Einleitung und Fragestellung

In Deutschland besteht für Gesundheitsdienstleister eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an Maßnahmen zur externen Qualitätssicherung. Jedoch wurde bislang kein Leistungsbereich aus dem Kontext der klinischen Notfallversorgung in die externe Qualitätssicherung integriert (nach § 137a Sozialgesetzbuch [SGB] V). Der Ablauf medizinischer und organisatorischer Prozesse in Notaufnahmen ist weichenstellend und häufig entscheidend für den Behandlungserfolg dieser Patienten, insbesondere bei akuten Erkrankungen. Ein systematisches Erfassen von Qualitätsindikatoren und Kennzahlen in der Notfallmedizin wird daher bereits seit vielen Jahren gefordert [21, 23, 28].

International bestehen intensive Bemühungen von Wissenschaftlern, Fachgesellschaften und öffentlichen Einrichtung, die Prozesse in Notaufnahmen mithilfe von Qualitätsindikatoren und Kennzahlen messbar und beschreibbar zu machen [1, 16].

Eine Grundlage zur Erfassung von Qualitätsindikatoren ist die systematische Dokumentation der Daten. Aktuell verwenden über 100 Kliniken in Deutschland zur Dokumentation in der Notaufnahme den Datensatz „Notaufnahme“ der Sektion Notaufnahmeprotokoll der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI; [15]). Die Sekundärdatennutzung der in einem elektronischen Notaufnahmedokumentationssystem erhobenen Daten des Datensatzes „Notaufnahme“ in einem nationalen Notaufnahmeregister ist Ziel des Projekts „Verbesserung der Versorgungsforschung in der Akutmedizin in Deutschland durch den Aufbau eines Nationalen Notaufnahmeregisters“ (AKTIN; [38]). Ein Teilziel des Projekts ist dabei die Erhebung von Qualitätsindikatoren aus dem Notaufnahmeregister als Basis eines Qualitätsmanagements für Notaufnahmen.

Diese Arbeit untersucht, welche Qualitätsindikatoren international in Notaufnahmen Anwendung finden, und überprüft, ob diese mit dem Datensatz „Notaufnahme“ als Basis für das im Projekt AKTIN zu etablierende nationale Notaufnahmeregister erhoben werden können. Es erfolgt eine Einteilung der erhobenen Indikatoren in die Dimensionen der Qualität. Im Ergebnis wird dargestellt, welche Optionen ein Notaufnahmeregister für die Datenlieferung im Hinblick auf international gebräuchliche Qualitätsindikatoren als Basis eines Qualitätsmanagementsystems für Notaufnahmen in Deutschland bietet [38].

Die Diskussion der Ergebnisse zeigt den Umfang und die Möglichkeiten der Etablierung eines Qualitätsmanagements in Notaufnahmen und führt das mögliche Potenzial in Bezug auf künftige Erweiterungen des Datensatzes und des Notaufnahmeregisters in Anlehnung an internationale Empfehlungen auf.

Methodik

Zur Untersuchung der international etablierten Qualitätsindikatoren in Notaufnahmen wurde eine systematische Literaturrecherche gemäß den Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses (PRISMA)-Empfehlungen im März 2015 durchgeführt [32]. Hierzu wurde in PubMed und der Cochrane Library recherchiert. Gleichzeitig wurde eine ergänzende Internetrecherche durchgeführt.

Suchstrategie

Die Suchbegriffe aus dem Kontext der Qualitätserfassung in Notaufnahmen wurden wie folgt definiert:

„[emergency medicine OR emergency department] AND (quality indicator[s] OR performance indicator[s] OR performance measure[s])“.

Als weitere Filter wurden verwendet:

  • Zeitraum 01.2005 bis 03.2015

  • Humans

Die verwendeten Suchkriterien wurden durch Medical Subject Headings (MeSH) ergänzt und die Suche auf Literaturstellen in deutscher und englischer Sprache eingegrenzt. Die zeitliche Einschränkung der Suchergebnisse auf Veröffentlichungen der letzten 10 Jahre würdigt die rasch fortschreitende Entwicklung im Bereich der Medizin.

