Einleitung

Die Kernspin- oder Magnetresonanztomographie (MRT) ist eines der wichtigsten bildgebenden Verfahren und kommt insbesondere in der Diagnostik von zerebrospinalen und muskuloskelettalen Prozessen, aber auch zunehmend in der Leber-, Mamma- sowie kardiovaskulären Diagnostik zum Einsatz [1, 2]. Die stetige Ausweitung der Indikationsstellungen führt zu steigenden MR-Untersuchungs-Zahlen (Abb. 1; [3]). Dem entgegen steht die wachsende Patientengruppe mit implantierbaren kardialen Devices zur Rhythmustherapie oder -überwachung, der bis dato der Zugang zur MRT regelmäßig verwehrt blieb (Abb. 2; [4, 5, 6, 7, 8, 9]). Die MR-Kontraindikation für Träger von Herzschrittmachern oder implantierbaren Cardioverter-Defibrillatoren (ICD) liegt in den starken Magnet- und Hochfrequenzfeldern begründet, die konstant bzw. während der Untersuchung herrschen. Sie können die Funktionsfähigkeit der elektronischen Devices in mehrfacher Hinsicht stören, was zu ernsthaften oder letalen Komplikationen führen kann [10, 11]. Zwar wurde in jüngerer Zeit aufgezeigt, dass Patienten mit konventionellen Herzschrittmachern oder ICD nicht a priori von der MRT ausgeschlossen werden müssen, sofern eine strikte und patientenindividuelle Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen wurde und während der Untersuchung eine kontinuierliche kardiologische sowie radiologische Überwachung gewährleistet ist [12, 13]. Dennoch ist dies spezialisierten Zentren mit entsprechender Erfahrung vorbehalten, sodass Patienten mit herkömmlichen Schrittmachern und ICD im Allgemeinen weiterhin als untauglich für MR-Untersuchungen anzusehen sind [7, 8, 9]. Die neuartigen MR-kompatiblen Devices erlauben kommenden Patientengenerationen prinzipiell einen gefahrlosen Zugang zu diesem wichtigen Untersuchungsverfahren [14]. Im Folgenden möchten wir den aktuellen klinischen Stellenwert dieser Systeme definieren und einen kritischen Blick auf offene Fragen und zukünftige Perspektiven werfen.

Abb. 1
figure 1

Entwicklung der Untersuchungszahlen mittels Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) in Deutschland von 2004 bis 2009. Dargestellt ist exemplarisch für eine große gesetzliche Krankenversicherung (Barmer GEK; 8,6 Mio. Mitglieder) die Anzahl an Versicherten, die im jeweiligen Jahr mindestens einmal per CT bzw. MRT untersucht wurden. Im direkten Vergleich der beiden bildgebenden Verfahren wird deutlich, dass die MRT sowohl eine höhere Inanspruchnahme als auch höhere jährliche Steigerungsraten aufweist (Anstieg der MRT-Nutzung zwischen 2004 und 2009 um insgesamt 38%). Die absolute Anzahl an Untersuchungen fällt noch höher aus, weil ein bestimmter Anteil an Patienten mehr als eine CT- bzw. MRT-Untersuchung pro Jahr erhält (nicht dargestellt; [3])

Abb. 2
figure 2

Entwicklung der Implantationszahlen (Wechsel und Neuimplantationen) für Herzschrittmacher (HSM) und implantierbare Cardioverter-Defibrillatoren (ICD) in Deutschland. Die Zahlen beinhalten jeweils alle Systemvarianten inklusive Dreikammersystemen [4, 5, 6]

Potenzielle Interaktionen zwischen MRT und Devices

Die MRT entfaltet auf konventionelle, d. h. nicht MR-kompatible Devices ein komplexes Einwirkungsprofil, welches sich aus 3 verschiedenen elektromagnetischen Feldern zusammensetzt, die jeweils mit unterschiedlichen Risiken behaftet sind (Tab. 1).

