Zusammenfassung
Experteninterviews2 wird in der Methodendiskussion von Puristen häufig vorgeworfen, sie seien ein ‚schmutziges‘ Verfahren. Unbeschadet von allzu tiefschürfender methodologischer Reflektion würde mit Experteninterviews gleichsam ‚im Niemandsland‘ zwischen qualitativem und quantitativem Paradigma operiert3: In der empirischen Forschung flexibel gehandhabt, je nach untersuchungsleitendem Interesse und konkreter Fragestellung mal mehr, mal weniger durch einen Leitfaden strukturiert, mehr oder weniger offen geführt und auf obskure Art und Weise nach handgestrickten Verfahren aufbereitet, ausgewertet und interpretiert, erfüllen Experteninterviews in den Augen der Methodenpäpste qualitativer wie quantitativer Provenienz weder die Gütekriterien des einen noch des anderen methodologisch-methodischen Paradigmas. Diese Erfahrung mussten im Fall der qualitativen Methodengemeinde auch die beiden Sozialforscherinnen M. Meuser und U. Nagel machen:
„Wenn das Wort Leitfadeninterview fällt, hat man beim harten Kern der Vertreter ‚weicher‘ Methoden einen schweren Stand. Auch Begriffe wie halboffenes oder focussiertes Interview helfen da nicht weiter, eher im Gegenteil“ (1989: 8).
Dieser Text hat eine längere Geschichte. Er basiert auf einem Vortrag im Rahmen eines Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) über ‚Expertenin-terviews in der Arbeitsmarktforschung‘ und wurde in der damaligen Fassung in der ent-sprechenden Dokumentation auch veröffentlicht (Trinczek 1995). In der Zwischenzeit habe ich jedoch im Rahmen eines DFG-Projektes über ‚Lebensarrangements von Führungskräften im Kontext veränderter beruflicher und privater Herausforderungen‘, das wesentlich von Cornelia Behnke und Renate Liebold am Institut für Soziologie der Uni Erlangen durchgeführt wurde, hinzugelernt: Meine Position ist heute ein wenig differenzierter als noch Mitte der 90er Jahre. Daher lehnt sich der vorliegende Text zwar in weiten Teilen inhaltlich und textlich stark an den fr an, es gibt jedoch in bestimmten Passagen auch erhebliche Unterschiede.
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Literatur
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Trinczek, R. (2002). Wie befrage ich Manager?. In: Bogner, A., Littig, B., Menz, W. (eds) Das Experteninterview. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93270-9_10
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