Zusammenfassung
Der Beitrag hinterfragt bisherige Konzepte zur Effektivitätsmessung parlamentarischer Opposition, da die vorherrschende Orientierung an der politischen Opportunitätsstruktur die normative Perspektive vernachlässige. Deshalb klären die Autoren zunächst grundsätzlich, was Opposition im parlamentarischen Regierungssystem Deutschlands leisten soll, um sodann zwei unterschiedlich ausgerichtete Modelle effektiver Opposition zu differenzieren. Im Westminster-Modell bedeute Effektivität, dass die Opposition alle Möglichkeiten nutze, um selbst zu regieren. Dagegen sei der Hauptzweck der Opposition im republikanischen Modell, dem Deutschland zugerechnet wird, politische Macht durch konstruktive Zusammenarbeit mit der Regierung zu kontrollieren. Es wird aufgezeigt, dass die Anforderungen an eine effektive parlamentarische Opposition erheblich variieren und die Opposition nicht alle ihr zugewiesenen Funktionen gleichermaßen gut erfüllen kann, sondern eine strategische Wahl zu treffen hat.
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Notes
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BVerfG, Urteil vom 3. Mai 2016 – 2 BvE 4/14.
- 2.
Müntefering, F. (2004), Opposition ist Mist. Lass das die anderen machen – wir wollen regieren. Das Parlament, 29. März 2004.
- 3.
Wir möchten an dieser Stelle nicht den Eindruck erwecken, die (interdisziplinäre) Oppositionsforschung habe in den vergangenen Jahrzehnten keine Fortschritte gemacht. Das Gegenteil ist richtig. Gleichwohl können wir hier nicht eine vollständige Literaturübersicht bieten oder den Stand der Diskussion im Detail nachzeichnen. Entsprechende Ausführungen finden sich in Garritzmann (2017), Ingold (2015) und Helms (2002). Wir möchten an dieser Stelle lediglich deutlich machen, dass eine Wiederbelebung der akademischen Debatte über die Leistungsfähigkeit der Opposition bei den Konzepten und analytischen Zugängen ansetzen muss. Hier liegt unserer Ansicht nach zur Zeit der größte Forschungsbedarf.
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Kein Geringerer als Wilhelm Hennis (2000) hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, den Zweck politischer Institutionen nicht aus dem Blick zu verlieren.
- 5.
So auch unmissverständlich das BVerfG, Urteil vom 3. Mai 2016, 3. Leitsatz.
- 6.
Die Mehrheitsverhältnisse in der 5. und 18. Wahlperiode des Bundestages stellen Ausnahmen dar. In beiden Fällen verfügte die Regierungskoalition über eine verfassungsändernde Mehrheit.
- 7.
Es ist bezeichnend, dass Sydow und Jooß (2017) ausgerechnet hier nicht weiter aufführen, welches denn die „Zwecke“ der Opposition genau sein sollen.
- 8.
BVerfGE 5, 85 (197 f.); BVerfGE 12, 205 (240 ff.).
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Darauf scheinen manche deutschen Oppositionspolitiker bezeichnenderweise besonders stolz zu sein.
- 10.
Zu dieser Kategorie von Parteien kann gegenwärtig etwa die AfD gezählt werden. Deren „Effektivität“ als Oppositionspartei ließe sich höchstens an ihrer Fähigkeit ermessen, systemverdrossene Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, sie zu wählen. Wir danken Melanie Müller, TU Kaiserslautern, für diesen Hinweis.
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Höreth, M., Ketelhut, J. (2020). Was ist effektive Opposition? Überlegungen zu einem Schlüsselbegriff der Regierungslehre. In: Bröchler, S., Glaab, M., Schöne, H. (eds) Kritik, Kontrolle, Alternative. Regierungssystem und Regieren in der Bundesrepublik Deutschland. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29910-1_5
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