Zusammenfassung
Bildung ist eine der wichtigsten sozialen Fragen des 21. Jahrhunderts (Mayer 2000). Sie beschränkt sich nicht auf die allgemeine Schulbildung und formelle Berufsausbildung, sondern ebenso auf berufliche Weiterbildung und kontinuierli-ches selbstgesteuertes Lernen (siehe Beitrag von Schömann und Leschke in die-sem Band). Ihre gesellschaftliche Bedeutung lässt sich wie für die meisten anderen modernen europäischen Gesellschaften auch für Deutschland an der Gleichzeitig-keit von Bildungsexpansion und sozialer Ungleichheit von Bildungschancen be-messen (Blossfeld und Shavit 1993; Müller 1998; Becker 2003, 2006, 2009b; Müller und Kogan 2010). So hatte die in Deutschland bereits in den 1950er Jahren einsetzende, sich in den 1960er Jahren beschleunigende und bis in die jüngste Gegenwart andauernde Bildungsexpansion zu einer zunehmenden Bildungsbeteili-gung in allen Sozialschichten geführt. Während im Jahre 1965 rund 16 Prozent der 13-jährigen Schulkinder auf das Gymnasium gingen, besuchten Ende der 1980er Jahre bereits 30 Prozent der 13-Jährigen die höchste Bildungsstufe. Noch deutli-cher ist die Entwicklung für die Kinder von Beamten. Im Jahre 1965 besuchten 36 Prozent und im Jahre 1989 rund 58 Prozent der Kinder von Beamten das Gymna-sium, während bei den Arbeiterkindern − allerdings auf einem niedrigeren Niveau − der relative Zuwachs von 4 auf 11 Prozent noch deutlicher ausfiel. So gesehen hatten im Jahre 1965 die Beamtenkinder eine 19-mal bessere Chance als die Ar-beiterkinder, auf das Gymnasium zu wechseln. Danach verbesserten sich die Bil-dungschancen bis zum Jahre 1985 zu Gunsten der Arbeiterkinder. Jedoch hatten im Jahre 1989 die Beamtenkinder immer noch 11-mal bessere Chancen als die Arbeiterkinder, das Gymnasium besuchen zu können. Auch in den 1990er Jahren bis in die jüngste Gegenwart haben Schulkinder aus höheren Sozialschichten ge-genüber den Kindern aus den Arbeiterschichten eine 9-mal und im Jahre 2000 eine 7-mal bessere Chance, ins Gymnasium zu wechseln.
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Becker, R., Lauterbach, W. (2010). Bildung als Privileg – Ursachen, Mechanismen, Prozesse und Wirkungen. In: Becker, R., Lauterbach, W. (eds) Bildung als Privileg. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92484-7_1
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