Lernziele

Nach dieser Fortbildungseinheit kennen/wissen Sie …

  • die verschiedenen Blutdruckmessverfahren und die jeweiligen Grenzwerte zur Diagnostik der arteriellen Hypertonie.

  • die Ursachen der sekundären Hypertonie und die diagnostischen Schritte, um eine solche auszuschließen.

  • Ihre Patienten bezüglich ihres kardiovaskulären Gesamtrisikos einzuschätzen.

  • auf dem Boden des Gesamtrisikos den richtigen Blutdruckzielwert für Ihre Patienten festzulegen.

  • die nichtmedikamentösen Maßnahmen zur Senkung des Blutdrucks.

  • die Indikationen zur Pharmakotherapie und die Einsatzbereiche der verschiedenen Antihypertensiva und deren Kombinationen.

  • geeignete Maßnahmen bei Therapieresistenz.

  • die Möglichkeiten der Behandlungskontrolle mit ggf. Therapieanpassungen.

Definition und Prävalenz

Ein Bluthochdruck liegt definitionsgemäß vor, wenn bei Erwachsenen bei mindestens 2 Arztbesuchen an verschiedenen Tagen mit adäquater Technik ein Blutdruck von mindestens 140 mm Hg systolisch und/oder mindestens 90 mm Hg diastolisch als Mittelwert aus jeweils mindestens 2 seriellen Messungen bestimmt wurde [1]. Nach den Erhebungen der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland aus dem Jahr 2013 leidet ungefähr jeder Dritte in Deutschland im Alter zwischen 18 und 79 Jahren an Bluthochdruck [2]. In der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen steigt die Prävalenz auf fast 75 % [2]. In den Industrienationen liegt das Risiko 55-Jähriger, im Verlauf ihres weiteren Lebens eine Hypertonie zu entwickeln, bei 90 % [1, 3]. Die Prävalenz der Hypertonie zeigt auch deutliche regionale Unterschiede. So zeigt der Vergleich der Studien „Health in Pomerania“ und „Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg“, dass in Vorpommern eine Hochdruckerkrankung in allen Altersgruppen häufiger vorkommt als in Süddeutschland. Weiterhin war in Süddeutschland die Hypertonieprävalenz der Jahre 1984/85 mit derjenigen der Jahre 1999/2001 vergleichbar und bei beiden Geschlechtern ähnlich [1]. Trotz dieser weiterhin hohen Hypertonieprävalenz lassen sich erfreulicherweise bei beiden Geschlechtern Verbesserungen im Bekanntheits- und Behandlungsgrad der Hypertonie verzeichnen [1]. Dennoch liegt eine kontrollierte Hypertonie lediglich bei 23,8 % vor [2]. Deshalb bleibt eine kontinuierliche Verbesserung der Diagnostik und Behandlung der arteriellen Hypertonie wichtig.

Ätiologie

Generell wird die primäre von der sekundären arteriellen Hypertonie unterschieden. In etwa 95 % der Fälle liegt eine primäre arterielle, sog. essenzielle Hypertonie vor. Ihre Ursache ist multifaktoriell bedingt und größtenteils weiterhin ungeklärt. Übergewicht und Bewegungsmangel im Kontext der Gefäßalterung tragen ebenso dazu bei wie Baroreflexmechanismen, natriuretische Peptide und eine osmotisch inaktive Natriumspeicherung [4]. Bei Patienten mit sekundärer Hypertonie (5 % der Fälle) mit identifizierbaren Ursachen werden die renale Hypertonie (renoparenchymatös und renovaskulär) und die endokrine Hypertonie (primärer Hyperaldosteronismus, Phäochromozytom, Cushing-Syndrom, Akromegalie, Hyperthyreose) unterschieden. Auch ein Schlafapnoe-Syndrom kann eine sekundäre Hypertonie bedingen.