Tab. 1 Potenzielle Interaktionen zwischen MRT und Devices [9, 10]

Beim statischen Magnetfeld handelt es sich um ein konstantes, gleichgerichtetes Magnetfeld, welches als Basis für die MRT benötigt wird und in klinisch eingesetzten MR-Scannern typischerweise Feldstärken von 1,0–3,0 Tesla aufweist. Auch wenn das statische Magnetfeld beträchtliche Kräfte auf ferromagnetisches Material ausüben kann, so scheint die Gefahr von Device-Dislokationen mit einhergehenden Gewebsschädigungen (z. B. der Implantattasche) eher gering zu sein [9, 15]. Der sog. Reed-Schalter, ein im Aggregat integriertes magnetempfindliches Relais, kann durch das magnetische Gleichfeld in unvorhersehbarer Weise beeinflusst werden [9, 16]. Bei geschlossenem Reed-Schalter werden Schrittmacher in einen asynchronen Stimulationsmodus umgeschaltet (A00, V00 oder D00). Durch kompetitive Stimulation mit dem Eigenrhythmus können maligne Kammerarrhythmien induziert werden (R-auf-T-Phänomen; [2, 7, 8, 9, 10]). Bei ICD inaktiviert ein geschlossener Reed-Schalter die antitachykarde Therapiefunktionalität, sodass betroffene Patienten gegenüber schnellen Kammerrhythmusstörungen nicht geschützt sind (die antibradykarde Funktion des ICD bleibt im Übrigen unberührt). Allerdings haben In-vitro-Versuche gezeigt, dass eine effektive Schockabgabe innerhalb eines MR-Tomographen selbst bei geöffnetem Reed-Schalter unwahrscheinlich ist. Das statische Magnetfeld führt zu einer Sättigung des ICD-Transformatorkerns, was nicht nur den notwendigen Spannungsaufbau verhindert, sondern auch eine rasche Batterieentleerung oder die irreversible Zerstörung von Schaltkreisen nach sich ziehen kann [16].

Das zweite, während einer MR-Untersuchung zusätzlich herrschende Magnetfeld ist vergleichsweise schwach und besteht aus niederfrequent gepulsten Gradientenfeldern, die zur Ortskodierung der MR-Signale eingesetzt werden (Tab. 1). Die sich ändernden Gradientenfelder können zu einer direkten, nicht mit der Aggregatfunktion synchronisierten Stimulation und damit zu malignen Kammerarrhythmien führen [9, 10]. Diese Induktionserscheinung scheint allerdings nur bei unipolaren Sonden aufgetreten zu sein [9]. Sowohl bei uni- als auch bei bipolaren Sonden kann es durch die Induktion von elektrischen Wechselspannungen zu Over- und Undersensing mit entsprechend irregulärem Verhalten (Inhibition der Stimulation mit Bradykardie/Asystolie oder vorhofgetriggerte schnelle Ventrikelstimulation) kommen [9, 10].

Das dritte zur MR-Bildakquisition benötigte Feld ist ein Radiofrequenz (RF)-Feld (Tab. 1). Mit Hilfe von leistungsfähigen RF-Spulen werden hochfrequente elektromagnetische Wellen in den Körper ausgesendet. Die vom Untersuchungsobjekt absorbierte Energie kann als SAR (spezifische Absorptionsrate, Einheit W/kg)-Wert bestimmt werden. In-vitro-Versuche haben gezeigt, dass sich intrakardiale Sonden lage-, längen- und bauartabhängig durch die Einkopplung von externen RF-Feldern auf bis zu 63 °C aufheizen und damit zu thermischen Läsionen an der endomyokardialen Insertionsstelle führen können (ein Effekt, der therapeutisch bei der katheterbasierten RF-Ablation von Herzrhythmusstörungen ausgenutzt wird; [7, 8, 9, 10, 17]). Dieses Gefährdungspotenzial geht von aktiven und offenbar in einem noch höheren Maße auch von stillgelegten, nicht mehr mit dem Aggregat verbundenen Sonden aus (unabhängig von einer proximalen Isolierung; [18]). Auch wenn die klinische Relevanz des Aufheizungseffekts weiterhin kontrovers diskutiert wird, bleibt festzuhalten, dass thermisch induzierte Läsionen prinzipiell transiente oder dauerhafte Störungen der Wahrnehmung oder Stimulation (Erhöhung der Reizschwelle bis hin zum Exit-Block) bewirken und zudem für den Patienten schmerzhaft sein können [9]. Aber selbst Temperaturerhöhungen im scheinbar moderaten Bereich können über eine erhöhte myokardiale Automatizität zur Induktion von Arrhythmien führen [19]. Ferner kann das RF-Feld einen elektrischen Aggregatneustart („Reset“) bewirken [12, 15]. Nach dem Reset stellt sich ein Notfallmodus ein, der einen inhibierten Stimulationsmodus (VVI) zur Absicherung gegen relevante Bradykardien und zusätzlich basale Diagnose- und Therapiemöglichkeiten für schnelle Kammerarrhythmien bei ICD beinhaltet. Die Rücksetzung in den VVI-Modus kann im Zusammenspiel mit MR-bedingten Artefakten zu symptomatischen Bradykardien oder zur Asystolie führen [20]. Hochfrequente RF-Interferenzen können zudem bei ICD-Patienten die fälschliche Detektion von malignen Kammerarrhythmien bedingen (Abb. 3). Inappropriate Schocks gehören im Falle einer (re-)aktivierten Therapiefunktionalität ebenso zu den vermeintlichen Folgen wie die bereits beschriebenen Phänomene der vorzeitigen Batterieerschöpfung und ICD-Zerstörung [15, 16]. Die genannten Funktions- und Integritätsstörungen von Aggregat und/oder Sonde können prinzipiell auch durch kombinierte Feldeffekte erzeugt werden (Tab. 1).

