehnt lateralen Zugang versorgt. 102 Patienten (63 %) mit 116 Frakturen konnten klinisch und radiologisch im Mittel 8 Jahre postoperativ untersucht werden. Diese Patienten sind Teil einer Studie von 127 Patienten mit 149 Kalkaneusfrakturen, deren funktionelle Langzeitergebnisse in Abhängigkeit von der Verletzungsschwere und der Repositionsqualität ausführlich an anderer Stelle dargestellt sind [17]. Die folgenden Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die 116 mit lateraler Plattenosteosynthese versorgten und nachuntersuchten Frakturen.
In 53 Fällen war zur Stabilisierung der Fraktur eine nichtwinkelstabile AO-Platte (Sanders-Platte oder „Tampa plate“) verwendet worden, in 63 Fällen eine winkelstabile AO-Platte (beide Fa. Synthes, Bettlach, Schweiz). An postoperativen Komplikationen wurden 22 oberflächliche Wundrandnekrosen (18,9 %) gesehen, die mit lokaler Wundpflege ohne jegliche Revision sekundär verheilten. In 4 Fällen (3,4 %) musste wegen eines postoperativen Hämatoms operativ revidiert werden. In 2 Fällen (1,7 %) ereignete sich eine oberflächliche Infektion und in 5 Fällen (4,3 %) ein tiefer Infekt. Letztere erforderten ein aggressives Débridement mit Plattenentfernung und Wechsel auf Schrauben. In 2 Fällen führte die freie Lappendeckung zur definitiven Abheilung. Eine Kalkanektomie oder Amputation wurde in keinem der Fälle notwendig. Im 8-Jahres-Verlauf wurden aufgrund schmerzhafter posttraumatischer Arthrosen im Subtalargelenk 9 sekundäre subtalare Arthrodesen (7,8 %) durchgeführt.
Im Rahmen der klinischen und radiologischen Nachuntersuchung fanden sich folgende Durchschnittswerte:
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AOFAS Hindfoot Score [9]: 70,2 (Standardabweichung 22,0; Spanne 17–100), Median 72,0
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Deutsche Version des FFI (Foot Function Index, [10]): 32,8 (Standardabweichung 23,8; Spanne 88,3–0), Median 30,2, wobei 0 Punkte das bestmögliche und 100 Punkte das schlechteste mögliche Ergebnis darstellen
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Zwipp-Score (± 200 Punkte, [24]): Durchschnittswert 76,0 (Standardabweichung 80,0; Spanne 178 – − 100), Median 60,2
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Deutsche Version des SF-36 [4] körperliche Skala: 42,2 (Standardabweichung 11,3; Spanne 20,7–62,9), Median 44,0
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Deutsche Version des SF-36 [4] mentale Skala: 52,7 (Standardabweichung 8,7; Spanne 26,5–69,7), Median 54,6
Für alle Patienten zeigte sich eine deutliche negative Korrelation der Ergebnisse mit zunehmender Frakturschwere anhand der Frakturklassifikation von Sanders [19] sowie der 12-Punkte-Frakturskala nach Zwipp [24]. Hinsichtlich des verwendeten Implantats fanden sich keine signifikanten Unterschiede im funktionellen Ergebnis bei Verwendung einer nichtwinkelstabilen oder winkelstabilen Plattenosteosynthese.
Signifikant schlechtere Ergebnisse mit einem oder mehreren Scores fanden sich bei bilateralen Frakturen, offenen Frakturen und beim Vorliegen von Arbeitsunfällen. Bezüglich der Repositionsqualität ergab sich eine nichtsignifikante Tendenz zu besseren funktionellen Resultaten bei fehlender postoperativer Gelenkstufe und guter Wiederherstellung des Böhler-Winkels. Die Ergebnisse finden sich insgesamt in Übereinstimmung mit der aktuellen Literatur und zeigen, dass sich im Durchschnitt gute funktionelle Langzeitergebnisse nach anatomischer Reposition und stabiler, nicht gelenkübergreifender Plattenosteosynthese mit frühfunktioneller Nachbehandlung erzielen lassen. Die Scores legen jedoch auch nahe, dass bei der Mehrzahl der Patienten, insbesondere bei schweren Frakturformen, funktionelle Einschränkungen und residuelle Beschwerden verbleiben, was präoperativ besprochen und in die Überlegungen zur Indikationsstellung und Verfahrenswahl einfließen muss.
Da der erweitert-laterale Zugang an sich auch mit einer gewissen Zugangsmorbidität belastet ist, wurden zahlreiche minimal-invasive und weniger invasive Verfahren propagiert. Der hohe Stellenwert der perkutanen Osteosynthese ist insbesondere bei leichten Frakturformen unbestritten [15]. Inwieweit eine weniger invasive Osteosynthese mit dem C-Nail auch bei etwas schwereren Frakturformen einen Vorteil bei den funktionellen Resultaten erbringt, bleibt abzuwarten. Bei den 75 bislang mit dieser Methode operierten Patienten ist bislang in 2 Fällen (2,7%) eine oberflächliche Wundrandnekrose aufgetreten. In der Literatur finden sich mehrere Berichte zu Osteosynthesen (inklusive eines Kalkaneusnagels mit anderem Design, [6]) mit weniger invasiven Zugängen auf Höhe des Sinus tarsi [11, 21, 22]; belastbare Langzeitergebnisse liegen jedoch noch nicht vor.
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Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. H. Zwipp, M. Amlang und M. Pompach haben an der Entwicklung des Kalkaneusnagels (C-Nail, Fa. Medin, Nové Město na Moravě, Tschechische Republik) mitgewirkt. S. Rammelt und C. Dürr geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Alle im vorliegenden Manuskript beschriebenen Untersuchungen am Menschen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.
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Zwipp, H., Rammelt, S., Amlang, M. et al. Osteosynthese dislozierter intraartikulärer Kalkaneusfrakturen. Oper Orthop Traumatol 25, 554–568 (2013). https://doi.org/10.1007/s00064-013-0246-3
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