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Über das (Un-)Vermögen, das sinnliche Erleben von Stadträumen zu planen

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Architekturpsychologie Perspektiven
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Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag beruht auf der These, dass die Planungs- und Gestaltungsdisziplinen die urbane Landschaft auch als Alltagslandschaft verstehen müssen. Es gilt die emotional geprägte Lebenswelt der Menschen und ihr Erfahrungswissen im Umgang mit urbanen Landschaften in planerische und gestalterische Überlegungen einzubeziehen, um Rahmenbedingungen für deren Gebrauchs-, Aneignungs- und Resonanzmöglichkeiten zu schaffen. Der Beitrag argumentiert, dass eine phänomenologisch grundierte Architekturpsychologie die Planungs- und Gestaltungsdisziplinen bei der Ausformulierung und Stärkung einer ästhetischen Fürsorge um diese Räume unterstützen kann. In Anlehnung an die Politikwissenschaftlerin Joan Tronto wird ästhetische Fürsorge als eine Tätigkeit zur Erhaltung und Weiterentwicklung unserer gebauten Umwelt eingeführt, um in ihr so gut wie möglich leben zu können. Für das Sorgetragen sind individuelle und kollektive Kompetenzen wie (Selbst-)Aufmerksamkeit und (Selbst-)Wirksamkeit zu stärken. Damit Planerinnen und Planer und Architektinnen und Architekten eine ästhetische Fürsorge um urbane Landschaften gleichermaßen praktizieren wie auch initiieren können, müssen sie die Bereitschaft und Fähigkeit entwickeln, die Erlebens- und Gebrauchsweisen der Bewohnerinnen und Bewohner und Nutzerinnen und Nutzer verstehen zu wollen, deren Erfahrungswissen in Planung und Entwurf zu integrieren, wie auch das Vermögen bestehende Wahrnehmungs- und Handlungsroutinen zu verändern. Nur so lässt sich das gesellschaftliche Miteinander als sinnliche Teilhabe am öffentlichen Raum gestalten.

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Notes

  1. 1.

    Der Beitrag ist von einer Stadt- und Raumplanerin geschrieben. Mit Raum gestaltenden Disziplinen sind hier in einem weiteren Zusammenhang Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung, Städtebau und Architektur gemeint.

  2. 2.

    Mindestens genauso wesentlich erscheint ein Einbezug soziologischer Kompetenzen. Dies kann aber an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Zum phänomenologischen Ansatz in der ökologischen Psychologie siehe Graumann (1996).

  3. 3.

    Anknüpfend an Schumacher verweisen Sophie Wolfrum und Alban Janson im zeitgenössischen Diskurs auf den performativen Charakter von Architektur, die deshalb „ihre spezifische Wirkung erst im Gebrauch“ entfaltet (Wolfrum & Janson, 2016, S. 35).

  4. 4.

    Eine grundlegende Konzeption des Erfahrungswissens aus soziologischer Perspektive bietet Hahn (1994).

  5. 5.

    Siehe hierzu auch Hahn (1994, S. 30) „Was und wer wir jeweils sind, sind wir durch die Geschichten, in die wir verstrickt sind. Geschichten sind ‚meine‘, sofern sie mir passiert sind. Darin, daß sie mir widerfahren sind, liegt meine Verstrickung. Da Geschichten aber auch erzählbar sind und das Erfahrene mitteilbar ist, muß ich das mir Passierte irgendwie verstanden und als mich-angehend aufgefaßt haben. Darin liegt eine zweite Bedeutung von Geschichten, daß sie nämlich als erlebte und dann erzählte eine Funktion für die individuelle und soziale Identität besitzen. In Geschichten schlägt sich so letztendlich auch immer die Erfahrung der Verstrickung in die Welt nieder.“

  6. 6.

    Ein wunderbares Beispiel für die bewusste Veränderung von Wahrnehmungsroutinen und die Thematisierung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Alltagslandschaften ist das Schweizer Projekt Klimaspuren. Bei dieser öffentlichen Wanderung von Ilanz nach Genf vom 1. Juni 2021 bis zum 12. Juli 2021 wurden entlang der Route in fünfzig Ortstermine, Führungen, Interviews und Vorträgen die Spuren des Klimawandels erwandert, gemeinsam diskutiert und Möglichkeiten für ein anderes Wirtschaften und Leben ausgelotet (www.klimaspuren.ch).

  7. 7.

    Eine andere Methode am Übergang von (Selbst-)Aufmerksamkeit zu (Selbst-)Wirksamkeit ist die Methode des sketch carpet (vgl. Brandl & Mackowitz, 2019).

  8. 8.

    Zur Selbstwirksamkeit als psychische Ressource zur Steigerung des subjektiven Wohlbefindens, aber auch als Voraussetzung für verantwortungsvollen Handeln, siehe Hunecke (2013).

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Brandl, A. (2023). Über das (Un-)Vermögen, das sinnliche Erleben von Stadträumen zu planen. In: Vollmer, T.C. (eds) Architekturpsychologie Perspektiven . Springer Vieweg, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40607-3_4

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