Zusammenfassung
Ein close reading von Persons Unknown macht deutlich, dass die nach nur einer Staffel abgesetzte Serie sowohl textuelle Signale für ihre Abgeschlossenheit als auch für ihre potenzielle Ausbreitung sendet und darüber hinaus ihren Status als Fragment reflektiert. Um den als unbefriedigend empfundenen Abschluss zu kompensieren, erweitern Zuschauer_innen die Serie durch Fan Fiction oder füllen die entstandene Leerstelle durch Serien mit vergleichbaren Erzählmustern, sodass in der Rezeption eine Serialität des Genres entsteht. Diese Praktiken zeigen das Bedürfnis der Zuschauer_innen, das Serielle zum Werk zu transformieren, wohingegen die Forschung Segmentierung und Unabgeschlossenheit als Kriterien seriellen Erzählens hervorhebt.
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Notes
- 1.
Auf eine Korrektur von Orthographie und Syntax wurde bei den Kommentaren von Zuschauer_innen und Fan Fiction verzichtet.
- 2.
Zum Zeitpunkt des letzten Zugriffs auf die Plattform forderten 3724 Rezipient_innen eine Fortführung von Persons Unknown. In der Rezeptionsgeschichte von US-amerikanischen Fernsehserien ist dies kein ungewöhnliches Verfahren, betrachtet man zum Beispiel die Proteste von Fans, die zur Verlängerung der TV-Serie Jericho (2006–2008) um eine weitere Staffel geführt haben (vgl. Fröhlich 2014, S. 221).
- 3.
Zum Begriff des Autors in gegenwärtigen Fernsehserien vgl. Mittell 2015, S. 86‒117.
- 4.
Obgleich der Titel auf das Höhlengleichnis von Platon referiert, nimmt die Episode thematisch nicht darauf Bezug. Mögliche Deutungen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Titel und Episode sind, dass die Erkenntnisproblematik sich auf Seiten der Rezipient_innen oder der Figuren entfaltet, wie im Gleichnis beschrieben, oder dass die im Cliffhanger angedeutete Level-Struktur einen räumlich konzipierten Erkenntnisprozess anbahnt. Unter den Deutungen, die von Zuschauer_innen veröffentlicht wurden, ist u.a. die folgende bemerkenswert: Laut tdciago (2010) entlarvt der Bezug zum Höhlengleichnis den Charakter der Erzählung als Fiktion innerhalb der Fiktion, da die Geschichte um Janet Teil des unvollendeten Romans ihres Ex-Mannes Marc sei. Auf die schriftstellerischen Ambitionen von Marc wird analeptisch in eben jener Episode hingewiesen, ein Zusammenhang zwischen dem Roman und der Handlung um Janet und die anderen Gefangenen wird innerhalb der Serie aber nicht hergestellt.
- 5.
Auch die zeitgenössischen Serien Queer as Folk (2000–2005) und Desperate Housewives (2004–2012) enden, indem sie zentrale Motive und Erzählmuster wieder aufgreifen und somit den Eindruck erwecken, als bestehe die Diegese unverändert nach dem Finale der seriellen Erzählung fort.
- 6.
So bleibt u.a. ungeklärt, unter welchen Umständen die einzelnen Figuren in die jeweils entlegenen Orte gelangen und sich anschließend auf dem Schiff wiederfinden, während die Beziehung zwischen Mark und Janet nachträglich durch eine externe Analepse ebenso hastig erläutert wird wie die Frage, warum Janet für das Program von so großem Interesse ist.
- 7.
Der Beitrag erzählt analeptisch, wie die Figur Tori Fairchild als Tochter des US-amerikanischen Botschafters in Rom ihr Leben in der hiesigen Partyszene genießt, eines Abends jedoch ihren Vater in einem hitzigen Gespräch mit einer unbekannten Frau antrifft. Aus dem von Tori belauschten Gespräch lässt sich schlussfolgern, dass die Unbekannte die Direktorin des Program ist und den Botschafter auffordert, sein Kind an die Organisation herauszugeben, was dieser entschieden ablehnt. Die Erzählung ist deutlich inspiriert durch eine Szene in der finalen Episode, in der ein ähnliches Gespräch zwischen Madame Director und der Mutter von Janet per Telefon stattfindet.
- 8.
Während die Plattform fanfiction.net für Lost (2004–2012) 8432 Beiträge anzeigt, liegen für Persons Unknown lediglich 15 Beiträge vor, von denen 14 als Fortführung der Serienhandlung in schriftliterarischer Form bewertet werden können. Die Einträge unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihres Grades an Kohärenz mit der TV-Serie und ihres Umfangs. Einige der Beiträge stammen von dem/der gleichen Verfasser_in und beziehen sich jeweils auf dieselbe fiktive Welt.
- 9.
Siehe zu The Prisoner den Aufsatz von Corinna Dziudzia im vorliegenden Band.
Literatur und Internetquellen
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Verzeichnis der Fernsehserien und Filme
Desperate Housewives (USA 2004–2012, ABC, created by Marc Cherry).
Lost (USA 2004–2010, ABC, created by Jeffrey Lieber et al.).
Persons Unknown (USA 2010, NBC, created by Christopher McQuarrie).
Queer as Folk (USA 2000–2005, Showtime/Showcase, created by Ron Cowen & Daniel Lipman).
The Prisoner (UK 1967–1968, ITV, created by Patrick McGoohan & George Markstein).
Wayward Pines (USA 2015–2016, FOX, created by Chad Hodge).
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Kröber, F. (2021). Persons Unknown . In: Fröhlich, V., Einwächter, S.G., Scheurer, M., Cuntz-Leng, V. (eds) Serienfragmente. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29951-4_15
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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