Zusammenfassung
Der Beitrag knüpft an einen Vorschlag an, den die Autorin zu Beginn der 2000er Jahre entwickelt und formuliert hat: Soziale Arbeit kann demnach als „Gedächtnis(ort) gesellschaftlicher Konflikte“ und zugleich als „Offenes Archiv“ begriffen werden, in dem sich sehr unterschiedliche ‚Antworten‘ auf ‚Soziale Fragen‘ finden lassen (vgl. Maurer 2005; 2009). Der Entstehungszusammenhang dieser Denkfigur wird rekonstruiert und theoretisch ebenso wie historisch-politisch kontextualisiert. So lässt sich die Denkfigur („Gedächtnis der Konflikte“/“Offenes Archiv“) auch als spezifische ‚Antwort‘ auf den ‚Streit um die Geschichte‘ in einer bestimmten Zeit und mit Bezug auf bestimmte thematische Felder der Auseinandersetzung kennzeichnen. Den Abschluss bilden Überlegungen zu einer ‚angemessenen‘ Geschichtsdarstellung, nicht zuletzt im Hinblick auf die Hochschullehre.
Ich möchte diesen Aufsatz Lisel Werninger widmen, einer leidenschaftlichen Sozialpädagogin, die im Jahr 2016 ihren 102. Geburtstag vollendet hat und über Jahrzehnte hinweg die Diskussionen in der Gilde Soziale Arbeit mit ihrem kritisch-wachen Geist und ihrem humorvollen Verstand inspiriert hat.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Similar content being viewed by others
Literatur
Anderson, Benedict (1983): Imagined Communities. London: Verso.
Assmann, Jan (1988): Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität. In: Assmann/Hölscher (Hrsg.): Kultur und Gedächtnis. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 9-19.
Bäumer, Gertrud (1910): Die soziale Idee in den Weltanschauungen des 19. Jahrhunderts. Die Grundzüge der modernen Sozialphilosophie. Heilbronn: Salzer.
Becker, Franziska; Althaus, Hans-Joachim (1989): Verstehen oder Kritisieren. Zum Umgang mit Erinnerungsinterviews. Tübinger Korrespondenzblatt Nr. 34: S. 2-10.
Becker, Franziska (1994): Gewalt und Gedächtnis. Erinnerungen an die nationalsozialistische Verfolgung einer jüdischen Landgemeinde, Göttingen: Schmerse.
Benjamin, Walter (1978): Über den Begriff von Geschichte. In: Gesammelte Schriften. Bd. 1.Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 693-704.
Bloch, Ernst (1918): Geist der Utopie. München: Duncker & Humblot.
Bock, Gisela (1988): Geschichte, Frauengeschichte, Geschlechtergeschichte. In: Geschichte und Gesellschaft 14, 1988: S. 364-391.
Bourdieu, Pierre; Wacquant, Loïc J.D. (1996): Reflexive Anthropologie, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bührmann, Andrea Dorothea (1998): Die Normalisierung der Geschlechter in Geschlechterdispositiven. In: Bublitz (Hrsg.): Das Geschlecht der Moderne. Genealogie und Archäologie der Geschlechterdifferenz. Frankfurt a. M./New York: Campus, S. 71-94.
Burke, Peter (1991): Geschichte als soziales Gedächtnis. In: Assmann/Harth (Hrsg.): Mnemosyne. Formen und Funktionen der kulturellen Erinnerung. Frankfurt a. M.: Fischer, S. 289-304.
Chartier, Roger (1992): Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung, Frankfurt a. M.: Fischer.
Cyrus, Hannelore (1997): Historische Akkuratesse und soziologische Phantasie. Eine Methodologie feministischer Forschung. Königstein/Taunus: Ulrike Helmer.
Debord, Guy (1996): Die Gesellschaft des Spektakels. Berlin: Edition Tiamat.
Deleuze, Gilles (1996): Lust und Begehren. Berlin: Merve.