Abb. 3
figure 3

Implantierbarer Cardioverter-Defibrillator (ICD; Einkammersystem) mit ventrikulärem Oversensing durch elektromagnetische Interferenzen während einer magnetresonanztomographischen Untersuchung. Der obere Teil (a) der Abbildung zeigt einen normalen Sinusrhythmus, der vor der MR-Untersuchung aufgezeichnet wurde. Es kommen 2 intrakardiale Elektrogramme (EGM) sowie die zugehörigen Markerannotationen zur Darstellung (VS ventrikuläre Wahrnehmung). Die Zahlen entsprechen den jeweiligen Zykluslängen. Im unteren Teil (b) zeigt sich beim identischen Patienten während der MR-Untersuchung ventrikuläres Oversensing. Die Marker zeigen, dass die elektromagnetischen Interferenzen vom ICD-System fälschlicherweise als Kammerflimmern (VF) interpretiert werden. Bei deaktivierten antitachykarden Funktionen erfolgt keine Therapieabgabe

Sicherheit von nicht MR-kompatiblen Devices im MR-Scanner

Da die MRT bei bestimmten Fragestellungen eine unverzichtbare Untersuchungsmethode darstellt, haben sich mittlerweile mehrere Studien mit der Durchführung von MR-Untersuchungen bei Patienten mit konventionellen Devices befasst [12, 13, 15, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29]. Die derzeit vorliegenden Studienergebnisse zeigen, dass einige der geschilderten Risiken unter kontrollierten Bedingungen eher hypothetischer Natur und überschätzt sein dürften. In einem Positionspapier (2008) der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) ist die frühere absolute Kontraindikation differenzierten Empfehlungen gewichen [9]. Durch stringentes Patientenmanagement ist eine Risikominimierung möglich, wenngleich auch eine Risikofreiheit nicht erreicht werden kann. Der Risikoklassifizierung des Positionspapiers zufolge haben schrittmacherabhängige Patienten ein sehr hohes Risiko, ICD-Patienten ein hohes und Patienten ohne Schrittmacherabhängigkeit das geringste relative Risiko [9]. Tab. 2 fasst die ESC-Sicherheitsempfehlungen zu MR-Untersuchungen bei Patienten mit konventionellen Devices zusammen und verdeutlicht die hohen Anforderungen in Bezug auf eine korrekte Patientenselektion, die personellen und infrastrukturellen Voraussetzungen des durchführenden Zentrums sowie die relevante Ressourcenbindung auf kardiologischer Seite. Leicht modifizierte Protokolle beziehen zusätzlich die Device-Generation in die Sicherheitsüberlegungen ein, da es Hinweise gibt, dass modernere, nach 2000 produzierte Devices weniger empfindlich sind als ältere Devices [14, 15]. Es muss allerdings klar herausgestellt werden, dass die skizzierte Studien- und Empfehlungslage zu keiner Änderung der Risikobewertung seitens der Aufsichtsbehörden und Device-Hersteller geführt hat und die MRT bei Patienten mit konventionellen Devices dort weiterhin als kontraindiziert betrachtet wird [30, 31, 32, 33, 34]. Dies sollte mit Blick auf mögliche Haftungs- und Regressansprüche bekannt sein und betont die Wichtigkeit einer vollständigen und sorgfältigen Dokumentation.