Folgeerkrankungen der arteriellen Hypertonie

Die arterielle Hypertonie ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren für die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen. Sie trägt damit erheblich zur kardialen Gesamtmortalität bei [2, 5]. Epidemiologische Untersuchungen konnten ihre Bedeutung sowohl als Kofaktor für die Atherosklerose der zerebralen, koronaren und peripheren Gefäße als auch der chronischen Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz belegen [1]. Ein 45-jähriger ansonsten gesunder Hypertoniker hat im Vergleich zu einem Normotoniker ein 3‑fach erhöhtes Risiko, innerhalb der nächsten 8 Jahre einen Myokardinfarkt zu erleiden. Wenn er zusätzlich noch raucht und eine Hypercholesterinämie vorliegt, ist sein Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, schon 11-fach erhöht [1, 6]. Auch die Schlaganfallmortalität steigt exponentiell mit der Höhe des Blutdrucks. Grundsätzlich gilt, dass ein um 20 mm Hg systolisch (bzw. 10 mm Hg diastolisch) über der Normgrenze erhöhter Blutdruck in allen untersuchten Altersgruppen jeweils mit einer Verdopplung des Risikos für Schlaganfall und Herzinfarkt einhergeht [1, 7].

Die arterielle Hypertonie kann zu Schädigungen verschiedener Endorgane führen. Kardial bedingt die erhöhte Nachlast („afterload“) über eine erhöhte Druckbelastung eine kompensatorische Hypertrophie des linken Herzens. In der Folge können sich daraus eine diastolische Herzinsuffizienz und das Auftreten von Arrhythmien entwickeln. Vaskulär begünstigt eine Hypertonie die Entwicklung und Progression der Atherosklerose, also der koronaren Herzerkrankung (KHK) oder der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Die KHK kann ihrerseits Myokardinfarkte nach sich ziehen, und diese können wiederum zur Linksherzinsuffizienz führen. An den zerebralen Gefäßen begünstigt die Hypertonie das Auftreten von ischämischen Insulten und Hirnmassenblutungen. Renal bedingt ein arterieller Hypertonus eine hypertensive Nephropathie mit der Folge einer chronischen Niereninsuffizienz. Am Auge kann sich eine hypertensive Retinopathie mit dem Bild des Fundus hypertonicus entwickeln.

Diagnostik und Einteilung

Die manuelle oder oszillometrische Blutdruckmessung in der Praxis führt zur Verdachtsdiagnose eines Hochdrucks. Eine manifeste oder permanente arterielle Hypertonie liegt vor, wenn bei einem Erwachsenen bei mindestens 2 Arztbesuchen an unterschiedlichen Tagen mit adäquater Technik, d. h. auch mit passender Blutdruckmanschette, unter Ruhebedingungen ein Blutdruck von mindestens 140 mm Hg systolisch und/oder mindestens 90 mm Hg diastolisch als Mittelwert aus jeweils mindestens 2 seriellen Messungen bestimmt wird [1]. Die Hypertonie wird, basierend auf einer Praxismessung, in verschiedene Schweregrade eingeteilt (Tab. 1). Außerhalb der Praxis stehen die Langzeitblutdruckmessung („ambulatory blood pressure monitoring“, ABPM) und die häusliche Blutdruckselbstmessung („home blood pressure monitoring“, HBPM) zur Verfügung. Diese beiden Methoden liefern zusätzliche Informationen über die Blutdrucksituation und das Risiko [2] und ergänzen sich gegenseitig. Damit kann die sog. Weißkittelhypertonie abgegrenzt werden, bei der es sich um eine Blutdruckerhöhung handelt, die nur bei der Blutdruckmessung in der Praxis auftritt. Sie geht mit einer besseren Prognose einher als die fixierte arterielle Hypertonie. Anders verhält es sich bei der maskierten Hypertonie , bei der der Patient nur bei der Praxisvorstellung normotensiv ist (Abb. 1). Eine maskierte Hypertonie hat eine erhöhte Ereignisrate, die vergleichbar ist mit der bei fixierter Hypertonie. Weiter konnte gezeigt werden, dass Messungen in der häuslichen Umgebung eine bessere Vorhersage von Endorganschäden sowie kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität im Vergleich zu Messungen in Klinik und Praxis erlauben [2, 8, 9]. Tab. 2 gibt die Grenzwerte für die unterschiedlichen Hypertoniedefinitionen der praxisunabhängigen Blutdruckmessungen an.

