Zusammenfassung
Mit dem biographisch-narrativen Interview steht der verstehenden Forschung ein außergewöhnliches Datenmaterial zur Verfügung. Die Sonderstellung dieses Forschungsinstruments zeigt sich schon bei der Frage der Datenerhebung. Die Erhebung von naturwüchsigen Interaktionsprotokollen erweist sich meistens als ausgesprochen schwierig. Familien gewähren Forschern nur sehr widerwillig Einblick in ihre Privatsphäre; die Erhebung eines therapeutischen Gesprächs ist angesichts des Vertrauensschutzes dieser Handlungspraxis kaum realisierbar; die Erhebung von Beratungsgesprächen zwischen Lehrern und Eltern ist aus ähnlichen Gründen mit erheblichen Anstrengungen verbunden. Die Interaktionspraxis in Kontexten der politischen, ökonomischen oder administrativen Entscheidungsfindung bleibt dem Forschungszugriff gänzlich entzogen. Dagegen stößt die Bitte, im Rahmen eines Forschungsinterviews das eigene Leben zu erzählen, auf erstaunlich wenig Abwehr. Das initiale Anliegen, „wir interessieren uns für Ihr Leben“, hat gute Aussichten, positive Resonanz zu finden.
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Silkenbeumer, M., Wernet, A. (2010). Biographische Identität und Objektive Hermeneutik: methodologische Überlegungen zum narrativen Interview. In: Griese, B. (eds) Subjekt – Identität – Person?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92488-5_9
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