Tab. 2 MRT bei nicht-MR-kompatiblen Devices: ESC-Empfehlungen [9]

Technologische Aspekte MR-kompatibler Devices

Entsprechend den Vorgaben der US-amerikanischen Standardisierungsorganisation ASTM (American Society for Testing and Materials) werden Medizinprodukte einschließlich aktiver Implantate als „MR-sicher“, „MR-kompatibel (bedingt MR-sicher)“ oder als „MR-unsicher“ deklariert [35]. Abb. 4 charakterisiert diese 3 Gefährdungsklassen und zeigt die dazugehörigen international gebräuchlichen Symbole, die mitunter zur Produktkennzeichnung Verwendung finden. Wurden Schrittmacher und ICD bislang generell als „MR-unsicher“ klassifiziert, existieren seit 2008 erstmals „MR-kompatible“ Devices [14]. Die MR-Kompatibilität ist jedoch definitionsgemäß an die Einhaltung bestimmter Bedingungen vor und während einer MR-Untersuchung gebunden und geht in den meisten Fällen mit einschränkenden Vor- und Rahmenbedingungen einher (Abb. 4). Zur Abgrenzung sei betont, dass die neuartigen Devices gemäß der ASTM-Klassifizierung nicht „MR-sicher“ sind, weil dies eine uneingeschränkt sichere Device-Funktion bedeuten würde [35, 36]. Ein solches „MR-sicheres“ Device ist absehbar nicht verfügbar.

Abb. 4
figure 4

MR-Sicherheit und -Kompatibilität ([35, 36]; ASTM American Society for Testing and Materials, MRT Magnetresonanztomographie, RF Radiofrequenz)

Die MR-kompatible Device-Technologie macht sich die Erkenntnisse um die in Tab. 1 aufgeführten problematischen Interaktionen zwischen MRT und Device zunutze und zielt prinzipiell darauf ab, diese zu minimieren oder zu eliminieren. Ein MR-kompatibles System besteht Hardware-seitig immer aus einem MR-kompatiblen Aggregat in Verbindung mit einer oder mehreren MR-kompatiblen Sonden und funktionell aus einem MR-kompatiblen Betriebsmodus. Für die Implantationspraxis muss beachtet werden, dass die Hersteller der derzeit verfügbaren Systeme nur für bestimmte Kombinationen aus Aggregat und Sonde Bedingungen getestet haben, unter denen eine MR-Untersuchung verantwortet werden kann [37, 38, 39, 40]. Da herstellerübergreifende Aggregat-Sonden-Kombinationen bislang nicht getestet worden sind, verletzen sie die Vor- und Rahmenbedingungen zur Herstellung der MR-Kompatibilität, sodass dadurch paradoxerweise auch für grundsätzlich MR-kompatible Implantate eine Kontraindikation für MR-Untersuchungen bestehen kann [38, 39, 40].