Tab. 1 Einteilung der arteriellen Hypertonie in Schweregrade
Abb. 1
figure 1

Ambulante vs. Praxis‑/Klinikblutdruckmessung

Tab. 2 Grenzwerte der Hypertonie bei praxisunabhängigen Messungen

Wenn die Diagnose einer arteriellen Hypertonie nach den in Tab. 2 aufgelisteten Kriterien gesichert ist, sollten weitere diagnostische Maßnahmen bei der Erstvorstellung folgen [10, 11]. Da die sekundäre Hypertonie häufig gut kausal behandelbar ist, sollte gerade bei der Erstvorstellung oder bei einer therapieresistenten Hypertonie eine sekundäre Hypertonieform ausgeschlossen werden.

  1. I.

    Anamnese: Nasenbluten, Gesichtsrötung, Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen, Brustschmerz, Luftnot, Palpitationen, schmerzfreie Gehstrecke, Schlafstörungen, Schnarchen, Tagesmüdigkeit, Protokoll von Blutdruckselbstmessungen, Medikamentenanamnese. Begleitende Risikofaktoren: Diabetes mellitus, Rauchen, positive Familienanamnese für das frühzeitige Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen (Männer <55 J., Frauen <65 J.), Hyperlipoproteinämie, Adipositas. Begleiterkrankungen: z. B. bekannte Nierenerkankungen, Herzinsuffizienz etc.

  2. II.

    Labor: Hämoglobin, Hämatokrit, Nüchternglukose, Nüchterntriglyzeride, Gesamtcholesterin, LDL(„low-density lipoprotein“)-Cholesterin, HDL(„high-density lipoprotein“)-Cholesterin, Elektrolyte (Kalium und Natrium), Harnsäure, Serumkreatinin mit GFR (glomeruläre Filtrationsrate)-Bestimmung, Urinanalyse (mikroskopische Untersuchung, Urinproteinausscheidung mit Teststreifen, Test auf Mikroalbuminurie, falls positiv quantitative Proteinbestimmung).

  3. III.

    Apparative Diagnostik: 12-Kanal-EKG, Echokardiographie, Ergometrie, Knöchel-Arm-Index, Duplexsonographie der extrakraniellen Hirngefäße, elektive Diagnostik: Funduskopie, Duplexsonographie der Becken-Bein-Gefäße, Schlafapnoe-Screening.

Ergibt sich nach der oben genannten Basisdiagnostik der Verdacht auf eine sekundäre Form der arteriellen Hypertonie, kann folgende weiterführende Diagnostik notwendig werden:

  • Sonographie der Nieren bei V. a. parenchymatöse Nierenerkrankungen;

  • Duplexsonographie der Nierenarterien zum Ausschluss von Nierenarterienstenosen;

  • Aldosteron-Renin-Quotient unter standardisierten Bedingungen zum Nachweis eines primären Hyperaldosteronismus, ggf. Bestätigungstest durch Kochsalzbelastungstest oder Fludrokortisonsuppressionstest und ggf. Nebennieren-CT (Computertomographie) und serielle Blutentnahmen aus den Nebennierenvenen;

  • bei V. a. Phäochromozytom Messung der Metanephrine und Katecholamine in Urin und Plasma, ggf. CT oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Abdomens/Beckens, 123I-markierte Metaiodbenzylguanidinszintigraphie, genetische Testung auf Mutationen;

  • bei V. a. Cushing-Syndrom 24-h-Urin-Ausscheidung auf Kortisol und Dexamethasonhemmtest.

