Zusammenfassung
Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hinein war Deutschland in erster Linie ein Auswanderungsland. Insbesondere Gesellenwanderung der Handwerker, Saisonwanderungssysteme über große Distanzen, Siedlungsmigrationen zur Erschließung bisher unbesiedelter Gebiete, Flüchtlingsströme aufgrund religiöser Verfolgung und wegen Hungersnöten kennzeichnen das Wanderungsgeschehen der vorindustriellen Zeit. Wanderarbeit aufgrund der zunehmenden Nachfrage in den Industriestädten und -gebieten sowie im Eisenbahnbau, die damit verbundene Verbesserung des Transportsystems, die enormen Migrationsbewegungen nach Übersee, das Umsichgreifen der Idee, dass mit geographischer Mobilität auch sozialer Aufstieg verbunden sein könne, sind Stichworte, die auf Aspekte des Wanderungsgeschehens im 19. und frühen 20. Jahrhundert hinweisen (vgl. etwa Sassen 1996). Ab der Wende zum 20. Jahrhundert wird das Wanderungsgeschehen in Deutschland vermehrt durch Immigration bestimmt. Deutschland wird, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, zum wichtigsten Ziel von Migranten und Migrantinnen in Europa. Zwischen 1950 und 1998 verließen etwa 20 Millionen Menschen Deutschland, im gleichen Zeitraum kamen etwa 30 Millionen Menschen (Münz/ Seifert/ Ulrich 1999: 18). Die Weigerung politischer Entscheidungsträger, diese Migrationsrealität anzuerkennen, bestimmt hierbei lange den gesellschaftlichen Umgang mit Migration in der Bundesrepublik Deutschland. Konsequenzen dieser Politik sind Bestandteil auch heute noch bedeutsamer Praxen, in denen „Ausländer“, „Migratinnen“, „Menschen mit Migrationshintergrund“ als Fremde und „eigentlich nicht Zugehörige“ konstruiert und behandelt werden.
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Mecheril, P. (2005). Pädagogik der Anerkennung. Eine programmatische Kritik. In: Hamburger, F., Badawia, T., Hummrich, M. (eds) Migration und Bildung. Schule und Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90346-0_19
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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