Zusammenfassung
Der Text entfaltet das Prinzip einer Bildungsreise als Möglichkeit einer produktiven ästhetischen Identitätsbearbeitung. Ein in bildungstheoretischer Hinsicht entscheidender Aspekt ist hierbei der Umstand, dass der Reisende Fremdes wahrnimmt und darauf eine Antwort formuliert. Die Bildungsreise ist somit ein Prozess, durch den die Rahmen und Modalitäten des subjektiven Wahrnehmens, Verstehens und Gestaltens von Welt veränderbar erscheinen. In diesen Zusammenhängen lässt sich eine Reisekunst als eine Kunst der Abstände beschreiben. Eine Bildungsreise gelingt, wenn Abstände für die Reisenden fruchtbar gemacht werden können. Das ästhetisch abständige Ich des Reisenden ist nie ganz bei sich, aber auch nicht ganz beim Anderen oder Fremden. Ästhetische Identität erscheint als ein kultureller Dialog, ein sinnliches Kraftfeld, ein virtueller Explorationsraum, d. h. als ein Medium, das in Aus-Einandersetzung bleibt.
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Für die Bezeichnung des Bildungsreisenden haben wir die männliche Form gewählt, womit keine Beschränkung auf das männliche Geschlecht intendiert ist.
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Klepacki, L., Zirfas, J. (2022). Die Bildungsreise oder: Erfahrungen mit dem ästhetischen Selbst. In: Knobloch, P.D.T., Drerup, J., Dipcin, D. (eds) On the Beaten Track. Kindheit – Bildung – Erziehung. Philosophische Perspektiven. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63374-8_7
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