Risikostratifizierung der Hypertoniker

Nach Diagnosestellung und eingehender Untersuchung gilt es, den Patienten bezüglich seines kardiovaskulären Gesamtrisikos einzuschätzen. Dies kann nach Kriterien erfolgen, die in Abb. 2 aufgelistet sind. In diese Stratifizierung fließt neben den systolischen und diastolischen Blutdruckwerten (horizontale Spalte) auch das Vorliegen von weiteren Risikofaktoren und Endorganschäden (vertikale Spalte) mit ein (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Stratifizierung des kardiovaskulären Gesamtrisikos in niedriges, moderates, hohes und sehr hohes Risiko in Abhängigkeit vom systolischen und diastolischen Blutdruck sowie von der Prävalenz von Risikofaktoren, asymptomatischen Endorganschäden, Diabetes, chronischen Nierenerkrankungen oder symptomatischen kardiovaskulären Erkrankungen (SBP systolischer Blutdruck, DBP diastolischer Blutdruck; mit freundlicher Genehmigung aus [12])

Blutdruckzielwerte

Die Bedeutung einer therapeutischen Senkung des Blutdrucks konnte in zahlreichen großen Interventionsstudien nachgewiesen werden. Bei einer Abnahme des diastolischen Blutdrucks um 5–6 mm Hg sinkt das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, innerhalb von 5 Jahren um etwa 40 %, und dasjenige, einen Herzinfarkt zu erleiden, um etwa 15 %. Je höher das kardiovaskuläre Ausgangsrisiko war und je stärker der Blutdruck gesenkt worden ist, desto mehr Ereignisse können durch eine blutdrucksenkende Therapie verhindert werden [1, 13].

Aktuell empfehlen die Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) von 2013 sowie die identischen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Hochdruckliga e. V. einen Blutdruckzielwert für nahezu alle Patienten von weniger als 140/90 mm Hg [10]. Die Frage nach dem richtigen Zielblutdruckwert für Hypertoniepatienten ist allerdings durch eine Reihe kürzlich erschienener Studien erneut aufgeworfen worden und derzeit Gegenstand intensiver Diskussionen [14,15,16,17,, 15, 16, 17, 18]. Dabei lassen sich die im Folgenden beschriebenen beiden Gruppen unterscheiden [16].

Hypertoniker mit niedrigem bis moderatem kardiovaskulären Risiko

Bei Hypertonikern mit

  • niedrigem bis moderatem kardiovaskulären Risiko oder

  • Diabetes mellitus oder

  • einer Vorgeschichte von Schlaganfall und/oder TIA (transitorische ischämische Attacke) oder

  • KHK oder

  • chronischer Nierenerkrankung Stadium III

kann ein systolischer Zielblutdruck von unter 140 mm Hg empfohlen werden.

Der diastolische Blutdruck unter Therapie sollte weniger als 90 mm Hg betragen. Diabetiker profitieren sogar von diastolischen Werten unter 85 mm Hg. Bei Patienten über 80 Jahre und einem Blutdruck über 160 mm Hg ist eine antihypertensive Therapie angezeigt. Hier empfehlen die Leitlinien einen systolischen Zielblutdruck zwischen 140 und 150 mm Hg. Ein systolischer Zielblutdruck von unter 130 mm Hg kann bei Nephropathie mit Proteinurie angestrebt werden.