Die ergänzende Internetrecherche wurde im selben Zeitraum unter Verwendung der identischen Suchbegriffe durchgeführt und konzentrierte sich auf die Suche nach Veröffentlichungen von internationalen Fachgesellschaften aus dem Bereich der Notfallmedizin. Der Ablauf der gesamten Recherche ist in Abb. 1 in Form eines Flowcharts dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Systematische Literaturrecherche. (Adaptiert nach [41])

Auswahl der Quellen

Entsprechend der Zielsetzung werden Publikationen eingeschlossen, die nach Durchführung des in Abb. 1 dargestellten Auswahlprozesses alle Suchkriterien erfüllen und auf die keines der in Tab. 1 benannten Ausschlusskriterien zutrifft. Eingeschlossene Publikationen beschreiben die Entwicklung von Qualitätsindikatoren für die klinische Notfallversorgung und deren Anwendung und Evaluation oder beziehen sich auf das Qualitätsmanagement in Notaufnahmen auf Basis von Qualitätsindikatoren. Als Synonyme zum Begriff Qualitätsindikator wurden „performance indicator“, „indicator“, „process indicator“, und Auditfilter verwendet. Nach Anwendung der Ein- und Ausschlusskriterien wurden 20 Publikationen in die Auswertung einbezogen. Diese sind in Tab. 2 gelistet.

Tab. 1 Ausschlusskriterien
Tab. 2 Liste der 20 identifizierten Publikationen

Auswertung

Die eingeschlossene Literatur wurde auf Qualitätsindikatoren und Empfehlungen für die Anwendung von Qualitätsindikatoren untersucht. Qualitätsindikatoren mit mindestens 2‑facher Nennung wurden in die abschließende Auswertung einbezogen. Diese Qualitätsindikatoren wurden hinsichtlich der Häufigkeit ihrer Nennung in den Literaturstellen gewichtet. Indikatoren mit einheitlichem Bezug, aber geringfügig unterschiedlicher Definition wurden für die abschließende Bewertung unter Angabe der Definitionen zusammengefügt und mit der Summe ihrer Nennungen in die Ergebnisliste aufgenommen.

Anschließend wurde geprüft, welche Qualitätsindikatoren durch den Datensatz „Notaufnahme“ der DIVI in seiner aktuellen Form (V2015.1) erhoben werden können [4]. Zusätzlich wurden mehrfach zitierte, jedoch nicht mit dem aktuellen Datensatz „Notaufnahme“ erfassbare Qualitätsindikatoren beschrieben.

Im Ergebnis wurden die Qualitätsindikatoren in folgende Gruppen eingeteilt:

  • mit dem Datensatz „Notaufnahme“ zu erfassen,

  • mit einer Erweiterung des Datensatz „Notaufnahme“ zu erfassen,

  • mit einer Erweiterung um abteilungsübergreifende Behandlungsdaten aus der weiteren Krankenhausbehandlung zu erfassen.

Abschließend erfolgt eine Einordnung dieser so gruppierten, erhebbaren Qualitätsindikatoren in die 3 Qualitätsdimensionen nach Donabedian [5] in:

  • Strukturqualität,

  • Prozessqualität,

  • Ergebnisqualität.

Ergebnisse

In den 20 identifizierten Publikationen wurden insgesamt 170 Qualitätsindikatoren beschrieben. 25 dieser Qualitätsindikatoren wurden in mehr als einer Publikation genannt (vgl. Tab. 3). Diese 25 Indikatoren wurden mit den aktuellen Datenfeldern des Notaufnahmeregisters abgeglichen.

Tab. 3 International mehrfach zitierte Qualitätsindikatoren für die Notaufnahme

Insgesamt 10 Qualitätsindikatoren lassen sich mithilfe des aktuellen Datensatzes „Notaufnahme“ erfassen (lfd. Nr. 1–10). Die aktuell erfassbaren Indikatoren im Datensatz enthalten zudem 5 der international meistreferenzierten Qualitätsindikatoren:

  • Zeitfenster vom Zeitpunkt des Eintreffens in der Notaufnahme bis zur Durchführung des CT (lfd. Nr. 1, 6 Nennungen);

  • Zeitfenster vom Zeitpunkt des Eintreffens in der Notaufnahme bis zum Beginn der klinischen Untersuchung (lfd. Nr. 2, 5 Nennungen);

  • Gesamtzeit in der Notaufnahme von stationär aufgenommenen Patienten (lfd. Nr. 3, 5 Nennungen);

  • Gesamtzeit in der Notaufnahme von nicht stationär aufgenommenen Patienten (lfd. Nr. 4, 5 Nennungen);

  • Anteil der Patienten an der Gesamtpatientenzahl, die ohne Arztkontakt die Notaufnahme verlassen haben (lfd. Nr. 5, 5 Nennungen).