Der Einfluss des statischen Magnetfelds auf das Aggregat kann durch eine Reduktion der ferromagnetischen Bestandteile vermindert werden [37]. Die verwendeten Materialien müssen über adäquate Leitungseigenschaften sowie eine entsprechende Haltbarkeit und Biokompatibilität verfügen [37]. Leichte Vibrationen und Zugkräfte im Bereich des Aggregats können trotz modifizierter Bauweise weiterhin auftreten (Patienten sollten über dieses harmlose Phänomen aufgeklärt werden). Unerwünschte Interaktionen mit dem Reed-Schalter (Tab. 1) können u. a. durch den Austausch des Reed-Schalters mit einem sog. Hall-Sensor vermieden werden. Dieser bietet im Einflussbereich des Magnetfelds eines MR-Scanners den Vorteil eines vorhersehbaren Verhaltens und kann dadurch während einer MR-Untersuchung einen störungsfreien Betrieb gewährleisten [14, 41]. Zum Schutz gegen das Auftreten eines elektrischen Resets oder einer ungewollten Umprogrammierung während einer MR-Untersuchung sind die internen Schaltkreise MR-kompatibler Aggregate speziell abgeschirmt und besitzen ein deutlich weniger störanfälliges Design [14, 41]. Bei MR-kompatiblen Sonden ist die Sondenlänge so bemessen, dass deren Resonanzfrequenz reduziert und dadurch ein möglicher Aufheizeffekt minimiert wird [37, 42]. Hinsichtlich des inneren Sondenaufbaus weist die innere koaxiale Spirale weniger, dafür aber kaliberstärkere gewendelte Leiter sowie einen engeren Wicklungsabstand auf [37]. Diese Sondengeometrie reduziert die potenziell gefährliche Induktion von elektrischen Wechselspannungen (Tab. 1). Eine spezielle Beschichtung kann die Polarisierung erniedrigen und einer Aufheizung der Sondenspitze entgegenwirken [14, 37, 41].

Ob ein Patient Träger eines MR-kompatiblen Devices ist, lässt sich auf mehrere Arten verifizieren. In aller Regel ist die MR-Kompatibilität im Geräteausweis dokumentiert und wird außerdem bei der Geräteabfrage auf dem Programmiergerät angezeigt. Darüber hinaus lassen sich die Komponenten MR-kompatibler Devices durch herstellerspezifische röntgenkontrastgebende MR-Symbole identifizieren [38, 39, 40]. Bei unklarer Device-Historie kann ein Röntgenthorax zudem anzeigen, ob weitere Devices oder aufgegebene Sonden vorhanden sind.

MR-kompatible Schrittmacher

Seit Herbst 2008 sind MR-kompatible Schrittmacher am Markt verfügbar [14, 43]. Die Firma Medtronic (Minneapolis, MN, USA) kennzeichnet ihr MR-kompatibles Portfolio mit dem Namenszusatz „SureScan™“, bei Biotronik (Berlin, Deutschland) sind Produkte der MR-kompatiblen Schrittmacherfamilie am Zusatz „ProMRI®“ erkennbar. St. Jude Medical (St. Paul, MN, USA) hängt an den jeweiligen Produktnamen jeweils ein „MRI“ (z. B. Accent MRI™; [38, 39, 40]). Tab. 3 gibt einen Überblick über die derzeit verfügbaren Systeme, deren Zulassungsstatus sowie die zugehörige Studienlage. In einer prospektiven multizentrischen Studie wurden insgesamt 464 Patienten mit MR-kompatiblen Schrittmachersystemen nicht geblindet entweder in eine MR-Gruppe (n=258) oder in eine Kontrollgruppe (n=206) randomisiert [14]. In der Verlaufskontrolle fand sich zwischen der MR- und der Kontrollgruppe weder ein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Sondenmesswerte noch wurden MR-assoziierte Komplikationen dokumentiert. Die Ergebnisse von laufenden oder in Kürze startenden Studien müssen abgewartet werden [44, 45, 46].

Tab. 3 Kommerziell verfügbare MR-kompatible Schrittmachersysteme

Abb. 5 illustriert generisch das für eine sichere MR-Untersuchung notwendige klinische Management bei Patienten, denen ein als MR-kompatibel ausgewiesener Schrittmacher implantiert wurde. Die Vorbereitung und Durchführung der MR-Untersuchung erfordert neben der Einhaltung genau beschriebener Rahmenbedingungen unverändert eine enge Zusammenarbeit zwischen einem Kardiologen mit spezieller Expertise für kardiale Stimulationssysteme und einem Radiologen mit fundierten Kenntnissen in der MR-Diagnostik und -Technologie. Bevor eine MR-Untersuchung in Erwägung gezogen werden kann, sollte grundsätzlich die Einheilung der Sonden abgewartet und das Vorhandensein anderer Devices ausgeschlossen werden. Elektrodenverlängerungen oder Adapter gelten nicht als Bestandteile MR-kompatibler Systeme und stellen daher eine MR-Kontraindikation dar. Die Schrittmacherbatterie sollte noch über einen ausreichenden Ladezustand verfügen (mind. 30%, Fa. Biotronik; mind. 2,85 V, Fa. Medtronic; [38, 39]). Falls die Stimulationsreizschwellen (atrial und/oder ventrikulär) vor der MR-Untersuchung 2,0 V bei einer Impulsdauer von 0,4 ms (Fa. St. Jude Medical 2,5 V bei 0,5 ms) überschreiten, ist die Untersuchung kontraindiziert [38, 39, 40]. Es sollte sichergestellt werden, dass bei Amplituden- und Impulsdauerwerten von 5,0 V (Fa. Biotronik 4,8 V) bei 1,0 ms keine diaphragmatische Stimulation erfolgt, da diese Stimulationsparameter im asynchronen MR-Modus hinterlegt sind. Vorhofflimmern stellt bei Stabilität aller anderen Parameter keine Kontraindikation dar.