Hypertoniker mit hohem kardiovaskulären Risiko

Die in 2015 publizierte SPRINT(Systolic Blood Pressure Intervention Trial)-Studie untersuchte, welche Senkung des Blutdrucks bei Patienten ohne Diabetes, aber mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko den größten Nutzen bringt [19]. Die Studie zeigte, dass bei Patienten mit streng eingestelltem Blutdruck (systolischer Zielblutdruck: <120 mm Hg) kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität seltener auftraten als bei Patienten mit einem Zielblutdruck unter 140 mm Hg. Dieser Vorteil wurde allerdings mit mehr unerwünschten Nebenwirkungen erkauft. Eine kürzlich erschienene Metaanalyse von Hochrisikopatienten mit kardiovaskulären Erkrankungen in der Vorgeschichte scheint die Ergebnisse der SPRINT-Studie bezüglich des Nutzens einer systolischen Blutdrucksenkung auf unter 130 mm Hg zu unterstützen [16, 20]. Andererseits wird die Messmethodik, mit der in der SPRINT-Studie der arterielle Blutdruck ermittelt wurde, kritisch hinterfragt. Denn in der SPRINT-Studie wurden automatische Oberarmmessungen im Wartezimmer ohne Beobachtung durch Arzt oder Praxispersonal durchgeführt. Es wird argumentiert, dass eine automatische Blutdruckmessung ohnehin niedrigere Werte liefert als die konventionelle Methode, die in den früheren Studien angewandt wurde [17, 18]. Damit würde der in SPRINT angestrebte Zielwert von unter 120 mm Hg in konventionellen Messungen einem Zielwert von weniger als 130–140 mm Hg entsprechen, welchen die Leitlinien ohnehin schon empfehlen. Durch die unterschiedliche Technik der Blutdruckmessungen sei diese Studie schwer mit anderen Studien vergleichbar. Ferner konnte eine andere Studie zeigen, dass kardiovaskuläre Events in Abhängigkeit vom Blutdruck eine J‑Kurve aufweisen: Ein zu niedriger Blutdruck (110 bis <120 mm Hg) war v. a. bei Diabetikern, die bei SPRINT ausgeschlossen waren, mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Schlaganfall assoziiert [21]. Weiter zeigte die HOPE-3-Studie , dass Patienten mit intermediärem Risiko und hoch normalem Blutdruck nicht von einer weiteren Blutdrucksenkung profitieren konnten [22].

Therapie

Nichtpharmakologische Therapie

Bei der Hälfte aller Hypertoniker können nichtmedikamentöse Maßnahmen den Blutdruck auch langfristig normalisieren. Bei niedrigem Herz-Kreislauf-Risiko können v. a. lebensstiländernde Maßnahmen für 6 Monate einer medikamentösen Behandlung vorrausgehen; diese und ihre Effekte auf die Blutdruckreduktion sind in Tab. 3 aufgelistet [23]. Bei mäßig erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko kann versucht werden, den Blutdruck mit diesen Maßnahmen für 3 Monate zu senken. Sollte dieser Versuch erfolglos bleiben, sollte eine pharmakologische Therapie initiiert werden. Bei hohem kardiovaskulären Risiko sind lebensstiländernde Maßnahmen ebenso wichtig; es empfiehlt sich aber, diese begleitend zur pharmakologischen Therapie einzuleiten. Zu den effektiv blutdrucksenkenden lebensstiländernden Maßnahmen gehören v. a. [10]:

  • Beschränkung der Kochsalzzufuhr auf 5–6 g am Tag,

  • Beschränkung des Alkoholkonsums auf <30 g am Tag bei Männern und <20 g am Tag bei Frauen,

  • Gewichtsreduktion auf einen BMI (Body-Mass-Index) von 25 kg/m2 sowie einen Taillenumfang von weniger als 102 cm bei Männern und weniger als 88 cm bei Frauen,

  • Beenden des Nikotinabusus,

  • regelmäßige körperliche Aktivität (30 min moderate Aktivität 5‑mal pro Woche).

Tab. 3 Einfluss einer nichtpharmakologischen Behandlung der arteriellen Hypertonie auf die Blutdruckreduktion

Darüber hinaus werden eine ausgewogene Ernährung (mediterrane Kost) und eine Stressreduktion empfohlen.