Durch eine Erweiterung des Datensatzes „Notaufnahme“ wäre eine Erfassung von 7 weiteren Qualitätsindikatoren aus der Liste der 25 identifizierten Qualitätsindikatoren künftig möglich (lfd. Nr. 11–17). Durch die Einbindung von abteilungsübergreifenden Behandlungsdaten über den Zeitraum in der Notaufnahme hinaus können zusätzlich die folgenden 8 Qualitätsindikatoren erfasst werden:

  • bis zur Laparotomie (lfd. Nr. 18);

  • Anteil der über die Notaufnahme aufgenommenen und während des Klinikaufenthalts verstorbenen Patienten (lfd. Nr. 19);

  • Zeitfenster von Aufnahme bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung bei Patienten, die über die Notaufnahme aufgenommen wurden (lfd. Nr. 20);

  • operativer Eingriff nach Aufnahme des Patienten über die Notaufnahme nach einem Zeitraum von mehr als 24 h (lfd. Nr. 21);

  • Zeitfenster zwischen Aufnahme und operativer Eröffnung des Schädels bei schwerwiegender Schädel-Hirn-Verletzung (lfd. Nr. 22);

  • Erstversorgung einer offenen Tibiafraktur nach stumpfem Trauma mehr als 8 h nach Ankunft in der Notaufnahme (lfd. Nr. 23);

  • Anteil von Patienten mit Femurfraktur ohne Fixation (lfd. Nr. 24);

  • Patientenzufriedenheit (lfd. Nr. 25).

Die Aufstellung der mithilfe des aktuellen Datensatzes des Notaufnahmeregisters erfassbaren Qualitätsindikatoren zeigt, dass 10 Qualitätsindikatoren die Dimension Prozessqualität (PQ) erfassen. Sieben der PQ-Indikatoren beziehen sich auf definierte Zeitfenster. Zwei PQ-Indikatoren beziehen sich auf die Anzahl definierter Ereignisse. Der verbleibende PQ-Indikator gibt Auskunft über den Anteil einer Patientengruppe an der Gesamtheit der Notaufnahmepatienten in einem bestimmten Zeitintervall.

Qualitätsindikatoren, die sich auf Zeitfenster im Rahmen der Notfallbehandlung beziehen, erfassen demnach Prozesszeiten, Zeitfenster bis zur Diagnose oder Zeitfenster bis zur Therapie. Mithilfe des Datensatz „Notaufnahme“ in der aktuellen Version V2015.1 sind folgende Prozesszeiten erfassbar:

  • Zeitfenster von Aufnahme bis zum Beginn der klinischen Untersuchung (lfd. Nr. 2);

  • Zeitraum in der Notaufnahme von Aufnahme bis zur Entlassung bei stationär aufgenommenen Patienten (lfd. Nr. 3);

  • Zeitfenster in der Notaufnahme von Aufnahme bis zur Entlassung bei ambulant behandelten Patienten (lfd. Nr. 4);

  • Zeitfenster zwischen Aufnahme in die Notaufnahme bis zur Entlassung aus der Notaufnahme insgesamt sowie in Untergruppen nach angewendetem Triagesystem (lfd. Nr. 8).

Qualitätsindikatoren zur Erfassung der Strukturqualität sind mit dem aktuellen Datensatz „Notaufnahme“ der DIVI des geplanten Notaufnahmeregisters nicht zu erfassen. Die Ergebnisqualität lässt sich bis auf den Endpunkt „Entscheidung zum Behandlungsende“ und „Tod“ kaum erfassen.

Diskussion

Die Analyse international publizierter Qualitätsindikatoren als Basis eines systematischen Qualitätsmanagements in Notaufnahmen zeigt, dass sich international bereits viele Forschergruppen mit der Evaluation von Qualität in Notaufnahmen befassen. Gleichzeitig wurde in vielen Bereichen ein weitreichendes System etabliert [15]. Im nationalen Umfeld beschränkt sich einrichtungsinternes und -übergreifendes Qualitätsmanagement zumeist auf ausgewählte Tracerdiagnosen (Subgruppen) wie Schwerverletzte oder Patienten mit akuter zentraler Neurologie etc. [37, 39].