Dörr, Bea; Kaschuba, Gerrit; Maurer, Susanne (2000): „Endlich habe ich einen Platz für meine Erinnerungen gefunden“ Kollektives Erinnern von Frauen in Erzählcafés zum Nationalsozialismus. Pfaffenweiler: Centaurus.
Dörr, Bea; Maurer, Susanne (1997): Erinnern gegen die „herrschende Kultur des Erinnerns“? – Zwiespältige Erfahrungen aus Erzählcafés für Frauen zum Frauenalltag im Nationalsozialismus. In: Geschichtswerkstatt e. V. (Hrsg.): Erinnern gegen den Schlußstrich. Zum Umgang mit dem Nationalsozialismus. Freiburg im Breisgau, S. 83-91
Droysen, Johann Gustav (1977 [1857/1882]): Historik. Textausgabe Peter Leyh. Stuttgart: Frommann-Holzboog.
Duby, Georges; Lardreau, Guy (1982): Geschichte und Geschichtswissenschaft – Dialoge. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Duby, Georges (1992): Eine andere Geschichte. Stuttgart: Klett-Cotta.
Fehr, Michael (1995): Kunst als „Bewußtsein von Geschichte“. Sigrid Sigurdssons „Von der Stille“. In: Fehr/Schellewald (Hrsg.): Sigrid Sigurdsson: Vor der Stille. Ein kollektives Gedächtnis . Köln: Wienand, S. 9-16.
Fischer-Rosenthal, Wolfram; Alheit, Peter (1995) (Hrsg.): Biographien in Deutschland. Soziologische Rekonstruktionen gelebter Gesellschaftsgeschichte. Opladen: Leske + Budrich.
Flusser, Vilém (1994): Gesten: Versuch einer Phänomenologie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Foucault, Michel (1973): Die Archäologie des Wissens. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Foucault, Michel (1978): Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit, Berlin: Merve.
Foucault, Michel (2005): Analytik der Macht. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Füssenhäuser, Cornelia (2005): Werkgeschichte(n) der Sozialpädagogik. Klaus Mollenhauer – Hans Thiersch – Hans-Uwe Otto. Der Beitrag der „Ersten Generation“ nach 1945 zur Theoriebildung und Konturierung universitärer Sozialpädagogik. Hohengehren: Schneider-Verlag.
Gramsci, Antonio (1991 ff.): Gefängnishefte. Bd. 1-10. Berlin/Hamburg: Argument.
Grever, Maria (2002): Beyond Petrified History – Gender and the Future Meaning of the Past. Vortrag im Rahmen der gemeinsamen Tagung des Museumsverbandes Baden-Württemberg und von Frauen & Geschichte Baden-Württemberg, „Gedächtnis und Erinnerung in unserer Gesellschaft – Museen als Erinnerungsorte“ am 20./21. September 2002, Mosbach.
Halbwachs, Maurice (1966): Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Berlin: Luchterhand.
Halbwachs, Maurice (1985): Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt a. M.: Fischer.
Haraway, Donna (1996): Situiertes Wissen. Die Wissenschaftsfrage im Feminismus und das Privileg einer partialen Perspektive. In: Scheich (Hrsg.): Vermittelte Weiblichkeit. Feministische Wissenschaft und Gesellschaftstheorie.Hamburg: Hamburger Edition, S. 217-248.
Heller, Agnes (1978): Das Alltagsleben. Versuch einer Erklärung der individuellen Reproduktion. Hrsg. und eingeleitet von H. Joas. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Horn, Ina (1992) (Hrsg.): Die Faszination des NS für Frauen. Eine Motivationsuntersuchung zur Erklärung von Bedingungen und Formen der Beteiligung österreichischer Frauen am NS. Stadtschlaining: IFF.
Jung, Tina (2016): Kritik als demokratische Praxis. Kritik und Politik in Kritischer Theorie und feministischer Theorie. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Kluge, Alexander (1979): Die Patriotin. Frankfurt a. M.: Zweitausendeins.