Pharmakologische Therapie

Die medikamentöse Therapie nimmt einen großen Stellenwert in der Hypertoniebehandlung ein. Die Erfolge der medikamentösen antihypertensiven Therapie sind vielfach belegt [13, 24, 25]. Je höher der Blutdruck, das kardiovaskuläre Gesamtrisiko und das Alter, desto mehr kardiovaskuläre Ereignisse können durch die medikamentöse antihypertensive Therapie verhindert werden [13, 24]. Derzeit werden in den aktuellen europäischen Leitlinien 5 Hauptsubstanzklassen der modernen Antihypertensiva zur initialen Monotherapie und für die Dauertherapie empfohlen (Tab. 4):

  • ACE(„angiotensin-converting enzyme“)-Hemmer,

  • AT1(Angiotensin-II-Rezeptor Subtyp 1)-Rezeptor-Blocker,

  • Betablocker,

  • Diuretika (am ehesten vom Thiazidtyp),

  • Kalziumantagonisten (am ehesten vom Dihydropyridintyp; [10]).

Diese Substanzgruppen haben vielfach pleiotrope Wirkungen und konnten in Outcome-Studien einen prognostischen Vorteil zeigen [26]. In der Primärbehandlung sollten keine postsynaptischen Alphablocker (aufgelistet unter „andere Antihypertensiva“ in Tab. 4) zur Anwendung kommen. Kalziumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazemtyp können bei zusätzlich zur arteriellen Hypertonie bestehendem Vorhofflimmern zur Frequenzkontrolle eingesetzt werden, sollten zur alleinigen Blutdrucksenkung jedoch eher vermieden werden.

Tab. 4 Übersicht über die wichtigsten medikamentösen Antihypertensiva (Auswahl)

Falls der gewünschte Zielwert nicht erreicht wird, kann entweder eine höhere Dosierung (vorsichtiges Titrieren) eingesetzt werden, eine alternative Substanz zur Anwendung kommen oder eine Kombinationstherapie aus verschiedenen Substanzgruppen eingeleitet werden. In der Regel gelingt bei einer Zweifachkombination bei 80 % der Patienten und bei einer Dreifachkombination bei 90 % der Patienten das Erreichen des Zielblutdrucks [24]. Bei der Kombination von verschiedenen Substanzklassen sollte darauf geachtet werden, dass auf eine in Abb. 3 dargestellte Kombination zurückgegriffen wird. Hier kann jetzt auch mit den unter „andere Antihypertensiva“ in Tab. 4 aufgelisteten Medikamenten kombiniert werden. Besonders hervorzuheben ist, dass eine sog. duale RAAS(Renin-Angiotensin-Aldosteron-System)-Blockade, also eine Kombination aus ACE-Hemmer plus Angiotensinrezeptorblocker oder eine Kombination aus ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptorblocker plus direktem Renininhibitor (Aliskiren), aufgrund hoher Nebenwirkungsraten nicht mehr empfohlen wird [2].

Abb. 3
figure 3

Mögliche Kombinationen der antihypertensiven Substanzen (ACE „angiotensin-converting enzyme“; mit freundlicher Genehmigung aus [12])

Grundsätzlich muss darauf geachtet werden, dass es unter der antihypertensiven Therapie nicht zu Nebenwirkungen eines zu niedrigen Blutdrucks, wie z. B. orthostatische Dysfunktion und Abnahme der kognitiven und renalen Funktion, kommt.

