Auszug
Hans-Uwe Otto hat in und durch seine Schriften stets hervorgehoben, dass Soziale Arbeit in eine gesellschaftstheoretisch fundierte, „normativ anspruchsvolle“ Theorie eingebunden sein muss, die auch Fragen der Gerechtigkeit mit einschlieβt und die „gelegentlich soziologisch vergessene, normative Dimensionen zurückgewinn[t]“ (Brunkhorst/Otto 1989, S. 372). So hat er sich früh zusammen mit Hauke Brunkhorst an der universalistischen Gerechtigkeitstheorie von John Rawls abgearbeitet, die Autonomie, Selbstbestimmung und individuelle Freiheit in den Vordergrund rückt: „Universalistische Prinzipien der Autonomie und Gleichheit setzen alle konkreten Lebensformen, pädagogische Provinzen und sittliche Erziehungswirklichkeiten unter Rationalisierungsdruck. Das für jeweils alle Betroffenen Richtige hat einen unbedingten Vorrang vor den bloβ traditional bewährten Werten des Gemeinschaftslebens“ (ebd., Herv. i.O.). Wohlfahrtsstaatliche Arrangements als Felder staatlich-öffentlicher Verantwortungsübernahme werden als Garanten für soziale Gerechtigkeit eingefordert. Dagegen wird Ansätzen, die die Verantwortung für soziale Wohlfahrt verstärkt in die Gemeinschaft verlagern, eine Absage erteilt: „Man muss beides wollen: Soziale Gerechtigkeit durch mehr, nicht weniger Sozialstaat und Freiheit durch gleichzeitige Zerstörung seiner erstickenden Disziplinarmacht“ (ebd.). Die Stärken von Rawls’ Gerechtigkeitstheorie, die dem politischen Liberalismus zuzurechnen ist, liegen in der Beurteilung öffentlicher Wohlfahrtsproduktion, wenn es um die Bestimmung und Begründung einer Förderung des allgemeinen Wohlergehens von Bürgerinnen mittels der Sicherstellung jener (teilbaren) Ressourcen und Güter geht, die zur Führung eines selbstbestimmten Lebens grundlegend notwendig sind (vgl. Otto/Ziegler 2007).
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Oelkers, N., Schrödter, M. (2008). Soziale Arbeit im Dienste der Befähigungsgerechtigkeit. In: Soziale Arbeit in Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90960-8_4
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