Kracauer, Siegfried (1977): Das Ornament der Masse. Essays. Frankfurt a. Main.: Suhrkamp.
Kracauer, Siegfried (1992): Der verbotene Blick. Beobachtungen – Analysen – Kritik. Leipzig: Reclam.
Kunstreich, Timm (2009): Grundkurs Soziale Arbeit. Sieben Blicke auf Geschichte und Gegenwart Sozialer Arbeit. 2 Bde. Bielefeld: Kleine.
Lefèbvre, Henri (1972): Das Alltagsleben in der modernen Welt. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Mannheim, Karl (1964 [1928]): Das Problem der Generationen. In: Wolff (Hrsg.): Wissenssoziologie. Auswahl aus dem Werk. Berlin: Luchterhand, S. 509-565.
Mauch, Thomas (1990): Nationalsozialistische Repräsentationsarchitektur: Auf der Suche nach einer faschistischen Ästhetik. Unveröffentlichte Magisterarbeit, Tübingen.
Maurer, Susanne (1999): „Da spricht man ja sonst nicht drüber“ Feministische Geschichtsarbeit und kollektives Gedächtnis. metis 8 (1999), H. 15 („Erinnern und Vergessen“), S. 48-55.
Maurer, Susanne (2004): Zum Verhältnis von Frauenbewegungen und Sozialer Arbeit um 1900 Versuch einer historisch-systematischen (Re-)Kontextualisierung nebst Überlegungen zu einer reflexiven Historiographie in der Sozialpädagogik. Hildesheim: Habilitationsschrift.
Maurer, Susanne (2005): Geschichte Sozialer Arbeit als Gedächtnis gesellschaftlicher Konflikte. Überlegungen zu einer reflexiven Historiographie in der Sozialpädagogik. In: Konrad (Hrsg.): Sozialpädagogik im Wandel. Historische Skizzen. Münster: Waxmann, S. 11-33.
Maurer, Susanne (2009): Soziale Arbeit als „offenes Archiv“ gesellschaftlicher Konflikte. In: Mührel/Birgmeier (Hrsg.): Theorien der Sozialpädagogik – ein Theorie-Dilemma? Wiesbaden: VS-Verlag, S. 147-164.
Maurer, Susanne (2014): Zerstreute Geschichte(n)? Überlegungen zu einer feministischen Geschichtsschreibung. In: Das Argument, Heft 3/2014, S. 331-339.
Maurer, Susanne (2016): ‚Gedächtnis der Konflikte‘ statt ‚Kanon‘? Historiographiepolitik als Normativitätskritik in feministisch-kritischer Wissenschaft. In: Dreit/Schumacher/Abraham/Maurer (Hrsg.): Ambivalenzen der Normativität in feministisch-kritischer Wissenschaft. Königstein im Taunus: Ulrike Helmer, S. 135-152.
Maurer, Susanne; Schröer, Wolfgang (2011): Geschichte sozialpädagogischer Ideen. In: Otto/Thiersch (Hrsg.): Handbuch Soziale Arbeit. Grundlagen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik. München/Basel: Ernst Reinhardt Verlag, S. 541-551.
Nabokov, Vladimir (1989): Erzählungen I. 1921-1934. Reinbek: Rowohlt.
Negt, Oskar; Kluge, Alexander (1981): Geschichte und Eigensinn. Frankfurt a. M.: Zweitausendeins.
Niemeyer, Christian (2015): Mythos Jugendbewegung. Ein Aufklärungsversuch. Weinheim/Basel: Beltz Juventa.
Nohl, Herman (1935): Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie. O. O.
Nora, Pierre (1995): Das Abenteuer der Lieux de mémoire. In: François (Hrsg): Nation und Emotion. Deutschland und Frankreich im Vergleich. 19. und 20 Jahrhundert. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 83-92.