Die Entscheidung, welche Mono- oder Kombinationstherapie für den einzelnen Patienten sinnvoll ist, sollte sich auch an den Komorbiditäten orientieren. Ein Patient mit isolierter arterieller Hypertonie könnte zunächst mit einem ACE-Hemmer (oder Kalziumantagonisten) und bei Nichterreichen des Zielblutdrucks mit einem Thiaziddiurektikum (oder Kalziumantagonisten oder ACE-Hemmer) behandelt werden. Ein Hypertoniker mit bekannter Herzinsuffizienz würde von einer Betablockertherapie und bei Zeichen der Überwässerung von einem Schleifen- statt von einem Thiaziddiuretikum profitieren. Bei Hypertonikern mit Diabetes würde sich die Gabe eines ACE-Hemmers anbieten. Letztendlich ist die Bluthochdrucktherapie eine individualisierte, auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Therapie.

Therapiekontrolle

Die Wirksamkeit einer medikamentösen antihypertensiven Therapie kann nach 4 bis 8 Wochen kontrolliert werden. Bei intensivierter antihypentensiver Therapie oder sehr hohen Blutdruckwerten sind engmaschigere Kontrollen sinnvoll. Es wird evaluiert, ob es zu der gewünschten Blutdruckreduktion und zu Nebenwirkungen gekommen ist. Bei Nichterreichen des Zielwertes und regelmäßiger Tabletteneinnahme wird die Therapie eskaliert. Von einer therapieresistenten Hypertonie spricht man, wenn trotz mindestens 3‑monatiger Behandlung mit den maximal tolerierten Dosen von mindestens 3 Antihypertensiva weiterhin eine arterielle Hypertonie besteht. Dann sollte reevaluiert werden, ob nicht doch eine sekundäre Hypertonie vorliegt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie untersuchte, ob eine Gabe von Spironolacton zusätzlich zur Standardbehandlung eine sinnvolle Zusatzmedikation in der Behandlung der resistenten Hypertonie darstellt [27]. Es konnte gezeigt werden, dass Spironolacton den systolischen Heimblutdruck stärker reduzierte als Placebo, Bisoprolol und Doxazosin und somit sinnvoll mit anderen Anithypertensiva kombiniert werden kann. Unter Therapie mit Spironolacton sollte aber vermehrt auf Hyperkaliämien geachtet werden, v. a. wenn sich kaliumsparende Therapeutika in der Begleitmedikation befinden. Darüber hinaus stehen bei resistenter Hypertonie auch invasive Verfahren, wie z. B. die renale Denervation und die Baroreflexstimulation , zur Verfügung.

Wenn ein Patient mit milder Hypertonie dokumentiert über 6 bis 12 Monate suffizient antihypertensiv eingestellt war, kann eine Deeskalation mit zunächst Dosisreduktion und dann Absetzten erwogen werden. In den überwiegenden Fällen ist die Bluthochdrucktherapie jedoch eine lebenslange Therapie.

Fazit für die Praxis

  • Die Hypertonie hat eine hohe Prävalenz. Fast 75 % der 70- bis 79-Jährigen stellen sich beim Hausarzt mit zu hohen Blutdruckwerten vor. Trotz Fortschritten in Bezug auf Bekanntheitsgrad und Behandlungsmöglichkeiten ist der Blutdruck nur bei 25 % der Patienten ausreichend eingestellt.

  • Die arterielle Hypertonie ist ein bedeutender Risikofaktor für die Entwicklung von kardialen, zerebralen und renalen Endorganschäden, die zu einer hohen Morbidität und Mortalität führen.

  • Die arterielle Hypertonie wird in verschiedene Schweregrade eingeteilt. Eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung, Labor und entsprechende apparative Diagnostik erfassen auch die durch die arterielle Hypertonie bedingten Endorganschäden.

  • Die Diskussion über den idealen Zielblutdruckwert ist nicht abgeschlossen. Die Zielblutdruckwerte werden zukünftig individualisierter sein und sich mehr an bestehenden Risikofaktoren und Komorbiditäten orientieren.

  • Die Wirksamkeit der medikamentösen antihypertensiven Therapie kann nach 4 bis 8 Wochen kontrolliert werden, bei intensivierter Therapie oder sehr hohen Werten engmaschiger.