Die standardisierte Erfassung von Qualitätsindikatoren wird als Grundlage für ein Qualitätsmanagement empfohlen [11, 18, 26, 27, 33, 34]. Ebenso wird eine regelmäßige Überprüfung der Daten- und Kodiervalidität vorausgesetzt [30, 36]. Geeignete Qualitätsindikatoren zeichnen sich durch verschiedene Gütemerkmale aus. Diese sind am Bedarf des betrachteten Bereichs orientiert und erfüllen die Kriterien der Validität und Reliabilität [18, 34]. Der Messung von Zeitintervallen wird als Instrument zur Evaluation von Prozessen, Performance und Qualität eine hohe Priorität beigemessen [2, 7, 30, 36]. Eine Erweiterung des betrachteten Zeitraums über den Aufenthalt in der Notaufnahme hinaus zur Erfassung der Lebensqualität und weiterer Outcomeparameter wird zusätzlich empfohlen [12, 20]. Als Wertung der Relevanz von Qualitätsindikatoren wurde in dieser Arbeit ihre mehrfache Literaturnennung verwendet. Eine Bewertung der Gütekriterien und Nebenwirkungen sowie eine scharfe Definition der Qualitätsindikatoren finden sich in der Literatur selten. Eine umfassende Bewertung vor Anwendung der Qualitätsindikatoren durch ein interprofessionelles Expertenteam ist daher anzuraten. Hierfür stehen etablierte strukturierte Verfahren, z. B. nach QUALIFY oder RAND/UCLA, zur Verfügung [9, 22].

Die Prüfung auf Erfassbarkeit der Qualitätsindikatoren mit dem Datensatz „Notaufnahme“ in der Version V2015.1 [4] als Datenbasis des Notaufnahmeregisters zeigt im Ergebnis, dass ein Set von 10 Qualitätsindikatoren erfasst werden kann. In der Einteilung nach Donabedian [5] erfassen diese Qualitätsindikatoren die Prozessqualität. Indikatoren der Struktur- und Ergebnisqualität können aktuell nicht erhoben werden.

Eine künftige Erweiterung des Datensatzes „Notaufnahme“ könnte die Erfassung von 7 weiteren Qualitätsindikatoren ermöglichen (vgl. Tab. 3). Dabei handelt es sich um 6 Indikatoren (lfd. Nr. 11–13, 15–17) zur Erfassung der Prozessqualität und einen Indikator zur Erfassung der Strukturqualität (lfd. Nr. 14) [5].

Zusätzlich könnte die Einbindung von Informationen aus der weiteren abteilungsübergreifenden Krankenhausbehandlung eine Erfassung von 8 weiteren Qualitätsindikatoren ermöglichen (lfd. Nr. 18–25). Die Erfassung der Prozessqualität wird dabei in 6 Fällen, die der Ergebnisqualität in 2 Fällen gestärkt [5]. Die Erweiterung um diese weiteren Daten könnte zukünftig die Erfassung dieser Indikatoren im Sinne eines krankenhausweiten Qualitätsmanagements möglichen.

Das nationale Notaufnahmeregister auf Basis des Datensatzes „Notaufnahme“ der DIVI in der Version V2015.1 enthält bereits jetzt die Daten zur Erfassung von 10 international referenzierten Qualitätsindikatoren zur Untersuchung der Prozessqualität. Dies stellt eine solide Ausgangslage dar, die jedoch um Qualitätsindikatoren aus den Dimensionen der Struktur- und Ergebnisqualität zu erweitern ist, damit ein umfassendes systematisches Qualitätsmanagement möglich wird. Die Untersuchung der Ergebnisqualität bedarf der Einbeziehung von Routinedaten aus der weiteren abteilungsübergreifenden Krankenhausbehandlung zusätzlich zu den Daten des Datensatzes „Notaufnahme“. Im AKTIN-Projekt konnte durch die Entwicklung eines HL7®-CDA®-Dokuments unter Verwendung von standardisierten Schnittstellen die Interoperabilität zwischen Notaufnahmedokumentationssystemen und dem Notaufnahmeregister hergestellt werden. Die benötigten Daten der Krankenhausweiterbehandlung könnten durch eine Anbindung von Krankenhausinformationssystemen (KIS) zukünftig unter der Nutzung der gleichen Technologien erfolgen. Allerdings sind in diesem Zusammenhang weitere komplexe Fragen des Datenschutzes und der Interoperabilität zu klären. Diese Option hat eine besondere Bedeutung für die Evaluation der Güte der gestellten Diagnosen und Ergebnisse der Behandlung in der Notaufnahme durch die zusätzliche Betrachtung von Verlaufs- und Entlassdaten, wie bereits von Dormann et al. [6] oder Möckel et al. [19] gezeigt wurde. Unter gleichzeitiger Betrachtung der Entlassdaten können die in der Notaufnahme gestellten Diagnosen evaluiert sowie Auswirkungen der Notaufnahmestruktur und der Notaufnahmeprozesse auf den Behandlungserfolg untersucht werden.