Abb. 5
figure 5

Algorithmus zur Durchführung einer MRT (Magnetresonanztomographie) bei Patienten mit MR-kompatiblen Schrittmachern (SAR spezifische Absorptionsrate)

Die zulässige Magnetfeldstärke ist auf 1,5 Tesla (Tunnelsystem mit zylindrischem Magneten) beschränkt. Andere Feldstärken (auch niedrigere) werden derzeit von allen Device-Herstellern ausgeschlossen [38, 39, 40]. Zur Bildgebung darf nur die klassische Anregung von Wasserstoffprotonen eingesetzt werden, d. h. das Kernresonanzverhalten anderer Elemente (MR-Spektroskopie) darf nicht zur Anwendung kommen. Die Flankensteilheit (Slew-Rate), das kennzeichnende Leistungskriterium für ein Gradientensystem, darf 200 T/m/s nicht überschreiten (Fa. Biotronik ≤216 T/m/s). Die spezifische absorbierte Leistung der verwendeten MR-Sequenzen ist bei den Firmen Medtronic und Biotronik auf maximale Ganzkörper-SAR-Werte von 2,0 W/kg limitiert. Der allgemein empfohlene Ganzkörper-SAR-Wert von 4,0 W/kg ist derzeit nur für Devices der Fa. St. Jude Medical zulässig. Die Kopf-SAR ist jeweils auf 3,2 W/kg limitiert [38, 39, 40]. Diese SAR-Limits entsprechen den Empfehlungen internationaler MR-Sicherheitsnormen und müssen bei der Wahl der MR-Sequenzen berücksichtigt werden [47]. Die Verwendung von Oberflächenspulen mit Sendefunktion unterliegt herstellerspezifischen Restriktionen. Während die Firmen Medtronic und Biotronik deren Anwendung wegen einer fehlenden Datengrundlage noch generell ausschließen, dürfen sie nach den Vorgaben der Firma St. Jude Medical nicht direkt über dem Device platziert werden [38, 39, 40]. Die Verwendung reiner Empfangsspulen ist durchweg unproblematisch. Patienten dürfen ausschließlich in Rückenlage untersucht werden. Bei MR-kompatiblen Systemen der Fa. Biotronik muss weiterhin beachtet werden, dass Patienten eine Mindestkörpergröße von 1,40 m haben müssen, die Gesamtdauer der bildgebenden Sequenzen 30 min nicht überschreiten darf und dass die kumulierte Gesamtuntersuchungsdauer für das System unter 10 Stunden liegt [39]. Der zulässige Positionierungsbereich für Systeme der Fa. Biotronik erlaubt derzeit keine MR-Untersuchungen des Thoraxbereichs (Scan-Ausschlussbereich; [39]).

