Zusammenfassung
Peter A. Berger hat intensiv über Ungleichheitssemantiken geforscht. Drei Punkte waren ihm besonders wichtig, für die ich weiterführende Konzepte entwickle: 1) die ungleichheitssoziologischen Differenzbestimmungen begriffsgeschichtlich zu fundieren, um ihre Unterschiede systematischer zu reflektieren, 2) Benennungs- und Repräsentationsmacht zu unterscheiden, um die Verstrickung der Ungleichheitssoziologie mit dem Ungleichheitsgeschehen präziser darzustellen, 3) semantische Differenzverschiebungen zwischen sozialen Ungleichheiten stärker zu thematisieren, um diese als Ungleichheitsgeschehen zu untersuchen.
„Man sollte sich den Herstellungsprozessen von Klassifikationen zuwenden.“ (Berger 1988 , S. 516).
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Notes
- 1.
Deutsch möchte ich hier nicht als national begründete Eigenart verstanden wissen, sondern im Sinn von Ulrich Becks Kritik am methodologischen Nationalismus (Beck und Grande 2010).
- 2.
Keineswegs soll der Rückgriff auf Koselleck meine Zustimmung zu seiner geschichtswissenschaftlichen Hauptaussage ausdrücken, dass „jede Geschichte sprachlich bedingt ist“ (Koselleck 2006a, S. 32). Vielmehr geht es mir einzig darum, durch die Rezeption seiner Studien unmittelbar auf begriffliche Unterscheidungen zugreifen zu können, das heißt sie als eigenständige, historisch entwickelte begriffliche Möglichkeiten analysieren zu können. Auf diese Weise entfällt die Notwendigkeit, die Eigenständigkeit kognitiv begründen zu müssen. Stattdessen können die begrifflichen Unterscheidungen als historisches Produkt sozialer Prozesse und Verhältnisse aufgefasst werden.
- 3.
Die nachfolgenden Ausführungen greifen auf Barlösius 2014, S. 187–190, zurück.
- 4.
Die deutsche Übersetzung erschien 2016.
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Barlösius, E. (2021). Benennungs- und Repräsentationsmacht mit Beteiligung der Soziologie. In: Hoffmann, R., Knabe, A., Schmitt, C. (eds) Ungleichheit, Individualisierung, Lebenslauf. Sozialstrukturanalyse. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34223-4_4
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