Die Möglichkeiten des im AKTIN-Projekt zu entwickelnden nationalen Notaufnahmeregisters zur Erfassung der Qualitätsdimensionen sind als Gründungsansatz zu bewerten [5, 29]. Gleichzeitig konnte das Potenzial des Notaufnahmeregisters, Struktur- und Ergebnisqualität nach Erweiterung von Notaufnahmedaten und Krankenhausweiterbehandlungsdaten zu untersuchen, dargestellt werden. Durch Erweiterungen des Datensatzes könnte die Gesamtheit der 25 international mehrfach referenzierten Qualitätsindikatoren erfasst werden. Ob es sinnvoll ist, alle 25 Indikatoren zu implementieren, sollte fachlich und inhaltlich abgewogen werden. Eine durch Experten begleitete Bewertung, Adaption und Implementierung dieser Qualitätsindikatoren in das nationale Notaufnahmeregister kann jedoch eine sinnvolle Erhebung von qualitätsbezogenen Informationen sicherstellen. Einer sorgfältigen Auswertung und Interpretation dieser Daten fällt dabei eine ebenso hohe Bedeutung wie der grundlegenden Bewertung und Adaption der Qualitätsindikatoren an das nationale Notaufnahmeregister zu.

Im internationalen Kontext wird im Bereich der Notaufnahme die Patientenzufriedenheit als Qualitätsindikator erfasst [3, 33]. In den Normen zu Qualitätsmanagementsystemen z. B. nach DIN EN ISO 9001 ist die Erfassung der Kundenzufriedenheit fest verankert (nach DIN EN ISO 9001, Kap. 8). In Deutschland konnte für den Bereich der klinischen Notfallversorgung keine Aktivität für die Erfassung dieses Qualitätsindikators identifiziert werden. Der Erfassung der Patientenzufriedenheit in einer Notaufnahme stehen durch das Notfallgeschehen einige Limitationen entgegen. Gleichzeitig könnte eine gelungene Konzeption zur Erfassung der Patientenzufriedenheit, die auch die Zufriedenheit der Angehörigen oder weiteren Begleitpersonen einbezieht, einen wichtigen Beitrag zur Etablierung eines systematischen Qualitätsmanagementsystems schaffen. Ob dies im Rahmen des Notaufnahmeregisters oder als Parallelerhebung erfolgen sollte, muss im klinischen Alltag bilanziert werden. Eine gemeinsame Evaluation der Daten unter dem Aspekt des systematischen Qualitätsmanagements ist jedoch zu empfehlen und sollte durch eine standardisierte Erfassung der Daten ermöglicht werden.

Die Bestrebung der Sektion Notaufnahmeprotokoll der DIVI, im Rahmen des Projekts AKTIN eine sekundäre Datennutzung von elektronisch dokumentierten Daten in Notaufnahmen durch Nutzung von Interoperabilitätsstandards zu etablieren, ist in Deutschland einzigartig. Die Ziele des Datensatz „Notaufnahme“ sind auf die Verbesserung der klinischen Notfallversorgung ausgerichtet. Die Definition und Anwendung von Qualitätsindikatoren als Basis einer externen Qualitätssicherung und die Etablierung eines systematischen Qualitätsmanagements sind Bestandteil des Projekts [15]. Ebenfalls integriert in das Notaufnahmeprotokoll sind die aus der Notfallbehandlung benötigten Daten für das TraumaRegister DGU® der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie sowie eine Teilnahme am Register der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlaganfall Register (ADSR; [14, 24]).

Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Etablierung eines nationalen Notaufnahmeregisters für den Aufbau eines systematischen Qualitätsmanagements in Notaufnahmen geeignet ist. Der aktuelle Datensatz V2015.1 als Basis des Notaufnahmeregisters lässt eine Erfassung aller untersuchten Qualitätsdimensionen aktuell noch nicht zu, jedoch kann dies durch eine Erweiterung des Datensatzes und die Einbindung von abteilungsübergreifenden Krankenhausbehandlungsdaten durch z. B. KIS-Anbindung in Zukunft umfassend ermöglicht werden. Eine vollständige Erfassung der Ergebnisqualitätsindikatoren dieser Arbeit ist bei Erweiterung und Einbindung von Krankenhausbehandlungsdaten möglich. Das hohe Potenzial des Notaufnahmeregisters kann durch ein begleitendes Expertengremium weiter gestärkt werden. Eine wissenschaftliche Bewertung der erhobenen Qualitätsindikatoren ermöglicht dabei fortlaufend eine sinnvolle Anpassung und Entwicklung des Qualitätsmanagementsystems.

Limitationen

Die betrachteten Qualitätsindikatoren und Empfehlungen zur Anwendung wurden aus Veröffentlichungen zu internationalen Systemen der Qualitätserfassung sowie der Evaluation von Notfallbehandlungen in Notaufnahmen extrahiert. Diese entstammen Gesundheitssystemen mit unterschiedlicher Struktur und bedürfen einer eingehenden Expertenbeurteilung vor Adaption an das deutsche Gesundheitssystem und die klinische Notfallbehandlung. Gleichzeitig ist die synonyme Verwendung der Begriffe „Kennzahl“ und „Qualitätsindikator“ in der ausgewerteten Literatur kennzeichnend für unscharfe Definitionen und Abgrenzungen der erfassten Parameter. In dieser Arbeit wurden Indikatoren betrachtet, die mehrfach in der Literatur genannt wurden; dies muss nicht zwingend mit der Güte eines Indikators korrelieren. Eine Definition und Bewertung aller zu erfassenden Qualitätsindikatoren durch ein Expertengremium ist daher erforderlich. Grundsätzlich sind Qualitätsdaten und daraus erhobene Qualitätsindikatoren nur dann in einer hohen Güte zu erfassen, wenn die zur Evaluation verfügbaren Datensätze eine hohe Qualität, Vollständigkeit und Vollzähligkeit aufweisen.

Resümee

Die Notwendigkeit eines externen Qualitätsmanagements in Notaufnahmen ist international mit einer Vielzahl unterschiedlicher Qualitätsindikatoren etabliert und muss national umgesetzt werden. Ein nationales Notaufnahmeregister kann hierzu eine solide Basis bereitstellen. Der Datensatz „Notaufnahme“ in seiner aktuellen Version als Basis des Notaufnahmeregisters ermöglicht bereits die Erfassung einer Vielzahl von international referenzierten Qualitätsindikatoren, die bislang nicht alle Qualitätsdimensionen erfassen. Das Potenzial des Notaufnahmeregisters in Bezug auf die Etablierung eines systematischen Qualitätsmanagementsystems und die Erfassung aller Qualitätsdimensionen sind durch Erweiterung des Datensatzes und eine Erweiterung um Krankenhausbehandlungsdaten erheblich zu steigern und ermöglichen eine Erfassung der 25 international mehrfach referenzierten Qualitätsindikatoren. Diese Arbeit konnte im Ergebnis darstellen, dass das Potenzial des nationalen Notaufnahmeregisters in Bezug auf die Etablierung eines systematischen Qualitätsmanagements dem der international betrachteten Systeme entspricht und eine vergleichbare Abbildung und Untersuchung der Qualitätsdimensionen ermöglichen kann. Eine Optimierung/Verbesserung der Versorgungsqualität der klinischen Notfallversorgung kann durch das nationale Notaufnahmeregister initiiert werden.

Fazit für die Praxis

  • Die systematische Erfassung von Qualitätsindikatoren in Notaufnahmen bildet die Grundlage zur Evaluation und Steigerung der Versorgungsqualität.

  • Das nationale Notaufnahmeregister (AKTIN) stellt ein umfassendes Instrument zur Etablierung eines systematischen Qualitätsmanagements in Notaufnahmen zur Verfügung.

  • Auf Basis des Datensatzes „Notaufnahme“ lassen sich 10 international mehrfach referenzierte Qualitätsindikatoren erfassen.

  • Durch Erweiterung des Datensatzes und abteilungsübergreifende Anbindung an ein KIS können sämtliche international etablierte Qualitätsindikatoren erfasst werden.

  • Die Interoperabilität von AKTIN ermöglicht die Datenübernahme aus dem Notaufnahmedokumentationssystem in das Notaufnahmeregister und eine sektorenübergreifende Informationsweitergabe