Vor der MR-Untersuchung erfolgt die Umprogrammierung in einen MR-kompatiblen Betriebsmodus (Abb. 5). Im Zuge dessen muss anhand einer im Programmiergerät hinterlegten Checkliste die Systemintegrität verifiziert werden. Sollte das System in einen asynchronen Stimulationsmodus versetzt werden, so sollte die Frequenz der Sicherheitsstimulation möglichst unterhalb der Eigenfrequenz liegen. Weitere Zusatzfunktionen werden im MR-Modus automatisch deaktiviert, die ursprünglichen Aggregateinstellungen werden gespeichert. Device-Umprogrammierungen dürfen nicht im MR-Scanner-Raum (Zone 4 nach der Definition des American College of Radiology) erfolgen, da die Programmiergeräte nicht MR-kompatibel sind [7]. Die Fa. St. Jude Medical bietet mit dem MRI Activator™ ein Handheld-Gerät an, das es dem Radiologen ermöglicht, zuvor durch den Kardiologen definierte MR-Einstellungen zu aktivieren und nach der MR-Untersuchung wieder zu deaktivieren [40]. Nutzen und Anwenderakzeptanz dieses Ansatzes müssen sich in der klinischen Praxis erst noch zeigen, zumal er nicht von einer kompletten Systemabfrage vor und nach dem MR-Scan entbindet.

Während der MR-Untersuchung sind ein kontinuierliches Monitoring (Oberflächen-EKG, nichtinvasiver Blutdruck, Sauerstoffsättigung) sowie das Vorhalten einer Notfallausrüstung inklusive eines externen Defibrillators notwendig [38, 39, 40]. Nach der Untersuchung erfolgen die Rücksetzung in den ursprünglichen Betriebsmodus und die Feststellung von eventuell aufgetretenen Schäden an Aggregat und/oder Sonde mit im Bedarfsfall weiterführender Diagnostik und Therapie.

Ergänzend sei angemerkt, dass implantierbare Ereignisrekorder (Reveal® XT und DX, Medtronic, Minneapolis, MN, USA) ebenfalls MR-kompatible Devices sind [48, 49]. Die Vorgaben zur Slew-Rate, zur Ganzkörper-SAR sowie zur SAR der Kopfspule entsprechen denen für MR-kompatible Schrittmacher (Abb. 5). Die Feldstärke darf hierbei 1,5 Tesla oder auch 3 Tesla betragen.

MR-kompatible implantierbare Cardioverter-Defibrillatoren (ICD)

Ende November 2011 wurde das erste MR-kompatible ICD-System (Lumax 740 mit ProMRI®, Biotronik, Berlin, Deutschland) mit der CE-Zulassung zertifiziert, und es wurden in ausgesuchten Zentren Erstimplantationen durchgeführt (Abb. 6). Mit einer Marktverfügbarkeit der MR-kompatiblen ICD-Aggregate und den entsprechenden ICD-Sonden ist ab dem Frühjahr 2012 zu rechnen. Im Vergleich zu Schrittmachern besitzen ICD-Aggregate einen höheren baulichen Komplexitätsgrad und haben durch das Vorhandensein zusätzlicher Komponenten (z. B. Schockkondensatoren) ein größeres Gerätevolumen. ICD-Sonden bestehen ähnlich wie reine Schrittmachersonden aus einem Elektrodenkörper mit mehrlumigem Aufbau, sind aber durch die zusätzliche Integration von 1 oder 2 Defibrillationselektroden (neben den Leitern für Wahrnehmung und Stimulation) ebenfalls komplexer aufgebaut. Mit der Größe und Komplexität wachsen die Herausforderungen an die Technologie MR-kompatibler ICD-Systeme. Wegen des höheren Gehalts an ferromagnetischen Komponenten liegt ein besonderes Augenmerk auf Interaktionen mit dem statischen Magnetfeld [37]. Ähnlich wie bei Schrittmachern sind vor und während einer MR-Untersuchung bestimmte Rahmenbedingungen zu erfüllen. Als Besonderheit muss bei MR-kompatiblen ICD-Systemen vor dem MR-Scan die antitachykarde Therapiefunktionalität deaktiviert werden. Dies wiederum erfordert ein noch strengeres Vorgehen im Hinblick auf das Monitoring während der MR-Untersuchung, weil ICD-Patienten substratspezifisch ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von malignen ventrikulären Tachyarrhythmien aufweisen [37]. Das kontinuierlich abgeleitete Oberflächen-EKG muss eine einwandfreie und zuverlässige Signalqualität haben, wie sie beispielsweise durch die Benutzung einer faseroptischen Technologie gewährleistet werden kann. Konventionelle EKG-Elektroden-Systeme hingegen neigen zu MR-bedingten Artefakten und können selbst dem erfahrenen Kardiologen die Arrhythmiedetektion erschweren (Tab. 1). Nach der MR-Untersuchung erfolgen Rückprogrammierung und Reaktivierung der antitachykarden Therapien. Eine routinemäßige ICD-Testung scheint nicht notwendig zu sein [50].

