Zusammenfassung
In der Agrarpolitik hat ökologische Nachhaltigkeit Ende des letzten Jahrhunderts Eingang gefunden – die wachsende Erdbevölkerung erfordert eine Steigerung der Nahrungsmittelproduktion bei gleichzeitig knapper werdenden Ressourcen. Unternehmen im Agrarbereich sind entsprechend gefordert, etwa mit dem Strengths-Weaknesses-Opportunities-Threats (SWOT)-Ansatz diese unterschiedlichen Aspekte in ihre Strategien einfließen zu lassen. Für Schweizer Milchproduktionsbetriebe aus Projekten der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften Bern werden drei Strategietypen identifiziert und mit Fallstudien illustriert. Bei starkem Milchmengenwachstum bedeutet die knappe Fläche eine große Herausforderung für die Einhaltung von Mindeststandards, etwa das Erbringen des ökologischen Leistungsnachweises. Konsequent umgesetzte Low-Input-Strategien verbessern Ressourceneffizienz und Wirtschaftlichkeit, bedingen aber die Abkehr von bisher bewährten Produktionsverfahren. Beim dritten Strategietyp können agronomisch nachteilige Standortbedingungen – etwa im Berggebiet – mit Ökologie doppelt in Wert gesetzt werden: einerseits über die direkte Abgeltung ökologischer Leistungen durch Direktzahlungen, anderseits über den Absatz von Spezialitäten aus standortbasierter Produktion und Verarbeitung. Mit gezielter Umsetzung und offensiver Kommunikation bieten an Corporate Social Responsibility orientierte Strategien interessante Perspektiven für landwirtschaftliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Produktion, Markt und Ökologie. Familienbetriebe können auf diese Weise die Führungsrolle in ihrem jahrhundertelangen Kerngeschäft, der Entwicklung von Ressourceneffizienz und nachhaltiger Intensivierung, zurückgewinnen. Alle zusammen werden sie so ihren wesentlichen Beitrag an die Ernährung der wachsenden Bevölkerung leisten.
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Notes
- 1.
Zum gesamtbetrieblichen ÖLN gehören z. B.: Haltung der Nutztiere nach der Tierschutzgesetzgebung, eine ausgeglichene Düngerbilanz, eine geregelte Fruchtfolge, ein geeigneter Bodenschutz, ein angemessener Anteil an Biodiversitätsförderflächen.
- 2.
Aufgrund der natürlichen Voraussetzungen sind Wachstum und Kostensenkung im Berggebiet besonders schwierig.
- 3.
Im SWOT-Strategieprozess waren hier neben den Stärken/Schwächen und Chancen/Gefahren die Ziele und Werthaltungen der Unternehmerfamilie maßgebend; bei der BSC-basierten Konkretisierung und Vorbereitung von Umsetzung und Controlling wurden ökologieorientierte Ziele oft aus der Prozessperspektive und Ziele zur sozialen Nachhaltigkeit aus der Potenzialperspektive gesetzt. Die BSC wurde somit auch Instrument zur Übersetzung des Ziels der umfassenden Nachhaltigkeit in die Strategieumsetzung.
- 4.
Strategien von Familienunternehmen gelten vielfach als besonders orientiert an Corporate Social Responsibility. Als Gründe dafür werden eine ausgeprägte Langfristorientierung, die persönliche Verbundenheit der Familie zum Unternehmen und seinen Stakeholdern und der Einbezug der Familienwerte in die Geschäftstätigkeit aufgeführt (Völker 2014).
- 5.
Es handelt sich dabei um die mittlere bewirtschaftete Höhenstufe zwischen Heimbetrieb und Alp. Das Maiensäss wird mit Tieren bestoßen, bevor diese auf die erst später futterwüchsige Alp getrieben werden.
- 6.
In der Schweiz muss der gesamte Betrieb nach biologischen Richtlinien geführt werden, damit seine Produkte das Biolabel tragen dürfen. Das erschwert einerseits die Umstellung von Betrieben mit Ackerbau (z. B. durch die sehr viel aufwendigere Unkrautbekämpfung), bietet aber Vorteile insbesondere beim Direktabsatz.
- 7.
Dazu können verschiedene Zuschläge kommen, etwa für hohe Eiweiß- und Fettgehalte oder auch ein Bonus von 1 Rappen je kg für Milch von Kühen mit Hörnern.
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Durgiai, B., Blättler, T., Haller, T. (2017). Corporate-Social-Responsibility-Perspektiven für Strategien in landwirtschaftlichen Unternehmen. In: Wunder, T. (eds) CSR und Strategisches Management. Management-Reihe Corporate Social Responsibility. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49457-8_16
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