Paul-Horn, Ina (1993): Faszination Nationalsozialismus? Zu einer politischen Theorie des Geschlechterverhältnisses. Pfaffenweiler: Centaurus.
Reichel, Peter (1999): Politik mit der Erinnerung. Gedächtnisorte im Streit um die nationalsozialistische Vergangenheit. Frankfurt a. M.: Fischer.
Reichel, Peter (2001): Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur von 1945 bis heute. München: C.H. Beck.
Ribbens, Kees (2002): Een eigentijds verleden. Alledaagse historische cultuur in Nijmegen. Hilversum: Verloren.
Ricoeur, Paul (1984-88): Time and Narrative (Temps et récit, Paris 1983-85). 3 Bde, Chicago/London: The University of Chicago Press.
Rüsen, Jörn (1969): Begriffene Geschichte. Genesis und Begründung der Geschichtstheorie Johann Gustav Droysens. Paderborn: Schöningh.
Saar, Martin (2003): Genealogie und Subjektivität. In: Honneth/Saar (Hrsg.): Michel Foucault. Zwischenbilanz einer Rezeption. Frankfurter Foucault-Konferenz 2001. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 157-177.
Sarasin, Philipp (2003): Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Scheich, Elvira (1996) (Hrsg.): Vermittelte Weiblichkeit. Feministische Wissenschaft und Gesellschaftstheorie. Hamburg: Hamburger Edition.
Schnurr, Stefan (1997): Sozialpädagogen im Nationalsozialismus. Eine Fallstudie zur sozialpädagogischen Bewegung im Übergang zum NS-Staat. Weinheim/München: Juventa.
Sigurdsson, Sigrid (2002): Die offenen Archive zwischen Kunst und Wissenschaft. Erinnerungsprojekte 1965-2002. Vortrag am 21.9.2002 bei der Tagung des Museumsverbandes Baden-Württemberg e. V. in Kooperation mit Frauen & Geschichte Baden-Württemberg e. V. im Stadtmuseum Mosbach.
Sobchack, Vivian (1996) (Hrsg.): The Persistence of History. Cinema, Television and the Modern Event. New York/London: Routledge.
Thiersch, Hans (1986): Die Erfahrung der Wirklichkeit. Weinheim: Juventa.
Thompson, Edward P. (1980): Das Elend der Theorie: zur Produktion geschichtlicher Erfahrung, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Thompson, Edward P. (1987): Die Entstehung der englischen Arbeiterklasse. Zwei Bde. Frankfurt a. Main: Suhrkamp Verlag.
Veyne, Paul (1981): Der Eisberg der Geschichte. Berlin: Merve.
Veyne, Paul (1992): Michel Foucault: Die Revolutionierung der Geschichte. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Welzer, Harald; Domansky, Elisabeth (1999) (Hrsg.): Eine offene Geschichte. Zur kommunikativen Tradierung der nationalsozialistischen Vergangenheit. Tübingen: edition diskord.
Welzer, Harald (2001) (Hrsg.): Das soziale Gedächtnis. Geschichte, Erinnerung, Tradierung. Hamburg: Hamburger Edition.
White, Hayden (1987): The Content of the Form: Narrative Discourse and Historical Representation. Baltimore: John Hopkins University Press.
White, Hayden (1991): Metahistory. Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert, Frankfurt a. M.: Fischer.
White, Hayden (1994): Der historische Text als literarisches Kunstwerk. In: Conrad/Kessel (Hrsg.): Geschichte schreiben in der Postmoderne. Beiträge zur aktuellen Diskussion. Stuttgart: Reclam, S. 123-157.
Young, J. E. 1992. Beschreiben des Holocaust. Darstellung und Folgen der Interpretation, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2017 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Maurer, S. (2017). „Gedächtnis der Konflikte“?. In: Richter, J. (eds) Geschichtspolitik und Soziale Arbeit. Soziale Arbeit in Theorie und Wissenschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16722-6_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-16722-6_2
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-16721-9
Online ISBN: 978-3-658-16722-6
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)