Abb. 6
figure 6

Erster MR-kompatibler implantierbarer Cardioverter-Defibrillator (ICD; Lumax 740 mit ProMRI®, Biotronik, Berlin, Deutschland): a ICD-Aggregat, b postoperativer Röntgenthorax posterior-anterior mit linkspektoral platziertem ICD-Aggregat und regelrechter Lage der Sonde am Boden des rechten Ventrikels. Der Asterisk (*) kennzeichnet eine röntgenmarkierte Kompresse (Wundverband)

Offene Fragen und Ausblick

Die MR-Kompatibilität von Schrittmacher- und neuerdings auch von ICD-Systemen ermöglicht betroffenen Patienten prinzipiell einen gefahrlosen Zugang zu MR-Untersuchungen, ist aber definitionsgemäß an die Einhaltung von Vor- und Rahmenbedingungen gebunden. Herstellerspezifische Charakteristika verpflichten sowohl Kardiologen als auch Radiologen zu einem genauen Studium der jeweiligen Handbücher [38, 39, 40]. Die Implementierung MR-kompatibler Devices im klinischen Alltag erfordert derzeit und auch in Zukunft eine enge Kooperation zwischen den beteiligten Fachdisziplinen. Tab. 4 listet potenzielle Forschungsfragen auf, die sich aus der noch jungen Technologie ergeben [37]. Von zentraler Bedeutung ist die Erarbeitung von objektivierbaren Selektionskriterien und Indikationen für die Implantation von MR-kompatiblen Systemen. Auch wenn herstellerseitig Strategien erkennbar sind, MR-Kompatibilität als künftige Technologieplattform für alle Devices zu etablieren, so ergibt sich dennoch eine Übergangsphase von vielen Jahren. Selbst wenn alle Neuimplantationen mit MR-kompatiblen Devices bestritten werden würden, müsste theoretisch bei jedem Gerätewechsel eines konventionellen Devices eine Nutzen-Risiko-Abwägung zur Frage durchgeführt werden, ob eine Sondenextraktion nicht-MR-kompatibler Sonden erfolgen sollte, um die Aufrüstung auf ein MR-kompatibles System zu ermöglichen [51]. Während der Übergangszeit behalten die Empfehlungen für nicht-MR-kompatible Devices weiterhin ihre Relevanz für die klinische Entscheidungsfindung (Tab. 2). Neben einer zumindest für Deutschland derzeit unbefriedigenden Vergütungssituation stehen vor allem fehlende Langzeitdaten einem flächigen und kompletten Technologiewechsel entgegen. Es ist derzeit nicht absehbar, ob möglicherweise zugunsten der MR-Kompatibilität eingegangene Kompromisse im Device-Design sich nachteilig auf Lebensdauer und Haltbarkeit auswirken. Ergebnisse von klinischen Studien sowie von Marktbeobachtungsstudien (Post-Marketing-Surveillance) müssen abgewartet werden. Bezüglich der Patientensicherheit sind interdisziplinäre Konzepte zu erarbeiten, die die regulatorischen Vorgaben in effiziente klinische Prozesse umsetzen. Bei steigenden Erfahrungswerten und Patientenzahlen darf mit einer Angleichung der derzeit gültigen Vorgaben gerechnet werden.

Tab. 4 MR-kompatible Devices: Offene Fragen und Studienbedarf [37]

Der aktuelle Stand der MR-kompatiblen Device-Technologie bietet Lösungen für die wesentlichen MR-Device-Interaktionen. Zukünftige Entwicklungen werden das Spektrum möglicher Anwendungen erweitern. So wird der anhaltende Trend zu höheren Feldstärken bei neuinstallierten MR-Scannern oder die Zunahme MR-gesteuerter Interventionen Berücksichtigung finden [52, 53]. In Kürze werden MR-kompatible CS-Sonden zur Verfügung stehen und damit biventrikuläre Systeme ermöglichen. Zusätzlich ist eine Ausweitung auf temporäre Stimulationssysteme, subkutane ICD-Systeme oder Neurostimulatoren denkbar.