Zusammenfassung
Zwischen Herbst 2008 und Sommer 2009 nominierten die politischen Parteien in Deutschland ihre Direktkandidaten in den 299 Wahlkreisen und stellten die Landeslisten mit den Listenkandidaten für die Bundestagswahl am 27. September 2009 auf. Diese innerparteiliche Kandidatenaufstellung ist dabei politisch und politikwissenschaftlich höchst bedeutsam: So ergibt sich ihre Relevanz zum einen aus der Bedeutung der Kandidatenaufstellung für die personelle Zusammensetzung des Bundestags: Für die Mehrheit der Kandidaten stand bereits bei ihrer Nominierung fest, ob sie nach der Wahl Bundestagsabgeordnete werden oder nicht. So zeigten Studien in den 1960er und 1970er Jahren, dass mehr als 75% der Abgeordneten bereits vor der Wahl sicher sein konnten, dass sie in den Bundestag einziehen, da sie auf sicheren Listenplätzen oder in sicheren Wahlkreisen kandidierten (vgl. Kaack 1971). Damit entscheidet in diesen Fällen nicht das Votum der Wähler sondern die innerparteilichen Selektoren über die Abgeordneten. Auch wenn durch die Veränderung des Parteiensystems und die erhöhte Volatilität der Anteil an Kandidaten auf sicheren Listenplätzen und Wahlkreisen vermutlich gesunken ist, ist der Nominierungsprozess innerhalb der Parteien für die personelle Zusammensetzung des Bundestags nach wie vor sehr wichtig.
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Reiser, M. (2011). „Wer entscheidet unter welchen Bedingungen über die Nominierung von Kandidaten?“ Die innerparteilichen Selektionsprozesse zur Aufstellung in den Wahlkreisen. In: Niedermayer, O. (eds) Die Parteien nach der Bundestagswahl 2009. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93223-1_11
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